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Zusammenfassung und Ausblick

Im Dokument Charakterisierung von Adenosin-A (Seite 147-153)

Adenosinrezeptoren gehören zur Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren und dienen aufgrund ihrer ubiquitären Verbreitung im Körper als vielversprechende Targets für die Entwicklung neuer Arzneistoffe. Auf der Suche nach spezifischen Rezeptorliganden, die als potentielle Wirkstoffe von Interesse sind, ist es erforderlich, die entsprechenden Verbindungen mit Hilfe von Bindungsstudien und funktionellen Experimenten ausführlich zu charakterisieren. Darüber hinaus ist in den letzten Jahren eine mögliche Dimerisierung und Oligomerisierung von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt, welche aufgrund von veränderten pharmakologischen Eigenschaften im Vergleich zu den monomeren Rezeptoren neuartige Targets für die Entwicklung von Pharmaka darstellen könnten.

Im Fokus der vorliegenden Arbeit stand der A2B-Adenosinrezeptor-Subtyp, über den bisher noch wenig bekannt ist, der aber eine große Rolle bei verschiedenen Krankheiten wie Krebs und inflammatorischen Erkrankungen zu spielen scheint.

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren können verschiedene Konformationen einnehmen; es besteht ein Gleichgewicht zwischen vermutlich mehrerer inaktiver, d.h. für Agonisten niedrigaffiner Konformationen, und mehrerer aktiver, für Agonisten hochaffiner Rezeptor-Konformationen. Dabei markieren Agonisten bevorzugt einen aktiven Rezeptor-Zustand, während Antagonisten mit invers agonistischer Aktivität eine bevorzugte Affinität für den inaktiven Rezeptor-Zustand besitzen; sogenannte neutrale Antagonisten besitzen dieselbe Affinität zu aktiven und inaktiven Rezeptor-Konformationen. Bei der Testung von Agonisten gegen Antagonist-Radioliganden mit invers agonistischer Aktivität werden daher i.d.R.

niedrigere Affinitäten für Agonisten gemessen als bei der Verwendung von Agonist-Radioliganden, da letztere die für Agonisten hochaffine Rezeptorkonformation markieren.

Daher ist es von Bedeutung, einen Agonist-Radioligand-Assay zu entwickeln, mit welchem die genaue Affinität von Agonisten zu der hochaffinen, aktiven Rezeptorkonformation bestimmt werden kann.

Zur Etablierung eines Agonist-A2B-Rezeptor-Bindungsassays wurde der Agonist-Radioligand [³H]NECA ausgewählt, da dieser trotz moderater Affinität zum A2B-Rezeptor schon mehrfach in der Literatur für die Markierung von A2B-Rezeptoren verwendet wurde. Dieser sollte hinsichtlich seiner Interaktionen mit rekombinanten humanen, Maus- und Ratten-A2B -Rezeptoren genauer untersucht werden. Dafür wurden Kinetik-, Sättigungs- (Abb. 8-1) und homologe sowie heterologe Kompetitionsexperimente durchgeführt.

0 250 500 750 1000 1250 1500 1750 2000 0

1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000

[³H]NECA [nM]

spezifische Bindung [cpm]

Abb. 8-1: Sättigungsexperiment von [³H]NECA an humanen, rekombinanten Adenosin-A2B-Rezeptoren.

In Kompetitionsexperimenten zeigte sich, dass die bestimmten Ki-Werte für NECA an humanen, Maus- und Ratten-A2B-Rezeptoren sowie der Ki-Wert für den Agonisten CADO an humanen A2B-Rezeptoren ca. 2-3-fach niedriger sind, wenn sie gegen [³H]NECA statt gegen den Antagonist-Radioliganden [³H]PSB-603 bestimmt wurden.

Im Gegensatz dazu zeigten die getesteten Antagonisten sowie überraschenderweise auch der Agonist BAY60-6583 gegen den Agonist-Radioliganden [³H]NECA eine Rechtsverschiebung der Kompetitionskurven im Vergleich zu einer Testung gegen den Antagonist-Radioliganden [³H]PSB-603. Mit diesen Ergebnissen bestätigt sich, dass Agonisten wie NECA die für Agonisten hochaffine Rezeptorkonformation des A2B-Rezeptors markieren, während inverse Agonisten wie PSB-603, und interessanterweise auch der A2B-Agonist BAY60-6583, eine andere Rezeptorkonformation bevorzugen, zu der Adenosin-Derivate (Vollagonisten) nur eine relativ niedrige Affinität besitzen.

Der neu etablierte A2B-Rezeptor-Agonist-Bindungsassay eignet sich somit als pharmakologisches Werkzeug, um die reale Affinität von potentiell selektiven und affinen A2B-Rezeptor-Agonisten an der hochaffinen, aktiven Rezeptorkonformation zu bestimmen.

Des Weiteren deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass BAY60-6583 möglicherweise kein Vollagonist an A2B-Rezeptoren darstellt.

Der potente und selektive A2B-Rezeptor-Agonist BAY60-6583 wurde bisher in vielen Tierversuchen verwendet und scheint insbesondere in Bezug auf Lungenerkrankungen antiinflammatorische Effekte hervorzurufen. Dies steht im deutlichen Widerspruch zu den nach einer Aktivierung des A2B-Rezeptors hauptsächlich beschriebenen proinflammatorischen Effekten in der Lunge; so gelten A2B-Rezeptor-Antagonisten in der Behandlung von Asthma als vielversprechende neue Wirkstoffe. Da in Bindungsstudien erste Hinweise gefunden wurden, dass BAY60-6583 möglicherweise nicht als Vollagonist an A2B-Rezeptoren wirkt,

sollte eine weiterführende funktionelle In-vitro-Charakterisierung dieser Verbindung an verschiedenen A2B-Rezeptor exprimierenden Zelllinien durchgeführt werden.

In cAMP- sowie in Calcium-Mobilisierungsexperimenten an nativen HEK-293-, an rekombinanten HEK-hA2B- und an nativen Jurkat-T-Zellen zeigte BAY60-6583 eine signifikant geringere intrinsische Aktivität im Vergleich zu dem endogenen Agonisten Adenosin und dem Agonisten NECA. In Jurkat-T-Zellen konnte mit cAMP-Experimenten in Anwesenheit eines Vollagonisten wie NECA oder Adenosin ein antagonistischer Effekt von BAY60-6583 gezeigt werden (Abb. 8-2).

10-8 10-7 10-6 10-5 10-4 10-3 0

25 50 75 100 125

+ 10 µM NECA + 250 µM Adenosin

[BAY60-6583], M cAMP-Akkumulation in [%]

Abb. 8-2: Sigmoidale Dosis-Wirkungskurve von BAY60-6583 in Anwesenheit von 10 µM NECA und 250 µM Adenosin in cAMP-Assays an Jurkat-T-Zellen.

Durch diese Experimente konnte BAY60-6583 eindeutig als Partial-Agonist an A2B -Rezeptoren charakterisiert werden. Da BAY60-6583 in Anwesenheit des endogenen vollen Agonisten Adenosin daher antagonistisch wirken kann, könnten sich dadurch evtl. die antiinflammatorischen Effekte von BAY60-6583 in der Lunge erklären lassen. Alle In-vivo-Ergebnisse unter Verwendung von BAY60-6583 als A2B-Agonist müssen nunmehr neu interpretiert werden.

Adenosin A2A- und A2B-Rezeptoren werden in vielen Zelltypen und in verschiedenen Geweben koexprimiert, sodass eine Heterodimerisierung in nativen Zellsystemen möglich erscheint. Insbesondere in Jurkat-T-Zellen und im Herzgewebe gibt es, bedingt durch pharmakologische Besonderheiten, einige Hinweise auf mögliche A2A-A2B -Rezeptorheterodimere, welche damit ein neuartiges Target für die Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen und weiteren Erkrankungen darstellen könnten.

Zunächst wurden pharmakologische Untersuchungen an rekombinanten, stabil transfizierten CHO-hA2A-hA2B-Zellen durchgeführt. In Radioligand-Rezeptor-Bindungsstudien und in funktionellen cAMP-Experimenten konnten veränderte Affinitäten und intrinsische Aktivitäten für die getesteten Verbindungen an den doppelt-transfizierten Zellen im Vergleich zu den einzeln transfizierten Zellen festgestellt werden. So lag z. B. der für den selektiven A2A-Antagonisten MSX-2 bestimmte KB-Wert an CHO-hA2B-hA2A-Zellen mit 377 nM viel höher als der für die Verbindung beschriebene KD-Wert von 7,3 nM an humanen A2A -Rezeptoren. Auch war der selektive A2A-Agonist CGS21680 an der CHO-hA2B-hA2A Zelllinie in cAMP-Experimenten auch in hohen Konzentrationen (100 μM) nahezu inaktiv. Diese veränderten pharmakologischen Wirkungen könnten unter anderen auf ein mögliches A2A -A2B-Rezeptorheterodimer hinweisen.

In der Folge wurden Kolokalisationsexperimente an stabilen A2A- und A2B-Rezeptor exprimierenden Zellen durchgeführt. Diese zeigten, dass beide Rezeptoren in bestimmten Bereichen der Zelle kolokalisiert vorliegen.

Darüber hinaus wurden Methoden wie Fluoreszenz-Resonanz-Energie-Transfer-Studien (FRET) (Abb. 8-3) und Bimolekulare-Fluoreszenz-Komplementationsexperimente (BiFC) an transient transfizierten CHO-K1-Zellen zur weiteren Bestätigung eines möglichen Adenosin-A2A-A2B-Rezeptorheterodimers herangezogen. Mit beiden Methoden konnte eine Heterodimerisierung von A2A- und A2B-Rezeptoren bestätigt werden - zumindest befinden sich beide Rezeptoren soweit in räumlicher Nähe, dass sowohl ein Energieübertrag als auch die Zusammenlagerung der beiden YFP-Fragmente zu einem funktionellen YFP-Protein erfolgen kann.

GF -YF

P -YF

P

2A

-GF + A A2A

R2-YFP

B

-GF + GA

BA

A2A

-YF P

2A

-GF + A A2B

-0.1 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

***

***

NFRET

Abb. 8-3: Vergleich der normalisierten FRET-Effizienzen.

Dabei scheint der C-Terminus des A2A-Rezeptors nicht zwingend an der Heterodimerisierung beteiligt zu sein, da in FRET-Experimenten mit einer A2A-Rezeptor-Mutante (1-293R) mit verkürztem C-Terminus in Kombination mit dem A2B-Rezeptor auch noch ein Energieübertrag gemessen werden konnte.

In den bearbeiteten Teilprojekten dieser Arbeit ist es gelungen, neue pharmakologische Eigenschaften von A2B-Rezeptor-Agonisten zu identifizieren, die in Zukunft Einsatz als potentielle Arzneistoffe finden könnten. Zudem konnten A2A-A2B-Rezeptorheterodimere in einem künstlichen Zellsystem nachgewiesen werden.

Um die strukturellen Eigenschaften des A2A-A2B-Rezeptorheterodimers noch weiter zu charakterisieren, könnten zukünftig weitere Mutagenese-Studien zur Identifizierung der Interaktionsfläche durchgeführt werden. Da bei vielen beschriebenen GPCR-Heterodimeren die Aminosäuren der Transmembran-Domänen an der Interaktion beteiligt sind, könnten diese in weiteren Mutagenesestudien ausgetauscht werden. Darüber hinaus ist in Zukunft auch die Identifizierung eines A2A-A2B-Heterodimers in nativen Zelllinien oder Geweben mit den entsprechend geeigneten Methoden von Bedeutung.

Im Dokument Charakterisierung von Adenosin-A (Seite 147-153)