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Drei große Studien haben den Einfluss der BAT auf den Blutdruck untersucht: die DEBuT-HT, das Rheos Pivotal Trial und das Barostim Neo Trial (Scheffers et al. 2010; Bisognano et al.

2011c; Hoppe et al. 2012). Die DEBuT-HT (Device Based Therapy in Hypertension Trial) war konzipiert als Phase II Machbarkeitsstudie und schloss 45 Patienten ein, die aufgrund eines unkontrollierten aHTN mit einer bilateralen Karotiselektrode versorgt wurden. Das randomisiert kontrollierte Rheos Pivotal Trial folgte im Anschluss als Phase III Studie; von den 181 eingeschlossenen und mit einem bilateralen Stimulator behandelten Patienten wurden jedoch 77 % nur unilateral stimuliert (Sica et al. 2011). Das Barostim-Neo Trial prüfte an einem 30 Patienten umfassenden Kollektivs mittels des auch in der vorliegenden Studie angewendeten Barostim Neo TM System den Erfolg der einseitigen Stimulation in einem nicht kontrollierten Kollektiv.

Im Vergleich der Studien fällt auf, dass das in der vorliegenden Arbeit untersuchte Patientenklientel älter als die Kollektive der vorausgegangenen Studien war (BAT 61 ± 10 Jahre, DEBuT-HT 54 ± 9 Jahre, Rheos Pivotal Trials 54 ± 11 Jahre, Barostim Neo 57 ± 12 Jahre).

Während in Rheos Pivotal und DEBuT-HT 64 % bzw. 58 % der Patienten männlich waren, war das Geschlechterverhältnis in dieser Studie genauso wie bei Barostim-Neo ausgeglichen (49

% bzw. 47,7 %). In Hinblick auf die Schwere der Hypertonie zeigten die Patienten der vorausgegangenen Studien jedoch höhere Blutdruckwerte (Office-RRsyst: Vorliegende Studie 164 ± 27 mmHg, DEBuT-HT 179 ± 29 mmHg, Rheos Pivotal 169 ± 26 mmHg, Barostim Neo 172 ± 20 mmHg), allerdings lag unsere Studie mit bis 6,6 ± 1,6 Medikamenten hinsichtlich der Medikamentenmenge vor Therapiebeginn deutlich über denen der Vergleichsstudien (DEBuT-HT: 5; Barostim Neo: 6,1). Der BMI der Patienten differierte in den Studien nur wenig (Vorliegende Studie: 32 kg/m2, DEBuT-HT: 32 kg/m2, Pivotal Trial: 33 kg/m2, Barostim Neo:

30 kg/m2).

Auffällig ist auch, dass die Patienten in dieser Studie deutlich häufiger an chronischen Begleiterkrankungen wie Herzinsuffizienz (16 % (diese Studie) bzw. 7 % (Rheos Pivotal), 3 % (Barostim Neo)), Niereninsuffizienz (48 % (diese Studie) bzw. 10 % (Barostim Neo)) oder Diabetes mellitus (36 % (diese Studie) bzw. 31% (DEBuT-HT und Rheos Pivotal), 23 % Barostim Neo) und vergleichbar häufig zum Rheos Pivotal Trial an einer KHK litten (36 % bzw. 38 %). Auch waren die Patienten häufiger aufgrund ihrer Hypertonie bereits mit additiven Verfahren therapiert und hatten sich einer renalen Denervierung unterzogen (36 % (diese Studie) bzw. 20 % (Barostim Neo)). Zusammenfassend ist daher fest zu halten, dass das Studienkollektiv der BAT Studie älter und schwerer internistisch erkrankt war als die Vergleichskollektive.

4.2 Bewertung der Blutdruckabsenkung

Die vorliegende Studie zeigte nach 6 Monaten Therapie signifikante Absenkungen des systolischen Office-Blutdrucks (RRsyst -15 ±26 mmHg, p=0,003) und numerische Reduktion in der diastolischen Messung, die aber das Signifikanzniveau verpasste (RRdiast - 5,5 ± 13,2 mmHg,

p=0,11). Ebenso wie die hier diskutierte Studie als Observationsstudie konzipiert, konnte das Barostim Neo Trial nach 6 Monaten Therapie mit einem Zweitgenerationsgerät bei einem vergleichbar großen Kollektiv (n=29) eine Reduktion des systolischen Office-Blutdrucks um 26

± 4 mmHg (p < 0,001) (RRdiast nicht publiziert) zeigen (Hoppe et al. 2012). Mit einem Gerät der ersten Generation berichteten Scheffers et al. 2010 von 26 Patienten der DEBuT-HT, deren systolischer Blutdruck nach einem Jahr 30 ± 6 mmHg (p<0,001) (RRdiast: 20 ±4, p < 0,001) unter dem eingangs gemessenen Wert lag (Scheffers et al. 2010). Sechs-Monatsdaten sind für diese Observationsstudie nicht publiziert worden. Eine mögliche Erklärung für die etwas geringere Absenkung des systolischen Blutdrucks in unserer Studie könnte sein, dass eine Reduktion der antihypertensiven Therapie erlaubt war und auch durchgeführt wurde (signifikant weniger antihypertensive Medikamente nach sechs Monaten), was in den anderen beiden Studien nicht zulässig war.

Die bestmögliche Beurteilung des Effektes der Barorezeptorstimulation erfolgt durch randomisierte, adäquat verblindete und kontrollierte Studien. Eine solche Studie liegt aktuell nur für das Erstgenerationsgerät in Form des Rheos Pivotal Trials vor. 170 Patienten wurden mit einem Barorezeptorstimulator versorgt, wobei das Gerät nur bei 2/3 der Patienten aktiviert wurde. Die Patienten wussten nicht, ob das Gerät bei Ihnen angestellt war oder nicht. Nach sechs Monaten Therapie zeigte sich eine Reduktion des Office-RRs im Vergleich zu Vorimplantationsmessungen von 26 ± 30 mmHg systolisch (kein p-Wert angegeben, RRdiast

nicht publiziert) (Bisognano et al. 2011a), allerdings wurde der co-primäre Endpunkt der akuten Effizienz, der definiert war als Reduktion des systolischen Blutdruckwertes ≥ 10 mmHg nach sechs Monaten, nur von 54 % der Patienten in der Device-on Gruppe im Vergleich zu 46 % in der Plazebogruppe erreicht. Dieser Unterschied war statistisch gesehen nicht signifikant und verpasste den vordefinierten Endpunkt einer mindestens um 20 % verbesserten akuten Effizienz unter Barorezeptorstimulation.

Diese Ergebnisse zeigen, dass neben der durch die BAT bedingten Blutdrucksenkung auch andere Effekte (z. B. verbesserte Compliance/Adhärenz der Patienten) berücksichtigt werden müssen. Trotz nur bedingter Vergleichbarkeit der Studien (keine Medikamentenreduktion, keine Kontrollgruppe) konnte unsere Studie nach sechs Monaten zeigen, dass 58 % der Patienten in der Office-Messung eine Reduktion um ≥ 10 mmHg erreichten. Analysen des zentralen arteriellen Druck der BAT Studienpatienten zeigten schon 6 Monaten nach Therapiebeginn eine hoch signifikante Blutdruck Reduktion (p < 0,01) und bieten damit weitere Evidenz für den Therapieerfolg (Wallbach et al. 2014).

Die im Durchschnitt aller Patienten geringere Absenkung ist jedoch nicht nur mit der großzügigen Medikamentenreduktion zu erklären, die den reinen Effekt der Therapie kaschiert;

auch die höhere Prävalenz von Komorbiditäten unterscheidet diese Studie hinsichtlich der zu erwartenden Effekte von den Vorgängerstudien. Es ist davon auszugehen, dass die durch die BAT angesprochenen Regulationsmechanismen des Körpers, um einem zu hohen Blutdruck zu begegnen, entweder erst verzögert reagieren oder pathologisch verändert sind. So ist denkbar, dass zwar der verminderte Bluthochdruck die Gefäßwände weniger schadet; maligne Effekte durch hohe Blutfette, Rauchen oder eine diabetische Stoffwechsellage, die ebenfalls zu einer verminderten Elastizität der Gefäßwand beitragen, könnten die Effekte der BAT zum Teil kaschieren (George et al. 2014; Zhang et al. 2014).

In Betracht zu ziehen ist weiter, dass die erreichte Absenkung des Blutdrucks um 26,0 mmHg systolisch und 12,4 mmHg diastolisch in der ambulanten Messung des Barostim-Neo Trials aufgrund eines statistischen Effekts, der „Regression to the mean“ bzw. der Regression zur Mitte, entstehen konnten. Dieser Effekt beschreibt, dass Messwerte in einer Gruppe mit extremer Merkmalsausprägung allein durch das häufige Wiederholen der Messung sich einem normaleren Mittel angleichen (Zwingmann und Wirtz 2005). Dadurch, dass das Barostim-Neo Trial anders als die BAT Studie einen Cut Off Wert in der ambulanten Messung von systolisch

> 140 mmHg definierte, wurden nicht nur diejenigen Patienten erfasst die im Mittel einen Wert

> 140mmHg aufweisen, sondern auch jene die in einer hypertensiven Phase gemessen wurden, aber im Mittel unter dem definierten Wert lagen. In der folgenden Visit 6 Monate später ist die Wahrscheinlichkeit, dass zusätzlich zu dem durch BRS bedingten Effekt eine Regression der Messwerte zu ihrer stochastischen Mitte das Ergebnis verbessert, hoch. Dieser Effekt ist regelmäßig bei Studien mit Einschluss RR Cut-Off Werten zu erwarten, folglich trifft er also nicht auf unserer Studie zu, und erklärt die kleineren Reduktionen in den Blutdruckwerten.

Zur Abschätzung des kardiovaskulären Risikos ist eine Abschätzung des Blutdruckes mittels einer Langzeit-RR-Messung über 24 Stunden einer Office-Blutdruckmessung überlegen (Niiranen et al. 2014). Die Langzeit-RR-Messung in unserer Studie zeigte Absenkungen des systolischen Blutdruckes um 4 ± 18 mmHg, des mittleren um 3,1 ± 14,2 mmHg sowie des diastolischen um 2,5 ± 12,5 mmHg, die allerdings jeweils das Signifikanzniveau nicht erreichten (p-Werte von 0,24, 0,25 bzw. 0,29). Vergleichbare Langzeit-Blutdruckmessungen liegen nur von der DEBuT-HT vor. Diese zeigten systolische RR Reduktionen von 6 ± 3 mmHg (p=0,1) nach 3 Monaten (n=26) und 13 ± 3 mmHg (p < 0,001) nach 1 Jahr (n=15). Das Rheos Pivotal Trial verwendete für die Office-Messung eine sechsfach Messmethode (BpTRU), die eine hohe Korrelation mit den Tagesmessungen der 24 Stunden Langzeit Analysen aufweist (r=0,57), laut der Autoren jedoch nicht ausreichend ist, um das Erreichen von Blutdruckzielen nachzuweisen (Beckett und Godwin 2005).

Die Werte zeigen deutlich, dass die in der Office-Messung beobachteten Veränderungen des Blutdrucks nicht denen der Langzeit-Messung entsprechen. Mehrere Gründe kommen für diese Unterschiede in Frage: Die DEBuT-HT zeigte, dass die Langzeit-Blutdruckmessung sich erst verzögert den signifikant verbesserten Office-RR-Ergebnissen anpasste (Aufgeführt negative RR Veränderungen in mmHg, syst./diast.: 6/4 nach 3 Monaten, 13/8 nach 1 Jahr, 24/13 nach 2 Jahren Langzeit-Messung; 21/12 nach 3 Monaten, 30/20 nach 1 Jahr, 33/22 nach 2 Jahren Office-RR-Messung).

Für die renale Denervation beschrieben Howard et al. 2014 ähnliche Unterschiede beider Methoden zur Einschätzung des Blutdrucks in nicht randomisierten Studien (Howard et al.

2013). Sie begründeten ihre Beobachtung dadurch, dass die Patienten durch das Wissen eine Therapie empfangen zu haben, beeinflusst sind, da in verblindeten und Plazebo kontrollierten Studien derlei Unterschiede nicht auftraten. Weiter vermuteten sie einen Observer Bias, die zu Nachmessungen bei denjenigen Patienten führt, die anscheinend fehlerhaft hohe Werte zeigen.

Dieser Effekt trifft auf unsere Studie nicht zu, da die Office-Messung aus einer Mehrfachmessung bestand, deren Endergebnis sich aus allen Teilmessungen zusammensetzte.

Die Autoren beschreiben weiterhin die Möglichkeit, dass der White Coat Efect oder Weißkitteleffekt, der eine Blutdrucksteigerung bei Messungen durch medizinisches Personal beschreibt, dort vermittelt wird, wo die Therapie der renalen Denervation ansetzt: sympathische

Nervenfasern an den Nierenarterien. Dies würde den Verlust des auf 10 bis 21 mmHg bezifferten Effekts (Mancia et al. 1995; Parati et al. 1998) erklären und könnte auch auf die BAT Patienten zutreffen, deren Sympathotonus ebenfalls herabgesetzt ist. Ein weiterer Grund ist wahrscheinlich, die Praxisnormotonie bzw. maskierte Normotonie (Lüders et al. 2005), die in einer randomisierten Studien von Schrader et al. im Jahr 2000 belegt und auf 9 % beziffert wurde (Schrader et al. 2000). Die Autoren schlagen vor, dass die psychische wie physische Belastung im Alltag höher als während des Arztbesuchs ist und die Office-Messung somit niedriger ausfallen können als die Langzeit Analysen (Pickering et al. 2002; Stork et al. 1992).

Zusammenfassend kann man daher davon ausgehen, dass die Ergebnisse der Office-Blutdruckmessung den Effekt aus vielerlei Gründen überschätzen und die Ergebnisse der 24-Stunden-Blutdruckmessung eher der „wahren“ Blutdrucksenkung entsprechen.

Angesichts des Komorbiditäten Profils der Patienten stellt sich das in der vorliegenden Studie praktizierte langsame und weniger aggressive Absenken des Blutdrucks als notwendige Sicherheitsmaßnahme und weniger als Schwäche der Therapie dar. Wie in 1.2. dargestellt, ist ein J-Kurven förmiger Verlauf der Morbidität bei zu starker Absenkung des Blutdrucks zu erwarten.

Das dargestellte, häufig kardiovaskulär vorerkrankte Patientenkollektiv gehört zur Risikogruppe dieses Effektes und muss daher schonender eingestellt werden. Diese vorsichtige Absenkung des Blutdruckes hat mit großer Wahrscheinlichkeit auch dazu beigetragen, dass die Effekte der Therapie nach 6 Monaten geringer ausgeprägt waren als in anderen Studien.

Auffallend bei der Betrachtung der Blutdruck Daten ist die große Heterogenität bezüglich des Ausmaßes der RR Veränderungen. Allein unter den Respondern finden sich systolische Office- RR-Veränderungen von -77 mmHg bis zu +9 mmHg. Die Response Heterogenität der Therapie wurde schon von anderen Autoren adressiert (Heusser et al. 2010). Die in 3.5 analysierten Merkmale der Subgruppe boten jedoch keine zufrieden stellenden Antworten bezüglich der Unterschiede zwischen Respondern und Non-Respondern.

Eine nicht außer Acht zu lassende Erklärung für die geringe RR Absenkung bei einigen Patienten ist mangelnde Therapieadhärenz. Durch die große Menge der verschriebenen Medikamente bei der Therapie-refraktären Hypertonie ist zu erwarten, dass nicht alle verschriebenen Medikamente in der richtige Frequenz und Dosis eingenommen werden (Murphy und Coster 1997). Jung et al. zeigten 2013 durch Analysen mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) bei Patienten mit Therapie-resistenter Hypertonie eine vollständige Therapie Adhärenz von lediglich 47 % (Jung et al. 2013). 85 % der nicht adhärenten Patienten nahmen weniger als 50 % der verschriebenen Medikamente.

Ähnliche Analysen scheinen eine sinnvolle Ergänzung des Studienprotokolls kommender Patienten zu sein, nicht nur, um den Effekt der Barorezeptorschrittmachertherapie besser zu evaluieren, sondern auch, um die Therapie insbesondere solchen Patienten zugänglich zu machen, die nach Standards der medikamentösen Therapie wirklich austherapiert sind.

Als Alternativverfahren bei Therapie-refraktärer Hypertonie ist die renale Denervation diskutiert worden. Die Therapie zeigte in nicht randomisierten Studien Office-RR-Reduktionen nach 3 Monaten um 31 mmHg systolisch und 9 mmHg diastolisch (Ukena et al. 2011), allerdings keinen signifikanten Effekt in einer verblindeten Studie (s. 1.2.3.2) (Bhatt et al. 2014). Dies verdeutlicht, dass neben Observationsstudien adäquat verblindete Studien für den Wirksamkeitsnachweis jeglicher Therapie für dieses Patientenkollektiv notwendig sind.