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Die Zukunft kranker Nadelbäume

Beziehungen zwischen Jahrringschäden und Metallgehalten der Zellwand

5 Die Zukunft kranker Nadelbäume

Agoniephase, irreversible Wachstumsreduktionen Bäume mit Jahrringreduktionen sterben in der heutigen Zeit meistens ab. Die Zeitspanne zwischen der physiologischen Schädigung bis zum Eingehen des Baumes ist unterschiedlich und sicher abhängig von dessen Standort, Sensibilität und zusätzlichen Stressfaktoren (Abb. 29/30).

1 n unseren intensiv bewirtschafteten Wäldern des schwei-zerischen Mittellandes ist es kaum möglich, die Zeitspanne vom Schadenbeginn bis zum Absterben des Baumes zu be-rechnen, weil die Forstdienste laufend schwache, geschädigte Bäume eliminieren. Dieser Umstand verbirgt den eigentlichen Krankheitszustand unserer Wälder und verdeckt das Aus-mass des Baumsterbens in der Schweiz.

Zeitverzug zwischen physiologischer Schädigung und dem Absterben der Föhrenbestände in Saxon, Wallis. Intensive Schäden erlitten die Bäume in den 30er und den 40er Jah-ren. Heute, nach 30 bis 50 Jahren, sterben sie ab.

Zeitverzug zwischen physiologischer Schädigung und dem Absterben des Tannenbestandes bei Oberhof, Fricktal.

Intensive Schäden erlitten die Bäume 1956 und 1964.

Heute, nach 10 bis 20 Jahren, sterben sie ab.

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Gesundung: Regeneration der kambialen Aktivität Eine Regeneration der kambialen Aktivität haben wir in zwei Regionen festgestellt:

- Burgdorf, Bestand (Abb. 31)

Etliche in den Jahren 1959 bis 1965 geschädigte Bäume weisen ab 1966 bis etwa 1971 breitere Jahrringe auf. Ab 1973 haben sie jedoch einen irreversiblen Rückfall erlitten.

- Wal I is (Abb. 32)

Nach den Schadenjahren 1971 bis 1976 erholen sich ab 1977 viele Tannen und Föhren. Ob die Erholungsphase wei-ter andauert, kann im jetzigen Zeitpunkt noch nicht beur-teilt werden. Weshalb sich die Bäume regenerieren, ist un-klar. Es muss aber betont werden, dass ein grosser Teil der geschädigten Bäume zu keiner Regeneration fähig ist. Nur von Natur aus starke Individuen können sich erholen und überleben.

Abbildung 42

zweimalige Schädigung im Gebiet von Burgdorf.

Schädigung, Erholung und erneute Schädigung zeigt sich sowohl im Jahrringbild als auch im Histogramm auftre-tender Schäden.

Sensibilität der Individuen

An Föhren aus Saxon zeigt sich die Sensibilität der Bäume gegenüber Immissionen ganz besonders deutlich (KIENAST et al., 1981). Bei älteren, zum Teil noch lebenden Föhren und alten, bereits seit längerer Zeit abgestorbenen Exempla-ren wurde das Alter des Schadeneintritts und des zuletzt ge-bildeten Jahrrings ermittelt. Die Schäden traten in beiden Fällen um 1940 ein. Die sensibleren Föhren starben bereits nach 10 bis 15 Jahren ab, es sind die heute liegenden, mo-dernden Bäume. Die resistenteren Föhren haben ihr Wachs-tum erst nach 20 bis 50 Jahren eingestellt.

Abbildung 43

Zeitverzug zwischen der physiologischen Schädigung und dem Absterben der Bäume. Sensible Bäume sterben bereits nach 10, resistentere erst nach 30 bis 50 Jahren ab.

6 Folgerungen

Die Studie hat gezeigt, dass die Methode der visuellen Jahr-ringanalyse von Bohrkernen und Stammscheiben einfach und zuverlässig ist. Jeder Förster ist nach kurzer Einarbeitungs-zeit in der Lage, Stammscheiben und Bohrkerne zu beur-teilen. Anhand eines umfangreichen Materials ist es vielfach möglich, natürliche und immissionsbedingte Phänomene im Jahrringbild zu unterscheiden. Da es jedoch nur in seltenen Fällen gelingt, die unmittelbaren Ursachen der Schädigungen zu ermitteln, sollten derartige Studien nach einheitlichen Gesichtspunkten durchgeführt werden. Wichtig erscheinen uns folgende Punkte:

- Bohrkerne oder Stammscheiben aus Brusthöhe von Bäumen der Oberschicht

- Standörtl iche und waldbaul iche Charakterisierung der Probenstandorte (Pflanzensoziologie, Bodenkunde, Wald-bau)

- Charakterisierung des äusseren Erscheinungsbildes eines jeden Baumes

Da art- und umweltbedingte Faktoren das Baumwachstum beeinflussen, sollte in Zukunft allen Baumarten, insbeson-dere auch den Fichten, Buchen, Eichen und Eschen Beach-tung geschenkt werden.

Es wird von forstlichem Interesse sein, das verminderte Wachstum und den Abgang einzelner Arten sowohl in öko-logischer als auch ökonomischer Sicht zu betrachten.

Die Frage nach der Bedeutung der metallischen Elemente in Jahrringen des Stammes von Bäumen in nicht extremen Im-missionsgebieten ist nach wie vor ungeklärt. Eine jahrring-analytische chemische Studie erscheint nur dann erfolgver-sprechend, wenn zahlreiches Material sorgfältig, nach stand-ortku ndl ichen Gesichtspunkten ausgewählt, analysiert und in Beziehung zu ökophysiologischen und pedologischen Er-gebnissen gebracht wird.

Anhand der vorliegenden Studie erscheint es sinnvoll und realistisch, die hier vorgeschlagene dendrochronol ogische Technik in den Rahmen eines landesweiten Waldschaden-katasters einzubauen.

7 Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit geht es uns darum, darzulegen, welche Fragen im Bereiche des aktuellen Baumsterbens mit einfachen jahrringanalytischen Methoden, ohne Einsatz aufwendiger Apparaturen, ·Jeleuchtet werden können. Wir

haben deshalb Bohrkerne und Stammscheiben gewählt, die aus verschiedenen geographischen, geologischen, kl imatologi-schen, standörtl ichen Situationen stammen und aus unter-schiedlichen Stellen in Stämmen entnommen wurden.

Die rund 3'800 Jahrringproben von Tannen und Föhren stammen aus dem Wallis, dem Emmental, dem schweizeri-schen Mittelland von Bern bis zum Bodensee und dem nördlichen Jura.

folgende wesentliche Erkenntnisse haben wir dabei ge-wonnen:

- Kranke Bäume weisen eine leicht erkennbare, abrupte Zuwachsverminderung von meistens über fünfzig Prozent auf. Das Jahr des Schadeneintrittes kann datiert werden.

- Schadenbilder der Krone stimmen nur in groben Zügen mit den jahrringanalytischen Befunden überein.

Es ist schwierig, den Zustand des Kronenbildes objektiv festzuhalten. Das Kronenbild ist in seinem Aspekt von Jahr zu Jahr verschieden.

- Die zeit! iche Schadenausbreitung ist von Standort zu Standort sehr verschieden. Sie kann weder mit klimatologi-schen noch standörtlichen Faktoren oder waldbaulichen Massnahmen generell erklärt werden. Ein übergeordneter Einfluss scheint die Schäden zu verursachen.

- Vergleichbare Erscheinungen in datierten historischen und prähistorischen Tannenstämmen sind nicht vorhanden.

- Nördlich der Alpen weisen alle von uns untersuchten Standorte Schäden in mehr oder weniger grossem Ausmass auf. Auf den untersuchten Urgesteins-Standorten der Süd-schweiz sind die Tannen völlig gesund. Im Wallis regenerie-ren sich die meisten Tannen sowie viele Föhregenerie-ren auf Kalk-und Urgesteins-Standorten.

Die Schadenbilder in der Schweiz sind regional verschieden.

Wallis: Die Föhren sind zu mehr als der Hälfte geschädigt und regenerieren sich spärlich. Die ersten Wachstumsreduk-tionen sind bereits um 1920 eingetreten.

Die Tannen sind ab 1970 im Unterwallis stark geschädigt worden. Seit 1972 regeneriert sich der grösste Teil.

Emmental: Fünf bis zehn Prozent der Tannen weisen Jahr-ringschäden auf. Die Schäden konzentrieren sich auf die Jahre 1970 und 1973.

Schweizerisches Mittelland: Auf praktisch allen untersuch-ten Flächen weisen durchschnittlich zwei Drittel aller Tan-nen über 40 Jahre abrupt auftretende ZuwachsreduktioTan-nen auf. Die Schäden haben Ende der 50er Jahre eingesetzt und steigern sich bis heute fast linear.

An einzelnen Standorten treten in jedem Jahr fast kontinu-ierlich Schäden auf, an anderen Orten eher wellenförmig.

Auf etlichen Flächen wiederum zeichnen sich eher einzelne Schadenjahre ab, zum Beispiel 1970, 1973, 1976.

Regelmässig auftretende oder wiederkehrende Schadenbil-der sind in Schadenbil-der Region des Mittellandes nicht vorhanden.

Nach Eintritt der Wachs tu msredu ktion sterben Tannen normalerweise nach 10 bis 20 Jahren ab, Föhren nach 20 bis 30 Jahren. Bäume aus dem Wallis belegen, dass eine Regeneration möglich ist.

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Resume

Une etude analytique des cernes de croissance concernant le deperissement des resineux en Suisse Le present travail montre quelles sont les questions, dans le cadre du deperissement actuel des arbres, susceptibles d'etre elucidees au moyen d'une methode simple d'analyse des cernes. Pour cela, on a preleve des carottes de sondage et des rondelles a diverses hauteurs du tronc des arbres dans des stations differentes au point de vue geographique, geologique et climatologique. Les 3800 echantillons environ proviennent du Valais, de l'Emmental, du Plateau suisse (de Berne au lac de Constance) et du Jura. Nous avons pu acquerir les connaissances suivantes:

- Les arbres malades sont affectes d'une brusque perte d'accroissement, facilement reconnaissable, en general de plus de 50%. Le debut de ce dommage peut etre date.

- L'aspect des degäts du houppier ne correspond que grosso modo aux constatations que I 'on peut tirer de I 'ana-lyse des cernes. II est difficile de juger objectivement de l'etat du houppier, son apparence se modifiant chaque annee.

- L'apparition des degäts dans le temps est tres differente de foret a foret. Elle ne peut etre expliquee ni avec des fac-teurs climatologiques ou de station, ni avec des mesures sylvicoles. Une influence d'un niveau plus eleve semble causer les dommages.

- Des anomalies comparables manquent dans les troncs de sapins datant des epoques historique et prehistorique.

- Toutes les stations que nous avons analysees au nord des Alpes montrent des degäts dans une mesure plus ou moins forte. Les sapins se trouvent etre encore en excellente sante en Suisse meridionale sur les sols d'origine granitique.

En Valais, nombre de sapins se regenerent ainsi que les pins sur les stations gran itiques.

La gravite des degäts differe en Suisse selon la region:

Valais: Plus de la moitie des pins sont endommages et ils ne se regenerent qu'insuffisamment. Les premieres diminutions d'accroissement se sont produites en 1920 deja.

Les sapins sont fortement touches dans le Bas-Valais a par-tir de 1970. La plus grande partie se regenere depuis 1972.

Emmental: Le 5 a 10% des sapins ont des cernesanormaux.

Ces degäts se concentrent sur les annees 1970 et 1973.

Plateau suisse: Pratiquement dans tous les peuplements qui furent examines, les

%

des sapins de plus de 40 ans d'äge montrent de fortes reductions de l 'accroissement. Les dommages commencerent a la fin des annees 50 et ils vont en augmentant de fac;:on presque lineaire jusqu'a ce jour.

Dans plusieurs stations, les degäts se produisent presque chaque annee, dans d'autres de maniere plutot repetee. En-fin ailleurs ce sont certaines annees qui sont marquees, par exemple 1970, 1973 et 1976.

Les sapins perissent normalement 10 a 20 ans apres le debut de la reduction de l 'accroissement. Les arbres du Valais demontrent qu'une regeneration est possible.

Traduction 0. Lenz

Summary

Application of annual ring analysis ·in investigations of conifer die-back in Switzerland

The aim of the present study is to determine which facets of the current conifer die-back can be elucidated by simple methods of annual ring analysis. Some 3,800 sample cores and stem discs from sites differing in terms of geography, geology, climate and ecology were analysed. The material was collected from firs and pines in the Valais, the Emmen-tal, the northern Jura and the Swiss Central Plateau between Berne and the Lake of Constance.

The main findings of the investigation are as follows:

- Diseased trees exhibit an abrupt reduction in annual growth increments. The reduction is more than 50% in most cases and it is easily recognisable in which year injury first occurred.

- U nhealthy appearance of tree crowns agrees only very generally with annual ring patterns. Objective appraisal of crown conditions is problematic, taking in account the big variations in crown appearance from year to year and from site to site.

- The date of first occurred injury varies greatly from site to site. lt cannot be explained in terms of cl imatic or eco-logical factors, neither is it related to silvicultural oper-ations. The onset of injury appears to be due to a more general influence.

- Dated h istorical and prehistorical fir stems do not ex-h ibit comparable reductions in annual growtex-h increment.

- North of the Alps, more or less extensive damage is pres-ent in all the sites investigated. Firs from those sites investi-gated south of the Alps are absolutely undamaged. In the Valais, all of the firs and most of the pines on limestone or granite are regenerating.

Tree injury in Switzerland varies from region to region:

The Valais: More than half of the pines are damaged; re-generation is scanty. Growth reduction began around 1920.

The firs exhibit severe damage in 1970, but many of them began to regenerate in 1972.

The Emmental: In 5 to 10% of the firs the annual rings in-dicate damage, most of which occurred in 1970 and 1973.

Swiss Central Plateau: On almost all sites investigated, an average of two thirds of the firs over 40 years old exhibit an abrupt growth reduction. lnjury first occurred in the late fifties and has increased almost I inearly to date. On some sites damage has occurred regularly, on others only in phases. On several sites injury is concentrated in particular years, e. g. 1970, 1973 and 1976. Trees from the Plateau do not exhibit signs of recurrent damage.

Firs generally die some 10 to 20 years, pines some 20 to 40 years after the onset of injury. Trees in the Valais show that regeneration may occur.

Translation M.J. Sieber

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