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Diese Dissertation faßt die Ergebnisse vergleichender genomischer Studien zusammen, deren Ziel war, weitere Einblicke in die Evolution von Vertebraten, im speziellen der Fische, zu erhalten. Von besonderem Interesse waren dabei der Einfluß von Gen/Genom-Duplikationen, Selektion und linien-spezifischer Evolution von Genen, sowie nicht-codierender Bereiche.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen können wie folgt zusammen gefaßt werden:

Grundlage der meisten Studien innerhalb dieser Arbeit ist ein Programm zur vergleichenden Analyse von Sequenz-Daten. EverEST ist ein WINDOWS-Programm das Datenbankorganisation und phylogenetische Analyse von „Expressed Sequence Tags“ (ESTs) automatisiert. Dabei führt das Programm simultan Datenbanksuchen mittels des BLAST-Algorithmus durch, um die jeweils besten Treffer jeder EST-Sequenz zu ermitteln. In einem weiteren Schritt werden die EST-Sequenzen mit den zugehörigen Suchergebnissen und phylogenetischen Analysen in einer relationalen Datenbank kombiniert.

Um die Eignung von ESTs für phylogenetische Analysen zu prüfen, wurden ESTs von zehn Fischmodellen einem realen Test unterzogen. Es konnte gezeigt werden, dass Multi-Gen-Phylogenien eine gute Methode darstellen, um Topologien zu verbessern. Die phylogenetische Genauigkeit steigt mit der Anzahl der verwendeten Loci und diese sollten unter Berücksichtigung ihrer Rate der Aminosäure-Substitutionen gewählt werden. Dieser Teil der Arbeit ergab einige eher langsam evolvierende Gene, die für phylogenetische Untersuchungen bei Fischen geeignet sind. Die Ergebnisse dieser phylogenetischen Untersuchungen steht im Einklang mit vorherigen Untersuchungen auf der Basis

mitochondrialer Daten zur Beziehung der Ostariophysi und Protacanthopterygii, sowie kombinierter Analysen nuklearer Loci bei den Acanthopterygii. Um diese Ergebnisse auf eine noch sicherere Basis zu stellen, sind allerdings weitere genomische oder EST Sequenzen zusätzlicher Taxa notwendig. Der schnelle Zuwachs genetischer Daten für immer mehr Arten macht darüber hinaus verläßliche Informationen über phylogenetische Beziehungen notwendig, um vergleichende Studien korrekt interpretieren zu können.

Neu erzeugte ESTs der Buntbarsch-Art Astatotilapia burtoni wurden mit allen verfügbaren Sequenzen anderer Arten der Haplochromiden kombiniert. Der Gesamtdatensatz beinhaltete mehr als 45.000 ESTs. Diese repräsentieren ein breites Spektrum von molekularer Funktionen und biologischer Prozesse. Diese Sequenzen wurden verglichen mit denen anderer Fischarten, darunter zwei Kugelfische (Takifugu rubripes und Tetraodon nigroviridis), Forelle und Zebrafisch. Dabei konnten Gene in Haplochromiden identifiziert werden, die höhere oder niedrigere Substitutions-Raten im Vergleich zu anderen Fischarten aufweisen. Dies stellt einen Hinweis auf ausgleichende oder verstärkende Selektion dar. Etwa 18% der untersuchten ESTs zeigen Haplochromiden-spezifische Abweichungen der Rate, was darauf hindeutet, dass diese Gene eine Rolle bei der Ausbildung linien-spezifischer Eigenschaften spielen. Die weitere Untersuchung dieser Gene mittels Errechnen des Verhältnisses Ka/Ks konnten vier langsam evolvierende Gene (3,45%) identifiziert werden, die positiver Selektion bei Haplochromiden unterliegen. Diese Gene stellen Kandidaten für zukünftige Untersuchungen der genetischen Ursachen für die Diversität der Cichliden dar.

Die Evolution der Deuterostomier wurde begleitet von einer Zunahme systematischer Komplexität, besonders bei spezialisierten Geweben und Organen. Die zunehmende Zahl beobachteter Genduplikationen führte zu der Annahme, dass es zwei vollständige Genomduplikationen während der Evolution der Vertebraten gab. Auf der Grundlage von Sequenz-Daten von neun Taxa der Vertebrata konnte für die Enzyme der Glykolyse kein allgemein gültiger Trend bei Genduplikationen festgestellt werden. Die meisten Enzyme zeigen jedoch sich wiederholende Duplikationen, die bis hin zu gewebe-spezifischer Expression der Kopien reichen, aber dies ist nicht bei allen der Fall. Auch die Berücksichtigung der Tertiärstruktur der Proteine gibt keinen Hinweis darauf, warum beispielsweise einige Enzyme in vier Isoformen bei Tetrapoden auftreten, andere hingegen nur in einer Form. Ausgehend von der Erwartung, dass die meisten Gene nach einer Duplikation eher schnell verloren gehen, kann dagegen angenommen werden, dass die gewebe-spezifische Expression eine Gene erhalten hat. Dies gilt sicherlich nicht für alle Gene und somit kann angenommen werden, dass die Enzyme der Glykolyse nicht als Einheit

evolviert sind, sondern dass jedes Gen eine eigene Geschichte besitzt. Weitere Studien sind notwendig, um die Evolution von biochemischen Signalwegen verstehen zu können.

Zukünftige Genomprojekte, welche die zugrundeliegende Diversität an Arten erweitern, stellen die Basis für diese Fragestellung dar.

Unter Zuhilfenahme einer Kombination von BLAST-Suchen und phylogenetischer Methoden war es möglich Gene, die positiver Selektion unterliegen bei vier Fischmodell-Arten zu identifizieren. Darüber hinaus konnte demonstriert werden, dass die Messung positiver Selektion gut geeignet ist, Divergenz zwischen duplizierten Genen zu ermitteln. Alle Gene verhalten sich unterschiedlich in den verschiedenen Arten. Dies erlaubt den Schluß, dass sie irgendeiner Weise funktionell wichtig für die jeweilige Art sind. Innerhalb dieses Teils der Arbeit werden einige zuvor nicht identifizierte, duplizierte Gene vorgestellt, bei denen ein Paralog positiver Selektion unterliegt und eine signifikant höhere molekulare Evolutionsrate ausweist. Die andere Kopie weist solche Veränderungen aufgrund stabilisierender Selektion nicht auf. Die Tatsache, dass diese Gene linien-spezifische Evolution bei den untersuchten Fischarten aufweisen, läßt vermuten, dass selbst nach langer Zeit seit der Duplikation, diese Gene an art-spezifischen Vorgängen bzw. Funktionen beteiligt sind. Man könnte demnach annehmen, dass diese Gene eine Rolle bei der Diversifizierung von Arten spielen.

Das Verständnis wie Gene in Genomen unterschiedlicher Größe verteilt und organisiert sind, stellt immer noch eine große Herausforderung der Genombiologie dar.

Zwischen der Anzahl der Gene je Chromosom und der Länge des Chromosoms besteht eine starke Korrelation. Die Anzahl der Gene je Chromosom gegen die Chromosomenlänge für 15 eukaryotische Genome zeigt eine starke Korrelation für alle Nicht-Säuger. Säuger-Genome hingegen zeigen keine konstanten linear korrelierten Verhältnisse. Es ist nicht bekannt, ob die Ansammlung von sogenannten „gene deserts“ in Säuger-Genomen, die für die fehlende Beziehung von Genanzahl und Chromsomenlänge verantwortlich sind, nur ein Nebenprodukt der Evolution des Genoms und der langfristigen Reduzierung der Populationsgrößen sind.

Dies läßt sich schließen aus der Ansammlung von „gene deserts“ in der Evolution der Säugetiere. Dies kann auch im Zusammenhang mit einigen morphologischen, physiologischen, neurologischen und kognitiven Innovationen dieser Tiere gesehen werden.