2 Zielsetzung und Fragestellungen dieser Arbeit
3.3 Versuchsdurchführung und Verlauf
Die in der Präparation gewonnenen n=24 Knochenzylinder werden zunächst randomisiert und in drei Gruppen mit n=8 Explantaten eingeteilt.
Gruppe1:
Die Knochenzylinder der ersten Gruppe werden jeden Tag jeweils im Abstand von 24 Stunden mit dem „Walking“-Signal für 10 min bei einer Frequenz von 1Hz belastet, was insgesamt 600 Zyklen pro Tag entspricht. Desweiteren wird jeweils im Anschluss an die dynamische Belastung die Scheinbare Steifigkeit bzw. das E-Modul gemessen.
Material und Methoden
Gruppe 2:
Die Knochenzylinder der zweiten Gruppe werden jeden Tag jeweils im Abstand von 24 Stunden mit dem „Jumping“-Signal für 10 min bei einer Frequenz von 1Hz belastet, was 600 Zyklen pro Tag entspricht. Desweiteren wird jeweils im Anschluss an die dynamische Belastung die Scheinbare Steifigkeit bzw. das E-Modul gemessen.
Gruppe 3:
Die Knochenzylinder der dritten Gruppe dienen als Kontrollproben und werden nicht dynamisch belastet. Nach jeweils vier Versuchstagen (96 Stunden) wird die scheinbare Steifigkeit bzw. das E-Modul gemessen.
Mit dem Belastungsmodus wird am dritten Tag nach Präparation begonnen.
Mit Hilfe der verwendeten 24-Kanal-Kassettenpumpe ist es möglich, die Durchflussrate des Nährmediums stufenlos zu variieren. Bei diesem Versuch wurde eine Durchflussrate von 7ml in der Stunde gewählt, da in Vorversuchen gezeigt werden konnte, dass diese Flussrate zu keiner Belastung der Knochenproben durch Scherkräfte führt. Dennoch werden die Proben suffizient mit Medium versorgt.
Die weitere Prozedur verläuft sowohl in den Belastungsgruppen als auch in der Kontrollgruppe identisch.
Nach jeweils 72 Stunden wird das Kulturmedium gewechselt und aus dem verbrauchten Medium jeweils eine Probe zur Bestimmung der Alkalischen Phosphatase und der Laktatdehydrogenase entnommen (siehe Kap.3.6, 3.7). Desweiteren wird der pH-Wert im verbrauchten Medium bestimmt.
Material und Methoden
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Gliederung des Versuches für die Belastungsgruppen:
Versuchstag Belastungstag Arbeitsschritte
1 - Präparation und Integration der Knochenzylinder
2 - Mediumwechsel, pH
3 - Mediumwechsel, pH
4 1 Belastung, E-Modul, Mediumwechsel, pH 5 2 Belastung, E-Modul, Mediumwechsel, pH
6 3 Belastung, E-Modul
7 4 Belastung, E-Modul
8 5 Belastung, E-Modul, Mediumwechsel, pH, AP, LDH
9 6 Belastung, E-Modul
10 7 Belastung, E-Modul
11 8 Belastung, E-Modul, Mediumwechsel, pH, AP, LDH
12 9 Belastung, E-Modul
13 10 Belastung, E-Modul
14 11 Belastung, E-Modul, Calcein-Label, Mediumwechsel, pH, AP, LDH
15 12 Belastung, E-Modul
16 13 Belastung, E-Modul
17 14 Belastung, E-Modul, Prostaglandinabnahme, Mediumwechsel, pH, AP, LDH
18 15 Belastung, E-Modul
19 16 Belastung, E-Modul
20 17 Belastung, E-Modul, Mediumwechsel, pH, AP, LDH
21 18 Belastung, E-Modul
22 19 Belastung, E-Modul
23 20 Belastung, E-Modul, Alizarin-Label, Mediumwechsel, pH, AP, LDH
24 21 Belastung, E-Modul
25 22 Belastung, E-Modul
26 23 Belastung, E-Modul, Mediumabnahme, pH, AP, LDH
Material und Methoden
Gliederung des Versuches für die Kontrollgruppe:
Versuchstag Belastungstag Arbeitsschritte
1 - Präparation und Integration der Knochenzylinder
2 - Mediumwechsel, pH
3 - Mediumwechsel, pH
4 1 Mediumwechsel, pH
5 2 Mediumwechsel, pH
6 3 E-Modul
7 4
8 5 Mediumwechsel, pH, AP, LDH
9 6
10 7 E-Modul
11 8 Mediumwechsel, pH, AP, LDH
12 9
13 10
14 11 E-Modul, Calcein-Label, Mediumwechsel, pH, AP, LDH
15 12
16 13
17 14 Prostaglandinabnahme, Mediumwechsel, pH, AP, LDH
18 15 E-Modul
19 16
20 17 Mediumwechsel, pH, AP, LDH
21 18
22 19 E-Modul
23 20 Alizarin-Label, Mediumwechsel, pH, AP, LDH
24 21
25 22
26 23 E-Modul, Mediumabnahme, pH, AP, LDH,
Material und Methoden
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3.4 Die Belastungssignale
Wie bereits erwähnt, sollen in diesem Experiment zwei unterschiedliche Belastungssignale hinsichtlich ihrer Auswirkung auf Knochenexplantate miteinander verglichen werden. Bei den Belastungssignalen handelt es sich um Belastungsformen, die, was Art und Verlauf anbelangt, physiologischen Bewegungsmustern entsprechen und direkt durch Messung auf einer Kraftmessplattform gewonnen wurden [21,110].
Das erste Signal stimuliert physiologisches Laufen („Walking“-Signal) und stellt sich graphisch wie folgt dar:
Abb. 20: Das „Walking“-Signal in seinen jeweiligen Phasen
A: Abrollen Ferse; B: Abrollen Vorderfuss; C: passiver Peak D: Körpergewicht
Das Vergleichssignal ist ein physiologisches Springen („Jumping“-Signal) beziehungsweise Hüpfen und lässt sich graphisch folgendermassen darstellen:
Material und Methoden
Vergleich beider Belastungssignale
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5
[sec]
[Newton]
Jump 1 Jump 2 Jump 3 Jump 4 Jump 5 Jump 6 Jump 7 Jump 8 walking
Abb. 21: Das „Jumping“-Signal in seinen jeweiligen Phasen
A: Fuss auf dem Boden; B: Schwungholen; C: Absprung; D: Flug in der Luft E: Landung; F: Nachfedern
Dass sich die beiden Signale, was ihre Intensität und somit den möglichen Effekt auf den Knochen anbelangt, stark unterscheiden, soll folgende Abbildung verdeutlichen:
Abb. 22: Das „Walking“-Signal aufgetragen auf „Jumping“-Signale
Material und Methoden
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Das rot dargestellte Signal zeigt die „Walking“-Sequenz, die Reihen 1 bis 8 entsprechen den „Jumping“-Sequenzen (Uni Münster). Aus dieser Abbildung wird ersichtlich, dass die in der „Jumping“-Sequenz auftretenden Kräfte weit über denen der „Walking“-Sequenz liegen.
Die beiden dargestellten Belastungssignale, aufgenommen als Kraft-Signale, wurden in das Zetos-System übertragen und werden dort als Kompression appliziert mit einer Amplitude, die 4000µstrain entspricht. Sie werden täglich für eine Belastungsdauer von 10 Minuten bei einer Frequenz von 1Hz angewendet.
Bevor der PEA (Piezo Electrical Activator) die Belastung der Knochenexplantate beginnt, muss an die Proben manuell eine Vorlast angelegt werden. Diese Vorlast beträgt 30 Newton und ist nötig, um sämtliche Oberflächen innerhalb der Belastungskammer als auch zwischen Belastungskammer und PEA beziehungsweise Belastungskammer und Zetos-Rahmen in Kontakt zu bringen. Insgesamt handelt es sich um fünf Grenzflächen zwischen verschiedenen Körpern, die in gutem Kontakt zueinander stehen müssen:
1. Kontakt zwischen PEA und Belastungspiston
2. Kontakt zwischen Belastungspiston und Knochenexplantat 3. Kontakt zwischen Knochenexplantat und Kammerboden 4. Kontakt zwischen Kammerboden und Zetos-Rahmen
5. Kontaktflächen der Gewindeschraube (zur Einstellung der Vorlast)
Die manuell eingestellte Vorlast dient somit zum einen dazu, vor der eigentlichen Belastung sämtliche Komponenten jeweils in maximalen Berührungskontakt zu bringen und somit die Reproduzierbarkeit der Belastungen als auch der Ergebnisse zu gewährleisten. Zum anderen weisen die Knochenexplantate eine rauhe Oberfläche auf.
Diese rauhe Oberfläche (Unebenheiten bis max. 10µm) besteht aus schwachem (weichem) und präparationsbedingt totem Knochenmaterial, dessen Einfluss auf die Belastungsergebnisse durch die angelegte Vorlast minimiert wird.
Die gesamte Belastungsprozedur wird über ein Windows®-Programm gesteuert, das neben der Applizierung der genannten Signale auch die Auswahl anderer Belastungsformen ermöglicht und die Kreation eigener Stimulationsmuster erlaubt.
Material und Methoden
Auch die übrigen für die Belastung relevanten Parameter sind über diese Benutzeroberfläche steuerbar wie beispielsweise die Stärke oder die Frequenz des Belastungssignals.
Abb. 23: Die Windows-Benutzeroberfläche zur Steuerung des Zetos
Für den gesamten Versuch ergeben sich n = 23 Belastungstage. Die Knochenexplantate werden somit 23 mal für jeweils 10 Minuten bei einer Frequenz von 1Hz je nach Belastungsgruppe mit der „Walking“- oder mit der „Jumping“-Sequenz belastet.
Während der ersten beiden Tage nach der Präparation werden die Proben nicht belastet.
Sie gelten als Ruhephase.
Nach jeder Belastung erscheint auf dem Monitor folgendes Belastungsprotokoll:
Material und Methoden
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Abb. 24: Belastungsprotokoll (hier für eine „Jumping“-Sequenz)
Das Belastungsprotokoll stellt zum einen die Belastungssequenz mit der daraus resultierenden Kompression graphisch dar, zum anderen werden die zur Kompression benötigte Kraft in Newton und die scheinbare Steifigkeit (Young`s Modulus / E-Modul) in Mega-Pascal aufgezeichnet.
Jeder dynamischen Explantatbelastung schliesst sich eine Messung der scheinbaren Steifigkeit der Probe an (Young`s Modulus/ E-Modul).