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Labordiagnostische Untersuchungsergebnisse können durch zahlreiche präanalytische Faktoren maßgeblich beeinflusst und verfälscht werden. Einleitend wurde daher eine Übersichtsarbeit zur labordiagnostischen Bedeutung der Präanalytik bei der Untersuchung von Blutproben sowie zu Möglichkeiten der Optimierung der Präanalytik erstellt. Die erarbeiteten Meilensteine bezüglich optimaler Probengewinnung, -aufbereitung und –lagerung boten das Fundament der folgenden experimentellen Arbeiten und wurden in die Qualitätssicherung eingebunden.

Die folgenden Arbeiten befassen sich mit dem Spurenelement Selen. Deutschland und viele Regionen Nordeuropas sind als Gebiete mit geringen Selengehalten der regional angebauten Futtermittel beschrieben worden. Selen ist ein essentieller, integraler Bestandteil der Selenoenzyme und –proteine, nur einige davon konnten bisher auch funktionell charakterisiert werden. So nehmen die Glutathionperoxidasen (GPx) und Thioredoxin Reduktasen (TRxR) vor allem antioxidative Funktionen wahr, die Iodothyronindeiodinase1 (Dio1) ist ein wichtiges Enzym im Schilddrüsenhormonmetabolismus. Die Glutathion-S-Transferase alpha (aGST) ist kein Selenoenzym, wird aber im Selenmangel möglicherweise bei sinkender zellulärer, antioxidativer Kapazität als Kompensationseffekt vermehrt exprimiert. Neben Studien zu den funktionellen Grundlagen findet Selen aufgrund seiner Rolle im antioxidativen Stoffwechsel zunehmend auch Beachtung in der Forschung zur Krebsprävention.

Zunächst wurde in dieser Arbeit die Ausprägung der Selenunterversorgung in deutschen Schafherden epidemiologisch und anhand von Bestandsmerkmalen untersucht. Über ein Drittel aller untersuchten Schafherden (n=150) wiesen im Serum einen deutlich zu geringen Selenstatus auf, der eine Optimierung des Fütterungsregimes dringend erfordert. Dabei zeigte sich, dass die Angabe des Landwirts, Mineralfutter einzusetzen, keinerlei Sicherheit für eine Annahme einer ausreichenden Versorgung der Tiere darstellt. Eine Überprüfung der Selenkonzentrationen im Serum ist daher im Rahmen der Herdenbetreuung ratsam.

Einflussfaktoren für eine Selenunterversorgung waren vor allem die Herdengröße sowie die Haltung als Wanderschafherde während der Weideperiode.

Des Weiteren wurde im experimentellen Ansatz die, durch das Jaagsiekte Sheep Retrovirus (JSRV) induzierte, ovine Lungenadenomatose (ovine pulmonary adenocarcinoma (OPA)) mit zwei verschiedenen Selenversorgungsstufen kombiniert und damit ein neues Studienmodell

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etabliert. Ziel war die Untersuchung des möglichen Zusammenhangs zwischen Selenstatus und Tumorprogression im Langzeitmodell.

Als methodische Grundlage für diese Fragestellung wurde zunächst die Computertomographie (CT) der Schaflunge unter standardisierten Bedingungen eingeführt und ein CT-OPA-Score System zur Quantifizierung der Lungenveränderungen bei wiederholten Untersuchungen erarbeitet. Die CT-Befunde und daraus generierten CT-OPA-Scores korrelierten gut mit den pathomorphologischen und –histologischen Untersuchungsergebnissen. Vorteile gegenüber der Röntgentechnik sind die frühe und sensitive Darstellung sowie die klare Lokalisierung und Wiederfindung bereits kleiner Lungenveränderungen bei Schafen mit OPA.

Für die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Selenstatus und Tumorprogression wurden sechzehn adulte, natürlich im Herkunftsbetrieb mit JSRV infizierte Versuchstiere in zwei Gruppen unterteilt und mit marginaler (< 0,05 mg Se/kg Trockensubstanz (TS)) beziehungsweise bedarfsgerechter (0,2 mg Se/kg TS) Selenkonzentration in der Gesamtration gefüttert. Die JSRV-Infektion wurde in der bronchoalveolären Lavage, sowie später postmortal in Lunge und Lungenlympfknoten mittels PCR belegt. Die OPA-Progression wurde über einen Zeitraum von zwei Jahren mittels Lungen-CT dargestellt.

Pathomorphologische, pathohistologische sowie immunhistologische Untersuchungen schlossen diese erste Nutzung von OPA als Tumormodell mit nutritiv modulierten Bedingungen ab. Das Fütterungsregime führte zu signifikanten Gruppenunterschieden in den Selenkonzentrationen und den zytosolischen GPx1-Aktivitäten im Lungengewebe. Die immunhistochemische Intensität der GPx1-Markierung erschien reziprok zur Tumorgröße.

Die vierteljährliche Untersuchung der Lungen mittels CT ergab über einen Zeitraum von zwei Jahren keine Unterschiede in der Tumorprogression zwischen den beiden Fütterungsgruppen.

Jedoch erwies sich das Tumormodell als geeignet für Langzeituntersuchungen unter Einbeziehung nutritiv modulierbarer Einflussfaktoren.

Die weiteren Auswirkungen der differenzierten Selenfütterung auf labordiagnostische Parameter wurden über Blutuntersuchungen, durch vierteljährlich gewonnene Leberbioptate sowie postmortal untersucht. Während der gesamten Untersuchungsphase wurden keine klinischen Anzeichen einer Nutritiven Muskeldystrophie bei den Versuchstieren festgestellt.

Die Untersuchung der hämatologischen und klinisch-chemischen Routineparameter einschließlich leber- und muskelspezifischer Enzyme ergab ebenfalls in beiden Gruppen keine besonderen Auffälligkeiten. Leber, Nieren, Herzmuskel und Schilddrüse dagegen zeigten

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signifikante Gruppenunterschiede in den Selenkonzentrationen (nicht Niere) sowie in den zytosolischen GPx1-Aktivitäten. Für die zellulären TrxR- und Dio1-Aktivitäten ließ sich dieser Effekt nur im Lebergewebe nachweisen. Im Blut erwies sich die Serum-Selenkonzentration als sensitiver Marker der nutritiven Selenversorgung. Zudem reflektierte die Leber-Selenkonzentration die Futterumstellung auf die bedarfsgerechte Selensubstitution innerhalb weniger Tage. Die hepatische GPx1-Aktivität erreichte ein Maximum erst zwischen Tag 100-200 und fiel danach wieder ab. Die marginal mit Selen versorgten Schafe zeigten einen kontinuierlichen Abfall der Selenkonzentration im Serum auf 50% des Ausgangsniveaus innerhalb von zwei Jahren, wohingegen die Leber-Selenkonzentrationen dieser Gruppe unverändert blieben. Die GPx-Aktivität im Vollblut stieg nach Umstellung auf die bedarfsgerechte Selenzufuhr nur langsam in einen Zeitraum von etwa drei Monaten, parallel zur Regeneration des Erythrozytenpools, an. Die höhere relative, hepatische GPx1 mRNA Expression der bedarfsgerecht gefütterten Gruppe korrespondierte mit der hohen hepatischen GPx1-Aktivität. Die vermehrte Expression der hepatischen aGST mRNA bei den marginal mit Selen versorgten Schafen verdeutlichte die metabolische Relevanz der Unterversorgung mit Selen, da dieses Enzym vermutlich als Kompensation der verminderten anitoxidativen Kapazität der Zelle vermehrt exprimiert wird. Die Daten der metabolischen Untersuchungen zeigen zusammenfassend, dass die Selenkonzentrationen in Serum und Leber sowie die hepatische GPx1-Aktivität innerhalb weniger Tage die gesteigerte Selensupplementierung reflektierten, wohingegen die Vollblut-GPx-Aktivität nur sehr langsam anstieg, was die diagnostische Nutzbarkeit dieses Parameters bei wechselnder Fütterung einschränkt. Zentrale Stoffwechselorgane sind von einer marginalen, nutritiven Selenzufuhr bereits in der subklinischen Phase über eine deutliche Beeinträchtigung des zellulären, antioxidativen Systems betroffen.

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