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Die Leberzirrhose mit ihren vielfachen möglichen Komplikationen, allen voran der Ausbildung eines portalen Hypertenus mit Aszites und der Bildung von Varizen mit möglicher Blutung, stellt ein äußerst komplexes Krankheitsbild dar. In einer Vielzahl von Studien wurden bisher Ursachen und Therapiemöglichkeiten untersucht. Mit unserer Studie haben wir versucht diese Zusammenhänge aus hämostaseologischer und hämodynamischer Sicht näher zu beleuchten. Gerade bezüglich der Komplikation Blutung ist eindeutig, dass sowohl Blutgerinnung als auch portale Druckverhältnisse eine entscheidende Rolle spielen. Die Anlage eines TIPS stellt eine etablierte Therapiemethode dazu dar. Viele Studien haben sich dabei mit der Analyse der veränderten Hämodynamik infolge eines TIPS beschäftigt. Aus hämostasiologischer Sicht gibt es bisher dagegen kaum Daten. Wir haben daher versucht die Auswirkungen der Anlage eines TIPS auf die Gerinnungssituation bei Patienten mit Leberzirrhose, gerade auch im Hinblick auf veränderte portale Druckverhältnisse, zu untersuchen.

Unmittelbar nach der Anlage eines TIPS scheint es zu einer massiven Gerinnungsaktivierung zu kommen. Diese Veränderungen normalisieren sich allerdings im Verlauf von wenigen Monaten. Eine in der bisherigen Literatur postulierte erhöhte portalvenöse Gerinnungsaktivierung bei Patienten mit Leberzirrhose mit sekundärer Hyperfibrinolyse konnten wir zum Teil bestätigen. Es scheint eine deutlich portal-venös vermehrte Fibrinolyse vorzuliegen, ohne dass es dabei allerdings zu einem quantitativ verifizierbaren Verbrauch von Gerinnungsfaktoren kommt. Eine verstärkte Endothelaktivierung scheint generell vorhanden zu sein. Es fand sich dabei allerdings keine stärkere Ausprägung in der portalen Strombahn verglichen mit der systemischen Zirkulation. Im weiteren Verlauf nach TIPS Anlage blieben die Plasmaspiegel sämtlicher Parameter gegenüber der Ausgangssituation nahezu konstant. Die D- Dimere waren jedoch infolge der TIPS Anlage deutlich rückläufig, was auf eine verminderte Fibrinolyseaktivierung, vor allem in der portalen Strombahn nach Anlage des Shunts schließen lässt. Mit einhergehende Zeichen einer verminderten Gerinnungsaktivierung nach TIPS Anlage sind in unseren Daten nicht zu sehen. Besonders auffallend waren deutliche Faktor XIII Anstiege infolge der TIPS Anlage.

Gemäß der gängigen Lehrbuchmeinung fanden wir mit zunehmender Einschränkung der Leberfunktion, quantifiziert mittels Child Pugh Score, eine Reduktion der Plasmaspiegel an leberabhängigen Gerinnungsfaktoren. Dabei erwies sich Faktor XIII als nur bedingt leberabhängig. Ebenfalls unabhängig von der Leberfunktion war der endothel- und thrombozytenabhängige Faktor VIII. Das vWF:Ag und die D- Dimere stiegen mit zunehmender Leberfunktionseinschränkung an. Diese Tatsache spricht für eine verstärkte Gerinnungsaktivierung mit sekundärer Fibrinolyse mit zunehmendem Grad der Leberschädigung. In diesem Rahmen scheinen Endotoxine eine wichtige Rolle zu spielen. Im Verlauf der weiteren Beobachtung nach TIPS Anlage fand sich dann bei Child Pugh A Patienten generell eine leichte Verschlechterung der Gerinnungsparameter und der Leberfunktion, während Gerinnungs-, Synthese und Clearenceparameter bei Child Pugh C Patienten konstant blieben, oder sich verbesserten. Somit lässt sich folgern, dass Child Pugh C Patienten hämostaseologisch mehr als Child Pugh A Patienten von der Anlage eines TIPS profitieren und bezüglich der Leberfunktion keine Verschlechterung infolge eines TIPS festgestellt werden kann. Damit können wir aus Sicht der hepatischen Synthese und Clearence Leistung sowie aus hämostaseologischer Sicht die Anlage eines TIPS auch im Stadium Child Pugh C befürworten. Mögliche Auswirkungen im Sinne einer Verschlechterung der hepatischen Enzephalopathie müssen dabei mit in Betracht gezogen werden, waren jedoch nicht Gegenstand dieser Studie.

Der portosystemische Druckgradient (PSDG) scheint entgegen vieler Studien nur einen geringen Einfluss auf die vermehrte Gerinnungsaktivierung in der portalen Strombahn zu haben. In bisherigen Studien gab es keine Messungen von portal-venösen Gerinnungsfaktoren in Abhängigkeit des PSDG. Unseren Daten nach, die auch portal-venöse Messungen beinhalteten, finden sich abhängig vom PSDG erhöhte D- Dimere und damit Hinweise auf eine verstärkte Gerinnungsaktivierung mit folgender Fibrinolyse. Es konnten jedoch keine Erniedrigungen von Gerinnungsfaktoren abhängig vom PSDG festgestellt werden. Zudem konnte keinerlei Korrelation zwischen der Höhe des PSDG und einzelnen Gerinnungsparameter hergestellt werden.

Das Vorliegen von Aszites scheint die Verfügbarkeit von Gerinnungsfaktoren mit zu beeinflussen. So fanden sich bei Patienten mit Aszites erhöhte Werte von D- Dimeren und vWF:Ag als Marker der Fibrinolyse bzw. der Endothelaktivierung, gegenüber Patienten ohne Aszites. Gleichzeitig kam es zu erniedrigten Werten zahlreicher Gerinnungsfaktoren. Dies deutet auf das Vorliegen einer AICF bei Patienten mit Aszites hin. Besonders auffällig war die Assoziation von Faktor XIII und Aszites. War bei Patienten Aszites vorhanden, bedeutete dies einen signifikant erniedrigten Faktor XIII Plasmaspiegel, während die Beseitigung des Aszites durch eine TIPS Anlage zu hochsignifikanten Anstiegen der Faktor XIII Verfügbarkeit führte.

Bei Patienten ohne initialem Aszites änderte sich nach TIPS Anlage nichts am Faktor XIII Plasmaspiegel. Als mögliche Ursachen dafür kommt ein erhöhter Verbrauch bei dekompensierter Zirrhose im Rahmen einer AICF bzw. DIG in Frage. Es deutet sich jedoch an, dass von Aszites eine inhibierende Wirkung auf den Faktor XIII ausgeht.

Hierbei könnte NO eine zentrale Rolle spielen. Es ist bereits als Inhibitor von Faktor XIII bekannt und zudem besonders bei dekompensierter Zirrhose erhöht. Eine TIPS Anlage führt bekanntermaßen zur Reduktion des NO Plasmaspiegels, wobei wir in diesem Zusammenhang einen deutlichen Anstieg der Faktor XIII Verfügbarkeit zeigen konnten. Ferner sind weitere inhibierende Mechanismen denkbar. So finden sich in der Literatur einige Hinweise auf Faktor XIII inhibierende Substanzen im Rahmen einer Leberzirrhose (74, 132). Ebenso sollte die Rolle der Thrombozyten beachtet werden. Aus ihnen wird ein bedeutender Anteil des Faktor XIII im Blut

freigesetzt. Ob es im Rahmen einer TIPS Anlage zu bedeutenden Veränderungen der Thrombozytenzahl kommt wird kontrovers diskutiert, könnte jedoch die Faktor XIII Verfügbarkeit infolge TIPS entscheidend mit beeinflussen. Dieser Zusammenhang wurde in unserer Studie nicht untersucht und sollte daher im Rahmen weiterer Studien noch geklärt werden. Entsprechend der Bedeutung von Faktor XIII für das Überleben von Patienten mit Leberzirrhose könnte die erhöhte Verfügbarkeit dieses Faktors infolge einer TIPS Anlage einen erheblichen Benefit für diese Patienten bringen.