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Der Winter deckt die Eb'ne, Sie liegt so still und weit:

Mein Herz mir hör' ich klopfen In der dämmernden Einsamkeit.

Ich wandle die schweigende Straße, Der Schnee fällt dicht und schwer, — Werd' stille, mein Herz, werd' stille,

Wie der Winter um dich her!

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Lenzahnung.

Noch liegt der Schnee in weißen Breiten, Doch wirkt der Sonnenstrahl schon echt;

Und heiß entbrennt das alte Streiten Um dieser Erde Herrscherrecht.

Es winkt die Ferne wie Verklärung, Doch lagern Schalten in der Näh', Es grüßt wie freundliche Gewährung, Es rauscht wie der Entsagung Weh!

Ich selber kanm vermag's zu sagen, Was mir das Herz so sanft berück;

Ist's halb noch winterliches Zagen, Ist's halb schon der Erfüllung Glück?

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Alpenveilchen.

Näher schon die Berge drängen, Banen ein phantastisch Thor;

Tannen klettern an den Hängen, Nicken aus dein Schlund hervor.

Wild iu eig'nem Sturze dröhnend Wasserfall zur Tiefe springt, Wie ein Lied, das klagend, stöhnend,

Sich der Einsamkeit entringt.

Da, in hartes Moos geschmieget, Duftet's, blüht's in meiner Näh' — Alpenveilchen, sagt, wie stieget

Ihr hinan znr rauhen Höh"?

Wie in wohlgepflegtem Garten, In vertranend-süßer Lust, Legt ihr euch dem kalten harten

Geist der Wildniß an die Brust!

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Und ein Rühren fühlt der Wilde Ueber enren frischen Mnth Und, besiegt von selt'ner Milde,

Nahm er ench in trene Hnt.

Mit der Sonne gold'nen Glnthen Hat er frenndlich euch geletzt, Daß ihr dnftet, mit den Finthen

Seines Wasserfalls genetzt.

Doch zum Dank für solch' Behüten Schmücktet ihr sein einsam Haus, Putztet ihm mit blanen Blüthen

Den granit'nen Mantel ans.

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In ungezählten Schaaren kommt's gezogen, Ein Strahl des Lichts mein müdes Aug' umflirrt.

Horch! leises Singen jetzt und brandend Wogen Im Reigentänze schnell vorüberschwirrt.

Ich schan' ein Meer, vom Morgenstrahl umglommen, Sirenen lagern auf des Felfeus Höh';

Mir gilt ihr Lied, ihr tödtliches Willkommen, Wie einst dem Helden in der Odvssee.

Und drunten zieht der Wasser Helles Klingen In eine Ferne, ewig unbekannt,

Hinmurmelnd auf den schanmgekrönten Schwingen Umbranden sie des Jenseits Nebelstrand.

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Heilkräftig ziehen seine Wogen.

Du Letbestrom! Inbrünstig dank' Den Göttern ich, daß mir beschieden

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Mit wonnemildem Glanz verklären!

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AlieniiPny.

Ich ging durch abendliches Land, Am Wege nickten dnft'ge Nanken, Die weißen Bliithen grüßten mich

Wie lauter freudige Gedanken.

Es war so still; geschichtet lag Ein schlafestrnnken fpielend Kind,

Durch Busch und Wiesengrnnd die Quelle .. . Welch' schöne Ruh', welch' reiches Blüh'n

In dieses Abends hehrem Frieden.

Du wunderschöne Sommerzeit, Wärst du mir lange noch beschieden!

-A— 93 ' I«

Und wie ich's dacht' — ein Plötzlich Weh'n, Ein gelbes Blatt kommt schnell geflogen;

Mit Dunkel hat sich jäh der Stern,

Mit Nacht des Himmels Blau umzogeu, — Wie Klagen geht's durch die Natur,

Unheimlich schallt's vor fremden Tritten . . . . Schau dich uicht um . . . Ans dürrem Laub

Kommt die Vergänglichkeit geschritten. . .

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-Z-Im Hrrbslt.

Jüngst pochte Regen cm die Fenster

Und Stnrmwind bremste dnrch das Feld, — Heut' überglänzt, Septembersonne,

Dein lachend Angesicht die Welt!

Vergessen sind die Nebeltage

Und, was sonst feindlich, scheut zurück Vor deinem milden Liebesange,

Vor deinem warmen Trostesblick.

Das welke Blümchen auf der Haide, Das halberstorb'nc Blatt am Baum, Dir kehrt sich's zu, gleichwie durchschauert,

Berückt von neuem Lebenstraum....

Heut' wünsch' ich, wenn der Lenz vorüber, Daß einst am späten Lebenstag Mir eine milde Sonne leuchte.

Die mich wie diese freuen mag!

Die mit dem Emsi gen mich versöhnet Und mir das Knnft'ge zeigt im Licht, Und nm des Scheidens dnnkte Stunde

Die letzten gold'nen Strahlen flicht!

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Gltober.

Oetobersonne lächelt mild, Verklärend über das Gefild;

Auf all' die Freuden, die vergangen, Auf all' die Blätter, gelb und roth, Und auf die Blumen, die im Tod

Schon neigen ihre blassen Wangen...

So lächelt auch, der leideusmatt Schon hinter sich die Hoffnung hat

Und hinter sich das Lieben, Hassen ...

Der von des Lebens lichtem Pfad In heit'rer Rnh' zum Tode trat,

Um ihm sich ganz zu überlassen ..

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Mondnacht.

In den grauen Straßen woget Weißen Mondlichts klare Fluth;

Stern an Stern erglänzt am Himmel, Wie in stiller Sehusuchtsgluth, Au dem Fenster sitzt die Schöne

Drüben in dem Giebelhaus Und, die Hände fromm gefaltet,

Sinnt sie in die Nacht hinaus.

Träumerisch auf dunklem Auge

Spielt der Moudstrahl keusch und rein Und verklärt die holden Züge

Zitternd mit Madonnenschein.

II.

Mondenstrahl, der bleiche Freier, Huscht in den verschwiegnen Raum, Wo die schöne Jnngsrau ruhet

Tief in mitternächt'gem Traum.

Leise gleitet er zum Lager,

Schimmernd auf dem dunkleu Grund, Und in scheuen Liebesqualen

Küßt er Augen ihr und Muud, Doch wie sie im Tranm sich reget,

Ist wie eines Geistes Bild Schnell der Zageude entwichen,

Hat in Wolken sich verhüllt.

Abend.

Nach den liebvertrauteu Bilderu,

Die ein Dichter früh ersann.

Laß mich schildern nicht, nur fühlen Dieses Abends würz'gen Hauch, Dieser Winde laues Kühlen,

Diesen Duft vou Blüth' und Strauch;

Dieser Wipfel gold'ges Schwanke», Das wie milder Frieden geht, Wie ein stillverklärtes Danken,

Wie ein flammendes Gebet!

7*

-Z- 100 ^

Friede.

Wie herrscht so tiefer Friede, Nicht regt sich Baum noch Blatt;

Es schläft das Herz, das müde, Das bang gerungen hat.

In stiller Dämm'rnng fallen Die Schranken, Zeit und Raum, Nun wird zur Welt das Träumen

Und diese Welt wird Traum.

^ 101

HMKliingk.

i.

Schon läßt ihr zartes Köpfchen hangen Die Blume, schlummerahnend, matt;

Und von des Lebens grünem Baume Fallt herbstlich schon das erste Blatt, Die Wolken jageu, und zum Wandern

Schon ordnet sich der Schwalben Zug, Und mit den Schwalben eilt die Sehnsucht

Und übereilet sie im Flug. — Vorahnend mein' ich da zu schauen,

Wie melancholisch Regen rinnt, Wie Nebeltag zu feuchtem Schleier

Die kalten grauen Fäden spinnt, — Wie schauerlich in Leichenchören

Der Wind in kahlen Zweigen summt, — Wie Alles scheidet, nnd entsagend

Im Weh mein letzter Wunsch verstummt.

^ 102

II,

Rothes Herbsllaub in den Ziveigeu, In den Lüften fremdes Welsu, Rothe Astern, Georginen,

Bunte Zeugen vom Vergeh'», Böglein sitzen an den Wegen,

Alis den Drähten dicht gereiht, Reisefroh nnd voll Erwartung:

Ja, zum Wandern kam die Zeit!

Treulos fahrende Gesellen, Bald verwehet eure Spur;

In den? mitlernächt'gen Wald.

-I- 103 Hinwandelnd auf himmlischen Auen, Wie gold'ne Augen, die freudevoll,

Verheißend hcrniederschanen, — Wie gold'ne Angen, die frommen Blicks

Weissagen von göttlicher Güte, Getrockneten Thränen, gestilltem Leid,

Versöhnender Liebesbliithe.

II.

Es steht ein Stern über Bethlehem In mildverklärendem Lichte, In seinen Strablen der Reigen schwebt

Der frommen Weihnachtsgesichte.

Er spinnt der Wintertage Gran Zu seligem Liebestraume, Schafft fröhlicher der Froheu Herz

Das Kindlein schläft in stillem Raum;

Des Baumes Odem ziehet Gar tief in seinen Traum.

Es lächelt selig still

Wie es in gold'nem Schimmer schaut Die holde Christbescheerung,

Die heut' ihm ausgebaut.

Und Jesus tritt zu ihm

Und segnend an sein Herz er's preßt:

„Erfreu' dich meiner Gaben, Doch halte an mir fest!"

-z- 105

-s-„Wenn sie mir Böses thun

Da längst entfloh dein Kindersinn, So denk', daß ich dein Spender,

Dein Freund noch immer bin/'

-z- 106

—Z-In der Winternach!.

Rings fnnkelndcr Schnee, wo mein Auge schaut, Erstarrt jedes Leben, verhallt jeder Laut:

Mein einsames Herz nnr hütet die Wacht In der Winternacht.

Verweht sind die Pfade, die Spuren verschneit, Es knistert mein Schritt in der Einsamkeit;

Im Mondschein gleitet mein Schatten sacht In der Winternacht.

Fern drüben, vom Lande des Winters umkräuzt, Ein einsames Lichtlein am Fenster erglänzt;

Dort harret mein Liebchen nnd sehnet nnd wacht In der Winternacht.

Inmitten des Winters tödtendem Harm,

Was klopft's mir im Bilsen so wild und so warm.

Mein einsames Herz, da es deiner gedacht In der Winternacht!

—I— 107

Im Dokument Freiherr Merander von Mengden. (Seite 88-110)