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Jüngste Fortschritte in der Immunologie und der Molekularbiologie haben zur Entwicklung therapeutischer Impfstoffe geführt, die möglicherweise bei chronischen Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und neurodegenerativen Krankheiten eingesetzt werden können, wo andere Therapien bisher kaum wirksam sind. Dabei werden künftige Fortschritte in der Impfstoff-Entwicklung wesentlich von einem besseren Verständnis der strukturellen Basis von Immunreaktionen abhängen.

Die Massenspektrometrie hat sich in den letzten Jahren zu einer weit verbreiteten Methode zur Untersuchung von Struktur und Funktion von Proteinen sowie deren Wechselwirkung mit anderen Biomolekülen entwickelt. Hauptmerkmale der massenspektrometrischen Proteinanalyse sind hohe Empfindlichkeit und Massengenauigkeit, kurze Analysenzeiten und geringer Substanzbedarf. Zur Analyse komplexer Proteingemische und Strukturaufklärung molekularer Erkennungsdomänen wurden zahlreiche Methoden in Kombination mit der Massenspektrometrie entwickelt. Hierzu gehören chromatographische und elektrophoretische Trennmethoden, proteolytische Assays, spezifische chemische Modifizierung von Aminosäuren, Probenvorbereitungs- und Bioinformatik- Verfahren zur Datenanalyse.

Ein Hauptmerkmal der Alzheimerschen Krankheit ist die Akkumulierung extrazellulärer Plaques, die Aggregate des neurotoxischen ß-Amyloid- Peptids enthalten, im menschlichen Gehirn. Immuntherapeutische Verfahren zur Disaggregation der Plaques und/oder Inhibierung der Aß-Aggregation haben in den letzten Jahren zunehmendes Interesse gefunden. Die Hauptzielsetzungen der ersten beiden Teile der vorliegenden Dissertation lagen in der Entwicklung und Anwendung massenspektrometrischer und immunanalytischer Methoden zur Identifizierung der Epitope des Aß-Polypeptids, die von anti-Aß- Antikörpern erkannt werden.

Im ersten Abschnitt der Dissertation wurde die Wechselwirkung eines N-terminalen Aß-(4-10)-Peptidepitops (FRHDSGY) mit mono- und polyklonalen Antikörpern untersucht, das in früheren Arbeiten als strukturelles Epitop zweier Antikörper identifiziert worden war (polyklonaler anti-Aß(1-42)- und monoklonaler anti-Aß(1-17)-

Antikörper). Zur Charakterisierung der funktionelle Bedeutung der einzelnen Aminosäuren wrden spezifische Mutagenese mit synthetischen Aß-(4-10) Mutanten durchgeführt. Die Affinitätsbestimmung der Aß-Peptidmutanten erfolgte durch vergleichende ELISA- Bindungsstudien. Bei der Wechselwirkung des polyklonalen Antikörpers mit den Peptid-Mutanten D7A, S8A, G8A und Y10A wurden die Aminosäuren F4, R5 und H6 als essentiell identifiziert, während im Fall des monoklonalen Antikörpers alle Aminosäuren essentiell für die Bindung waren. Die Bindung des Aß(1-16)- Peptids an zwei monoklonale Antikörper (Anti(1-17)-Klone 6E10 und Anti(1-40) Klone Bam-10) wurde zusätzlich in Gegenwart von Zn2+-Ionen untersucht, die aufgrund von früheren massenspektrometrischen Untersuchungen Wechslewirkung mit den His6-, His13- und His14- Resten zeigen. Für diese Untersuchungen wurden die Peptide Aß(1-10) und Aß1-16) durch Festphasenpeptidsynthese mittels Fmoc-Strategie mit einem zusätzlichen Spacer aus fünf Glycinresten sowie Biotin am N-terminalen Ende synthetisiert. Beide Peptide zeigten konzentrations-abhängige Bindung an die Antikörper. Die Anwesenheit von Zn2+ -Ionen führte zu einer 4- bzw. 10-fachen Erhöhung der Bindung von Biotin-G5-Aß(1-16) an die beiden Antikörper, während kein Effekt von Zn2+ auf die Bindung von Biotin-G5-Aß(1-10). Im egensatz hierzu zeigten Co2+ und Ni2+ keinen Effekt auf die Bindung der N-terminalen Aß-Peptide. Die Anwesenheit von Cu2+-Ionen zeigte keinen Einfluß auf die Erkennung von Biotin-G5-Aß(1-16) an den mAb 6E10, jedoch eine erhöhte Bndung an den BAM-10- Antikörper. Diese Ergebnisse zeigen einen durch Zink induzierten Konformationseffekt auf die N-terminale Domäne Aß(1-16) des Aß- Peptids, der zu einer erhöhten Bindung des Aß(4-10) Epitops an anti-Aß-Antkörper führt.

Der Hauptteil der Dissertation konzentrierte sich auf die Identifizierung des Epitops, das durch natürlich vorkommende humane Autoantikörper erkannt wird. Die Aß-Antikörper wurden durch Affinitätschromatographie aus kommerziell erhältlichen humanem Immunglobulin sowie Serum von Alzheimerpatienten isoliert. Als Affinitätsmatrix für die Antikörperisolierung wurde eine Mikrosäule durch Immobilisierung von Cys-Aß(1-40) an eine Iodacetylmatrix hergestellt. Zur massenspektrometrischen Epitopidentifizierung wurde eine Affinitätssäule aus den gereinigten Antikörpern hergestellt. Durch selektive proteolytische Spaltung von intaktem, affinitätsgebundenem Aß mit Trypsin und Endoprotease-V8 und

nachfolgender massenspektrometrischer Analyse der Epitop- und Überstands-Fraktionen wurde nachgewiesen, daß das Epitop innerhalb der Sequenz Aß(12-40) lokalisiert ist. Das durch Exzision erhaltene Ergebnis wurde durch Epitop-Extraktion bestätigt. Die Anwendung der Protease Pronase ergab die Identifizierung von Aß(21-37) als minimale Epitopsequenz. Vergleichende Bindungsstudien von humanen anti-Aß Antikörpern mit Aß(1-16), Aß(1-40), Aß(12-40) und Aß(17-28), jeweils mit einem Spacer aus fünf Glycinresten sowie Biotin am N-terminalen Sequenzende, wurden durch ELISA durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, daß Aß(1-16) und Aß(17-28) nicht an die Antikörpern binden, während Aß(12-40) und Aß(1-40) konzentrationsabhängige Affinität aufweisen. Analoge Ergebnisse und identische Epitoperkennung wurden für anti-Aß-Autoantikörper von Alzheimerpatienten nachgewiesen. Durch Auftrennung mittels 2D-Gelelektrophorese konnte die Polyklonalität der Antikörper charakterisiert werden. Massenspektrometrische Untersuchungen der tryptischen Abbaugemische der Proteinbanden mittels MALDI-FT-ICR-MS führten zur Identifizierung der schweren Antikörperketten vom γ1- und γ2 -Typ, sowie der leichten Ketten vom κ-Typ.

Ein weiterer Abschnitt der Doktorarbeit befaßte sich mit dem Effekt der Serinprotease HtrA1 auf die Prozessierung des Amyloid- Vorläuferproteins. Astrozyten produzieren bedeutende Mengen an HtrA1 und Aß, und die Zugabe eines HtrA1-Inhibitors führt zu einer Akkumulierung von Aß in Zellkulturen. Die ß-Secretase spaltet das Amyloid-Vorläuferprotein (APP) vor Asp672 unter Bildung von APP(672-770), das in einem zweiten Schritt durch die γ-Sekretase zu APP(672-711/713) (Aß) und einem C-terminalen Fragment gespalten wird. Zur Untersuchung der proteolytischen Spezifität der HtrA1- Protease wurde zunächst die Primärstruktur von rekombinantem APP(672-77) durch 1D-Gelelektrophorese, proteolytische Spaltung mit Trypsin und Massenspektrometrie charakterisiert. Der proteolytische Abbau durch HtrA1 wurde für APP(672-770) im Vergleich zu APP(672-711), APP(672-713), APP(724-770) und APP(661-687) analysiert und die Abbauprodukte durch hochauflösende MALDI-FT-ICR-MS identifiziert. Die Spaltung von APP(672-770) wurde an den Aminosäuren Val-683, Gln-686, Asn-755 und Asp-672 nachgewisen, jeweils unter Bildung von Abbauprodukten von etwa gleicher Sequenzlänge. Es konnte ein molekular einheitliches Fragmentierungsschema für die C-terminale (cytosolische) Domäne nachgewiesen werden, das keine Priorität für spezifische Aminosäurereste besitzt,

aber Produkte mit vergleichbaren Sequenzlängen von etwa 10-20 Aminosäuren bildet.

Der letzte Abschnitt der Dissertation befaßte sich mit der massenspektrometrischen Epitopbestimmung eines spezifischen Antikörpers gegen die H1-Kohlenhydrat-Erkennungsdomäne H1CRD. ESI-FTICR- Massenspektren des intakten H1CRD- Proteins, sowie ESI-LCMS- Fragmentierungsspektren von tryptischen Abbaugemischen des Antigens lieferten Information über die Struktur des Antigens;

dabei wurde das Fehlen des Met-1 Rests nachgewiesen. Der Vergleich von MALDI-FT-ICR- Massenspektren von tryptischen Gemischen des nativen, sowie des reduzierten und alkylierten Antigens führte zur Identifizierung von zwei Disulfidbrücken. Das Antigen zeigte Wechselwirkung zum immobilisierten Antikörper in der nativen sowie der alkylierten Form. Durch Epitop-Exzision und –Extraktion mit Trypsin konnten zwei N-terminale Epitop-Peptide identifiziert werden, die Affinität zum Antikörper zeigen.