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Was macht Ganztagsschulen zu guten Schulen?

Seit über zehn Jahren wird der Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen gefördert und ist eins der größten Schulreformprojekte in Deutschland. Mittlerweile ist die Ganztagsschule fest etabliert, laut KMK sind über 60 Prozent Schulen Ganztagsschulen. Es stellt sich jedoch die Frage, was die Ganz-tagsschule leisten soll und was sie tatsächlich leistet.

Öffentliche, fachliche und politische Diskussionen sahen und sehen die Ganztagsschule als bildungs- und sozial-politische Antwort auf drängende gesell-schaftliche Herausforderungen:

• eine bessere individuelle Förderung der Schüler/-innen mit Blick auf schuli-sche Leistungen und die in internationa-len Leistungsstudien (PISA) festgestell-ten Kompefestgestell-tenzdefizite;

• eine verbesserte soziale Integration und bessere schulische Förderung, ins-besondere von Kindern mit Migrations-hintergrund und aus ressourcenärmeren Familien, und damit ein Abbau her-kunftsbedingter Bildungsungleichhei-ten;• die thematische und konzeptionelle Ausweitung der unterrichtszentrierten Halbtagsschule um andere Bildungsin-halte, andere Lernformen sowie ande-re Akteuande-re jenseits von Schulfächern, Unterricht und Lehrkräften sowie

• eine Lösung für den insgesamt gestie-genen Bedarf an Betreuung, Erzie-hung und erzieherischer Versorgung von Kindern in öffentlichen Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungseinrichtun-gen und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Doch während der quantitative Ausbau von Ganztagsschulen – auch bedingt durch die über das IZBB-Programm des Bundes von 2003 bis 2009 bereit gestell-ten vier Milliarden Euro – zweifellos ein hohes Ausmaß erreicht hat und wei-ter vorangetrieben wird, stellt sich die berechtigte Frage nach dem Stand des qualitativen Ausbaus von Ganztagsschu-len. Wie Thomas Klaffke und Natalie Fischer konstatieren, wird der notwen-dige „qualitative Sprung“, der in den Ansprüchen an die Ganztagsschule for-muliert ist, mancherorts nicht geschafft.

Dies liegt unter anderem daran, dass die IZBB-Mittel zunächst in die Finanzie-rung von (notwendigen) Baumaßnah-men investiert wurden.

Bei der Frage nach der Qualität und der Wirksamkeit von Ganztagsschu-len kann die empirische Bildungsfor-schung wertvolle Hinweise geben. Wis-senschaftlich begleitet wird der Ausbau von Ganztagsschulen seit 2005 durch die Studie zur Entwicklung von Ganz-tagsschulen (StEG). Im Rahmen dieses Projekts werden tausende von Akteuren (Schulleiter/innen, Lehrkräfte, Eltern, Schüler/innen, Pädagogisches Perso-nal, Kooperationspartner) befragt. Auch viele andere wissenschaftliche Projek-te liefern relevanProjek-te DaProjek-ten zur Qualität und Wirksamkeit von Ganztagsschu-len. Eine große Herausforderung für die Forschung stellt dabei die enorme Viel-falt an unterschiedlichen Modellen der Umsetzung von Ganztagsschule dar, wie sie sich in der aktuellen Ganztagsschul-landschaft zeigt.

Die Illusion von der einheitlichen Defi-nition von Ganztagsschule

Das Sekretariat der Ständigen Kultusmi-nisterkonferenz der Länder in der Bun-desrepublik Deutschland (KMK) hat im Jahre 2003 eine bis heute gültige Defini-tion von Ganztagsschule erstellt. Ganz-tagschulen sind Schulen, bei denen im Primar- und im Sekundarbereich I

• an mindestens drei Tagen in der Woche ein ganztägiges Angebot für die Schüler/innen bereitgestellt wird, das täglich mindestens sieben Zeitstunden umfasst,

• an allen Tagen des Ganztagsschul-betriebs den teilnehmenden Schüler/-innen ein Mittagessen bereitgestellt wird,

• die Ganztagsangebote unter der Auf-sicht und Verantwortung der Schullei-tung organisiert und in enger Koopera-tion mit der Schulleitung durchgeführt werden sowie in einem konzeptionellen Zusammenhang mit dem Unterricht ste-hen.Darüber hinaus werden von der KMK drei unterschiedliche Organisationsfor-men definiert:

• In der voll gebundenen Form sind alle Schüler/innen verpflichtet, an den ganz-tägigen Angeboten der Schule teilzuneh-men.• In der teilweise gebundenen Form ver-pflichtet sich ein Teil der Schüler/innen (z.B. einzelne Klassen oder Klassenstu-fen) an den ganztägigen Angeboten der Schule teilzunehmen.

• In der offenen Form können einzelne Schüler/innen auf Wunsch an den ganz-tägigen Angeboten der Schule teilneh-men.Im Bildungsföderalismus können diese Definitionen jedoch im besten Falle Mindestrichtlinien vorgeben. In den einzelnen Bundesländern zeigen sich viele Abweichungen sowie mehr oder weniger detaillierte Regelungen und Vorgaben. So variieren die Öffnungs-zeiten der Schulen zwischen drei und fünf Tagen pro Woche und sieben bis neun Stunden pro Tag. Auch ist in eini-gen Ländern (z.B. Bayern, Bremen, Rheinland-Pfalz) nicht nur die tägliche Öffnungszeit, sondern auch der Öff-nungszeitraum festgelegt, zumeist 8-16 Uhr. Nicht alle Organisationsformen finden sich in allen Bundländern wie-der. Einige Bundesländer haben in ihren Ganztagsschuldefinitionen inhaltliche Gestaltungsmerkmale integriert (z.B.

Hausaufgabenbetreuung, themenbezo-gene Projekte, Förderung,

Freizeitge-Arbeitsplatz Schule

staltung) und eigene Qualitätsrahmen entwickelt (z.B. Hessen). Auch hinsicht-lich des Einsatzes von Personal und der Vorgaben für die Rhythmisierung gibt es Unterschiede zwischen den Bundes-ländern. In Niedersachsen finden außer- unterrichtliche Angebote an offenen Ganztagsschulen grundsätzlich nach dem regulären Unterricht statt (additi-ves Modell). Schüler/innen teilgebun-dener oder vollgebunteilgebun-dener Ganztags-schulen sind verpflichtet eine bestimmte Mindestanzahl an Tagen in der Woche am Ganztag teilzunehmen, wobei sich Unterricht und außerunterrichtliche Angebote an diesen Tagen abwechseln (integriertes Modell/Rhythmisierung).

Eine flexible Ausgestaltung zeigt sich in Baden-Württemberg. Die Kommunen haben die Wahl zwischen zwei Formen der Ganztagsschule (gebundene oder offene). Zudem besteht die Möglichkeit, den Ganztag an drei oder vier Tagen pro Woche mit sieben oder acht Zeitstunden pro Tag anzubieten. Auch hier wird der Ganztag rhythmisiert gestaltet, so dass u.a. individuelle Lernzeiten, Hausaufga-benbearbeitung sowie Bewegungsange-bote miteinander verzahnt werden.

Offene oder gebundene Ganztags-schule – welche Organisationsform ist besser?

Die Heterogenität der Organisations-formen macht es nicht leicht, zwischen offenen, teilgebundenen und gebunde-nen Ganztagsschulen zu unterscheiden.

In der Sekundarstufe I lassen sich teil-weise nicht einmal Ganztagsschulen von Halbtagsschulen unterscheiden, wenn Halbtagsschulen zusätzliche Angebote wie z.B. Arbeitsgemeinschaften, musisch-künstlerische oder Angebote zur Berufs-orientierung zur Verfügung stellen oder

Unterricht in den Nachmittag verlegen.

Dennoch wird immer wieder konsta-tiert, dass die gebundene Form der Ganz-tagsschule im Vergleich zu den offenen Modellen von Ganztagsschule positivere Auswirkungen auf die individuelle Förde-rung, Chancengleichheit und soziale Inte-gration hat – die gebundene Ganztags-schule mithin „pädagogisch wertvoller“

ist. Dies ist empirisch jedoch noch nicht nachgewiesen. Gebundene Ganztags-schulen mit ihrer hohen Teilnahmequo-te haben sicherlich bessere Bedingungen hinsichtlich erweiterter Gestaltungsmög-lichkeiten, wie einer veränderten Zeit-organisation (Verteilung von Unterricht und Angeboten über den ganzen Tag:

Rhythmisierung), der Bildung von sozial und leistungsmäßig heterogenen (Lern-) Gruppen, dem Ersatz von Hausaufgaben durch Lernzeiten, dem Einsatz von viel-fältigen Lernmethoden und dem fächer-übergreifenden Lernen. Jedoch scheinen nicht alle gebundenen Ganztagsschu-len diese Möglichkeiten auch zu nutzen.

Gebundene Ganztagsschulen unterschei-den sich in ihrer pädagogischen Ausge-staltung nicht systematisch von offenen Modellen. Dies ist sicher auch ein Grund, warum sich in der Ganztagsschulfor-schung keine Zusammenhänge zwischen der Organisationsform der Ganztags-schule, im Sinne der Verbindlichkeit der Teilnahme, und den individuellen Wir-kungen auf die Entwicklung der Schüler/-innen zeigen. Hohe Teilnahmequoten der Schülerschaft als Voraussetzung für erweiterte Gestaltungmöglichkei-ten können auch in offenen Ganztags-schulen erreicht werden. Dabei zeichnen sich Schulen mit hohen Teilnahmequo-ten dadurch aus, dass sie – vor allem im Grundschulbereich und zu Beginn der Sekundarstufe – flexibel sind und alle,

die am Ganztag teilnehmen wollen, auch einen Platz erhalten, dass die Lehrkräf-te aktiv am Ganztag beLehrkräf-teiligt sind, dass eine große Angebotsvielfalt besteht und dass Angebote und Unterricht stärker konzeptionell verbunden sind. Zu den Stolpersteinen für die Schaffung solcher Rahmenbedingungen gehören sicher die räumlichen Strukturen an den Schulen, d.h. Arbeitsplätze und Rückzugsmög-lichkeiten für die Lehrkräfte, wenn diese nicht nur halbtags an der Schule sein sol-len, sowie räumliche Strukturen für die Zusammenarbeit in den multiprofessi-onellen Teams. Auch wenn bestimmte Bedingungen in gebundenen Ganztags-schulen eher gegeben sind, letztlich zei-gen die Ergebnisse aus StEG und anderen Studien: Auf die Einzelschule kommt es an, nicht auf die Organisationsform.

Die neuesten Ergebnisse aus StEG zeigen, dass die offene Form der Ganztagsschule die meistgewählte Organisationsform ist.

Im Grundschulbereich werden 80 Pro-zent aller Schulen in offener Form ange-boten, im Sekundarstufenbereich zeigt sich, dass Gymnasien mit 65 Prozent deutlich häufiger in offener Form ange-boten werden als die anderen Schulfor-men der Sekundarstufe (ca. 46 Prozent).

Gebundene Ganztagsschulen finden sich am häufigsten in Haupt-, Real-, Gesamt-schulen. Insgesamt begegnen die Schu-len dem steigenden Bedarf nach Betreu-ungszeiten (um Eltern die Vereinbarung von Beruf und Familie zu ermöglichen) durch zuverlässige Öffnungs- und Betreu-ungszeiten, im Primarbereich mit durch-schnittlichen 8,5 Stunden an vier Tagen pro Woche (Sekundarstufe durchschnitt-lich 8 Stunden). Jedoch lässt sich hin-sichtlich der Ausbaupolitik in einzelnen Ländern kritisch fragen, ob in der offenen Ganztagsgrundschule nicht der

Bildungs-„Insgesamt stärken die Ergebnisse die These, dass

unterstützende, wertschätzende, respekt- und

ver-trauensvolle Beziehungen keine naive

Sozialro-mantik, sondern unbedingte Grundlage dafür

sind, dass Lernen und Persönlichkeitsentwicklung

der Schüler/innen gelingen können.“

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gedanke zu kurz kommt; denn diese legen weniger Wert auf „Kompetenzori-entierung“ und „Erweiterung der Lern-kultur“. Die Bildungsberichterstattung Ganztagsschule NRW (BiGa) gibt einen Einblick in die Ansichten von Eltern. So sind die Eltern mit den Rahmenbedin-gungen im Ganztag wie Betreuungszei-ten, KosBetreuungszei-ten, Ausstattung, Anzahl und Qualität des Personals recht zufrieden.

Auch die Organisationsform der jewei-ligen Schule (offen oder gebunden) wird positiv bewertet (in Grundschulen etwas positiver als in Sekundarschulen). Am unzufriedensten sind die Eltern in den Bereichen „Mittagessen“ und „Förderung der Schüler/innen“; letzteres wird insge-samt am schlechtesten bewertet. Auch hier schneiden die Grundschulen etwas besser ab als die Sekundarschulen, beson-ders schlecht fallen die Wertungen in den Sekundarschulen für die Jahrgangsstufen 8 und 9 aus. Im Grundschulbereich zeigen sich keine Unterschiede zwischen Kindern, die an offenen Ganztagsangeboten teilneh-men oder nicht, beide Elterngruppen sind ähnlich zufrieden bzw. unzufrieden mit der Förderung ihrer Kinder. Die höchsten Zufriedenheitswerte zeigen sich bei der Förderung der sozialen Fähigkeiten.

Wirksamkeit von Ganztagsschule – Welche Merkmale sind wichtig?

Nachdem die Organisationsform eher unbedeutend für die Wirksamkeit von Ganztagsschulen ist, stellt sich die Frage welche Merkmale wirksam sind. Aus der StEG-Studie liegen einige Befunde zur Wirksamkeit hinsichtlich der Ent-wicklung der Schüler/innen (Noten, Motivation, Sozialverhalten) sowie der

Chancengleichheit vor. Zwei Merkmale erweisen sich hier als relevant: Die Qua-lität der außerunterrichtlichen Angebote und die Qualität der sozialen Beziehun-gen in der Ganztagsschule.

Qualität der außerunterrichtlichen Angebote in der Ganztagsschule Ganztagsschulen unterscheiden sich von Halbtagsschulen im Wesentlichen dadurch, dass sie zusätzlich zum Unter-richt ein mehr oder weniger breites Spek-trum von außerunterrichtlichen Angebo-ten zur Verfügung stellen. Diese Angebote sind im Vergleich zum Unterricht deut-lich vielfältiger, was die Qualitätskriteri-en und ZielsetzungQualitätskriteri-en betrifft. So sollQualitätskriteri-en diese sowohl fachliche als auch fachüber-greifende (z.B. soziale) Kompetenzen för-dern, zu körperlichen Aktivitäten anre-gen, politisches und soziales Engagement ermöglichen, Gemeinsamkeit und Ent-spannung schaffen, oder künstlerische und musische Talente entdecken und fördern. Ergebnisse der empirischen Bil-dungsforschung zeigen, dass Ganztagsan-gebote in den Bereichen Sport, Kunst, Musik weniger sozial selektiv besucht und in Anspruch genommen werden als vergleichbare Freizeitangebote außer-halb der Schule; hier ergibt sich somit ein Potenzial für mehr Bildungsteilhabe von Kindern aus sozial schwächeren Fami-lien. Angeregt durch die US-amerikani-sche Forschung zu „extracurricular acti-vities“ konnte StEG empirische Hinweise finden, dass bestimmte Gestaltungsele-mente wirksam sind; dazu zählen erwei-terte Mitbestimmungs- und Partizipati-onsmöglichkeiten für die Schüler/innen, Aktivierung und Motivierung (Interesse

und Neugier wecken), wie auch positive soziale Beziehungen zu den erwachsenen Bezugspersonen in den Ganztagsangebo-ten. Es zeigen sich positive Zusammen-hänge mit der Entwicklung von Noten, schulischer Motivation und Sozialverhal-ten (mehr soziale Verantwortungsüber-nahme, weniger problematisches Verhal-ten wie z.B. Unterrichtsstörungen) der Schüler/innen. Die Forschung zur Qua-lität der Gestaltungsmerkmale von Ganz-tagsangeboten steht jedoch noch ganz am Anfang, eine Vielzahl weiterer Gestal-tungsmerkmale sind in ihrer Wirksamkeit noch nicht untersucht. Ein weiteres star-kes Qualitätskriterium von Ganztagsan-geboten ist die – laut KMK-Definition geforderte – konzeptionelle Verbindung mit dem Unterricht (z.B. in Förderange-boten), hier liegen bislang jedoch kaum Befunde zur Wirksamkeit vor.

Qualität der sozialen Beziehungen in der Ganztagsschule

Ein unterstützendes und schülerori-entiertes Sozialklima ist ein zentrales Merkmal für guten Unterricht. Dieser Aspekt betrifft in erster Linie die Bezie-hungsqualität zwischen Lehrkräften und Lernenden, wenn Lehrkräfte ihre Schü-ler/innen auch unabhängig von Lernen und Leistung als Persönlichkeit wahr-nehmen, sie als Ansprechpartner auch für nicht-fachliche Fragen zur Verfü-gung stehen, sich an den Interessen der Schüler/innen orientieren und von die-sen als gerecht und fair wahrgenom-men werden. Es geht um Zuwendung und Wertschätzung. Andreas Helmke wies in einem Interview mit der Zeit-schrift „Lehren und Lernen“ darauf hin,

Die Qualität der außerunterrichtlichen Angebote und die Qualität der sozialen Beziehungen sind für gute Ganztags-schulen sehr wichtig.

Foto: imago

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dass der Beziehungsaspekt in der bil-dungspolitischen Diskussion oft herab-lassend behandelt und als „Sozialroman-tik“ oder „Kuschelpädagogik“ bezeichnet wird. Dass die Beziehungsqualität jedoch ein ausgesprochen relevanter Faktor auch für Lernen und Leistung ist, so Helmke, darauf weisen die Ergebnisse der Hattie-Studie hin. Von insgesamt 138 Faktoren, die auf ihre Relevanz für Schülerleis-tung untersucht wurden, rangierte die Lehrer-Schüler-Beziehung auf Platz 11.

Ein Potenzial der Ganztagsschule besteht darin, dass mit deutlich vielfältigeren Strukturen an sozialen Beziehungen gear-beitet werden kann. In der Ganztagsschu-le stehen mehr Zeit, mehr GeGanztagsschu-legenheiten und mehr Personen für soziale Bezie-hungen zu Verfügung; neben Lehrkräften auch eine Vielzahl anderer erwachsener Bezugspersonen (Trainer, Musiker, Feu-erwehrleute, Polizisten, Sozialpädagogen etc.). Auch kann in den Ganztagsange-boten mit den Schüler/innen leichter in

neuen Gruppenzusammensetzungen klas-sen- oder jahrgangsübergreifend gearbei-tet werden. StEG konnte zeigen, dass die erweiterten Möglichkeiten von Peerbezie-hungen, also Freunde treffen oder neue Freunde kennenzulernen, für die Schüler/

innen einen Anreiz bildet, an Ganztagsan-geboten teilzunehmen. Darüber hinaus stellt sich eine positive Schüler-Betreuer-Beziehung (Betreuer/innen können auch Lehrkräfte sein) in den Ganztagsange-boten als wirksam heraus. Werden die Betreuer/innen als positiv unterstützend und fair wahrgenommen, dann stärkt dies das schulische Wohlbefinden der Schü-ler/innen, was sich wiederum positiv auf die Leistungsentwicklung auswirkt. Es konnten auch positive Zusammenhän-ge mit der Lernmotivation und weniZusammenhän-ger abweichendem Sozialverhalten identifi-ziert werden. Gleichzeitig ist die Schüler-Betreuer-Beziehung eng verflochten mit o.g. Gestaltungselementen wie Mitbestim-mungs- und Partizipationsmöglichkeiten,

Neugier und Interesse wecken. Insgesamt stärken die Ergebnisse die These, dass unterstützende, wertschätzende, respekt- und vertrauensvolle Beziehungen keine naive Sozialromantik, sondern unbeding-te Grundlage dafür sind, dass Lernen und Persönlichkeitsentwicklung der Schüler/

innen gelingen können.

Neben der Qualität der außerunterricht-lichen Angebote und der Qualität der sozialen Beziehungen gibt es noch weitere Merkmale von Ganztagsschule, die wirk-sam sind, z.B. die Qualität der Koopera-tion in multiprofessionellen Teams. Aber:

Was viele Schulen bereits erkannt haben, der „Königsweg“ zum qualitativen Aus-bau von Ganztagsschulen kommt an einer hohen Angebots- und Beziehungsqualität nicht vorbei.

Literatur zum Weiterlesen:

Klaffke, T. & Fischer, N. (2015). Ganztagsschu-le mit Qualität. Lernende SchuGanztagsschu-le. Für die Praxis pädagogischer Schulentwicklung, 18(Heft 69).

Fischer, N., Radisch, F., Theis, D. & Züchner, I.

(2012). Qualität von Ganztagsschulen – Bedin-gungen, Wirkungen und Empfehlungen. Experti-se für die SPD Bundestagsfraktion. Verfügbar un-ter: http://www.pedocs.de/volltexte/2012/6794/

pdf/Fischer_etal_2012_Qualitaet_von_GTS.pdf Kuhn, H. P. & Fischer, N. (2014). Soziale Be-ziehungen in der Ganztagsschule – Ausgewähl-te Ergebnisse der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG). Schulpädagogik-heute, 5(Heft 9: Beziehungen in Unterricht und Schule).

BMBF (2012): Ganztägig bilden. Eine For-schungsbilanz. Verfügbar unter: http://www.

ganztagsschulen.org/_media/121206_BMBF_

GTS-Forschungsbilanz_bf_df.pdf

StEG-Konsortium (2013). Ganztagsschule 2012/2013 – Deskriptive Befunde einer bundes-weiten Befragung. Frankfurt/Main, Dortmund &

Gießen. Verfügbar unter: http://www.bmbf.de/

pubRD/NEU_Bundesbericht_Schulleiterbefra-gung_2012_13.pdf

BMBF (2009): Gut angelegt. Das Investitions-programm Zukunft Bildung und Betreuung.

Verfügbar unter: http://www.ganztagsschulen.

org/_media/gut_angelegt.pdf

Carina Tillack, M.A., Wis-senschaftliche Mitarbeiterin für empirische Bildungsfor-schung an der Uni Kassel.

Arbeitsschwerpunkte: Ganz-tagsschule, Hausaufgaben-betreuung, motivationale Handlungskonflikte.

Kontakt: tillack@uni-kassel.de

Dr. Hans Peter Kuhn ist Professor für Erziehungs-wissenschaft mit Schwer-punkt empirische Bildungs-forschung an der Uni Kassel.

Arbeitsschwerpunkte: Ganz-tagsschule, Bildungsun-gleichheit, politische Sozialisation, Demokratiepädagogik, psychosoziale Ent-wicklung im Jugendalter.

Kontakt: hpkuhn@uni-kassel.de

Foto:s imago

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