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Die Vollst¨ andigkeit von R

Im Dokument Vorlesung Analysis I (Seite 51-55)

3 Metrische R¨ aume

4.2 Die Vollst¨ andigkeit von R

Unser n¨achstes Ziel ist es, die Vollst¨andigkeit des metrischen Raumes (R,| · |) zu zeigen. Auf dem Weg dahin leiten wir einige Konvergenzkriterien ab. Die Beweise der beiden ersten S¨atze sind uns im wesentlichen bereits bekannt.

Eine Folge (an) reeller Zahlen heißt monoton wachsend (bzw. monoton fallend),

Satz 4.6 Jede monoton wachsende und nach oben beschr¨ankte Folge (an) reeller Zahlen ist konvergent, und es gilt:

nlim→∞ an = sup{an :n ∈N}.

Jede monoton fallende und nach unten beschr¨ankte Folge (an) reeller Zahlen ist konvergent, und es gilt

nlim→∞ an= inf{an:n∈N}.

Der Beweis verl¨auft f¨ur monoton fallende Folgen genauso wie im Beispiel aus Abschnitt 3.5, wo wir gezeigt haben, dass die (monoton fallende) Folge der N¨ahe-rungswerte beim babylonischen Wurzelziehen gegen ihr Infimum konvergiert. Die-ser Beweis kann leicht auf monoton wachsende Folgen ¨ubertragen werden. (HA) Satz 4.7 (Intervallschachtelungssatz) F¨ur jedes n ∈N sei ein abgeschlosse-nes Intervall In= [an, bn] (mit an≤bn) gegeben. Weiter gelte

In+1 ⊆In f¨ur jedes n und lim

n→∞(bn−an) = 0.

Dann ist der Durchschnitt ∩nIn nicht leer und besteht aus genau einem Punkt.

Diese Aussage erinnert uns an den Cantorschen Durchschnittssatz. Da wir jedoch noch nicht wissen, dass R vollst¨andig ist, k¨onnen wir uns nicht auf diesen Satz berufen.

Beweis Wir sehen uns die Folgen (an) bzw. (bn) der linken bzw. rechten Rand-punkte der IntervalleIn an. Aus der Einbettungseigenschaft folgt, dass (an) eine monoton wachsende und nach oben (z.B. durchb0) beschr¨ankte Folge ist, und die Folge (bn) ist monoton fallend und nach unten (etwa durcha0) beschr¨ankt. Nach Satz 4.6 sind beide Folgen konvergent. Wir bezeichnen den Grenzwert von (an) mit a und den von (bn) mit b. Dann ist a=b, denn

a−b = liman−limbn= lim(an−bn) = 0.

Wir zeigen weiter, dassazu jedem Intervall Ik geh¨ort. F¨ur alle n≥k ist n¨amlich ak ≤ an ≤ bk, und ¨Ubergang zum Grenzwert n → ∞ liefert ak ≤ a ≤ bk, also a∈Ik. Insbesondere ist ∩nIn nicht leer.

Schließlich ¨uberlegen wir uns, dass a(= b) der einzige Punkt in ∩nIn ist. F¨ur jeden Punktx in ∩In ist ja

an ≤x≤bn f¨ur alle n.

Wir lassen in dieser Ungleichung n gegen ∞ streben und erhalten a ≤ x ≤ b, woraus wegen a=b sofortx=a folgt.

Satz 4.8 (Bolzano/Weierstraß) Jede unendliche beschr¨ankte Teilmenge von R besitzt einen H¨aufungspunkt.

Beweis Sei M ⊆ R unendlich und beschr¨ankt. Dann kann M sicher in ein IntervallI1 = [a1, b1] eingeschlossen werden. Das Intervall I1 wird halbiert. Dann gibt es eine H¨alfte, in der unendlich viele Punkte aus M liegen. Diese H¨alfte bezeichnen wir mit I2 := [a2, b2].

(Sollten in beiden H¨alften von I1 unendlich viele Punkte liegen, so w¨ahlen wir eine dieser beiden als I2.) Nun halbieren wir I2 und w¨ahlen eine der H¨alften so, dass sie unendlich viele Punkte ausM enth¨alt. Diese seiI3 := [a3, b3].Wir fahren auf diese Weise fort und erhalten eine Folge (In) abgeschlossener Intervalle mit In+1 ⊆In f¨ur alle n. F¨ur die Intervalll¨angen gilt:

bn−an= bn1−an1

Der Intervallschachtelungssatz ist somit anwendbar. Es gibt also genau einen Punktx aus R, der in jedem der Intervalle In liegt.

Wir m¨ussen uns noch davon ¨uberzeugen, dass x H¨aufungspunkt von M ist. Sei ε > 0 beliebig vorgegeben. Dann gibt es wegen lim(bn−an) = 0 ein N ∈ N so, dass 0 < bN −aN < ε. Wegen aN ≤ x ≤ bN folgt daraus |aN −x| < ε und

|x−bN|< ε. Also ist [aN, bN] =IN ⊆Uε(x).

...( [ ............... ] ) x−ε aN x bN x+ε

DaIN nach Definition unendlich viele Punkte ausM enth¨alt, enth¨alt auch Uε(x) unendlich viele Punkte aus M. Da ε > 0 beliebig war, enth¨alt jede Umgebung von x unendlich viele Punkte ausM. Also ist x ein H¨aufungspunkt von M.

Der Satz von Bolzano/Weierstraß wird oft in folgender Form benutzt:

Satz 4.9 (Bolzano/Weierstraß) Jede beschr¨ankte Folge reeller Zahlen besitzt eine konvergente Teilfolge.

Beweis Sei (an) eine beschr¨ankte Folge reeller Zahlen. Wir unterscheiden 2 F¨alle.

Fall 1: Die Menge {an :n∈ N} ist endlich. Dann muss es einen Wert, etwa aN, geben, der in der Folge (an) unendlich oft vorkommt. Es gibt also eine Teilfolge (akn) von (an) mitakn =aN f¨ur allen. Die Teilfolge (akn) ist konstant und daher konvergent.

Fall 2: Die Menge{an :n ∈N}ist unendlich. Da diese Menge nach Voraussetzung beschr¨ankt ist, besitzt sie nach Bolzano/Weierstraß eine H¨aufungspunkt x. Wir zeigen, dass x Grenzwert einer Teilfolge von (an) ist. Diese Teilfolge l¨asst sich wie folgt konstruieren. In U1(x) liegen unendlich viele der Folgenglieder an. Wir w¨ahlen eines davon aus, das vonxverschieden ist. Dieses sei etwa ak1.In U1/2(x) liegen ebenfalls unendlich viele der an. Wir w¨ahlen eines davon, etwa ak2, und zwar so, dass ak2 6= x und k2 > k1. Dann w¨ahlen wir aus U1/3(x) ein ak3 mit ak3 6=x und k3 > k2 und fahren so fort. Das Resultat ist eine Teilfolge (akn) von (an). Diese Teilfolge konvergiert gegen x,da nach Konstruktion

|x−akn|<1/n f¨ur alle n.

Wir haben nun gen¨ugend Vorbereitungen getroffen, um die Vollst¨andigkeit vonR beweisen zu k¨onnen. Die folgenden beiden S¨atze dr¨ucken exakt das Gleiche aus.

Satz 4.10 Die Menge R,versehen mit dem Betragsabstand, ist ein vollst¨andiger metrischer Raum.

Satz 4.11 (Cauchysches Konvergenzkriterium) Eine Folge reeller Zahlen ist genau dann konvergent, wenn sie eine Fundamentalfolge ist.

Beweis In Satz 3.23 haben wir bewiesen, dass jede konvergente Folge eine Fun-damentalfolge ist. Zu zeigen ist also noch: jede FunFun-damentalfolge reeller Zahlen konvergiert. Wir gliedern den Beweis in drei Schritte.

1. Schritt: Hier zeigen wir, dass jede Fundamentalfolge beschr¨ankt ist. Sei (an) eine Fundamentalfolge. Dann gibt es ein N ∈Nderart, dass

|an−am|<1 f¨ur alle m, n≥N.

Insbesondere ist|an−aN|<1 f¨ur allen≥N. Von der StelleN an liegen also alle Folgenglieder in der 1–Umgebung von aN. Nun vergr¨oßern wir diese Umgebung so weit, dass sie auch die ¨ubrigen (endlich vielen) Folgenglieder a0, a1, . . . , aN1

umfasst. In dieser vergr¨oßerten Umgebung liegen alle Glieder der Folge. Also ist die Folge (an) beschr¨ankt.

2. Schritt: Aus Schritt 1 und dem Satz von Bolzano–Weierstraß folgt sofort:Jede Fundamentalfolge reeller Zahlen besitzt eine konvergente Teilfolge.

3. Schritt: Wir zeigen abschließend: Wenn eine Fundamentalfolge eine konver-gente Teilfolge besitzt, so ist sie selbst konvergent.

Sei (an) eine Fundamentalfolge, und (akn) sei eine konvergente Teilfolge von (an)

mit Grenzwerta.Weiter seiε >0 beliebig vorgegeben. Da (an) Fundamentalfolge ist, gibt es ein N1 ∈N so, dass

|an−am|< ε/2 f¨ur alle m, n≥N1.

Da (akn) gegena konvergiert, gibt es außerdem ein N2 ∈N so, dass

|a−akn|< ε/2 f¨ur alle n ≥N2. Wegenkn ≥n gilt f¨ur alle n ≥N := max{N1, N2}

|a−an|=|a−akn +akn −an| ≤ |a−akn|+|akn−an|< ε.

Also konvergiert die Folge (an) und hat a als ihren Grenzwert. . Beachten Sie, dass die in den Schritten 1 und 3 formulierten Teilaussagen in beliebigen metrischen R¨aumen gelten.

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