• Keine Ergebnisse gefunden

Wünsche und Forderungen von Studentinnen

3 Benachteiligungen von Studentinnen im Studium

3.9 Wünsche und Forderungen von Studentinnen

Damit sind wir bei den Folgerungen und Empfeh-lungen angekommen. Zuerst ist es angebracht, auf die Wünsche und Forderungen einzugehen, wel-che Studentinnen selber als besonders dringlich und wichtig herausstellen. Die Wünsche der Stu-dentinnen zur Verbesserung der eigenen Studien-bedingungen unterscheiden sich etwas nach der Hochschulart (vgl. Abbildung 3).

Studentinnen an den Universitäten heben mehr Praxisbezug im Studium, mehr Lehrveranstaltun-gen in kleinerem Kreis, bessere Betreuung und bessere Arbeitsmarktchancen als dringlich hervor.

An den Fachhochschulen setzen sie zum Teil die Prioritäten etwas anders: neben Arbeitsmarktchan-cen und Lehrveranstaltungen mit weniger Teilneh-mern stehen „Brückenkurse“ für Anfangssemester

und die Erhöhung der finanziellen Ausbildungsför-derung (BAföG) auf der Liste ganz oben.

Alle diese Wünsche werden von Studentinnen häufiger geäußert als von Studenten. Dieses Mehr an Wünschen enthält einen wichtigen Hinweis: Es sind oftmals nicht einzelne Gegebenheiten, die Studentinnen im Studium in auffälliger Weise be-nachteiligen, es sind verschiedene und vielfältige Momente, die ihnen das Studium nach wie vor stärker erschweren.

Abbau von Barrieren

Bei verschiedenen Aspekten des Studiums können Frauen ihr Potential nicht genügend ausschöpfen.

Ohne dass direkte Diskriminierungen vorliegen, werden Barrieren und Hemmnisse erkennbar. Sie sollten durch konkrete, aktivere und gezieltere Un-terstützung überwunden werden:

Bei der Wahl bestimmter Natur- und Technikfächer muss rechtzeitiger an das vorhandene Technikin-teresse junger Frauen angeknüpft werden, und zwar bereits vor der Wahl der Leistungskurse in der gymnasialen Oberstufe.

Eine stärkere Öffnung der Hochschulen und neue Studienstrukturen könnten für berufstätige Frauen mehr Anreiz für eine Höherqualifizierung oder Wei-terbildung sein.

Beim Studium mit Kindern sind hochschulnahe Betreuungsangebote und alternative Studienmo-delle wichtig - sie müssten im Hochschulbereich selbstverständlich werden.

Wissenschaftlicher Nachwuchs

Ein besonderes Wort zur Förderung des wissen-schaftlichen Nachwuchses erscheint angebracht.

Eine stärkere Beteiligung von Frauen in der Wis-senschaft hat sich noch nicht in allen Bereichen und auf allen Ebenen durchgesetzt. Insbesondere Lehrstühle und Führungspositionen an den Hoch-schulen bleiben Frauen vielfach verschlossen.

Das Fehlen gleicher Chancen bei der wissen-schaftliche Nachwuchsförderung ist in der Sicht der Studentinnen an den Hochschulen gravieren-der als erwartet. Um solchen Nachteilen entgegen zu wirken, sind eine Reihe von Vorhaben anzufüh-ren:

• eine Beschäftigung als wissenschaftliche Hilfs-kraft muss den leistungsbesseren Studentinnen häufiger angeboten werden,

32

Abbildung 3

Wichtige Wünsche zur Verbesserung der Studiensituation von Studentinnen und Studenten an Uni-versitäten und Fachhochschulen (2004)

(Skala von 0 = überhaupt nicht dringlich bis 6 = sehr dringlich; Angaben in Prozent für Kategorien: 4-6 = dringlich)

4 4 4 8

5 0 5 6 4 7

5 7 6 3 6 2

5 3 5 5

5 8 6 5 6 5

7 2 7 3 V e r b e s s e r u n g d e r p e r s ö n lic h e n S t u d ie n s it u a t io n

U N IV E R S IT Ä T E N

h a lte n f ü r „ d r in g lic h “

S tu d e n tin n e n S tu d e n te n

K a lliG R A P H I K F A C H H O C H S C H U L E N

h ä u f ig e r L e h r v e r a n s ta ltu n g e n im k le in e r e n K r e is

s tä r k e r e r P r a x is b e z u g d e s S tu d ie n g a n g s

V e r b e s s e r u n g d e r A r b e its -m a r k tc h a n c e n f ü r S tu d ie r e n d e in te n s iv e r e B e tr e u u n g

d u r c h L e h r e n d e

E r h ö h u n g d e r B A f ö G -S ä tz e /-S tip e n d ie n

V e r b e s s e r u n g d e r A r b e its - 7 7 m a r k tc h a n c e n f ü r S tu d ie r e n d e

E in r ic h tu n g v o n B r ü c k e n k u r s e n

h ä u f ig e r L e h r v e r a n s ta ltu n g e n im k le in e r e n K r e is

Quelle: Studierendensurvey 1983-2004, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

• eine intensivere Förderung der weiblichen Hochbegabten (Stipendien) sollte auf verschie-dene Weise erfolgen,

• bei der Promotion und Habilitation sollten Stu-dentinnen mehr Ermutigung und Unterstützung erfahren.

Um Frauen im Studium zu fördern, bedarf es er-gänzender Maßnahmen, die sich auf ihre spätere Berufstätigkeit beziehen. Drei Belange sind als An-sprüche zu unterstreichen:

In der Wirtschaft und den Unternehmen sind die beruflichen Chancen von Hochschulabsolventin-nen zu verbessern, sowohl bei ihrer Einstellung und dem Einkommen als auch bei den Karriere-wegen. Quoten müssten verlangt, überprüft und durchgesetzt werden.

Es müssen andere Lebens- und Arbeitsbedingun-gen im Verhältnis von Beruf und Familie geschaf-fen werden, damit hochqualifizierte Frauen mit Partner und Familie ihre beruflichen Ziele verwirk-lichen können und nicht in ein Dilemma gestellt werden.

Dazu gehört als zentrale Maßnahme der Ausbau von ganztägiger Betreuung für Kinder in verschie-denen Angebotsformen - bereits im Studium, aber auch später möglichst betriebsnah, neben den Ganztagsschulen.

Bleibt zu hoffen, dass an den Hochschulen und in der Wirtschaft notwendige Innovationen gesche-hen und endlich eine Flexibilität gezeigt wird, wie sie von den Absolventinnen seit langem gefordert wird.

Fazit - Nutzen für die Hochschulentwicklung Es kann kein Zweifel bestehen: Das Studium der Frauen hat sich etabliert. Dies belegen nicht nur die Zahlen zur Beteiligung, zum erfolgreichen Ab-lauf oder zu den guten Leistungsresultaten. Die Erhellung der Situation von Studentinnen an den Hochschulen, mit dem Aufweis offener oder ver-steckter Benachteiligungen und Barrieren, bietet eine Reihe von Anregungen, um die Bedingungen von Frauen im Studium zu verbessern und ihre Chancengleichheit zu erhöhen.

Insofern ist es für die Entwicklung der Hochschu-len insgesamt von größerem Nutzen, auf die Hin-weise der Studentinnen zu hören und ihre Forde-rungen aufzunehmen und umzusetzen. Nicht im Sinne von bloßen Kundinnen, sondern als aktive Klienten, die eine Verantwortung für die Gestaltung mittragen - etwas übrigens, das Frauen mehr for-dern als Männer.

Literaturangaben

Gerstein, H.: Studierende Mädchen. Zum Problem des vorzeitigen Abgangs von der Universität.

München, Piper 1965.

Grimmer, B./ T. Röhl: Female Students at Universi-ties in Baden-Württemberg, Rhone-Alpes and Catalonia. A Secondary Analysis of Gender, In-terest in Science and Research, and the Inten-tion to do a Doctorate. In: Papers 76 - Revista Sociologica. Barcelona 2005, S. 217-228.

Ramm, M./ T. Bargel: Frauen im Studium. Lang-zeitstudie 1983 - 2004. Bonn, Berlin 2005.

Ramm, M.: Studentinnen in männerdominierten Studienfächern. Hefte zur Bildungs- und Hoch-schulforschung 34. Arbeitsgruppe Hochschul-forschung, Universität Konstanz 2001.

Sandberger, J.-U.: Studentinnen. Studienerfahrun-gen, Zukunftsperspektiven, Forderungen. Hefte zur Bildungs- und Hochschulforschung 8. Ar-beitsgruppe Hochschulforschung, Universität Konstanz 1992.

34