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Wirtschaftliche Betätigung der Stadt Halle im Bereich der Wohnungswirtschaft

Feststellungen zur Finanzlage der Kommunen

III. Wirtschaftliche Betätigung der Stadt Halle im Bereich der Wohnungswirtschaft

Die Stadt Halle hat den ehemaligen VEB Gebäudewirtschaft in privatrechtliche Gesell-schaften umgewandelt und dabei die zugrunde zu legenden Vorschriften nicht hinrei-chend beachtet.

Die Mehrheit der Wohngebäude befand sich in der DDR in Volkseigentum bzw. Genossen-schaftseigentum. Nach § 59 - Unternehmen der Wohnungswirtschaft - der als Landesrecht wei-ter geltenden Kommunalverfassung der DDR sind die Gemeinden befugt, zur Gewährleistung der Versorgung der Bürger mit Wohnraum in eigener Verantwortung oder mittels geeigneter Un-ternehmen Sondervermögen zu verwalten und zu bewirtschaften.

Die bisherigen Unternehmen der Gebäude- und Wohnungswirtschaft (mehrheitlich den Kreisen zugeordnete ehemals volkseigene Betriebe) sollen dazu in gemeinnützige Wohnungsgesell-schaften umgewandelt werden. Mit dem Gesetz über die Umwandlung volkseigener Wohnungs-wirtschaftsbetriebe ... vom 22.07.1990 wurden in Ausgestaltung des § 59 Kommunalverfassung die Grundsätze der Umwandlung und der Vermögensübertragung konkretisiert.

Mit dem Einigungsvertrag wurde der Grundanspruch der Kommunen am Bestand des Woh-nungsvermögens beibehalten (Artikel 22 sowie Anlage II, Kapitel IV Abschnitt III (Ziffer 2).

Untersuchungen des Landesrechnungshofes im Rahmen der überörtlichen Kommunalprüfung lassen erkennen, daß die Stadt Halle den vorgegebenen Handlungsrahmen unter Einbeziehung der §§ 53, 57 und 58 Kommunalverfassung (Sondervermögen, wirtschaftliche Unternehmen) sowie des Gesetzes über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark von 1990 (DMBilG - BGB1.

11/1990 S. 1170) nicht ausreichend ausgefüllt und teilweise rechtliche und Bilanzierungsanforde-rungen nicht beachtet hat.

Im einzelnen ergeben sich folgende Probleme:

1. Die DVO zum Gesetz über die Umwandlung der volkseigenen Wohnungswirtschaftsbetriebe vom 01.08.1990 (GBl. I S. 1265) legt die Grundanforderungen für die Umwandlung fest. Die Verfahrensweise der Umwandlung war mit teilweise erheblichen Rechtsmängeln verbunden, deren Auswirkungen bis in das Jahr 1992 hineinreichen.

In der Stadt Halle hatten die Stadtverordneten bereits vor Erlaß obiger Gesetzesnormen, in Ableitung von der gesetzlichen Regelung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten und Betrieben (VO vom 01.03.1990 GBl. 1/1990 Nr. 14), die Umwandlung bestehender Woh-nungswirtschaftsbetriebe in eine GmbH beschlossen. Im Widerspruch dazu und auf der Grundlage einer persönlichen Generalvollmacht durch den damaligen Oberbürgermeister hat ein Mitarbeiter der Verwaltung mit Unterstützung von Rechtsanwälten der Altbundesländer ein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und sich selbst zum Aufsichtsratsvor-sitzenden bestellt. Aus dieser Position heraus wurde gleichzeitig die Fusion mit einem weite-ren in eine GmbH umgewandelten Unternehmen betrieben und dafür insgesamt Rechtsan-waltshonorare von 1,4 Mio. DM vereinbart und gezahlt.

Während die Fusion letztendlich nicht zustande kam, wurde die Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister trotz unvollständiger Gründungsdokumente und -Voraussetzungen veranlaßt.

Im Jahr 1992 haben die Stadtverordneten die (erneute) Umwandlung von der AG in eine GmbH durchgesetzt.

2. Die notariell beglaubigten Umwandlungserklärungen für die Wohnungsunternehmen beinhal-ten den vollständigen Übergang aller Vermögenswerte, Forderungen und Schulden auf die neugebildeten Kapitalgesellschaften. Die aus der Anordnung über den Abschluß der Buchfüh-rung in Mark der DDR vom 27.06.1990 (GBl. I S. 593) und der Eröffnungsbilanz vom 01.07.1990 (DMBilG) abzuleitende Bilanzkontinuität war nicht gegeben. Stichproben zeigten, daß in die DM-Eröffnungsbilanz nicht alle Bilanzwerte vollständig übernommen wurden.

Weder die nach den gültigen verbindlichen Regelungen des Statistischen Amtes der DDR zur Umstellung der Abrechnung auf das Wirtschaftsrecht der BRD zu erarbeitende "Bilanzbrücke"

noch die vergleichende Darstellung nach § 20 DM BilG, "aus der sich ergibt, in welchem Um-fang die Posten der Schlußbilanz zum 30. Juni 1990 im Vergleich mit den Posten der DM-Eröffnungsbilanz zum 01. Juli 1990 sich verändert haben", und die damit zu verbindende Er-fassung der "Neubewertungsdifferenzen" sind ordnungsgemäß erarbeitet worden.

Im Vergleich zur Schlußbilanz sind 270 Mio. M der DDR an Grundvermögen nicht in die Eröff-nungsbilanz übernommen worden. Des weiteren wurden Forderungen aus Mietrückständen von umgerechnet 470.000 DM ebenfalls außer acht gelassen.

3. Nachdem bereits mit § 1 Ziffer 4 der DVO zum Gesetz über die Umwandlung volkseigener Wohnungswirtschaftsbetriebe ... (GBl. I S. 1265) auf die Umbewertung des Grundvermögens unter Anwendung entsprechender Richtlinien hingewiesen wurde, legt § 7 in Verbindung mit den §§ 9 und 10 DMBilG verbindlich eine Neubewertung der

Vermögensgegenstände und Schulden sowie die Bewertungs-, grundsätze fest. Dieser Ver-pflichtung sind die Gesellschaften teilweise nicht bzw. nur unvollständig nachgekommen.

Dessen ungeachtet wurden die DM-Eröffnungsbilanzen von zugelassenen Wirtschaftsprü-fungsunternehmen bestätigt und von den Gesellschaftern bzw. Aufsichtsräten als ordnungs-gemäß festgestellt.

Die Bewertung der Gebäude und baulichen Anlagen für die Wohnungswirtschaft dar Stadt Halle ist entgegen § 10 DMBilG nicht zum Zeitwert, sondern einem davon abweichenden, rein rechnerischen Verfahren erfolgt. Bei Grund und Boden sind die ermittelten Werte überwie-gend nur mit 50 % ihres tatsächlichen Zeitwertes bilanziert worden. Obwohl es sich um nicht rückübertragungsfähige Grundstücke in Neubaugebieten handelt, wurde gerade wegen mög-licher Ansprüche ein sogenannter Risikoabschlag angewandt.

4. Die gebildeten Wohnungsunternehmen tragen bisher den Charakter von Eigengesellschaften im Sinne von § 57 Abs. 3 Ziffer 2 Kommunalverfassung, da den Gemeinden sämtliche Anteile gehören. Diese Anteile in Form des Grund- bzw. Stammkapitals entsprechen jedoch in keiner Weise dem Wert des als Sacheinlage eingebrachten Grundvermögens abzüglich der Schul-den. Dadurch sind entgegen bzw. in falscher Auslegung des § 27 DMBilG Rücklagen einge-stellt worden, die ein Mehrfaches des Grund-/Stammkapitals betragen und Möglichkeiten der Verwertung von Eigenkapital ohne Bestätigung durch den Gesellschafter bieten. Die Festle-gung der Kapitalverhältnisse beruhte auf überschlägigen Berechnungen zum Zeitpunkt der Bildung der Unternehmen. Von der Möglichkeit und Notwendigkeit des § 23 DMBilG einer vor-läufigen Neufestsetzung des Grund-/Stammkapitals, insbesondere unter Würdigung der Er-höhungen aus der Neubewertung bzw. der erstmaligen Bewertung von Grund und Boden, wurde kein Gebrauch gemacht.

5. Die als Sachwert eingebrachten Vermögenswerte beziehen sich prinzipiell auf die in Rechts-trägerschaft oder auch in Verwaltung des ehemaligen VEB Gebäudewirtschaft befindlichen Gebäude und Grundstücksflächen, die sich teilweise nur allgemein aus Lageplänen ergeben.

Damit wird zunächst dem § 6 Vermögenszuordnungsgesetz - Verfügungsbefugnis - Rech-nung getragen. Ein konkreter Eigentumsübergang ist bisher nur in Ausnahmefällen vollzogen.

Wesentliches Hindernis dafür ist, daß vorrangig in Neubaugebieten keine katastermäßige Vermessung der Grundstücke erfolgt ist und diese nur zögernd und mit hohem Aufwand vo-rankommt. Sie ist jedoch auch Voraussetzung für die vorhergehende Zuordnung der Grundstücke entsprechend § l Vermögenszuordnungsgesetz an die Gemeinden selbst, um anschließend auch die entsprechenden Grundbucheintragungen realisieren zu können.

Als weiteres Problem ergibt sich, daß in der überwiegend pauschalen Übertragung der Grundstücke auch solche enthalten sind, die von ihrer Nutzungsart primär nicht den Woh-nungsunternehmen zuzuordnen sind, weil sie von der Kommune oder ihr angehörigen Einrichtungen, Einrichtungen des Landes u. a. unmittelbar genutzt werden oder es sich auch um öffentliche Anlagen handelt.

6. Die Aktivitäten der Stadtverordnetenversammlung als Kontrollorgan des Anteileigners (Stadt Halle) und in Wahrnehmung der Aufgaben nach § 21 Abs. 3 sowie § 57 Abs. 4 der Kommu-nalverfassung haben sich bisher überwiegend darauf beschränkt, die Vertreter für die Gre-mien der Gesellschafterversammlung und Aufsichtsräte zu benennen. Eine Rechenschaftsle-gung über die Umsetzung beschlossener Arbeitsvorgaben ist kaum organisiert, wie auch u.E.

die Mitglieder in den Gremien nur unvollkommen ausreichende Informationen über die wirt-schaftliche Entwicklung der Unternehmen und die sich daraus ergebenden Beziehungen zum Haushalt der Kommune vermitteln.

Demzufolge waren im Haushaltsplan 1991 keine Abführungen bzw. Zuführungen eingestellt worden, obwohl angesichts er gegenwärtigen Mietensituation mit erheblichen Zuführungen an die Wohnungsgesellschaften als Verlustausgleich zu rechnen war. Wirtschaftspläne und Jah-resabschlüsse bzw. Übersichten zur wirtschaftlichen Situation und der voraussichtlichen Ent-wicklung entsprechend § 2 Abs. 1 Ziffer 5 Gemeindehaushaltsverordnung waren den Haus-haltsplänen nicht als Anlage beigefügt bzw. sind nicht aussagefähig.

Inbegriffen ist auch die Feststellung, daß die Jahresabschlüsse der Eigengesellschaften nicht innerhalb von 4 Monaten nach Ablauf des Jahres aufgestellt sowie danach zur Prüfung und Bestätigung und damit zur Kenntnis der Abgeordneten bzw. ihrer Ausschüsse vorliegen.

Anläßlich der Prüfung wurden der Leitung der Verwaltung noch weitere und detaillierte Er-kenntnisse vermittelt und Hinweise zur Überwindung der vorhandenen Probleme unter Beach-tung und Nutzung der jeweiligen Rechtsnormen gegeben. Dabei wurden insbesondere fol-gende Probleme angesprochen:

- Heilung aller noch vorhandenen Mängel hinsichtlich der Rechtsfähigkeit der Unterneh-men und der Rechte und Pflichten in den Gesellschaftsverträgen.

- Neufestlegung der Kapitalverhältnisse unter Berücksichtigung der vollständigen Erfas-sung aller Vermögenswerte und der Ergebnisse der Neubewertung.

- Eindeutige Zuordnung der eingebrachten Sachvermögen in Zusammenhang mit ver-stärkten Aktivitäten zur Vermögensübertragung .

- Information der Stadtverordneten und deren Ausschüsse über die wirtschaftliche Tätig-keit der Unternehmen sowie zur Wahrnehmung der entsprechenden gesetzlichen Kon-trollfunktion.

Der Landesrechnungshof hat darauf hingewiesen, daß sich auch hinsichtlich der Bildung anderer Unternehmen (Verkehrsgesellschaften, Stadtwerke) ähnliche Probleme ergeben haben, die zum Teil noch nicht gelöst sind.

(Schröder)