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Abschnitt C - Ergebnisse der überörtlichen Kommunalprüfung - Zeitraum Juni 1992 bis Mai 1993 -

1. Ergebnisse der überörtlichen Kommunalprüfung im Zeitraum Juni 1992 bis Juni 1993

1.5 Wirtschaftliche Betätigung der Kommunen und Probleme der Privatisierung

1.5.1 Wirtschaftliche Betätigung

Die Kommunalverfassung definiert im § 57 (3) wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinden wie folgt:

1. Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit (Eigenbetrieb),

2. Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, deren sämtlichen Anteile den Ge-meinden gehören (Eigengesellschaften),

3. Beteiligungen der Gemeinde an wirtschaftlichen Unternehmen.

Die noch immer fehlende Eigenbetriebsverordnung bzw. ein Eigenbetriebsgesetz führte in den Kommunen (wie auch bereits im Jahresbericht 1991 festgestellt) zu erheblichen Unsi-cherheiten über den rechtlichen Rahmen und die Ausgestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Bildung von Eigenbetrieben.

Die Kommunalverfassung räumt (insbesondere in ihren §§ 2, 48 und 57 bis 59 in Verbindung mit § 5 des Kommunalvermögensgesetzes) den Kommunen nicht nur das Recht zur unein-geschränkten Nutzung des kommunalen Vermögens einschließlich der Bildung von Eigenbe-trieben, Eigengesellschaften sowie Beteiligungen an Unternehmen ein, sondern beinhaltet auch entsprechende Verpflichtungen zur Finanzkontrolle. Dieser Gestaltungsspielraum, ins-besondere hinsichtlich der Einflussnahme und Kontrolle der wirtschaftlichen Tätigkeit der Betriebe und Unternehmen, ist bisher in einer Reihe geprüfter Kommunen nicht ausreichend ausgefüllt und hinsichtlich der finanziellen Beziehungen nicht mit dem Haushaltsrecht in Ein-klang gebracht.

Prüfungsfeststellungen des Landesrechnungshofes verweisen dabei auf folgende Einzel-probleme:

- Ehemalige volkseigene Betriebe (z. B. Stadtwirtschaft, Grünanlagen, Wohnungswirt-schaft u. a.) wurden zum 01.07.1990 nur formell in das Finanzvermögen der Kommu-nen übernommen. Es wurde versäumt, rechtzeitig den für eine Weiterführung der Un-ternehmen erforderlichen rechtlichen Rahmen zu schaffen (Gründungsbeschluß, Be-triebssatzung). Dies erfolgte zum Teil erst 1992. Bis dahin führten sie ein "Eigenleben", ohne daß eine ausreichende Kontrolle und Einflussnahme der Kommunen, z. B. zu Jah-resüberschüssen, erfolgte.

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- § 2 (2) der Gemeindehaushaltsverordnung (Gem.HVO) fordert, dem Haushaltsplan u. a.

die Wirtschaftspläne und neuesten Jahresbeschlüsse bzw. eine Übersicht über die Wirtschaftslage und die voraussichtliche Entwicklung der Betriebe beizufügen. Diese Vorschrift ist nicht generell durchgesetzt und dadurch die Kontrolle eingeschränkt.

- Eine Kommune hatte 1991 beschlossen, eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft m.b.H zu gründen. Einziger Gesellschafter ist die Kommune. Bei der Erarbeitung des Gesell-schaftsvertrages ist versäumt worden, notwendige Kontrollmechanismen in diesem Ver-trag vorzusehen. Außerdem beschreibt der VerVer-trag nicht ausreichend den Gesell-schaftszweck. Eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung fehlte. Damit hatte die Geschäftsführung Vollmacht, im wesentlichen ohne Kontrolle und Rechenschaftslegung die Geschäfte zu führen. Diese Versäumnisse führten in der Folge zum Abschluß zwei-felhafter Verträge mit Dritten, überhöhter Kreditaufnahme u. a. Im September 1992 mußte wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit ein Antrag auf Eröffnung eines gerichtlichen Vergleichs- und nachfolgend des Konkursverfahrens gestellt werden. Im Rahmen einer übernommenen Bürgschaft wird die Kommune für den entstandenen Schaden in Millionenhöhe eintreten müssen.

1.5.2 Privatisierung

Die Mehrzahl der vom Landesrechnungshof geprüften Kommunen hatte bisher einzelne oder mehrere kommunale Einrichtungen in freie Trägerschaft überführt. Insbesondere sind bisher Kindergärten und Kinderkrippen sowie Alters- und Pflegeheime an freie Träger übergeben worden. Einige Kommunen argumentierten, daß sich durch die Übergabe an freie Träger die gesamten Kosten lediglich in einen Betriebskostenzuschuß an den Träger umwandeln. Die-sen Kommunen wurde im Rahmen der Prüfungen erläutert, daß dann auch ein mit dem Be-trieb verbundener indirekter Aufwand entfällt, der sich derzeit noch in diversen Fachämtern niederschlägt:

Z. B. bei Überführung von Kindereinrichtungen im Jugendamt: Wegfall von Verwaltungsar-beit, der Belegungsfragen, der Festsetzung und Erhebung der Elternbeiträge, von Personalangelegenheiten; im Personalamt: Wegfall der Personalentscheidungen und der -Sachbearbeitung, der Gehalts- und Lohnabrechnungen; in der Stadtkasse: Wegfall von Geldannahmen und -einzug, Minderung des Buchungsaufwandes durch weniger Kassenan-ordnungen.

Gerade im Fortfall dieses angeführten nicht unerheblichen Aufwandes, der in den Betriebs-kosten der jeweiligen Einrichtung nicht zu finden und betraglich auch schwer zu beziffern ist, liegt der eigentliche Vorteil in der Abgabe der Einrichtung an einen Träger.

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Im Ergebnis von überörtlichen Kommunalprüfungen hat der Landesrechnungshof in 13 Kommunen Vorschläge zur Übergabe von Einrichtungen in private Trägerschaften unterbrei-tet. Dies betrifft neben Kindereinrichtungen u. a. Freizeiteinrichtungen, Ambulatorien, Park-häuser, Sonderschulen, Theater. Kino.

Darüber hinaus wurde in einigen Kommunen vorgeschlagen, durch die Beauftragung privater Reinigungsfirmen eigene Reinigungskräfte abzubauen.

1.6 Jahresrechnungen

Die Jahresrechnungen der Gemeinden und Gemeindeverbände waren ab Haushaltsjahr 1991 nach den Vorschriften der Gemeindehaushaltsverordnung aufzustellen.

Die praktische Anwendung dieser Bestimmungen hat bei den Kommunen zu erheblichen Schwierigkeiten geführt, da detaillierte Vorgaben zur Abschlußsystematik in Form von Ver-waltungsvorschriften fehlten. Die Kommunen waren dadurch gezwungen, zeitintensive Nach-fragen bei ihren Partnerschaften vorzunehmen, die nicht immer erfolgreich umgesetzt wer-den konnten.

Der Landesrechnungshof hat vor Ort entsprechende Hilfe und Unterstützung gegeben. Für 1992 hat das Ministerium des Innern mit Runderlaß vom 10.02.1993 "Hinweise zum kommu-nalen Jahresabschluß des Haushaltsjahres 1992" herausgegeben, die allerdings erst im MBL LSA 19/1993 vom 29. März 1993 veröffentlicht worden sind. Damit war die Wirkung für die Erarbeitung der Jahresrechnungen 1992 zumindest stark eingeschränkt (siehe hierzu auch Tz 1.2.2).

Die Folge dieser unzureichenden Regelungen waren nicht vertretbare zeitliche Verzögerun-gen bei der Rechnungslegung sowie ein unverhältnismäßig hoher Anteil sachlich bedingter Buchungsfehler.

In einem Einzelfall waren die Buchungsfehler so zahlreich, daß die Überschaubarkeit der Kassengeschäfte völlig verlorengegangen und die Ordnungsmäßigkeit der Jahresrechnung nicht mehr gegeben war. Der Landesrechnungshof hat darüber hinaus festgestellt, daß zeit-liche Verzögerungen bei der Erstellung der Jahresrechnung auch deshalb entstanden sind, weil die eingesetzten ADV-Programme nicht oder nur bedingt funktionsfähig waren. Teilwei-se waren die Anlagen überaltet und mit Softwaremängeln behaftet, so daß sie den Ansprü-chen einer leistungsgerechten Datentechnik nicht gerecht werden. Dadurch mußten die

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senaufgaben bei einzelnen Kommunen bis zu 10 Monate manuell durchgeführt werden, was besonders personal- und damit kostenintensiv war.

Die finanziellen Auswirkungen dieser Fehlinvestitionen werden erst nach Abschluß der kom-munalen Neugliederung voll abschätzbar sein, wenn diese Anlagen wegen fehlender Einsatzmöglichkeiten ausgesondert werden müssen.

Im Interesse eines wirtschaftlichen und effizienten Verwaltungshandelns wäre es besser ge-wesen, wenn sich die Gemeinden und Gemeindeverbände - zumindest für eine Übergangs-zeit, um Erfahrungen zu sammeln - einem Rechenzentrum angeschlossen hätten.