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Wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen Gesetzesverstößen

Ein rechtsbrüchiges Verhalten kann wettbewerbsrechtliche Ansprüche nach dem UWG auslösen. Diese sind in den §§ 8 ff. UWG normiert. Nach § 8 I UWG kann ein Beseitigungsanspruch von den nach § 8 III UWG Berechtigten geltend gemacht werden, bei Wiederholungsgefahr oder Drohung einer auch erstmaligen Zuwiderhandlung besteht ein Unterlassungsanspruch. Bei Verschulden kann der geschädigte Mitbewerber seinen Schaden nach § 9 UWG ersetzt verlangen. Da wettbewerbsrechtliche Ansprüche gemäß § 11 I UWG bereits nach 6 Monaten verjähren, ist jedoch eine Bezifferung des aus einem Wettbewerbsverstoß

21 BGH, Urt. v. 11. 5. 2000 – I ZR 28/98, GRUR 2000, 1076, 1078 f. (Abgasemissionen).

22 BGH, Urt. v. 25. 4. 2002 – I ZR 250/00, GRUR 2002, 825 ff. (Elektroarbeiten).

23 BT-Drucksache 15/1487 S. 19.

24 Köhler, GRUR 2004, 381, 382.

25 Baumbach/Hefermehl – Köhler § 4 Rn. 11.5.

resultierenden Schadens häufig nicht rechtzeitig möglich. Aus diesem Grund besteht die Möglichkeit, eine Schadensersatzfeststellungsklage zu erheben, mit der die Feststellung begehrt wird, dass der Verletzer zum Ersatz sämtlicher aus dem Wettbewerbsverstoß erwachsenden und zukünftig entstehenden Schäden verpflichtet ist. In der Praxis wird eine Unterlassungs- mit einer Schadensersatzfeststellungsklage häufig verbunden, um den Beklagten dazu zu veranlassen, im Wege des Vergleichs gegen einen Verzicht auf Schadensersatz den Unterlassungsanspruch unter gleichzeitiger Kostenübernahme anzuerkennen.26 Daneben kann der Schuldner bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch dem Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 I UWG ausgesetzt sein.

Grundvoraussetzung für die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche ist immer, dass der Tatbestand des § 3 UWG erfüllt ist.

A) Wettbewerbshandlung

Zunächst einmal ist zwingend erforderlich, dass der Gesetzesverstoß eine in

§ 2 Nr. 1 UWG definierte Wettbewerbshandlung darstellt oder zumindest mit einer solchen im Zusammenhang steht.

Durch das Erfordernis einer Wettbewerbshandlung wird das Wettbewerbsrecht vom allgemeinen Deliktsrecht abgegrenzt.27 Unter diesen Begriff fällt jede Handlung einer Person mit dem Ziel, zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern. Legt man den reinen Wortlaut der Definition der Wettbewerbshandlung nach § 2 I Nr. 1 UWG zu Grunde, käme es also nur auf den subjektiven Willen bei der Handlung an. Die Definition der Wettbewerbshandlung in § 2 I Nr. 1 UWG ist jedoch zu weit geraten.28 Der Gesetzgeber wollte nämlich für die Beantwortung der Frage, ob ein Verhalten nach wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten als lauter oder unlauter zu qualifizieren ist, logisch vorgeordnet zunächst klären, ob überhaupt ein wettbewerblicher Tatbestand gegeben ist.29 Ein solcher Tatbestand liegt jedoch nur vor, wenn die Handlung auch schon tatsächliche Auswirkungen auf den Wettbewerb haben kann. Man sollte also die Geeignetheit der Handlung, den eigenen oder fremden Absatz zu fördern, im Sinne

26 Ahrens – Loewenheim S. 1369.

27 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig – Keller § 2 Rn. 2.

28 Sack, WRP 2004, 1307, 1318.

29 BT-Drucksache 15/1487 S. 16.

der früheren Rechtsprechung30 verlangen. Rein innerbetriebliche Handlungen bzw.

Gesetzesverstöße, die noch keine Außenwirkung entfalten, und Handlungen, die als solche den Wettbewerb noch gar nicht berühren, sollen also hiervon nicht erfasst sein, selbst wenn diese schon in der Absicht getätigt werden, sich später einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.31 In diesen Fällen folgt nämlich die eigentliche Wettbewerbshandlung, die einzig für den Markt maßgebend ist, erst später.

Eine Wettbewerbshandlung setzt nicht zwingend ein aktives Tun voraus, sondern kann auch in einem Unterlassen bestehen. Dies ist im Zusammenhang mit den Rechtsbruchsfällen dann relevant, wenn das Gesetz gerade ein Handeln vorschreibt und ein Verstoß nur durch ein Unterlassen möglich ist (z. B.

§ 36 TKG).

B) Weitere Tatbestandsmerkmale des § 3 UWG

Ferner ist zu klären, ob der Gesetzesverstoß als Wettbewerbshandlung unlauter ist.

Unlauter sind alle Handlungen, die den anständigen Gepflogenheiten in Handel, Gewerbe, Handwerk oder selbständiger beruflicher Tätigkeit zuwiderlaufen.32 Der Gesetzgeber wollte das UWG durch die Präzisierung der Generalklausel des

§ 3 UWG transparenter gestalten und hat daher Beispielsfälle für unlauteres Handeln vorgegeben.33 Geht es um die Frage der Unlauterkeit aufgrund einer Gesetzesverletzung, ist der Beispielstatbestand des § 4 Nr. 11 UWG heranzuziehen.

Der Gesetzesverstoß muss schließlich geeignet sein, den Wettbewerb zum Nachteil der Marktteilnehmer (§ 2 Nr. 2 UWG) nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, damit der unlautere Gesetzesverstoß gemäß § 3 UWG insgesamt als wettbewerbsrechtlich unzulässig gewertet werden kann. Die Verfolgung von bloßen Bagatellfällen soll ausgeschlossen sein, weil zum einen eine sachlich nicht gebotene Inanspruchnahme der Gerichte verhindert werden soll und zum anderen kein schutzwürdiges Interesse an der Verfolgung von Bagatellfällen besteht.34 Da die Formulierung in § 3 UWG eine andere ist als bei der Beschränkung der

30 BGH, Urt. v. 26. 10. 1951 – I ZR 8/51, BGHZ 3, 270, 277; BGH, Urt. v. 20. 12. 1955 – I ZR 24/54, BGHZ 19, 299, 303; BGH, Urt. v. 16. 12. 1982 – I ZR 163/80, GRUR 1983, 374, 375 (Spendenbitte).

31 Baumbach/Hefermehl – Köhler § 2 Rn. 23; Emmerich 7. Auflage S. 45 f.

32 BT-Drucksache 15/1487 S. 16.

33 BT-Drucksache 15/1487 S. 17.

34 Köhler, GRUR 2005, 1, 2.

Klagebefugnis nach § 13 II UWG a. F., bedarf es zur Bestimmung des exakten Inhalts und Tragweite dieser „Bagatellklausel“ jedoch noch einiger grundlegender BGH-Entscheidungen. Grundsätzlich ist zu erwarten, dass an den Erheblichkeitsbegriff des § 3 UWG die gleichen Kriterien angelegt werden, die sich in der Rechtsprechung zu § 13 II UWG a. F. bzw. dem Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Beeinträchtigung herausgebildet haben.35 Denn auch eine wesentliche Beeinträchtigung, welche vom Wortsinn her eine stärkere Beeinträchtigung erfordert als eine nicht nur unerhebliche, wurde von den Gerichten vor der UWG-Reform sehr großzügig angenommen. So wurde beispielsweise eine widerrechtliche Medikamentenwerbung mit den Worten

„ernährungsbedingt erhöhte Blutfettwerte (Cholesterin, Triglyceride) können gesenkt werden“ bereits als geeignet angesehen, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen, weil die Gefahr bestehe, dass die Verbraucher Selbstmedikation betreiben.36 Eine a. A. sieht die neue Bagatellgrenze dem Wortlaut entsprechend als tendenziell niedriger an als nach der alten Gesetzeslage.37 Es ist aber jedenfalls davon auszugehen, dass die Verletzung einer Vorschrift nicht notwendig einen nicht nur unerheblichen Nachteil für die Marktteilnehmer begründet, so dass eine Erheblichkeitsprüfung in aller Regel erforderlich ist.38