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Vorhersage mittels Propensities

Lokale Sequenz¨ ahnlichkeiten

4.5 Vorhersage mittels Propensities

4.5.1 Methode

Als Propensity einer Aminos¨aure an einer Stelle in der Sequenz bezeichnet man die H¨aufigkeit dieser Aminos¨aure an der entsprechenden Position in dem Teil des Datensatzes, der das interessierende Kriterium erf¨ullt, normiert auf die H¨aufigkeit in dem Teil des Datensatzes, der das Kriterium nicht erf¨ullt:

PAla,3 =

cisAla,3

cis transAla,3

trans

Tritt zum Beispiel eine Aminos¨aure an einer bestimmten Position inner-halb der Proteine mit cis-Prolylbindung doppelt so h¨aufig auf wie in Protei-nen mit trans-Prolylbindung, so ist die Propensity der Aminos¨aure an dieser Stelle zwei.

Gilt die Annahme, daß sich die Aminos¨auren gegenseitig nicht beein-flussen, so l¨aßt sich die Propensity eines Peptides durch Multiplizieren der Propensities der einzelnen Aminos¨auren berechnen. Der erhaltene Wert ist dabei ein Maß daf¨ur, wie wahrscheinlich es ist, daß das betreffende Peptid eine cis-Prolylbindung ausbildet:

Tabelle 4.1: Auftreten von non-Prolyl-cis-Aminos¨auren im Datensatz mit 25%

Sequenzidentit¨ats-Schwellenwert und erwartete Anzahlen aufgrund der Aminos¨aureh¨ aufig-keiten.

Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Sequenzmotiv zur Ausbildung einer cis-Peptidylbindung f¨uhrt, h¨angt von der Propensity des Motivs Pmot und der relativen H¨aufigkeit von cis-Peptidylbindungen pgencis ab.

Um die Propensities zu normalisieren, werden diese logarithmiert. Eine Aminos¨aure, die gleich h¨aufig in cis- und trans- Peptiden vorkommt, erh¨alt so den Wert Null. Die logarithmierten Propensities werden bei der Berech-nung des Gesamtwertes f¨ur ein Peptid addiert, die Gesamt-Propensity eines Peptides ergibt sich als als Exponentialwert dieser Summe.

Ein Sch¨atzwert f¨ur die Qualit¨at der Vorhersage mittels Propensities l¨aßt sich gewinnen, indem man den Datensatz in zwei Klassen – einen

Trainings-und einen Testdatensatz einteilt. Die Propensities der einzelnen Positionen werden dabei anhand des Trainingssatzes ermittelt und die Konformation der Prolylbindung im Testdatensatz mit den erhaltenenPropensities vorher-gesagt.

Die G¨ute der Vorhersage wurde mittels des AUC-Wertes [180] gemessen:

Peptide wurden nach ihrem score (Gesamt-Propensity) sortiert und sukzes-sive zur Liste der als cis-Konformer vorhergesagten Peptide addiert. Nach jedem Schritt wurde die specificity (Anteil der korrekt zugeordneten trans-Peptide) gegen die sensitivity (Anteil der korrekt zugeordneten cis-Peptide) aufgetragen. Das Integral unter der erhaltenen Kurve ist ein Maß f¨ur die G¨ute der Vorhersage und entspricht der Wahrscheinlichkeit, daß ein zuf¨ al-lig ausgew¨ahltescis-Peptid einen h¨oheren Score als ein zuf¨allig ausgew¨ahltes trans-Peptid besitzt.

4.5.2 Prediktiver Wert verschiedener Positionen

Welche Positionen der Sequenz sind f¨ur die Vorhersage wichtig? Zun¨achst sol-len die Vorhersageg¨uten unter Verwendung verschiedener Sequenzpositionen verglichen werden (Abb. 4.5).

Die Gr¨oße des Trainings-Datensatzes wurde in Schrittweiten von 1% er-h¨oht und jeweils 5 000 randomisierte Trainingss¨atze zum Lernen verwendet, die Abbildung zeigt die Vorhersagequalit¨at (AUC-Wert) am verbleibenden Rest des Datensatzes.

Bei Einbeziehung von 10 Aminos¨auren zu beiden Seiten des Prolylrestes in die Vorhersage wird bei hinreichend großem Trainingssatz ein AUC-Wert von 0.648 erreicht, mit nur zwei Positionen zu beiden Seiten des Prolylrestes erreicht der Wert 0.669. Mit der momentanen Gr¨oße des Datensatzes k¨onnen offensichtlich nur Informationen ¨uber vier Aminos¨aurepositionen gewonnen werden, die Verwendung eines breiteren Sequenzfensters f¨uhrt nicht zu einer Verbesserung der Vorhersage.

Selbst bei der Verwendung nur einer Aminos¨aureposition zu beiden Seiten des Prolylrestes wird die Vorhersage besser als mit 10 Positionen zu beiden Seiten – ein Indikator, daß weiter entfernt liegende Positionen das Ergebnis verrauschen.

Aus der Abbildung wird auch ersichtlich, daß der Trainingssatz f¨ur die Be-rechnung der Propensities f¨ur die beiden dem Prolinrest benachbarten Ami-nos¨auren offensichtlich hinreichend groß ist, da die Vorhersageg¨ute bei gr¨oßer werdendem Trainingssatz ein Plateau erreicht. Insbesondere die Vorhersage mit 10 Resten zu beiden Seiten des Prolins steigt aber bei gr¨oßer werdendem Trainingssatz kontinuierlich und w¨urde bei mehr verf¨ugbaren Daten noch bessere Werte annehmen.

0.550 0.575 0.600 0.625 0.650 0.675

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Trainingssatz

AUC-Wert

10 4 3 2 1

Abbildung 4.5: Vorhersageg¨ute f¨ur cis-Prolylreste unter Verwendung verschiedener Se-quenzpositionen (1, 2, 3, 4 und 10 Reste zu beiden Seiten des Prolylrestes) in Abh¨angigkeit von der Gr¨oße des Trainings-Datensatzes. Die stabilste Vorhersage wird mit zwei Positio-nen zu beiden Seiten des Prolylrestes erreicht.

Abbildung 4.6 zeigt, daß auch f¨ur zwei Aminos¨aurepositionen auf jeder Seite des Prolylrestes die Lernmenge ann¨ahernd ausreichend ist: die Vor-hersageg¨ute steigt bei gr¨oßer werdendem Trainingssatz nicht mehr stark an, und auch die Vorhersageg¨ute des Trainingssatzes auf sich selbst erreicht ein Plateau.

Welche Aminos¨aureposition enth¨alt die meiste Information? Um diese Frage zu kl¨aren, wurden unter Verwendung von nur je einer Aminos¨ aure-position und einem Trainingssatz von 80% der verbleibende Testdatensatz untersucht (Abb. 4.7). Es wird deutlich ersichtlich, daß die Aminos¨aure vor dem Prolylrest (Position -1) die gr¨oßte prediktive Aussagekraft besitzt. Dies deckt sich auch mit publizierten Sequenzauff¨alligkeiten an dieser Position [39, 176, 177].

Da offensichtlich die beiden dem Prolin am n¨achsten gelegenen Amino-s¨aurepositionen die beste Vorhersage erm¨oglichen, wurde eine weitere Li-mitierung des Datensatzes unter Auslassung je einer weiteren Position un-ternommen (Abb. 4.8). Die Aminos¨aure zwei Positionen vor dem Prolin ist offensichtlich f¨ur die Vorhersage nicht von tragender Bedeutung. Bei der Ver-wendung großer Trainingss¨atze ist kein Unterschied gegen¨uber der

Verwen-0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Trainingssatz

AUC-Wert

blind self

Abbildung 4.6: Vorhersageg¨ute des Trainingssatzes selbst (self ) und des Testdatensatzes mit Standardabweichungen bei Verwendung von zwei Aminos¨aurepositionen zu beiden Sei-ten des Prolinrestes. Die G¨ute der Blindvorhersage n¨ahert sich bei gr¨oßerem Trainingssatz der Selbstvorhersage an.

0.450 0.475 0.500 0.525 0.550 0.575 0.600 0.625 0.650

-10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Abbildung 4.7: Prediktive Aussagekraft einzelner Aminos¨aurepositionen. Gezeigt ist der AUC-Wert der Vorhersage mit 80% Trainingssatz unter Verwendung nur jeweils einer Aminos¨aureposition.

dung von zwei Positionen auf jeder Seite erkennbar, bei kleineren Datens¨atzen ist die Vorhersage mit nur einer f¨uhrenden und zwei dem Prolin folgenden Positionen allerdings besser.

0.550 0.575 0.600 0.625 0.650 0.675

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Trainingssatz

AUC-Wert

2,2 1,2 2,1 1,1

Abbildung 4.8: AUC-Werte bei Vorhersagen auf Grundklage asymmetrischer Amino-s¨aurefenster. Angegeben sind jeweils die zur Vorhersage benutzten Aminos¨auren vor und hinter dem Prolylrest. Bei der Verwendung der Position vor dem Prolylrest und zwei nach-folgenden Positionen (1,2) sind bei kleineren Trainingss¨atzen bessere Ergebnisse m¨oglich als unter Verwendung von je zwei Positionen zu beiden Seiten des Prolylrestes.

In Tabelle 4.2 sind die Logarithmen der errechnetenPropensities f¨ur zwei dem Prolin benachbarte Positionen unter Einbeziehung des gesamten Daten-satzes gezeigt.

Die Tabelle zeigt die bereits bekannte [39, 176, 177, 181] H¨aufung aromati-scher Aminos¨auren und eine verringerte Anzahl an verzweigten aliphatischen Aminos¨auren vor cis-Prolylresten. Desweiteren f¨allt auf, daß Cysteinreste im Abstand von zwei Aminos¨auren vom Prolylrest ebenfalls die Ausbildung der cis-Prolylbindung beg¨unstigen, ebenso wie ein weiterer Prolylrest zwei Positionen hinter dem Prolin.