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vergleich der Roten Listen als Maß der veränderung der Gefährdungssituation

6 Rote Liste und Artenverzeichnis

7.3 vergleich der Roten Listen als Maß der veränderung der Gefährdungssituation

7.3.1Zur Ermittlung und Anpassung der Anzahl identischer Arten

Im Gesamtartenverzeichnis von Jungbluth & bürk (1985: 130-139) sind 245 laufende Nummern vergeben. Leider wurden dabei teilweise auch Unterarten sowie Art-“Komplexe“ mitgezählt, außerdem wurde die in der Roten Liste (Jungbluth &

bürk 1985: 126) als „ausgestorben oder verschollen“ aufgeführte „Margaritifera auricularia“ in der Nummerierung ausgelas-sen, so dass die Zahl 245 keine Gesamtartenzahl darstellt.

Schon G. sChMid, als Schriftleiter der Roten Liste 1985, hat Versuche unternommen, für eine Gefährdungsstatistik diese fehlerhafte Gesamtartenzahl anzupassen. Leider ist auch er beim Durchnumerieren nicht konsequent auf Artniveau ge-blieben und hat ebenfalls Unterarten mitgezählt, so dass auch seine korrigierte Zahl von 235 Arten keine Gesamtarten-zahl darstellt (sChMidin: Jungbluth & bürk 1985: 130, Anmerkung 4). Um diese zum Vergleich mit der aktuellen Liste zu ermitteln, wurde die nachfolgend geschilderte Vorgehensweise gewählt: Unterarten aus der Liste von 1985 wurden mitgezählt, wenn sie in der aktuellen Liste als Arten gewertet wurden, sie wurden nicht mitgezählt, wenn das Taxon in der aktuellen Liste nicht auf Artniveau aufgeführt ist. Die Art-Komplexe in der 1985er-Liste wurden mitgezählt, wenn sie eindeutig einer Art in der aktuellen Liste zugeordnet werden konnten. Bereinigt man so die ursprüngliche Anzahl von 245 laufenden Nummern der Liste von 1985 erhält man eine Gesamtzahl von 239 Arten. Um die Anzahl der in beiden Listen übereinstimmenden Arten zu ermitteln, muss man noch die 9 Arten abziehen, die in der aktuellen Liste nicht be-rücksichtigt wurden (siehe Kapitel 6.3; „Margaritifera auricularia“ wird nicht eingerechnet, da sie in der Zahl von 245 nicht enthalten war).

Nach dieser „Bereinigung“ bleiben 230 identische Arten übrig, die sowohl in der Liste von 1985 als auch in der aktuellen Liste enthalten sind. Zählt man zu diesen 230 Arten die als „neu hinzugekommen“ gewerteten 36 Arten hinzu (siehe Ab-schnitt 7.1.1), so erhält man die derzeit aktuelle Gesamtartenzahl für Baden-Württemberg von 266 Arten.

Tabelle 2: Aktuelle Gefährdungssituation für die Mollusken Baden-Württembergs (bezogen auf die Gesamtartenzahl 266)

0 1 2 3 G

Auch die 230 identischen Arten beider Listen lassen sich methodisch noch nicht korrekt hinsichtlich ihrer Gefährdungs-einstufung vergleichen, da die Gruppe der Neozoen in beiden Listen eine grundsätzlich andere Behandlung erfahren hat.

In der Roten Liste von 1985 wurden Neozoen nicht ausdrücklich gekennzeichnet und teilweise in Gefährdungskategorien eingestuft, das heißt, sie sind in den Artenzahlen der unterschiedlichen Kategorien enthalten. In der aktuellen Liste wur-den Neozoen ausgeschiewur-den und erhielten definitionsgemäß keine Gefährdungseinstufung. Aus diesem Grund erfordern die Artenzahlen der einzelnen Gefährdungskategorien eine weitere Korrektur. Insgesamt sind in der Liste von 1985 20 Neozoen enthalten. Die Bezugsmenge der identischen Arten für einen direkten Vergleich der Artenzahlen, die einer be-stimmten Kategorie zugeordnet wurden, muss daher durch den Abzug der Neozoen korrigiert werden.

Es lassen sich also ausschließlich die Listen vergleichen, die sich auf die korrigierte Anzahl von 210 Arten beziehen (siehe Tab. 3). In einer solchen angepassten Gegenüberstellung beider Listen gehören in der Liste von 1985 94 Arten zur Summe der erloschenen und gefährdeten Arten während es in der aktuellen Liste 97 Arten sind. Demnach hätte nur eine geringe Gefährdungszunahme stattgefunden. Dieser Umstand täuscht jedoch, da in der Roten Liste von 1985 die Kategorie „4“

noch zur Summe der gefährdeten Arten gezählt wird.

Während die Kategorien 0, 1, 2 und 3 in den Listen, die sich auf die korrigierte Anzahl von 210 Arten beziehen, direkt vergleichbar sind, kann die Anzahl von Arten die mit der Kategorie „4“ („potentiell gefährdet“) belegt wurden, nicht

R ∑ RL-Arten V ∑ ungef.

Tabelle 3: Gefährdungssituation der Mollusken Baden-Württembergs im Vergleich (bezogen auf die angepasste Anzahl von 210 identischen Arten)

-automatisch mit der Anzahl der Arten verglichen werden, die mit der Kategorie R („extrem seltene Arten und Arten mit geographischer Restriktion“) versehen sind. Durch die damals weit verbreitete Interpretation der Kategorie „4“ als eine Art

„Vorwarnstufe“, können viele Arten, die in der Liste von 1985 damit versehen wurden, eher mit Arten verglichen werden, die in der aktuellen Liste mit der „neu eingeführten“ Kategorie „V“ („Arten der Vorwarnliste“) belegt sind.

7.3.2Eingeschränkter vergleich zwischen identischen Gefährdungskategorien

Schränkt man den Vergleich der angepassten Listen, der sich auf die korrigierte Anzahl von 210 identischen Arten bezieht, auf die Artenzahlen der Kategorien 0, 1, 2 und 3 ein, so lassen sich deren Summen vergleichen. In der eingeschränkten aktuellen Liste gehören insgesamt 92 Arten zu den Gefährdungskategorien 0, 1, 2 und 3, während es in der korrespondie-renden Liste für 1985 nur 73 Arten sind (Tab. 3). Die Zunahme von insgesamt 19 Arten bezogen auf diese 4 Kategorien ist ein weitgehend objektives Maß für eine Zunahme der Gefährdung. Auffallend sind vor allem die großen Unterschiede bei den direkt vergleichbaren Kategorien „0“ und „1“, die einen sehr deutlichen Hinweis auf eine Gefährdungszunahme darstellen.

Die Summe dieser 4 Gefährdungsgruppen (Tab. 4) beträgt für die Wasserschnecken in beiden Listen übereinstimmend 28 Arten, wobei jedoch die Verteilung auf die unterschiedlichen Kategorien stark differiert. Bei den Landschnecken ergeben sich in der aktuellen Liste 50 Arten und in der Liste für 1985 nur 32 Arten. Hier lässt sich eine deutliche Gefährdungs-zunahme für die Gruppe der Landschnecken ablesen. Bei den Muscheln beträgt die Summe der Gefährdungsgruppen in der aktuellen Liste 14 Arten und in der Liste für 1985 13 Arten. Der Anteil der gefährdeten Muscheln, bezogen auf die 4 vergleichbaren Kategorien, hat also nur unwesentlich zugenommen.

7.3.3veränderungen der Gefährdungseinstufungen auf Artniveau

Von den insgesamt 92 Arten, die in der angepassten und eingeschränkten aktuellen Liste mit den Gefährdungskategorien 0, 1, 2 und 3 eingestuft wurden, haben 53 Arten eine höhere Einstufung gegenüber 1985 erfahren. Bei 36 Arten ist die Einstufung gleich geblieben und nur 3 Arten wurden gegenüber 1985 niedriger eingestuft (Abbildung 16). Vor allem die 53 Arten, die gegenüber 1985 höher eingestuft wurden, belegen eine deutliche Zunahme der Gefährdung für die Mollusken Baden-Württembergs.

Tabelle 4: Gefährdungssituation der Molluskengruppen Baden-Württembergs im eingeschränkten Vergleich 0 1 2 3 ∑ Arten RL 0 bis 3

Schaut man sich das Verhältnis von höherer, niedrigerer oder gleicher Einstufung (nur die Kategorien 0, 1, 2 und 3) gegen-über 1985 bezogen auf die unterschiedlichen Gruppen von Mollusken (Wasserschnecken, Landschnecken und Muscheln) an (Abbildung 16), so ergibt sich für die oben genannten 92 Arten folgendes Bild: Von den 28 Wasserschneckenarten wur-den 14 (50,0%) höher eingestuft als 1985, 14 Arten blieben in ihrer Einstufung gleich und keine wurde niedriger eingestuft.

Bei den 50 Landschneckenarten wurden 33 (66,0%) höher eingestuft als 1985, 15 Arten blieben in ihrer Einstufung gleich und 2 Arten wurden niedriger eingestuft. Bei den 14 Muschelarten wurden 6 (42,9%) höher eingestuft als 1985, 7 Arten blieben in ihrer Einstufung gleich und 1 Art wurde niedriger eingestuft. Die oben getroffene Feststellung einer generellen Zunahme der Gefährdung der Mollusken kann auf Grund dieser Zusammenstellung dahingehend präzisiert werden, dass bei 66% der Landschnecken, bei 50% der Wasserschnecken und bei 43% der Muscheln eine Gefährdungszunahme stattge-funden hat. Damit hat sich in den letzten zwanzig Jahren für die Gruppe der Landschnecken die größte Gefährdungszu-nahme ergeben.

Abbildung 16: Veränderungen der Gefährdungseinstufungen (im eingeschränkten Vergleich, bezogen auf 28 identische Arten von Wasserschnecken, 50 identische Arten von Landschnecken, 14 identische Arten von Muscheln)

0 10 20 30 40 50 60

höher eingestuft Wasserschnecken

gleich geblieben niedriger eingestuft Landschnecken Muscheln alle Weichtiere

Eine besonders starke Zunahme der Gefährdung (Höhereinstufung über drei oder vier Kategorien) ergab sich für die nachfolgend aufgeführten Arten:

(84) Cochlicopa nitens von 4 auf 1

(98) Granaria frumentum von ungefährdet auf 2 (121) Chondrula tridens von ungefährdet auf 1 (147) Vitrea diaphana von ungefährdet auf 2 (160) Morlina glabra von 4 auf 1

(161) Mediterranea depressa von 4 auf 1 (207) Euomphalia strigella von ungefährdet auf 2 (219) Candidula unifasciata von ungefährdet auf 2 (241) Anodonta cygnea von ungefährdet auf 2

Eine starke Zunahme der Gefährdung (Höhereinstufung über zwei Kategorien) ist für folgende Arten festzustellen:

(23) Bythiospeum labiatum von 2 auf 0 (24) Bythiospeum putei von 2 auf 0 (25) Bythiospeum lamperti von 2 auf 0 (68) Gyraulus laevis von 2 auf 0 (103) Columella columella von 2 auf 0 (123) Cochlodina fimbriata von 4 auf 2 (216) Petasina unidentata von 4 auf 2 (225) Urticicola umbrosus von 3 auf 1 (233) Cepaea sylvatica von 2 auf 0 (263) Pisidium conventus von 2 auf 0

Eine Abnahme der Gefährdung (niedrigere Einstufung) ist für folgende Arten festzustellen:

(88) Vallonia suevica von 1 auf 2 (112) Vertigo moulinsiana von 1 auf 2 (237) Unio pictorum von 2 auf 3

Bei Vertigo moulinsiana lässt sich die niedrigere Einstufung durch den im Jahr 1999 gewonnenen Kenntniszuwachs der FFH-Kartierung erklären. Im Falle von Unio pictorum muss darauf hingewiesen werden, dass sich die Abnahme der Gefährdung auf die nicht bodenständige „Allerwelts-Form“ dieser Art bezieht, die im Begriff ist, bereits erloschene ursprüngliche Lokalformen zu ersetzen. Die Gefährdung letzterer kommt bei der Einstufung der Gesamtart nicht zum Ausdruck.

8 Allgemeine Grundlagen zum systematischen