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Zusammenhang der Zugintensitäten zwischen den Beobachtungsstandorten

Im Dokument Die Vogelwarte : Band 48, Heft 3 (Seite 79-83)

Phänologie des „sichtbaren“ Vogelzugs über der Deutschen Bucht

3 Ergebnisse mit Diskussion .1 Zugintensitäten über See

3.3 Zusammenhang der Zugintensitäten zwischen den Beobachtungsstandorten

Bedeutet eine hohe Zugintensität an einem Standort, dass auch an den anderen Standorten und damit ver-mutlich in der gesamten Deutschen Bucht zur gleichen Zeit viele Vögel zogen? Zur Beantwortung dieser Frage wurden die mittleren morgendlichen Zugintensitäten aller Arten zusammen und der häufigsten Arten jedes Beobachtungstages des gesamten Erfassungszeitraums zwischen den drei Standorten mittels Rangkorrelation verglichen. Der Auswertungszeitraum für den Vergleich der Zugintensitäten auf dem Heimzug umfasste alle Beobachtungstage zwischen dem 1.3. und dem 31.5. der Jahre 2004 bis 2006 (Werte für Wangerooge erst ab dem 1.3.2004 vorhanden), der für den Vergleich der Zugin-tensitäten auf dem Wegzug berücksichtigte alle Beob-achtungstage vom 1.8. bis zum 15.11. der Jahre 2003 bis 2006.

Als Maß für die zu betrachtenden Zusammenhänge wurde der Kendall-Tau-b-Koeffizient (τ) gewählt. Er ist ein nichtparametrisches Maß der Korrelation für ordi-nale und ranggeordnete Variablen, das im Gegensatz zum Rangkorrelationskoeffizienten von Spearman Bin-dungen berücksichtigt (Bortz et al. 2001). Da alle drei Stichproben miteinander in somit drei Paarvergleichen verglichen wurden, musste α (zur Bestimmung der Sig-nifikanz) gemäß der Bonferoni-Korrektur durch drei geteilt werden.

Wegen der Anwendung einer Rangkorrelation sagen die Ergebnisse nichts darüber aus, welche Zahl an Vögeln an einem Standort in Zusammenhang mit welcher Zahl am anderen Standort stand. Es war aber möglich zu prü-fen, ob relativ viele, wenige oder keine Vögel an einem Standort in Zusammenhang mit relativ vielen, wenigen oder keinen Vögeln am anderen Standort zogen.

3.3.1 Gemeinsamkeiten beim Zug über See

Im Frühjahr war die Vogelzugintensität aller Arten zu-sammen über See zwischen den drei Standorten hoch-signifikant korreliert (Tab. 10).

Das heißt, dass unter geeigneten Bedingungen sowohl an den Küsten als auch über dem freien Wasser der Deutschen Bucht gleichzeitig viele Vögel auf dem Heim-zug in ihre Brutgebiete waren. Dieser Zusammenhang galt auch für viele einzelne Arten, insbesondere für sol-che mit hohen Beobachtungszahlen. Bei Arten mit ver-gleichsweise geringen Beobachtungszahlen, wie zum Beispiel Samtente, Basstölpel, Austernfischer, Alpen-strandläufer, Schmarotzerraubmöwe, Zwergmöwe oder Heringsmöwe, konnte ein derartiger Zusammenhang allerdings nur schwächer oder gar nicht nachgewiesen

Tab. 10: Rangkorrelation der mittleren glichen Zugintensitäten über See (Individuen pro Stunde) aller Arten zusammen und einzelner Arten zwischen den drei Standorten Wangerooge (W), Helgoland (H) und Sylt (S) im Frühjahr (1.3. bis 31.5. von 2004 bis 2006) und im Herbst (1.8. bis 15.11. von 2003 bis 2006). n = Beobachtungstage; τ = Kendall-Tau-b-Koeffizient; *** = p < 0,0001, ** = p < 0,001, * = p < 0,05. – Rank correlation of the average daily migration intensities above sea (individuals per hour) for all species together and for single species between the three locations Wangerooge (W), Helgoland (H) and Sylt (S) in spring (1st March to 31st May from 2004 to 2006) and autumn (1st August to 15th November from 2003 to 2006). n = number of observation days; τ = Kendall-Tau-b-coefficient; *** = p < 0.0001, ** = p < 0.001, * = p < 0.05. SeawatchingFrühjahrHerbst W/HW/SH/SW/HW/SH/S Artnτpnτpnτpnτpnτpnτp Alle Arten820,23***910,32***760,35***1140,34***1240,23***1520,28*** Ringelgans820,18910,09760,35***1140,67***1240,59***1520,59*** Weißwangengans820,19910,19760,43***1140,53***1240,39***1520,37*** Kurzschnabelgans82-0,0491-0,0376-0,031140,37***1240,28**1520,44*** Graugans820,12910,01760,42***1140,40***1240,54***1520,44*** Pfeifente820,37***910,46***760,55***1140,28**1240,33***1520,24** Krickente820,53***910,42***760,49***1140,151240,38***1520,38*** Eiderente820,39***910,48***760,48***1140,34***1240,55***1520,46*** Trauerente820,24**910,27***760,42***1140,27***1240,38***1520,37*** Samtente820,26*910,15760,191140,201240,081520,25** Mittelsäger820,35***910,29**760,221140,47***1240,44***1520,27*** Sterntaucher820,51***910,21*760,28***1140,61***1240,60***1520,51*** Basstölpel47810,53***47761240,41***1130,03 Kormoran800,28**910,38***730,13970,34***1130,32***1050,30*** Austernfischer82910,00761140,30**1240,27***1520,32*** Alpenstrandufer820,26*910,14760,29*1140,091240,151520,30*** Schmarotzerraubmöwe820,25910,07760,39***1140,35***1240,32***1520,22** Zwergmöwe790,18910,09740,021140,091240,34***1520,20* Lachmöwe820,34***910,30***760,41***1110,30***1220,38***1320,43*** Sturmmöwe720,44***790,31***760,35***1110,061090,29***1220,20* Heringsmöwe740,03540,084663300,36660,22 Brandseeschwalbe750,35***850,36***760,31***1140,41***1170,57***1460,36*** Flussseeschwalbe820,35***910,38***760,63***1140,57***1220,29***1500,46***

werden. In je kleinerer Anzahl eine Art unterwegs war, desto geringer war schließlich die Wahrscheinlichkeit, dass sie an einem der, in der Deutschen Bucht sehr punktuellen, Standorte überhaupt gesehen wurde. Nur mit gleichzeitiger Beobachtung einer Art an zwei Stand-orten konnte sich die Korrelation ihrer Zugintensitäten zwischen diesen Standorten erhöhen.

Der Zusammenhang der Zugintensität aller Arten zusammen war im Frühjahr zwischen Helgoland und Sylt am stärksten, zwischen Wangerooge und Sylt da-gegen am schwächsten. Die Korrelation zwischen Wan-gerooge und Helgoland nahm eine Mittelstellung ein.

Auf dem Heimzug wurden also insbesondere bei Sylt vergleichsweise viele Vögel beobachtet, wenn auch über der offenen See bei Helgoland relativ viele Tiere unter-wegs waren. Besonders auffällig war dieser Zusammen-hang bei den Gänsearten: Hier korrelierten die Zugin-tensitäten nur zwischen Helgoland und Sylt, jedoch nicht zwischen Wangerooge und Helgoland oder Wan-gerooge und Sylt. Viele Arten, die auf dem Heimzug von SW her kommend bei Wangerooge auf die Küste trafen oder zuvor schon von W her entlang der Küsten-linie flogen, folgten zwar bei Wangerooge vermutlich (weiterhin) dem Nordküstenverlauf der Insel nach Os-ten (vgl. Kap. 3.4.1) und flogen nicht auf das offene Meer.

Andere Arten, wie zum Beispiel viele Entenarten, Lach-möwe, SturmLach-möwe, Brandseeschwalbe und Flusssee-schwalbe, die weiter ab der Küste über das offene Meer flogen, verfolgten dagegen dort in der Regel eine Flug-richtung nach Nordosten (vgl. Kap. 3.4.1) und konnten somit bei Helgoland und Sylt beobachtet werden.

Auch im Herbst, auf dem Weg in die Winterquartiere, waren unter geeigneten Bedingungen sowohl an den Küsten als auch über dem freien Wasser der Deutschen Bucht gleichzeitig viele Vögel unterwegs, wie die hochsig-nifikanten Korrelationen aller Arten zusammen über See zwischen den drei Standorten zeigen (Tab. 10). Im Gegen-satz zum Frühjahr war der Zusammenhang der Zuginten-sität aller Arten zusammen im Herbst zwischen Helgoland und Wangerooge am stärksten, zwischen Sylt und Wan-gerooge am schwächsten. Der Zusammenhang zwischen Sylt und Helgoland nahm die Mittelstellung ein. Auf dem Wegzug wurden also insbesondere bei Wangerooge viele Vögel beobachtet, wenn auch über der offenen See bei Helgoland relativ viele Tiere unterwegs waren.

Beim Überblick über die einzelnen Arten (Tab. 10) erscheint, anders als bei allen Arten zusammen, der Zusammenhang zwischen Sylt und Helgoland, gefolgt von dem zwischen Sylt und Wangerooge stärker als der zwischen Helgoland und Wangerooge. Nur bei zwei Arten, Basstölpel und Heringsmöwe, korrelierten die Zugintensitäten zwischen Sylt und Helgoland im Herbst nicht, nur bei drei Arten, Samtente, Alpenstrandläufer und Heringsmöwe nicht zwischen Sylt und Wanger-ooge. Dagegen gab es bei sieben Arten keinen signifi-kanten Zusammenhang der Zugintensitäten zwischen Helgoland und Wangerooge.

Hinsichtlich der einzelnen Arten gab es im Herbst deutlich mehr signifikante Korrelationen zwischen den drei Standorten als im Frühjahr. Auch bei allen Gänse-arten war der Zusammenhang der Zugintensitäten zwi-schen allen drei Standorten hochsignifikant.

3.3.2 Gemeinsamkeiten über den Inseln

In beiden Zugzeiten war bei allen über den Inseln be-obachteten Arten zusammen der Rangkorrelationsko-effizient des Zusammenhangs der Zugintensitäten zwi-schen zwei Standorten durchweg höher als bei den über See (Seawatching) erfassten Arten zusammen.

Im Frühjahr, mit Blick auf die einzelnen Arten, war die Beziehung zwischen Helgoland und Sylt am gering-sten (bei vier getesteten Arten nicht signifikant), die zwischen Wangerooge und Sylt am stärksten ausgeprägt (bei allen getesteten Arten signifikant, Tab. 11). Generell waren zwar die Zugintensitäten über Helgoland und Sylt im Frühjahr infolge der Leitlinienwirkung wesent-lich geringer als über Wangerooge. Die fehlenden oder schwachen Zusammenhänge zwischen diesen beiden Standorten können dennoch nur zum Teil mit niedrigen Beobachtungszahlen erklärt werden (z. B. mit wenigen Beobachtungen bei Rauchschwalbe, Grünfink, Erlen-zeisig und Rohrammer über Helgoland). Zudem be-standen trotz vergleichsweise hoher Beobachtungs-zahlen bei Ringeltaube und Bergfink keine signifikanten Korrelationen der Zugintensitäten zwischen Helgoland und Sylt oder bei der Wacholderdrossel zwischen Wan-gerooge und Helgoland.

Im Herbst korrelierte die Zugintensität aller Arten zusammen zwischen Helgoland und Wangerooge am stärksten, etwas schwächer zwischen Sylt und Helgoland und, mit einem Rangkorrelationskoeffizienten von 0,37, vergleichsweise am geringsten zwischen Sylt und Wan-gerooge (Tab. 11). Mit Blick auf die einzelnen Arten waren gerade zwischen Helgoland und Wangerooge am wenigsten Zusammenhänge signifikant, was allerdings vor allem auf die zahlenmäßig schwächeren Arten zu-rückzuführen war. Generell waren ja die Zugintensitäten über Sylt im Herbst durch die Leitlinienwirkung we-sentlich höher als über Helgoland und Wangerooge. Für alle häufigen Arten bestanden im Herbst aber hochsig-nifikante Korrelationen der Zugintensitäten für alle drei Standortkombinationen.

Sowohl der häufige Buchfink als auch die seltenere Feldlerche, beides Arten mit hochsignifikanten Zusam-menhängen der Zugintensitäten zwischen den drei Standorten in beiden Zugzeiten, verdeutlichen noch einmal die Ergebnisse (Abb. 10): Im Frühjahr zogen bei relativ hohen Zugintensitäten über Wangerooge am gleichen Tag und zur gleichen Zeit auch über Sylt ver-gleichsweise viele Vögel. Im Herbst zogen bei relativ hohen Zahlen über Sylt am gleichen Tag und zur glei-chen Zeit auch über Wangerooge relativ viele Vögel.

Die unterschiedliche Steigung der Regressionsgera-den beim Buchfinken verdeutlicht Regressionsgera-den Leitlinieneffekt:

Tab. 11: Rangkorrelation der mittleren glichen Zug intensitäten über den Inseln (Individuen pro Stunde) aller Arten zusammen und einzelner Arten zwischen den drei Standorten Wangerooge (W), Helgoland (H) und Sylt (S) im Fhjahr (1.3. bis 31.5. von 2004 bis 2006) und im Herbst (1.8. bis 15.11. von 2003 bis 2006). n = Beobachtungstage; τ = Kendall-Tau-b-Koeffizient; *** = p < 0,0001, ** = p < 0,001, * = p < 0,05. . Rank correlation of the average daily migration intensities above land (individuals per hour) for all species together and for single species between the locations Wangerooge (W), Helgoland (H) and Sylt (S) in spring (1st March to 31st May from 2004 to 2006) and autumn (1st August to 15th November from 2003 to 2006). n = number of observation days; τ = Kendall-Tau-b-coefficient; *** = p < 0.0001, ** = p < 0.001, * = p < 0.05. IslandwatchingFrühjahrHerbst W/HW/SH/SW/HW/SH/S Artnτpnτpnτpnτpnτpnτp Alle Arten730,55***820,55***680,47***810,48***900,37***1050,42*** Ringeltaube730,29**820,36***680,23810,24900,061050,49*** Dohle730,48**820,26*680,30*81-0,03900,111050,14 Feldlerche730,51***820,29**680,41***810,60***900,68***1050,68*** Rauchschwalbe730,68820,60*680,59*810,20900,24*1050,24* Star730,42***820,59***680,40***780,39***870,23*1050,30*** Wacholderdrossel730,21820,56***680,36**810,38***900,39***1050,52*** Singdrossel730,59***820,60***680,54***810,73***900,71***1050,66*** Rotdrossel730,50***820,61***680,35**810,59***900,68***1050,59*** Heckenbraunelle730,63***820,40***680,39**810,13900,161050,34*** Baumpieper730,67**820,54**680,56**810,69**900,56**1050,47** Wiesenpieper730,63***820,51***680,44***810,28**900,53***1050,37*** Bachstelze730,49***820,65***680,52***780,02870,38***1030,11 Buchfink730,47***820,37***680,44***810,38***900,51***1050,64*** Bergfink730,46***820,33**680,24810,51***900,69***1050,55*** Grünfink730,37***820,35***680,05810,12900,35***1050,33*** Erlenzeisig730,20820,28*68-0,0581-0,03900,27*1050,29** Blutnfling730,60***820,49***680,55***810,0790-0,031050,14 Rohrammer730,42**820,44**680,31*810,40**900,51**1050,38**

Im Frühjahr zogen mehr Buchfinken über Wangerooge und im Herbst mehr über Sylt. Hierfür von Bedeutung sind besonders beim Buchfinken, aber auch bei der Feld-lerche, einige Tage, an denen im Frühjahr (auf dem Heim-zug von SW nach NO) viele Vögel über Wanger ooge aber keine über Sylt zogen (graue Punkte links) und, umge-kehrt, im Herbst (auf dem Wegzug von NO nach SW) viele Vögel über Sylt aber keine über Wangerooge beo-bachtet wurden (schwarze Punkte unten). Sie stehen für die Tage, an denen die Vögel an der einen Küste strikt der jeweiligen Leitlinie folgten, später weiter landeinwärts zogen, nicht die Deutsche Bucht überquerten und somit nicht die jeweils andere Küste erreichten. Allerdings weist bereits Kramer (1931) darauf hin, dass sich hochfliegende Vögel, die normalerweise visuell nicht mehr erfasst wer-den, u. U. nicht mehr an Leitlinien halten.

Zusammengefasst belegt die gute Korrelation der Zugintensitäten zwischen allen drei Standorten bei allen Arten zusammen und bei den häufigeren Arten über See und über den Inseln, dass Vogelzug meist großflächig über der ganzen Deutschen Bucht statt-fand. Auch wenn, wie weiter unten beschrieben, vor allem Landvögel im Herbst bei Sylt und im Frühjahr bei Wangerooge nahezu ausschließlich entlang der Küstenlinie zogen (Kap. 3.4.2), flogen offenbar noch genügend Vögel direkt über das offene Meer, um dort (zum Beispiel bei Helgoland) die Quantifizierung der allgemeinen Zugintensität, auch einzelner häufiger Arten, zu ermöglichen.

Sowohl für die über See als auch für die über den Inseln beobachteten Arten ergab sich beim

stichpro-benartigen Test, dass das Ausmaß der Korrelation der Zugintensitäten zwischen den Standorten in den ein-zelnen Jahren sehr unterschiedlich war. Vermutlich war die in einem Jahr und in einer Zugzeit jeweils vorherr-schende Großwetterlage mit den täglichen Wetterbe-dingungen dafür verantwortlich, dass, bei den einzelnen Arten in unterschiedlicher Weise, die Zugintensitäten zwischen zwei Standorten in einem Jahr hochsignifikant korrelierten, in einem anderen dagegen einen nur schwachen Zusammenhang zeigten. Die Zusammen-fassung der Daten aus mehreren Jahren, wie hier ge-schehen, gleicht diese jährliche Variabilität aus und kann die Zusammenhänge der Zugintensitäten zwischen den drei Standorten und damit des Zuggeschehens über der Deutschen Bucht gut charakterisieren.

3.4 Flugrichtungen über der Deutschen Bucht

Im Dokument Die Vogelwarte : Band 48, Heft 3 (Seite 79-83)