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Weil wir einen Schweizer Pflanzenbau wollen

Stefan Mann, Patrik Mouron und Lukas Bertschinger

10 Agroscope Transfer | Nr. 11 / April 2014

Innovationen sind entscheidend

Ohne Veränderung, ohne Neuheit, ohne Forschung und Entwicklung ist der Qualitätsvorsprung nicht erreichbar.

Aber er ist möglich. Denn auch die Institutionen der For-schung, Entwicklung und Beratung wollen den Schweizer Pflanzenbau. Das Zauberwort heisst «wissensbasierte Inno-vation». Neue Ideen und Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung sollen im wirtschaftlichen Alltag mit einer pra-xistauglichen Neuheit umgesetzt werden. Gewiss: Vor der Umsetzung technischer Fortschritte braucht es einen zeitli-chen Vorlauf, den man nicht unterschätzen darf. Forscher brauchen Zeit, um Defizite in der Wertschöpfungskette und ihre Ursachen zu identifizieren, die es für eine Verbesse-rung der Situation zu beseitigen gilt. Beispielsweise konnte die Flexibilität in der Gemüseproduktion unter Glas als Bereich identifiziert werden, in dem andere Länder der Schweiz deutlich voraus waren (Mann et al. 2011). Nun kann die Gemüsebranche reagieren. Wissenschaftler und Praktiker brauchen Zeit, um erfolgreiche Methoden und Verfahren zu entwickeln und zu optimieren. Dann aber können beispielsweise Saatgutproduzenten und Logistiker erfolgreich die Neuerungen aufnehmen.

Der Schweizer Pflanzenbau hat durchaus Chancen. Hemm-nisse und Zielkonflikte können aber der Wahrnehmung dieser Chancen entgegenstehen. Trewavas (2002) formu-lierte in der renommierten Zeitschrift «Nature» als langfris-tiges, zukünftiges Ziel der Landwirtschaft «maximaler Ertrag bei minimalem Schaden». Gemeint ist der Schaden in den Bereichen der Umwelt und des Sozialen. Noch besser wäre, neue Methoden der Ertragsmaximierung würden Umwelt und Soziales stärken. So oder so: Hemmnisse er -schweren die Erreichung der Ziele. Es ist wissenschaftlich belegt, dass eine Veränderung der ökonomischen und öko-logischen Aspekte im Pflanzenbau kaum automatisch im Gleichschritt vor sich gehen. Tilman et al. (2002) bezeichnen konkurrierende ökonomische und ökologische Ziele in der Landwirtschaft gar als eine der grössten wissenschaftlichen Herausforderungen. Dabei sind auch wichtige Unterschiede zwischen ein- und mehrjährigen Kulturen zu beachten (Mouron et al. 2006).

Die Lösungssuche für komplexe Problemstellungen ver-langt nach einer umfassenden Betrachtungsweise, die über die Untersuchung eines isolierten Problems hinausgeht. Wir wollen einen Schweizer Pflanzenbau mit Zukunft. Visionen für den Schweizer Pflanzenbau gibt es zwar, etwa jene der Schweizerischen Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaf-ten SGPW (2008). Der Schweizer Pflanzenbau braucht aber bereits heute Lösungen zur Sicherung der Wettbewerbs-fähigkeit.

Darum wollen wir eine lösungsorientierte, praxisnahe und wissenschaftlich fundierte Forschung und Entwicklung, in der alle betroffenen Disziplinen zusammenarbeiten. Auch darum wurde ProfiCrops lanciert.

Den Bonus «Herkunft Schweiz» verteidigen

Auch die Konsumentinnen und Konsumenten wollen einen Schweizer Pflanzenbau mit Zukunft. Gemäss einer Demo-scope-Umfrage im Auftrag des Bundesamts für Landwirt-schaft (BLW) zum Einkaufsverhalten steigt der Anteil der Befragten, die immer oder meistens dem Schweizer dukt den Vorzug geben, tendenziell an. Bei tierischen Pro-dukten ist dieser Anteil meistens höher als bei pflanzlichen Produkten. Im Jahre 2013 bevorzugten beispielsweise bei Eiern 84 %, bei Kartoffeln 66 %, bei Gemüse 64 % und bei Getreideprodukten 31 % der Konsumentinnen und Konsu-menten Schweizer Produkte (BLW 2009). Die Tendenz ist aber bei allen pflanzlichen Produkten steigend, und der Anteil der sich mindestens teilvegetarisch ernährenden Bevölkerung nimmt zu.

Nur 38 % der Befragten geben allerdings an, dass eine bes-sere Produktequalität von Schweizer Produkten im Ver-gleich zu Importen den Kaufentscheid beeinflusste. Die Unterstützung der Schweizer Landwirtschaft ist mit 69 % der wichtigste Bevorzugungsgrund. Bei der Qualität sind Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten zwar nicht zu Kompromissen bereit. Das Einkaufen von Lebensmitteln im Ausland geniesst aber eine relativ hohe Akzeptanz. Dar-auf weist das Konsumentenforum Dar-auf Grundlage einer repräsentativen Isopulic-Umfrage hin (Konsumentenforum 2011).

Wenn mit einer weitergehenden Liberalisierung zuneh-mend preisgünstigere ausländische Produkte auf den Markt kommen, dann könnte der Bonus «Herkunft Schweiz» ero-dieren, vor allem dann, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten künftig nicht verstärkt einen klaren Vor-sprung bei der Schweizer Produktequalität wahrnehmen können.

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Agroscope Transfer | Nr. 11 / April 2014 Produzenten, Akteure der Wertschöpfungskette, Forschung

und Beratung, Konsumentinnen und Konsumenten – sie alle wollen einen Schweizer Pflanzenbau mit Zukunft. Um diesem Willen zum Durchbruch zu verhelfen und dem Schweizer Pflanzenbau eine gute Zukunft zu sichern, braucht es Kreativität und Engagement.

Dieser Bericht zeigt auf, in welchen Bereichen Kreativität und Engagement gefragt sind und auch bereits zu praxist-auglichen Problemlösungen für den Schweizer Pflanzenbau beigetragen haben. Und er gibt an, auf welchen Wegen hoffentlich noch viele weitere Ideen und schliesslich Inno-vationen entstehen können und werden - weil wir einen Schweizer Pflanzenbau brauchen und wollen.

Quellen

Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 2008. ProfiCrops:

Neue Wege für einen zukunftsfähigen Pflanzenbau in der Schweiz unter liberalisierten Marktbedingungen.

Programmbeschrieb. Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Wädenswil. 15 S.

BLW, 2009. Agrarbericht 2009. Bundesamt für Landwirt-schaft, Bern. 379 S.

Konsumentenforum, 2011. Schweizer wollen keine Kompro-misse bei der Lebensmittelqualität. Medienmitteilung vom 17.10.2011. Zugang: http://www.konsum.ch/_upl/

files/MM_111017_Lebensmittelumfrage.pdf [04.03.2014].

Mann S., Breukers A., Schweiger J. & Mack G., 2011. Green-house vegetable production in The Netherlands and Switzerland: A grounded look at sector competitiven-ess. Competitiveness Review: An International Business Journal 21 (4), 339–351.

Mouron P., Scholz R.W., Nemecek T. & Weber O., 2006. Life cycle management on Swiss fruit farms: Relating envi-ronmental and income indicators for apple-growing.

Ecological Economics 58, 561–578.

Ng F. & Aksoy M.A., 2008. Food price increases and net food importing countries: lessons from the recent past. Agri-cultural Economics 39 (s1), 443-452.

Schweizerische Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften, 2008. Vision Pflanzenbau 2050. 31 S. Zugang: http://

sgpw.scnatweb.ch/downloads/SGPW_Vision_Pflanzen-bau_2050.pdf [04.03.2014].

Stamm E., 2013. Zum Erfolg gereift. Magazin für Unterneh-menspraxis und Geldanlage. NZZ Equity 9 (4), 30-35.

Tilman D., Cassman K.G., Matson P.A., Naylor R. & Polasky, S., 2002. Agricultural sustainability and intensive produc-tion practices. Nature 418, 671–677.

Trewavas A., 2002. Malthus folded again and again. Nature 418, 668–670.

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