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Fragen an den Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Dr.

Hermann-Josef Rothkötter, und den Ärztlichen Direktor des Uniklinikums, Dr. Jan L. Hülsemann, MBA

Wir schreiben das Jahr 2024. In einem Zeitsprung-Gespräch reisen wir mit den zwei Führungspersönlichkeiten von Fakultät und Uni-Klinikum in das 70. Jahr der Hochschulmedizin in Magdeburg, um einmal nachzuschauen, was aus den bren-nenden Fragen des Jahres 2014 geworden ist.

Was sind aus Ihrer Sicht die bedeutendsten baulichen Fort-schritte, die ab 2014 bis heute, dem Jahr 2024, verwirklicht worden sind?

Dr. Hülsemann: Bedeutsam ist, dass wir eine standardge-mäße Unterbringung aller Fachgebiete im Interesse der Pa-tienten erreicht haben. Insbesondere betrifft das die Kardio-logie und die Herz-Thorax-Chirurgie, die 2014 noch in baulichen Provisorien arbeiten mussten. Grundlage dafür war der Neubau des Hauses 60 c gewesen. Der neue Hub-schrauberlandeplatz direkt an der Klinik ist ein weiterer Meilenstein. Auch die Zentrale Notaufnahme, die damals einen Engpass darstellte, entspricht den Anforderungen eines Großklinikums.

Prof. Rothkötter: Der neu gebaute zentrale und hochmoder-ne Hörsaal ist direkt mit den Kliniken in den Haupthäusern 60 a, b und c verbunden. Seitdem ist die Vorstellung der Patienten direkt im Hörsaal eine wesentliche Grundlage der klinischen Ausbildung. Die Vorstellungen finden für jedes klinische Studienjahr regelmäßig morgens oder um die Mit-tagszeit statt, die weitere klinische Ausbildung erfolgt auf den Stationen und in den Operationssälen, indem die militonen direkt in den Teams mitarbeiten. Durch die Kom-bination von Patientenvorstellung und Teamarbeit hat der klinische Unterricht eine hohe Qualität erreicht.

Wie konnte das, was bis Mitte 2014 vielfach noch Luft schlösser waren, verwirklicht werden?

Prof. Rothkötter: Das Land hat sich klar positioniert und anstelle einer reinen Sparpolitik eine klar strukturierte Ent-wicklung der Universitätsmedizin unterstützt. Es flossen - bei bestmöglicher Ausschöpfung unserer eigenen Möglichkeiten zur Optimierung - vom Land die für uns erforderlichen fi-nanziellen Mittel. Bis weit hinein ins Jahr 2014 fühlten wir uns nicht so unterstützt. Ein entscheidendes Erfolgskriterium war ebenfalls, dass der Medizin-Campus sich weiter in die Gesamtuniversität integriert hat und niemals diskutiert wur-Visionen, Strategie und Mission – der Magdeburger Journalist Karl-Heinz Kaiser „überredete“ sowohl

Dekan und Ärztlichen Direktor zu einem ungewöhnlichen Interview aus der Zukunft des Jahres 2024.

Ob die in 2014 in zuversichtlicher Grundhaltung aufgestellten Prognosen und Bilanzen wirklich so eintreten, wird sich erst 2024 erweisen. Anderenfalls bitten beide um Nachsicht – an ihnen lag es nicht.

„Zeitreise in das Jahr 2024: Blick zurück aus der Zukunft – was wir in zehn Jahren erreicht haben“

Dr. Jan L. Hülsemann (re.) im Gespräch mit dem Journalisten Karl-Heinz Kaiser

Prof. Dr. Hermann-Josef Rothkötter

141 Festschrift 2014

de, sich aus dem Uni-Gefüge zu verabschieden. Der 2014 gegründete Gesundheitscampus „Immunologie, Inflamma-tion und Infektiologie“ hat Pate gestanden für vergleich bare Strukturen in der gesamten Otto-von-Guericke-Universität.

Dr. Hülsemann: Ich denke, genauso hat die enge Vernetzung von Universitätsklinikum und Fakultät mit den außeruniver-sitären Einrichtungen auf dem Campus und in der Region erhebliche Synergieeffekte gebracht. Das betrifft u. a. das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, das Leibniz-Institut, das Helmholtz-Zentrum Braunschweig sowie das Max Planck-Institut und das Fraunhofer-Institut. Ich stimme dem Dekan zu: Das klare politische und finanzielle Bekenntnis des Landes Sachsen-Anhalt zur Universitätsme-dizin in Magdeburg und die damit verbundene hochqualifi-zierte Patientenversorgung waren fundamental entscheidend.

Noch einmal Haus 60 c: Nennen Sie die wichtigsten Berei-cherungen, die sich mit der Realisierung des damaligen Mil lionen-Projekts ergeben haben!

Dr. Hülsemann: Die Lösung der räumlichen Frage wurde schon genannt. Nach der Fertigstellung von Haus 60 c im Jahr 2018, konnten wir die Patientenversorgung weiterent-wickeln, hochmoderne konservative wie operative Therapie-verfahren der Herz-Kreislauferkrankungen sind im Uni-versitätsklinikum Standard. Die enge Kooperation der Kardiologen und der Herzchirurgen z. B. bei der Planung von Therapien und bei der Patientenversorgung im Hybrid-OP sind dafür die Voraussetzung. Entscheidend für diese Erfolge ist auch die gute Kooperation mit den Notärzten und den Krankenhäusern in der Region.

Die Neue Mitte auf dem Medizin-Campus hatte bereits 2014 erheblich Profil gewonnen. Was sind die wesentlichsten Hinzufügungen bis heute, also bis 2024?

Prof. Rothkötter: Der Neubau des Hauses 60 c und des mo-dernen Hörsaales hatte ja eine zweistellige Millionensumme gekostet. Das ab 2014 ebenfalls angegangene Konzept für die Hautklinik ist verwirklicht. Mit diesen Projekten, die in den letzten 10 Jahren gelungen sind, ist der Masterplan von 1993 weitestgehend realisiert. Über dreißig Jahre sind seit der Aufstellung dieses Planes vergangen, daran kann man

erkennen, wie langfristig in der Universitätsmedizin und in der Universität insgesamt geplant werden muss. Außerdem:

Nachdem wir 2014 den abgebrannten Studentenklub „Kiste“

wieder aufgebaut haben, hat er sich weiter als beliebter Treffpunkt der Studierenden und vieler Magdeburger bewährt.

Die medizin-technische Ausrüstung hatte, bei allen Fort-schritten, im Jahr 2014 viele Defizite. Für die Ersatzbeschaf-fung fehlten die Mittel, Reparaturen verschlangen Unsummen.

Hat sich in dem Punkt Wesentliches verbessert?

Dr. Hülsemann: Das ist ein sehr komplexes Problem, das untrennbar zur Universitätsmedizin gehört und immer be-stehen wird. Der wissenschaftlich-technisch Fortschritt macht zum Glück nicht an einem bestimmten Punkt halt. Man kann damit rechnen, dass moderne Krankenhaustechnik nach 10 Jahren abgeschrieben ist. Wir hoffen, dass der Bund und das Land Sachsen-Anhalt uns weiterhin mit Mitteln ausstatten, um diese Investitionsfinanzierung zu meistern.

Prof. Rothkötter: Es war ja so, dass 2014 Bewegung in die politische Diskussion kam - das Kooperationsverbot zwischen dem Bund und den Ländern wurde zugunsten der gemein-samen Hochschulfinanzierung teilweise aufgehoben. Das hat uns bei den Investitionen geholfen. Und die Landespo-litik hat die Fehler der Krankenhausplanung in einzelnen Punkten korrigiert und somit die Universitätsmedizin gestärkt.

Wie gut ist nun 2024 die Ausstattung mit hochmodernen medizinischen Geräten und Apparaturen?

Prof. Rothkötter: Technologisch sind wir sehr gut für die klinische Anwendung aufgestellt, weil uns nach 2019 aufgrund der Neuverhandlung des Länderfinanzausgleiches besonde-re Mittel für die Leistungen in der Universitätsmedizin zur Verfügung gestellt werden. Ein wichtiges Gerät ist das PET MRT, eine Kombination aus Magnetresonanztomographie (MRT) und Positronenemissionstomographie (PET) - diese Technologie wird zunehmend als Routinemethode in der

klinischen Diagnostik angewandt.

Dr. Hülsemann: Es wird ja von der Universitätsmedizin er-wartet, auch in dem höchst kostenintensiven Bereich stets auf dem neuesten Stand innovativ zu sein. Das geht nicht

aus dem laufenden Betrieb heraus. Die Politik hat dies erkannt und die Finanzierung darauf ausgerichtet. Für uns war das die Grundlage für einen enormen Entwicklungsschub seit 2014.

Zur Lehre. Hat sich der HAMNat-Auswahltest bewährt, und wie wird sich die Ärzteausbildung insgesamt entwickeln?

Prof. Rothkötter: Ja, der Auswahltest hat sich bewährt. Die starke Orientierung nicht allein auf die Abiturnote, sondern auf andere naturwissenschaftliche Auswahlkriterien, hat letztlich die Kompetenzen und die Leistungen der Studieren-den und der Absolventen erhöht. Wir haben uns auf eine umfassende wissenschaftliche Ausbildung der Studierenden konzentriert - Konzepte, Studierende bereits im ersten Se-mester mit Stipendien an die Fakultät zu binden und auf eine längere ärztliche Tätigkeit in der Region zu verpflichten, haben wir nicht so sehr verfolgt.

Dr. Hülsemann: Im Universitätsklinikum werden weiterhin in großer Zahl Fachärztinnen und Fachärzte weitergebildet.

Mit der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer werden die erforderlichen Arztzahlen in der Region bespro-chen - und gemeinsam wurde erreicht, dass die ärztliche Versorgung des nördlichen Sachsen-Anhalt auf einem hohen Niveau weiter sichergestellt ist.

Prof. Rothkötter: Was den zweiten Teil der Frage betrifft: Ich denke, es war wichtig, die Wissenschaft in der Ärzteausbil-dung sicherzustellen. Durch die Vermittlung von wissen-schaftlicher, klinischer und auch ökonomischer Kompetenz hat sich ergeben, dass es jetzt hier viel mehr Praxen mit Filialen sowie integrierte Versorgungszentren gibt. Es hat große Fortschritte gebracht, dass die sektorübergreifende Kooperation zwischen den Praxen und den Krankenhäusern auf neue, auch finanziell abgesicherte Grundlagen gestellt wurde. Die Bevölkerung in der Region ist mit dieser Entwick-lung sehr zufrieden.

Gibt es für Studierende eigentlich noch Vorlesungen oder erfolgt die Wissensvermittlung nur noch über das Netz?

Prof. Rothkötter: Die Weiterentwicklung der Smartphones war in den letzten Jahren rasant, die Studierenden nutzen

diese Technologie sehr intensiv. Animierte Lehrbücher sind mit diesen Geräten Standard, außerdem ist durch diese Me-thoden ein sehr individueller Stundenplan möglich. Die Vernetzung ist breit gefächert. Gefilmte Vorlesungen werden kaum noch genutzt, dagegen ist die vernetzte Lehre mit anderen Standorten weltweit sehr im Kommen. Und: Es herrscht ein unglaublicher Ansturm auf die Mentorenveran-staltungen mit den Professoren und Dozenten. Die Kommi-litonen werden dadurch früh in die wissenschaftliche und klinische Tätigkeit integriert.

Dr. Hülsemann: Es ist ganz einfach dabei geblieben: Der direkte Kontakt zwischen Lehrenden und Studierenden ist in der medizinischen Ausbildung auch heute, 2024, durch nichts zu ersetzen.

Wie hat sich die Kooperation mit der Martin-Luther-Univer-sität in Halle entwickelt?

Dr. Hülsemann: Bereits 2014 hatte sich das Land für den Fortbestand beider Universitätsklinik in Sachsen-Anhalt entschieden. In der Zwischenzeit sind viele wissenschaftliche Koopera tionen entstanden. Forschung ist ohnehin überre-gional, aber die Krankenversorgung muss regional und jeweils eigenständig organisiert sein.

Prof. Rothkötter: Die Klinika beider Universitäten haben sich in den Städten verwurzelt, beide haben gemeinsam mit der jeweiligen Fakultät ihr eigenes Profil weiterentwickelt, zum Beispiel hinsichtlich der Forschungsschwerpunkte. Also:

Kooperation in komplizierten Fällen auch in der Patienten-versorgung sowie abgestimmt in der Forschung ist bei Wah-rung der Eigenständigkeit ein erfolgreicher Weg.

143 Festschrift 2014

Die Rektoren der Medizinischen Akademie