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Im Rahmen dieser Arbeit wurden 12 Pilzstämme aus marinen Habitaten, vorwie-gend der Nordsee, in einem chemischen Screening auf ihre Sekundärstoffproduk-tion hin untersucht.

Isolate aus dem marinen Lebensraum konnten ihr großes Potential bezüglich der Diversität an Sekundärmetaboliten bereits oft unter Beweis stellen und ließen auf ungewöhnliche Biosynthesewege und interessante neue Strukturen hoffen.

Sechs im chemischen Screening auffällige Stämme wurden einer intensiveren Bearbeitung unterzogen, um die Pilzmetabolite zu identifizieren. Insgesamt konn-ten 27 Naturstoffe in ihrer Struktur bestimmt werden, 16 davon waren neu.

WDMH35 (Aspergillus fumigatus)

Im Myzel-Extrakt dieses Stammes ließ sich das bekannte Diketopiperazin Fumi-tremorgin C (32) nachweisen. Aus dem Kulturfiltrat konnten neben 32 die Spiro-verbindung cis-Pseurotin (29) und Fumigaclavin A (31) identifiziert werden.

Diese Verbindungen sind aus anderen Stämmen gleicher Gattung bekannt. Um unnötige Reisolierungen zu vermeiden, wurden die Extrakte von WDMH35 einer HPLC-MS-Analyse unterzogen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass nur die bekannten Metabolite aus Aspergillus fumigatus gebildet worden waren. Auf eine weitere Bearbeitung wurde verzichtet.

WDMHC2 (Fusarium sp.)

Der Hauptmetabolit (Nährmedium 1158) war das literaturbekannte Cyclonerodiol (43), ein Sesquiterpendiol.

WDMH24 (Penicillium coralligerum)

Dieser Stamm lieferte als einziges Hauptprodukt das N-(2-cis(4-Hydroxyphenyl)-ethenyl)-formamid (44). 44 wurde in der Literatur zuvor als Metabolit von Aspergil-lus fumigatus beschrieben.

WDMH51 (Aspergillus sp.)

Der Stamm produzierte mehrere Verbindungen, von denen vier aufgereinigt und identifiziert wurden. Drei von ihnen, Averantin (45), 3,6-Di-O-methylaverantin (46) und 6,8-Di-O-methylnidurufin (47), sind Anthrachinone, während das Sterigmato-cystin (58) eine Xanthonstruktur ausweist. 46 ist als Naturstoff bisher nicht schrieben. Der biogenetische Zusammenhang der Sekundärmetabolite wird be-schrieben. Alle Substanzen sind Biosynthesestufen des Aflatoxins (49).

Aufgrund der karzinogenen, teratogenen, hepatotoxischen und immunsupressiven Wirkung von 49 wurde von einer weiteren Bearbeitung des Stammes Abstand genommen.

WDMH28 (nicht identifiziert)

Aus diesem Pilzstamm konnten aus den Rohprodukten durch mehrere Trenn-schritte sechs Substanzen rein erhalten werden.

1) Neben dem typischen Pilzmetaboliten Isoscleron (51) wurde sein 6-Methoxy-Derivat 52 und α-Acetylorcinol (50) identifiziert. 52 war mit diesem Substitutions-muster bisher nicht beschrieben.

Ferner wurde erstmals 6-Methoxyparvulenon (56) isoliert und charakterisiert. Für die Strukturaufklärung erwiesen sich die Acetate 54 und 55 als hilfreich.

Die Analyse der NMR-Daten führte zur Struktur der interessanten neuen Verbin-dungen Naphthalacton A (60) und B (61). Bei ihnen ist der Dihydronaphthalenon-Grundkörper durch einen Lactonring erweitert.

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2) Durch Fütterungsexperimente mit [1-13C]Acetat, [1,2-13C2]Acetat und [2-13 C]-Malonsäure konnte bewiesen werden, dass das Parvulenon-Gerüst in 56 und 60 auf dem Polyketidweg entsteht. Die Einbaumuster im γ-Lactonring von 60 ent-sprechen denen für Marticin (64) und Canescin (65) und belegen, dass der 5-Ring aus einer C3-Einheit gebildet wird, die aus dem Citratcyclus stammt. Diese Ergebnisse konnten durch den erfolgreichen Einbau von [1,4-13C2]Succinat unter-mauert werden.

Ein Biosyntheseschema für Naphthalacton A (60) wird formuliert.

3) Für keinen der Metabolite ist bislang eine biologische Aktivität gefunden worden.

WDMH46 (Paraspheaoshaeria sp.)

Dieser Stamm produzierte mehrere Sekundärmetabolite mit Allen-Struktur. Aus den Extrakten eines 5 L-Ansatzes in Schüttelkolben (NL 1158) wurden die Lupallene A (86), B (85) und C (87) isoliert und durch 1D-, 2D-NMR- und IR-Spektroskopie in ihrer Struktur aufgeklärt. Wegen der seltenen Allengruppierung schlossen sich ausführliche Untersuchungen bezüglich des Einflusses ausge-wählter Fermentationsparameter auf die Biosyntheseleistung des Stammes an.

1) Man kultivierte den Organismus in unterschiedlichen Fermentationsgefäßen (Schüttelkolben, Rührblattfermenter, Airlifter und P-Kolben). Zusätzlich wurde das Nährmedium variiert und die Salzverträglichkeit von WDMH46 bezüglich NaCl getestet.

Unter den verschiedenen Fermentationsbedingungen konnten neun weitere Meta-bolite isoliert und identifiziert werden. Die Aufreinigung erfolgte dabei durch Säulenchromatographie an Kieselgel und Sephadex LH-20 sowie durch präpara-tive HPLC.

Im 5 L- und 10 L-Rührblattfermenter traten erstmals die Allene 91, 92 und 93 auf.

Neben 4-Hydroxy-3-(3´-hydroxy-3´-methyl-but-1-enyl)-benzoesäure (97) wurde ein Metabolit 95 mit Tetrahydrochromanon-Struktur gefunden.

Zwei weitere Allene (90a/b) wurden vom Stamm beim Zusatz von Natriumacetat zum Nährmedium gebildet. Diese lagen als 3:2-Gemisch vor und wurden aus der Mischung als Isomere identifiziert.

Aus den Rohextrakten der Airlift-Kultur konnten neben Lupallen E (91) das α,β-ungesättigte Keton 94 erhalten werden, ebenso wie 96, eine

p-Hydroxybenzoe-säure mit Dimethylallyl-Seitenkette. Außer 96 sind alle aus diesem Stamm isolier-ten Naturstoffe neu.

2) Aus den Kopplungskonstanten im Protonenspektrum und den NOESY-Korrela-tionen wurde die relative Stereochemie von 87 und 92 abgeleitet. Zur Klärung der absoluten Konfiguration wurde die Züchtung eines Einkristalls für eine Röntgen-strukturanalyse angestrebt. Kristallisationsversuche mit den Lupallenen A (86), C (87) und E (91) schlugen jedoch fehl. Um die Kristallisationsfähigkeit der Verbin-dungen zu erhöhen, wurden 86 zum p-Brombenzoat 100 und 87 zum o-Brom-benzoat 99 umgesetzt. Bisher blieben auch diese Kristallisationsversuche ohne Erfolg. In Anlehnung an die literaturbekannten Allene 88 und 89 wurde die absolute Konfiguration entsprechend angenommen.

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3) Über die Biosynthese von Allenen ist wenig bekannt. Durch Einbauexperimente mit [1-13C]Acetat und [U-13C3]Glycerin konnte aus den 13C-NMR-Daten der angereicherten Verbindungen die Bildung der beiden C5-Seitenketten auf dem Mevalonat-Weg bewiesen werden. Für den Cyclohexanring ergab sich ein Aufbau über den Shikimat-Weg mit p-Hydroxybenzoesäure als symmetrische Zwischen-stufe.

Entsprechend ließ sich die Ausbeute der Lupallene (gemessen an 91) durch den Zusatz von p-Hydroxybenzoesäure und Phenylalanin verdoppelt, durch p-Hy-droxyzimtsäure und Tyrosin sogar vervierfachen.

4) Von den 12 isolierten und aufgeklärten Metaboliten sind einige als Vorläufer auf dem Weg zum Lupallen-Gerüst, andere als Shunt-Produkte einzustufen. Unter Berücksichtigung aller Verbindungen des Stammes WDMH46 wurde ein hypothe-tisches Biosyntheseschema (Abbildung 64) vorgeschlagen, das erstmals auch über die Allenbildung Auskunft gibt.

5) Für keines der Allene konnte bisher eine biologische Aktivität nachgewiesen werden.

B. E XPERIMENTELLER T EIL