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Dr. Dorian Patzkéwitsch Fachtierarzt für Tierschutz, Landesinstitut Tiergesundheit I, Sachgebiet Tierschutz,

Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit,

85762 Oberschleißheim, Deutschland Dorian.Patzkewitsch@lgl.bayern.de Womit beschäftigen Sie sich derzeit am meisten?

Mein derzeitiger beruflicher Schwerpunkt liegt beim Kupierverzicht bei Schweinen.

Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Kupierverzicht wirke ich bei dessen fach-licher Umsetzung in Bayern am LGL mit.

Es gehört auch zu meinen Aufgaben, die verschiedenen Personenkreise (u. a. Tierhal-terInnen, TierärztInnen, Behörden) bei der praktischen Durchführung zu unterstützen.

Das routinemäßige Kupieren der Schwänze bei Schweinen ist in der EU schon seit langem verboten. Die Realität sieht aber leider etwas anders aus. Schaut man sich in der konventionellen Schweinepraxis um, stellt man schnell fest, dass der Großteil der Tiere kupiert wird bzw. kupierte Tiere

ge-halten werden. Schwanzbeißen hat viele Ursachen, und so stellt die erfolgreiche Hal-tung von unkupierten Tieren in unseren kon-ventionellen Schweineställen eine große Herausforderung dar. Es ist noch ein weiter Weg, aber ich bin optimistisch.

Was brachte Sie zu Ihrem Fachgebiet?

Ehrlich gesagt, war es eher ein Zufall und keine Bestimmung. Die Omnipräsenz von Hund, Katze und Pferd im Tiermedizinstu- dium ist meiner Meinung nach bis heute noch sehr stark zu spüren. Entsprechend spielten die Schweine für mich eher eine untergeordnete Rolle (ich wollte eigentlich immer in den Bereich der Exoten …). Nach meinem Studium 2013 bot sich mir aber die Chance, bei einem Projekt, welches sich mit der Haltung von Schweinen be-fasste, an der LMU München mitzuwir-ken. Durch die direkte Zusammenarbeit lernte ich Schweine sehr schnell schätzen.

Schweine muss man einfach gernhaben.

Den Fischen gilt vor allem mein privates Interesse. Wenn auch nicht schwerpunkt-mäßig, freut es mich immer wieder, wenn ich in diesem durchaus exotischen Bereich auch berufliche Schnittstellen finde. Ehr-licherweise kann ich bis heute an keinem Bach, Fluss oder See entlanggehen, ohne wenigstens einmal ins Wasser zu spähen in der Hoffnung, einen Schuppenträger zu entdecken. Diese Faszination lässt sich schwer erklären, ist bei mir jedoch von klein auf stark ausgeprägt.

Wer war Ihr wichtigste Mentor und warum?

Diese Antwort würde ich gerne meinem ehemaligen Chef Prof. Dr. Dr. Michael Erhard widmen. Durch die spannende Arbeit an seinem Lehrstuhl an der LMU München konnte ich mich in vielen unter-schiedlichen Bereichen einbringen und mich so beruflich weiterentwickeln. Ohne Michaels offene und tolerante Art bzw. Füh-rung wäre dies so nicht möglich gewesen.

Die Zeit am Lehrstuhl hat mich sehr geprägt.

Welchen Rat würden Sie einem/r jungen Kollegen/in geben?

Wenn ich einen Rat geben darf (ich bin ja selbst noch relativ jung), würde ich sagen, dass es vor allem am Anfang des Berufs-lebens wichtig ist, offen für alles zu sein. Es gibt viele spannende, aber auch wichtige zu bearbeitende Themengebiete, die man

sich während des Studiums vielleicht noch nicht hätte vorstellen können.

Vor allem als junger, enthusiastischer wissen- schaftlicher Mitarbeiter ist es von großem Wert, wenn man einen gewissen Gestal-tungsspielraum gestellt bekommt. Wenn man also eine solche Möglichkeit be-kommt, sollte man diese Chance nutzen.

Meiner Meinung nach gehört es auch einmal dazu, dass etwas nicht so läuft wie geplant. Davon geht die Welt (oder das Paper) nicht unter.

Woraus beziehen Sie die Motivation für Ihre Arbeit?

Seit meinem Berufsbeginn befasse ich mich mit tierschutzrechtlichen Fragestellungen im Bereich der landwirtschaftlichen Nutz-tiere. Zwei Themen, die mir besonders am Herzen liegen, sind die Kastenstand-haltung von Sauen und der Einsatz von Beschäftigungsmaterialien bei Schweinen.

Beide Bereiche nehmen mit der geplanten Änderung der deutschen Tierschutznutz-tierhaltungs-Verordnung nun Fahrt auf. Auch wenn es kleine Schritte sind, die mit teils langen Übergangsfristen einhergehen, geht es doch trotzdem voran.

Welche gegenwärtigen Entwick-lungen finden Sie gut/schlecht?

Tierwohl, Tierschutz und tiergerechte Hal-tung sind alles Begrifflichkeiten, die sich in den letzten Jahren immer mehr im Alltag und in der Gesellschaft wiederfinden. Auch wenn die Bedeutung dieser Wörter oft nicht weiter hinterfragt wird, so merkt man doch, dass das allgegenwärtige Interesse an diesen Themen stark zugenommen hat.

U. a. aus diesem Grund lässt sich die eine oder andere vermeintlich festgefahrene Dis-kussion wieder voranbringen, was für mich eine positive Entwicklung darstellt.

Was fällt Ihnen zur IGN ein?

Wenn auch nur indirekt, habe ich mit der IGN schon relativ früh Kontakt gehabt. Bei meinen Literaturrecherchen ist mir immer wieder das eine oder andere IGN-Heft in die Hände gekommen, welches mir bei meiner jeweiligen Aufgabe immer weiter-geholfen hat. Aus diesem Grund ist es für mich auch eine große Ehre, einen Beitrag für das aktuelle Heft leisten zu dürfen.

Mit der IGN verbinde ich sofort die ein-zigartige internationale Tagung der ange-wandten Ethologie in Freiburg. Vor allem

die IGN-Preisverleihungen waren für mich jedes Mal ein Highlight. Es ist immer wieder spannend, etwas über die verschiedenen Forschungsergebnisse anderer Institutionen zu erfahren. Natürlich stellt dieser Anlass auch eine tolle Gelegenheit dar, viele nette Kolleginnen und Kollegen (vor allem auch aus Österreich und der Schweiz) zu treffen und sich auszutauschen.

Welche Bedeutung, denken Sie, wird das Fischwohl in zehn Jahren haben?

Fische nehmen für mich immer eine gewis-se Sonderposition ein. Ich merke oft, dass meine Begeisterung für sie von anderen nicht unbedingt geteilt wird. Im Gegen-satz zu einem Hundewelpen oder einem Hühnerküken ruft ein juveniler Fisch in den meisten Personen wohl wenig gesteigerte Emotionen hervor. Auch wenn sie vielleicht nicht der primäre Auslöser verschiedener

Tierwohldebatten sind, so können die Fi-sche doch mit Sicherheit in den nächsten Jahren von der allgemeinen Diskussion rund um das Thema Tierschutz profitieren. Die zunehmende Forschung im Bereich der Schmerzempfindung bei Fischen trägt ihrer-seits ebenso einen wichtigen Teil dazu bei.

Auch der Aquakultur (vor dem Hintergrund der Überfischung der Meere) wird zukünf-tig immer mehr Bedeutung zukommen. Die Verbraucher fordern schon jetzt genauere Angaben auf den Labels der Fischprodukte ein. Wie man sieht, ist das Thema Fisch-wohl präsent und wird in den nächsten Jah-ren höchstwahrscheinlich noch mehr in den Fokus rücken.

Wir möchten uns herzlich bei Dr. Dorian Patzkéwitsch für das Interview bedanken.

(Foto: © V. Patzkéwitsch).

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