5 E RGEBNISSE
5.7 Wertabsender / Reputationsintermdiäre
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000
‐200 ‐150 ‐100 ‐50 0 50 100
Tonalität Resonanz
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Tonalität Resonanz
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5.8 «Kostendeckende Einspeisevergütung» (KEV)
Die Reputation und Resonanz der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) ist über die Jahre 2009 bis 2014 stark schwankend. Auf den folgenden Seiten wird daher näher auf die einzelnen Ausschläge eingegangen, um vor allem die Reputation der KEV besser zu entschlüsseln und mit einzelnen Aussagen aus der Berichterstattung in Verbindung zu bringen. Dabei wird als erstes auf die eher negativen Darstellungen der KEV eingegangen und anschliessend auf die eher positiven.
Funktionale und soziale Reputation und Resonanz KEV 2009‐2014
Ein Grund, weshalb die KEV im Jahr 2010 stärker negativ dargestellt wird ist, dass das Potenzial von erneuerbaren Energien, speziell der Wind‐ aber auch der Sonnenenergie, in der Schweiz als eher gering eingeschätzt wird. Oft werden deshalb diese Energien in den Medien in gewisser Weise als unnötige Verschwendung erachtet. Aber auch Projekte, die sozusagen näher an einer möglichen Realisierung stehen, also bereits eine Bewilligung erhalten haben, werden oft aus anderen Gründen nicht verwirklicht. „Beim Bundesamt für Energie (BfE) geht man davon aus, dass etwa die Hälfte der für die KEV zugelassenen Wind‐ und Wasserkraftwerke wegen Umweltschutz und Raumplanung nicht realisiert werden können – Vogelfreunde fürchten die Wirkungen mächtiger Windturbinen, Fischer ärgern sich über Verbauungen, Anwohner und Landschaftsschützer sehen im Technischen selten etwas Ästhetisches“ (Neue Zürcher Zeitung, 17.08.2010).
Während im Jahr 2010 eher allgemein am Nutzen der KEV gezweifelt wurde, stehen 2011 konkretere Anmerkungen im Zentrum. Damit die Energiewende auch durchführbar ist und eine allmähliche Abkehr vor allem von der Atomkraft eingeleitet werden kann, wird es unweigerlich von Nöten sein, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Dies geht allerdings oft mit einer Strompreiserhöhung einher. Diese steht vermehrt unter Kritik; vor allem an der Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung wird gezweifelt: „Nur sehr wenige Konsumenten zahlen aber freiwillig einen Mehrpreis für Strom aus Windturbinen, Solarzellen, kleinen Wasserkraftwerken oder
91 Biomasseanlagen“ (Neue Zürcher Zeitung, 06.10.2011). Es wird jedoch auch Kritik aufgeführt, die nicht am Potenzial von erneuerbaren Energien zweifeln, sondern die eher die Durchführbarkeit betreffen. Dazu gehören beispielsweise die langen Wartezeiten der Projekte. „Seit der Einführung 2009 sorgen die langen Wartelisten wegen der Kostenlimiten sowie die Verzögerungen beim Anlagebau wegen Einsprachen für rote Köpfe“ (Neue Zürcher Zeitung, 06.10.2011). Diese langen Wartezeiten können auch abschreckend für die Stromproduzenten sein, was zur Folge hat, dass sie eher ins Ausland investieren als in die Schweiz.
Im Jahr 2013 sind es vor allem vier Themen, die angesprochen werden. Zum einen wird die Marktsituation geschildert. Wegen den zu hohen Subventionen kann dies zu Marktverzerrungen und dessen Nicht‐
Funktionieren führen. Ein Grund dafür, dass der Markt aus den Angeln gehoben wird, könnte sein, dass den Stromproduzenten falsche Anreize vermittelt werden durch die KEV. Ziel ist es dabei, immer möglichst viel Strom zu produzieren, wobei die Nachfrage nur eine untergeordnete Rolle spielt. Als allgegenwertiges Thema kann auch die Strompreiserhöhung bezeichnet werden. Dabei geht es vor allem darum, dass durch die Erhöhung der Strompreise ein Abbau der KEV‐Wartelisten herbeigeführt werden soll, aber dabei die Leitragenden die einzelnen Haushalte sind. Der hohe Anstieg hilft dabei nur wenigen, bzw. einem kleinen Nischenmarkt, der grossen Mehrheit wird allerdings mehr geschadet. Eine Problematik, die ebenfalls immer wieder aufgegriffen wird, ist die Rentabilität solcher Projekte. Erneuerbare Energien, zum Beispiel konkrete Windparkprojekte sind nur realisierbar, da sie von der KEV unterstützt werden. Zum Teil wird ebenfalls das ganze System der kostendeckenden Einspeisevergütung in Frage gestellt, beispielsweise mache es nur wenig Sinn Fördergelder in konkrete Projekte zu investieren, da „die Energiewende ‚von der falschen Richtung her‘ angepackt werde:
‚Sonnen‐ und Windenergie sind noch immer ineffiziente Energieformen; sie können nicht gespeichert werden.
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Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4
2009 2010 2011 2012 2013 2014
Funktionale und soziale Reputation und Resonanz von KEV 2009 – 2014
KEV Resonanz – funktional KEV Resonanz – sozial KEV Resonanz – Total KEV Reputation – funktional KEV Reputation – sozial KEV Reputation – Total
Bevor grosszügig Geld verteilt wird, sollte daher zuerst in die Forschung investiert werden‘ [Christian Riesen, zuständig für Referendum gegen Solarabgabe]“ (Tages‐Anzeiger, 24.07.2013).
Im Jahr 2014 werden vor allem Probleme in der Berichterstattung adressiert, die den Markt in irgendeiner Weise betreffen. Vermehrt wird auch auf die Wasserkraft eingegangen. Obwohl die Wasserkraft zu den erneuerbaren Energien gehört und ihr Potenzial in der Schweiz höher eingeschätzt wird, als beispielsweise von Windkraft, wird sie nicht durch die kostendeckende Einspeisevergütung gefördert. Urs Meister, Energie‐Experte beim Think Tank Avenir Suisse bringt diese beiden Aspekte folgendermassen auf den Punkt: „,Wir sind der Meinung, die staatlichen Förderinstrumente sollten abgeschafft werden, weil sie auf europäischer Ebene zu einer Marktverzerrung und einer Überproduktion von Strom zu gewissen Tageszeiten führen. Man unterstützt so einen Preiszusammenbruch, der zu Lasten jener geht, die keine staatliche Unterstützung erhalten, wie etwa die Hersteller von Wasserkraft‘“ (swissinfo, 10.03.2014). Avenir Suisse äussert sich auch etwas spezifischer zu möglichen Marktverzerrungen: „Die Schwächen der KEV sind aus Sicht von Avenir Suisse vielfältig. So entscheidet die Politik über die zu fördernde Technologie und verteilt das Geld. Weil die KEV auf Durchschnittskosten basiert, erhalten teure Technologien an schlechten Standorten mehr Mittel. Besondere Relevanz hat dies durch die Vorgabe, Anlagen im Inland zu errichten. Weil eine administrierte Absenkung der Vergütungssätze der tatsächlichen Kostenentwicklung hinterherhinkt, kommen die Anlagenbetreiber zudem in den Genuss von Sonderprofiten“ (Finanz und Wirtschaft, 12.04.2014).
Wenn man die eher positive Berichterstattung betrachtet, merkt man, dass die KEV‐Fördergelder allerdings nur selten durchgehend vorteilhaft dargestellt werden. Oftmals sind es eher Tatsachenberichte, in dem Sinne, dass die Gelder des KEVs schlichtweg zur Unterstützung von erneuerbaren Energien verwendet werden. Trotzdem zeichnen sich immer wieder ähnliche Argumente ab, die eher wohlwollend dem KEV gegenüberstehen. Der wichtigste Punkt ist, dass durch die KEV‐Fonds bei den Unternehmen keine Geldverluste entstehen. Erneuerbare Energien, wie auch die Windkraft, werden plötzlich wirtschaftlich interessant. Wenn eher aus dieser Perspektive berichtet wird, wird auch der Anteil, welche durch die Gesellschaft erbracht wird, als etwas durchaus Positives erachtet.
Während in den Jahren vor 2011 vermehrt aus sachlicher Perspektive berichtet wird, steigt im Jahre 2011 der emotionale Gehalt der Berichterstattung an. Es wird nun häufiger mit dem Terminus ‚Energiewende‘
argumentiert, wobei auch die Energiestrategie des Bundes immer wieder Teil der Berichterstattung ist. Eine gewisse normative Erwünschtheit schwingt mit; erneuerbare Energien anstatt Energie aus Atomkraftwerden werden als anzustrebendes Zukunftsziel gesetzt. Dies steht wahrscheinlich eng in Zusammenhang mit der Reaktorkatastrophe von Fukushima. Durch diesen Aufschwung erhalten auch die KEV‐Gelder einen höheren Zuspruch in den Medien und funktionieren als eine Art Lösungsansatz für das Problem (siehe auch: „Um die Abschaltung der fünf Schweizer Atomkraftwerke – das letzte soll 2034 vom Netz genommen werden – zu kompensieren, schlägt der Bund vor, hauptsächlich auf die Förderung von erneuerbaren Energien, etwa Windenergie und Solarstrom, zu setzen. Zu diesem Zweck sollen zusätzliche Mittel für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) – so heissen die Subventionen für erneuerbare Quellen – bereitgestellt werden“ (Neue Zürcher Zeitung, 29.05.2011)).
Im Jahr 2012 steht immer noch im Zentrum der Berichterstattung die Umsetzbarkeit der Energiestrategie des Bundes. Die kostendeckende Einspeisevergütung wird dabei als ein bewährtes Instrument dargestellt, welche auch durchwegs eine schnelle Wirkung zeigen kann.
Im Jahr 2014 zeichnet sich ein ähnliches Bild wie 2012, im Mittelpunkt steht die Realisierbarkeit der Energiestrategie des Bundes, wie auch die Wirtschaftlichkeit. Die hohen Produktionskosten der Stromproduzenten können durch die Fördergelder kompensiert werden. „‚Die KEV deckt die Differenz zwischen Produktion und Marktpreis und garantiert den Produzenten von erneuerbarem Strom einen Preis, der ihren Produktionskosten entspricht‘, führte Christian Moll [Leiter Swissolar] aus“ (Zofinger Tagblatt, 23.10.2014). Den
93 Produzenten von erneuerbarer Energien, im Speziellen auch von Windenergie, ist sehr wohl bewusst, dass ohne die KEV eine Realisierung äusserst schwierig sein kann. „Der geplante Windpark in Lumnezia und Obersaxen ist der Realisierung einen Schritt näher gerückt: Der Bund hat die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) zugesichert. […] Dank dieser Zusage, die für eine Betriebszeit von 20 Jahren gilt, sei das Windkraftprojekt auf gutem Weg, teilte die Altaventa Surselva AG mit. Für die Windparkpromotorin war das ein zentraler Entscheid:
Ohne KEV kann ein Windpark niemals kostendeckend betrieben werden. Die Energiestrategie des Bundes
‚könnte die baldige Realisation auf ideale Weise unterstützen‘, so die Hoffnung von Verwaltungsratspräsident Rolf Menzi“ (Die Südostschweiz, 15.12.2014).
Interessant ist dabei, dass gewisse Argumente, bzw. Aussagen, die eher in der negativen Berichterstattung, aber auch in der eher positiven Berichterstattung vorkommen und die KEV betreffen, von ähnlicher Natur sind, nur andersartig ausgelegt werden. Beispielsweise die Strompreise, die durch die Erhöhung der Fördergelder steigen werden, werden einerseits als wichtiges Mittel verstanden, ohne welches der Fortschritt hinsichtlich erneuerbarer Energien hinausgezögert wird. Andererseits wird dies als unnötige Erhöhung betrachtet, die sich die Bürger mit der Zeit nicht mehr leisten können und ähnliche Probleme entstehen wie in Deutschland, wie dies zum Beispiel die Weltwoche (08.08.2013) darstellt: „Die Kosten für die Energiewende sollen also die Haushalte tragen, wie in Deutschland, wo schon Hunderttausende von Armen ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können“.