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Die Rotbuche (Fagus sylvatica) ist eine ökonomisch und ökologisch bedeutende Baumart in Mitteleuropa. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über weite Teile Mitteleuropas mit Deutschland im Zentrum der Verbreitung. Obwohl die Rotbuche eine sehr konkurrenzstarke Baumart ist, besiedelt sie nicht alle Habitate in ihrem Verbreitungsgebiet, ausgenommen sind z.B. sehr trockene Habitate. Klimawandelszenarien prognostizieren für Europa und Deutschland steigende Jahresdurchschnittstemperaturen. Der durchschnittliche Niederschlag soll sich zwar kaum verändern, allerdings wird er in den Wintermonaten zunehmen, wohingegen er in den Sommermonaten abnehmen wird, was das Trockenstressrisiko für die Rotbuche erhöhen wird. Zusätzlich könnten die steigenden Temperaturen einen früheren Austrieb im Frühling verursachen, was sich möglicherweise zusätzlich negativ auf die Buche auswirken wird.

In Deutschland wird die Rotbuche in der Zukunft aufgrund der Waldumbaustrategien eine noch wichtigere Rolle übernehmen. Reine Nadelwälder sollen in Buchenwälder oder Mischwälder mit Buchenanteil umgewandelt werden. Die Anpassungsfähigkeit der Rotbuche an die sich ändernden klimatischen Bedingungen wird in der Literatur kritisch diskutiert. Zumindest in einigen Regionen muss davon ausgegangen werden, dass die Rotbuche, vor allem Jungpflanzen, unter erhöhtem Trockenstress in den Sommermonaten leiden wird. Daher ist es äußerst wichtig die genetischen Grundlagen von klimawandelrelevanten Merkmalen zu erforschen. Ein Kandidatengenansatz und die Analyse der Variation in Kandidatengenen wurden in dieser Studie verwendet, um den genetischen Hintergrund von Trockenstresstoleranz und Austriebsverhalten zu untersuchen.

Rotbuchenpopulationen entlang eines Niederschlagsgradienten in Norddeutschland wurden dafür ausgewählt. Zusätzlich wurde ein kontrolliertes Trockenstressexperiment in einer Klimakammer durchgeführt bei dem stark geschädigte Jungpflanzen mit nicht geschädigten/nur schwach geschädigten Sämlingen verglichen wurden.

Zunächst wurden neun neutrale Mikrosatelliten verwendet um die neutrale genetische Diversität der ausgewählten Populationen zu ermitteln. Anschließend wurden Fragmente von zehn Kandidatengenen auf genomischer Ebene identifiziert, die höchstwahrscheinlich einen Einfluss auf Trockenstresstoleranz und/oder Austriebsverhalten haben. SNPs (Single Nucleotide Polymorphisms) und Indels (Insertion/Deletion) in kodierenden und nicht-kodierenden Bereichen in diesen Kandidatengenen wurden analysiert. Die neutrale genetische Diversität war in allen Populationen hoch (durchschnittliche erwartete

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Heterozygotie: 0.617) und ist vergleichbar mit anderen Rotbuchenpopulationen. Insgesamt wurden 8145 bp sequenziert und analysiert, 4038 bp davon in Exon- und 4107 bp in Intronregionen. 63 SNPs und elf Indels wurden stark unterschiedlich verteilt über die verschiedenen Genregionen gefunden. Die Nukleotiddiversität reichte von 0 bis 6,62 (π x10-3) und ist damit vergleichbar mit anderen Baumarten, wohingegen die durchschnittliche Nukleotiddiversität (2,64) vergleichsweise niedrig ist. Für weiterführende Untersuchungen wurden insgesamt 17 SNPs von acht verschiedenen Kandidatengenen ausgewählt. Die Analyse der genetischen Differenzierung anhand von Mikrosatelliten und SNPs zeigte, dass sich alle Populationen signifikant voneinander unterscheiden. Zehn der siebzehn SNPs aus sechs verschiedenen Genen, darunter SNPs in nicht-kodierenden Bereichen, synonyme und nicht-synonyme SNPs, waren signifikant unterschiedlich zwischen der Population mit dem höchsten Jahresniederschlag (Unterlüß) und der Population mit dem niedrigsten Jahresniederschlag (Calvörde). Die Analyse der neutralen genetischen Diversität ergab allerdings, dass die beiden Populationen sich genetisch stark voneinander unterscheiden. Der Vergleich von Unterlüß und Göhrde (mittlerer Jahresniederschlag) zeigte, dass vier der siebzehn SNPs signifikante Unterschiede aufwiesen. Es handelt sich dabei um eine Teilmenge der SNPs, die signifikant unterschiedlich waren bei dem Vergleich der Populationen Unterlüß und Calvörde.

Unterlüß und Göhrde weisen jedoch auch starke genetische Unterschiede auf bei der Analyse der neutralen genetischen Diversität. Für diese beiden Populationspaare kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die signifikanten Unterschiede an den SNP-Markern auf unterschiedliche Populationsgeschichten, einschließlich nacheiszeitlicher Rückwanderungsrouten, oder menschlichem Samentransfer zurückzuführen sind.

Demgegenüber konnten die neutralen Marker zeigen, dass sich die beiden Populationen Calvörde und Göhrde genetisch sehr ähnlich sind. Wie zu erwarten, waren nur zwei SNPs im Vergleich dieser beiden Populationen signifikant unterschiedlich, ein dritter SNP erreichte fast signifikante Werte. Die beiden SNPs befinden sich in den Genen Isocitrat-Dehydrogenase und Ascorbat Peroxidase 4 und haben möglicherweise einen Einfluss auf die Trockenstresstoleranz der Rotbuche. Diese beiden SNPs sind besonders interessant für weitere Analysen, aber auch die SNPs, die signifikante Unterschiede im Vergleich der anderen Populationen zeigten, sollten nicht außer Acht gelassen werden. Interessant sind hier vor allem die Gene Ascorbat Peroxidase 1 und Phytochrom B zu nennen, die hochsignifikante Unterschiede im Vergleich der Populationen aufwiesen. Der Vergleich von geschädigten und nicht geschädigten Jungpflanzen im Rahmen des kontrollierten

69 Trockenstressexperimentes ergab, dass nur einer der untersuchten SNPs leicht signifikant unterschiedlich zwischen den beiden Gruppen war. Es handelt sich dabei um einen SNP im Gen Ascorbat Peroxidase 4. Obwohl dieser SNP bei dem Vergleich der natürlichen Populationen keine signifikanten Unterscheide zeigte, ist er trotzdem interessant für nachfolgende Studien. Aufgrund der geringen Anzahl der untersuchten SNPs, wurde in dieser Studie nur ein Vergleich basierend auf paarweisem FST durchgeführt. Die Anwendung von Outlier-Analysen war nicht möglich.

Die Mikrosatellitenanalyse in dieser Studie hat die hohe neutrale genetische Diversität der Rotbuche aus früheren Studien bestätigt. Obwohl dies eine gute Grundlage für Anpassung bildet, ist es wichtig den genetischen Hintergrund von klimawandelrelevanten Merkmalen zu untersuchen, um das genetische Anpassungspotential an das sich verändernde Klima einschätzen zu können. Die Anzahl der untersuchten Kandidatengene und SNPs in dieser Studie ist niedrig, vor allem, weil nur wenige Sequenzinformationen für die Rotbuche zur Verfügung standen. Trotzdem war es möglich SNPs zu finden, die statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Populationen aufweisen und die daher möglicherweise an der Anpassung an Trockenstress beteiligt sind. Diese Untersuchung ist nur ein erster Schritt für die Erforschung der genetischen Grundlagen von Trockenstresstoleranz bei der nicht-Modellbaumart Rotbuche. In der Zukunft können neue nun verfügbare Sequenziertechniken für weiterführende Analysen verwendet werden. Vor allem RNA-Sequenzierung ist eine hilfreiche Methode um Transkriptome zu studieren, z.B. um trockengestresste Pflanzen mit Kontrollpflanzen zu vergleichen und dadurch neue Kandidatengene zu identifizieren oder in anderen Pflanzen bekannte Kandidatengene zu verifizieren. Des Weiteren können die neuen Sequenziertechniken auf zur Identifizierung und Genotypisierung von SNPs genutzt werden. Die Sequenzierung einer großen Anzahl von ganzen Genomen, wie sie für populationsgenetische Untersuchungen nötig wären, wird jedoch in naher Zukunft nicht möglich sein.

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