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Eine Alternative zum autologen Knochenblock und ohne Entnahmetraumata

ZAHNWURZELAUGMENTATE FÜR DIE LATERALE

KIEFER-KAMMAUGMENTATION

Ein 33-jähriger Patient stellte sich mit einer Schaltlücke in regio 46 mit dem Wunsch einer Implantatversorgung in unserer Pra-xis vor. Im Rahmen der präoperativen Di-agnostik ergab sich ein knöchernes Defizit im Bereich des lateralen Kieferkamms (Restbreite in vestibulo-oraler Richtung von 4 mm) (Abb. 1, 2). Mit dem Patienten wurden die autologe Knochenblockaug-mentation sowie die Möglichkeit der Zahn-wurzelaugmentation besprochen. Der Ge-danke, dass sein oberer teilretinierter Weisheitszahn als Wurzelaugmentat Ver-wendung finden würde, gefiel dem

Patien-ten. So wurde ein zweizeitiger Eingriff in Lokalanästhesie geplant.

Zunächst wurde das knöcherne Defizit dargestellt und die Größe des Augmen-tats festgelegt (Abb. 3). Dazu wurde ein Muko periostlappen präpariert. Einem krestalen Kieferkammschnitt folgte mesial und distal ein Zahnfleischrandschnitt bis regio 44 und 47. Distal wurde der Volllap-pen durch einen vertikalen Schnitt entlas-tet. Die Entfernung des teilretinierten obe-ren Weisheitszahnes erfolgte durch Luxa-tion mit einem Beinschen Hebel (Abb. 4).

Unmittelbar nach der Zahnentfernung er-folgte die Separation des Zahns (Abb. 5).

Die Krone wurde im Bereich der Schmelz-Zement-Grenze mithilfe einer beidseitig diamantierten Trennscheibe (Komet Je-wellery Gebr. Brasseler GmbH & Co KG, Lemgo, D) horizontal abgetrennt. Die ver-tikale Teilung der Zahnwurzeln erfolgte im Bereich der Furkation, so dass alle 3 Zahnwurzel anteile für augmentative

Maßnahmen zur Verfügung standen. Die Trennung erfolgte mit einer Drehzahl von 800/min unter Kühlung mit steriler Koch-salzlösung. Im Anschluss wurde die pala-tinale Wurzel unter Fixierung mit einer Hohlmeißelzange nach Luer kürettiert und das parodontale Ligament entfernt (Abb. 6). Eine weitere Konditionierung oder Behandlung der Pulpa wurde auf-grund der positiven Vitalität nicht durchge-führt. Die extraorale Bearbeitung der Zahnwurzel dient zur vollständigen Ent-fernung des Wurzelzements, um eine ma-ximale Dentinexposition zu gewährleis-ten. Durch eine maximale Kontaktfläche wird eine Ankylose der Zahnwurzel am Empfängerbett gefördert. Der Teil der Augmentatoberfläche, der zum Weichge-webe gerichtet war, blieb von der Bearbei-tung unberührt, da der Wurzelzement in diesem Bereich als Schutz der Zahnhart-substanz vor einer Ersatzresorption die-nen sollte.

Abb. 13: Implantatinsertion Abb. 14: Offene Einheilung 1 Abb. 15: Postoperatives OPTG

Abb. 16: Offene Abformung Abb. 17: Abutmentanprobe Abb. 18: Sicht von lingual

Im Anschluss erfolgte die Fixierung der palatinalen Wurzel mit 2 „micro-screws“

mit einer Länge von 9 mm und einem Durchmesser von 1 mm (Stoma Dental-systeme GmbH & Co KG, Emmingen-Lip-tingen, D). So konnte eine rotationsstabile Lagerung des Augmentats gewährleistet werden (Abb. 7). Scharfe Kanten wurden mit einer Lindemannfräse geglättet. Auf-grund der vertikalen Entlastung konnte auf eine Periostschlitzung verzichtet werden, sodass die Abdeckung mit einer Membran nicht erforderlich war. Eine ergänzende Apposition von Knochenersatzmaterial als Resorptionsschutz wurde ebenfalls ver-mieden, da die tendenzielle Überkonturie-rung des Augmentats dies nicht notwendig machte. Nach der Augmentation konnte das Weichgewebe mit 4–0 Seide (John-son&Johnson, Berlin, D) adaptiert werden (Abb. 8). In der Röntgenkontrollaufnahme (Abb. 9) wird die Wurzelkontur dargestellt.

Die adjuvante systemische Antibiose wurde begleitend einen Tag präoperativ sowie 2 Tage postoperativ gemäß Stan-dardprotokoll mit einer Gabe von Amoxicil-lin 1 g jeweils dreimal täglich mit dem Pa-tienten besprochen. Die strikte Kontrolle der Wundheilung auf Dehiszenzen ist zwingend erforderlich, um die Perforation der Schleimhaut und damit den Verlust des Augmentats zu vermeiden. Dazu wur-de wur-der Patient am 3. und 7. Tag

postope-rativ bestellt. Am 10. Tag erfolgte die Naht entfernung.

Nach 6 Monaten erfolgte im Anschluss an eine reizlose Wundheilung die Implan-tation (Abb. 10). Die Auswertung der prä-operativen Messaufnahme mit Kugel als Referenzierungsmarker ergab eine verti-kale Knochenhöhe von 15 mm (Abb. 1) [10]. Es wurde ein 11 mm langes und 4,2 mm breites selbstschneidendes Im-plantat tioLogic ST geplant (Dentaurum GmbH & Co. KG, Ispringen, D).

Im Reentry wurde das Augmentat zur visuellen Kontrolle der Dentointegration dargestellt (Abb. 11, 12). Es wurde ein krestaler Kieferkammschnitt mit einem Zahnfleischrandschnitt an 47 und 44 durchgeführt. Der Mukoperiostlappen konnte ausreichend zur Darstellung mobi-lisiert werden. Die Messung der Kiefer-kammbreite wurde mit einer millimeter-skalierten PA-Sonde durchgeführt. Der Ausgangsbefund von 4 mm in vestibulo-oraler Richtung konnte auf ca. 8 mm ver-bessert werden. Klinisch stellte sich das Wurzelaugmentat sehr kompakt dar.

Die Titanschrauben wurden entfernt (Abb. 12) und das Implantatbett präpa-riert. Subjektiv stellte sich das dentointe-grierte Augmentat härter als der angren-zende Knochen dar. Beim Anlegen des Bohrstollens konnten Blutungspunkte im Bereich des „traumatisierten Augmentats“

gesehen werden. So konnte die vollständi-ge Organisation und Integration der Zahn-wurzel bestätigt werden.

Das Einbringen des Implantats konnte bei sehr kompakter Spongiosa mit ca.

25 Ncm erfolgen (Abb. 13), sodass auf-grund der hohen Primärstabilität eine offe-ne Einheilung möglich war (Abb. 14). Der das Implantat umgebende Knochen war bukkal und lingual ca. 2 mm dick. Die Röntgenkontrollaufnahme (Abb. 15) zeigt in den Grenzen der zweidimensionalen Aufnahmetechnik ein suffizientes Implan-tat mit einem ausreichenden Sicherheits-abstand zum Nervus alveolaris inferior [10]. Die Implantatschulter schließt mit der Knochenhöhe ab. Beim direkten Ver-gleich zum OPTG direkt nach der Aug-mentation (Abb. 9) konnte 6 Monate spä-ter keine Wurzelkontur im Bereich der augmentierten Region mehr erkannt wer-den (Abb. 15). Die Ersatzresorption ist demnach vollständig abgeschlossen und die Zahnwurzel wurde vollständig den-tointegriert.

Drei Monate nach der Implantation erfolgte die Herstellung der Suprakonstruk -tion. Die offene Abformtechnik wurde ent-sprechend durchgeführt (Abb. 16). In den Abbildungen 17 und 18 wird die Abutment -anprobe dargestellt. Geplant wurde ein in-dividuelles Abutment (d.SIGN(R)98, Ivo-clar Vivadent, Schaan, LI).

Abb. 19: Eingliederung Abb. 20: Sicht von okklusal

In den Abbildungen 19 und 20 wird der Zustand nach Eingliederung einer Zirkoni-umdioxid-Krone gezeigt. Die Befestigung er-folgte mit einem temporären Zement (Temp-Bond, KerrHawe, Orange, CA, USA).

DISKUSSION

Die laterale Kieferkammaugmentation ist in den meisten Fällen ein unerlässlicher Begleiteingriff. Ob ein- oder zweizeitig, ein ausreichend breites Knochenlager stellt die unabdingbare Voraussetzung für die Implantatgesundheit dar. Auf der Grundla-ge zahlreicher tierexperimenteller Unter-suchungen konnte mehrfach die osteo-konduktive und osteogenetische Kompe-tenz belegt werden. So können Zahnwur-zelaugmentate eine Option zu autologen Knochenblöcken darstellen und in Zukunft ein hohes Potenzial an Alternativen zur in-vasiven Entnahme von autologen Kno-chenblöcken (z.B. Linea obliqua externa) bieten.

In Zukunft wären weitere klinische und kontrollierte Studien wünschenswert, um das Verfahren weiter zu validieren. Bei entsprechender Aufklärung des Patienten und richtiger Indikationsstellung kann die-ses Konzept im Einzelfall schon erfolg-reich angewendet werden.

Interessenkonflikt: Der Autor Dr. Stefan Krebs gibt an, dass im Zusammenhang mit seinem Beitrag und außerhalb dieses Betrags kein Interessenkonflikt besteht.

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DR. STEFAN KREBS, M-SC.

Zahnarztpraxis Quedent, Quedlinburg, Zahnarztpraxis Dr. Sandra Kossel, Magdeburg

stefankrebs@me.com

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