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Bartonella ist die einzig bekannte Bakteriengattung, die beim Menschen im Zusammenhang mit pathologischer Angiogenese steht. Bei immunsupprimierten Patienten führt die chronische Infektion mit den Gram-negativen, fakultativ-intrazellulären B. henselae Bakterien zu der Entstehung vaskulärer Tumore in der Haut und den inneren Organen (bazilläre Angiomatose, Peliosis hepatis).

Die Entstehung B. henselae assoziierter vaskuloproliferativer Läsionen ist ein einzigartiges Beispiel für eine bakterielle Angiogenese und ist auf komplexe Pathogen-Wirtszelle-Interaktionen zurückzuführen.

Die durch B. henselae verursachten vaskuloproliferativen Läsionen sind durch die Bildung unorganisierter, vaskulärer Strukturen und die Infiltration myeloide Zellen gekennzeichnet und weisen eine starke Ähnlichkeit zu der malignen Tumorvaskularisierung auf, was darauf hindeuten könnte, dass beide Prozesse einem ähnlichen Mechanismus unterliegen.

Bei der Tumorvaskularisierung und -progression spielt die Infiltration von myeloide Zellen eine entscheidende Rolle. Durch die Beteiligung an Matrix-modulierenden Prozessen und die Sekretion pro-angiogenetischer und immunregulatorischer Zytokine verändern Tumor-assoziierte Makrophagen (TAMs) das Mikromilieu des Tumors und treiben die Vaskularisierung und Metastasierung voran.

Bisher wurde der durch B. henselae verursachte Mechanismus der pathologischen Angiogenese vorwiegend in vitro an Endothelzellen untersucht. Tatsächlich sind aber in vivo immer mehrere Zellarten an diesem Prozess beteiligt, wobei hier sich die Rolle von Stammzellen zunehmend als entscheidend herausstellt.

Myeloide angiogenetische Zellen (MACs) sind eine Unterklasse zirkulierender Vorläuferzellen, die eine entscheidende Funktion bei regenerativen und pathologisch-angiogenetischen Prozessen sowie bei der Tumorvaskularisierung übernehmen. MACs entstehen im Knochenmark und werden in den Blutkreislauf abgegeben, wo sie molekularen Signalen zum Ort des angiogenetischen Geschehens folgen. Dort begünstigen sie durch die Interaktion mit dem Gefäßendothel und die parakrine Sekretion pro-angiogenetischer Faktoren die Neoangiogenese.

Aufgrund ihrer phänotypischen Plastizität und Bedeutung bei pathologisch-angiogenetischen Prozessen könnten MACs auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Progression der durch B. henselae verursachten vaskularen Läsionen spielen. Das Ziel dieser Arbeit war die Analyse der Interaktion von B. henselae und MACs und die Untersuchung einer möglichen Rolle dieser Zellen bei der Entwicklung B. henselae-assoziierter vaskulärer Tumore.

Vorangegangene Arbeiten an Endothelzellen haben die durch B. henselae verursachte pathologische Angiogenese auf ein Zusammenspiel mehrerer Pathogenitätsmechanismen zurückgeführt: Die Inhibierung der Apoptose in der infizierten Wirtszelle, die angiogenetische Reprogrammierung durch Aktivierung des Transkriptionsfaktors HIF-1, die Sekretion pro-angiogenetischer Zytokine (z.B. VEGF) und die selektive Aktivierung von NFκB regulierten (z.B. anti-apoptotisch) Gene. Bartonella Adhäsin A (BadA) gilt als wichtigster Pathogenitätsfaktor für die pathologische Angiogenese bei B. henselae Infektionen. BadA vermittelt die Adhäsion an die endotheliale Wirtszelle und ist für die Aktivierung von HIF-1 und der dadurch initiierten Sekretion von VEGF verantwortlich.

Initiale Untersuchungen dieser Arbeit hatten gezeigt, dassMACs auch für die Infektion mit B. henselae empfänglich sind, die dann intrazellulär in Vakuolen persistieren. Wie bei Endothelzellen induziert die Infektion von MACs mit B. henselae eine Inhibition der Apoptose sowie die Aktivierung von zellulären, angiogenetischen Programmen, wie die Aktivierung von HIF-1.

Neben der angiogenetischen Aktivierung von MACs auf molekularer Ebene verstärkt die Infektion mit B. henselae auch die angiogenetische Kapazität von MACs auf funktioneller Ebene. Um die Interaktion von MACs mit Endothelzellen zu untersuchen, wurde ein 3-dimensionales Ko-Kultur Sphäroid Angiogenese Model einwickelt. Hier wurde gezeigt, dass sich B. henselae infizierte MACs in wachsende Endothelzellsprosse integrieren und durch parakrine Faktoren das angiogenetische Wachstum (Sprossung) signifikant erhöhen.

Weiterhin führte die Kultivierung von B. henselae infizierten MACs in einem in vitro „ capillary-formation assay“ über längere Zeiträume zu der Bildung stabiler, komplexer, 2-dimensionaler, kapillarer Netzwerke. Diese Formation kapillarer Netzwerke bei Zellen nicht endothelialen Ursprungs („vascular mimicry“) kann auch in vivo bei Makrophagen und Tumorzellen, die unter starkem angiogenetischen Druck stehen, beobachtet werden.

Der Pathogenitätsfaktor BadA wurde als essentieller Faktor für die angiogenetische Wirkung von B. henselae auf MACs und für das „vascular mimicry“ Verhalten identifiziert. Nur die Infektion mit dem BadA exprimierenden B. henselae Wildtyp-Stamm konnte HIF-1 in MACs aktivieren und die Bildung kapillarer Netzwerke induzieren, während die Infektion von MACs mit BadA defizienten B. henselae Mutanten weder zur HIF-1 Aktivierung noch zur Bildung kapillarer Netzwerke führte.

Bei der phänotypischen Charakterisierung von B. henselae infizierten MACs mittels FACS-Analyse, Immunzytochemie und qRT-PCR wurde die Expression endothelialer Merkmale ausgeschlossen.

Stattdessen, wurden MACs als myeloide Zellen mit charakteristischen Eigenschaften von Makrophagen identifiziert.

Um die durch B. henselae erzeugten pro-angiogenetischen Veränderungen in MACs besser zu verstehen, wurden Gen-Expressionsprofile erstellt. Untersuchungen infizierter und uninfizierter MACs mittels Transkriptom- Analyse haben ergeben, dass die erhöhte pro-angiogenetische Aktivität von infizierten Zellen mit einer massiven phänotypischen Reprogrammierung zusammenhängt. Es zeigte sich, dass insbesondere Gene, die an der Regulation der Angiogenese und des Sterol-Metabolismus beteiligt sind, sowie immun- und Matrix-modulierende Gene durch B. henselae beeinflusst werden.

Des Weiteren zeigte sich, dass B. henselae infizierte MACs trotz Expression Elemente eines inflammatorischen Genmusters, vorwiegend einen anti-inflammatorischen M2-Makrophagen Phänotyp aufweisen.

Um die parakrine, pro-angiogenetische Wirkung B. henselae infizierter MACs weiter zu untersuchen, wurde eine Sekretomanalyse durchgeführt. Dazu wurden Zellkulturüberstände an mehreren Infektionszeitpunkten einer Proteom-Profiler-Mikroarray-Analyse unterzogen. Die Ergebnisse zeigten, dass durch die Infektion mit B. henselae ein Mikromilieu erzeugt wird, in dem inflammatorisch-angiogenetische, sowie matrix-modulierende Zytokine dominieren, wobei die Anwesenheit von Zytokinen, die eine Ausbreitung der inflammatorischen Antwort bewirken, fehlen. Zudem sezernieren B. henselae infizierte MACs im Vergleich zu E. coli- LPS behandelten MACs signifikant geringere Konzentrationen des inflammatorischen Zytokins TNFα und höhere Konzentrationen des anti-inflammatorischen Zytokins IL-1ra sowie des Angiogenese-modulierenden Zytokins CXCL10. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Infektion mit B. henselae einen Aktivierungzustand hervorruft, der sich deutlich von dem einer unspezifischen Entzündungsreaktion unterscheidet und sowohl inflammatorische als auch anti-inflammatorische Elemente besitzt.

Weitere Untersuchungen des pro-angiogenetischen Phänotyps B. henselae infizierter MACs im Vergleich zu tumor-assoziierten Makrophagen (TAMs) haben viele phänotypische und funktionelle Ähnlichkeiten gezeigt. Sowohl TAMs als auch B. henselae infizierte MACs weisen eine erhöhte angiogenetische Kapazität sowie einen invasiven, immunsuppremierenden Phänotyp auf und haben die Fähigkeit unter angiogenetischem Druck blutgefäßartige Strukturen zu bilden. Weiterhin weist das durch infizierte MACs erzeugte pro-angiogenetische, parakrine Mikromilieu viele Ähnlichkeiten mit dem des durch TAMs erzeugten Mikromilieus im Tumor auf. Beide Zelltypen tragen durch die Sekretion von angiogenetischen, sowie Matrix- und immun-modulatorischen Zytokinen zur Förderung der pathologischen Angiogenese und der allgemeinen Tumorprogression bei.

Zusammengenommen zeigen diese Untersuchungen, dass die Infektion von MACs mit B. henselae zu einer phänotypischen Reprogrammierung zu TAM-artigen Zellen mit erhöhten pro-angiogenetischen, invasiven und immun-modulatorischen Eigenschaften und zu der Bildung eines

tumor-ähnlichen Mikromilieus, das aus inflammatorisch-angiogenetischen und matrix-modulierende Substanzen besteht, führt. Diese Eigenschaften sind sowohl für die Entstehung maligner Tumore, sowie der B. henselae assoziierter vaskulärer Tumore von großer funktioneller Bedeutung und unterstreichen eine mögliche Rolle von MACs in der B. henselae-assoziierten pathologischen Angiogenese in vivo.

In der vorliegenden Arbeit konnten neue Erkenntnisse über die Rolle myeloider Zellen bei der Entstehung B. henselae induzierter, vaskulärer Tumore gewonnen werden. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse Parallelen zwischen Tumor assoziierten myeloiden Zellen und den durch B. henselae manipulierte myeloiden Zellen. Beide beeinflussen das Mikromilieus dahingehend, dass die Tumorprogression und -metastasierung vorangetrieben wird. Damit erschließen sich bisher unbekannte Parallelen zwischen bakteriellen Infektionen und Tumorgenese.