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Mit den Erfahrungen zum ordnenden Vergleichen von Bruchzahlen an der Zahlengera-den können 4 wichtige Strategien erarbeitet werZahlengera-den, mit Zahlengera-denen der Größenvergleich zweier Bruchzahlen systematisch betrieben werden kann.

a) Umformen auf gleiche Nenner b) Umformen auf gleiche Zähler

c) Vergleiche mit bekannten Bruchzahlen als Stützzahlen d) Gleichförmiges Verändern von Zähler und Nenner Die Aufgabe,

11 7 und

31

19 zu vergleichen, kann demgemäß auf mindestens 4 Arten ge-löst werden.

(weil 143-tel größer als 217-tel sind), also 11

d) ( )

31 19 32 20 33 21 11

7 =3 > >

Normalerweise überwiegt in der Schule Strategie a) bis hin zur Ausschließlichkeit, es handelt sich um das kanonische Vergleichsverfahren. Das ist einmal darin begründet, daß Gleichnamigmachen eine notwendige Voraussetzung für die Strich-Rechenarten (Addition/Subtraktion) ist. Ferner sind die Prozeduren Erweitern und Kürzen sehr sug-gestiv – als Verfeinern und Vergröbern erfahrbar und faßbar. Schließlich – und nicht zuletzt – kann wieder auf das vertraute Zählkonzept (die Kardination) zurückgegriffen werden, also auf die Argumentationsformen: Wenn a < b ist, genau dann ist auch

n b n a <

(Weniger gleich große Bruchstücke bedeutet weniger Wert).

Letzteres unterscheidet die Strategien a) und b) voneinander. Während

341 209 341

217 > fast unmittelbar klar ist (mehr gleich große Stücke), erfordert die Aussage

217 133 143

133> noch den Rekurs auf das Wissen, daß die Größe des Nenners in Gegenläufigkeit die Größe der Bruchteile bestimmt. Genau dann ist

k a n

a < , wenn n > k ist. Dieses Wissen ist nun aber grundlegend für den verständigen Umgang mit Bruchzahlen, so daß auch Strategie b) zu kultivieren ist. Strategie b) kann auch – wie im Beispiel – Rechenarbeit vereinfa-chen (kleinere Zähler und Nenner).

Gemeinsam ist den Strategien a) und b) die weit über das Anliegen des Größenver-gleichs von Bruchzahlen hinaus reichende allgemeine heuristische Strategie, die Vielfalt von Ausdrücken für ein und dasselbe Objekt auszunutzen.

Der entscheidende Unterschied zwischen den Strategien a) und b) einerseits und c) und d) andererseits besteht darin, daß die letzteren nicht von rein algorithmischer Natur sind.

Die Strategien a) und b) lassen sich total formalisieren, a) etwa beim Vergleich b amit

d c :

1. Erweitere b

a mit d,

bd ad b a = 2. Erweitere

d

c mit b,

bd cb d c = 3. Bilde die Differenz ad – cb

Ist ad – cb ≤ 0, dann ist b a ≤

d c Ist ad – cb > 0, dann ist

b a >

d c In der Sprache der Schüler:

1./2. „Über-Kreuz“-Erweitern 3. Neue Zähler vergleichen

D.h. aber, der Zahlvergleich läßt sich ohne Bezug auf inhaltliche Vorstellungen, gewis-sermaßen blindlings, immer korrekt bewerkstelligen. Das ist – wie in vielen vergleich-baren Situationen des MU – Segen und Fluch zugleich. Der Segen besteht in der

Öko-nomie: Entlastung der Denkarbeit und Kontrollierbarkeit der Prozedur. Zum Fluch gerät ein Algorithmus, wenn er in seiner Reduktion auf syntaktische Aspekte aus dem Auge verlieren läßt, welchen Sinn das Verfahren hat, hier den Umgang mit Bruchzahlen zu verstehen. Es wäre sogar ein starkes Stück Unmündigkeit, wenn z.B. der Vergleich von

117

53 über Strategie a) abgespult würde.

Strategie c) kann nicht blind gehandhabt werden. Man muß sich zunächst die beiden Bruchzahlen ansehen, um sie grob einordnen zu können. Oft ist da schon mit einem Blick eine Entscheidung zu fällen, wenn etwa der eine Bruch größer als 1 bzw.

2 1, der andere kleiner als 1 bzw.

2

1 ist. Wenn das nicht erkennbar ist, werden andere Vertraute (Drittel, Viertel, Zehntel, Prozente) getestet. Dieser Suchprozeß erfordert einerseits in-haltliche Vorstellungen und Wissenselemente (z.B. über Subtrahieren), andererseits – das ist wenigstens die begründbare Hoffnung – wird dadurch die Kompetenz im Um-gang mit Brüchen gefördert. Die Kultivierung von Strategie c) wäre ein wichtiger Bei-trag zur Stärkung und Verbesserung (Sublimierung) der Intuition im Bezug auf Bruch-zahlen. Ganz abgesehen davon kann sie auch die Subtraktion (es sind ja subtraktive Vergleiche) motivieren. Entsprechend kann man auch über die Division vergleichen. Da ist eine Bruchzahl genau dann größer als eine 2., wenn ihr Quotient größer als 1 ist. Für

unser Beispiel: 1

209

Strategie d) ist derzeit offenbar kaum in der Schule bekannt. Formal kann man sie so darstellen:

Schüler können (und sollten) das auf verschiedene Arten entdecken und begründen.

Hilfreich ist der Vergleich mit 1, also der Bezug zur Strategie c). 1 12

5 11

4 < < , weil auf jeden Fall beide Brüche erstens kleiner als 1 sind und weil zweitens

11

4 weiter von 1 entfernt ist als

12

7 (Beziehung zur Strategie b).

In der Pizza-Welt wird der Sachverhalt handfest diskutiert: Was passiert, so die Pro-blemaufgabe, wenn sowohl 1 Pizza als auch 1 Person dazu kommen? In Abbildung 21 geht es um die Frage, was im Fall des Übergangs von ursprünglich 5 Pizzen und 8 Per-sonen auf dann 6 Pizzen und 9 PerPer-sonen passiert: Jede der 9 PerPer-sonen erhält dann

8 5

Pizzen und noch 9

1 von den restlichen 8

3 Pizzen, also noch 24

1 Pizza dazu. Analog können beliebige weitere Beispiele durchdacht werden.

Abbildung 21: Zur Begründung von 9 6 8 5 <

Eine geometrische Begründung für das Verhalten beim additiv gleichmäßigen Verän-dern von Zähler und Nenner (Abbildung 22) rekurriert unmittelbar auf das konstrukti-onsorientierte Verständnis der Bruchzahl als Länge und ist allgemeiner Natur.

Abbildung 22: Zur Begründung von m < n ⇒1 1 n

1 m n

m <

+

< +

Es wird deutlich: Der Bruchzahlvergleich über das zunächst vielleicht kindisch ausse-hende Manipulieren an Zähler und Nenner gemäß Strategie d) bringt neue Aspekte des Bruchzahlbegriffs hervor und ist in vielen Situationen (evtl. in Verbindung mit anderen Strategien) sehr effektiv. Z.B. ist

107 84 97

72< , weil

107 84 109

84 12 97

12 72 97

72 = <

+

< + ist.

6 Pizzen, 9 Personen 5 Pizzen, 8 Personen

n

0 m 1

1 m m + 1 n n + 1

Hilfsgerade

Zahlengerade Μ

1 n

1 m

+ + Μ

Insgesamt ist der Vergleich von Bruchzahlen eine Thematik, die nicht nur unerläßlich für die Herausbildung von brauchbaren Vorstellungen über Bruchzahlen ist, sondern auch zahlreiche Möglichkeiten zum kreativen Denken und Handeln bietet.