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5.1.2 Vergleich der oxPTM in P. falciparum

Neben der Sulfenylierung haben auch die oxPTM S-Nitrosierung und S-Glutathionylierung eine wichtige Funktion in der Redoxsignalweitergabe. Bisher ist wenig über das Zusammenspiel dieser Modifikationen, auch als cross talk bezeichnet, bekannt. Vor diesem Hintergrund wurden in der Vergangenheit durchgeführte Studien zur S-Glutathionylierung und S-Nitrosierung in P. falciparum mit dem im Rahmen dieser Doktorarbeit generierten Datensatz verglichen. Hierbei gilt es zu beachten, dass für die Studie des Nitrosoms isolierte Trophozoiten mit 100 µM S-Nitrosoglutathion (GSNO) inkubiert wurden, da das basale Level an nitrosierten Proteinen keine detektierbare Anreicherung ermöglichte (Wang et al., 2013).

Nicht nur in Plasmodium, sondern auch in anderen Organismen wie dem Pflanzenmodelorganismus A. thaliana und dem Menschen (H. sapiens) konnte dies beobachtet werden (Lindermayr et al., 2005; Murray et al., 2011). Insofern beziehen sich die Angaben zum P. falciparum Nitrosom im Folgenden stets auf Proteine, welche unter nitrosativem Stress als nitrosiert detektiert wurden. Des Weiteren wurden sowohl nitrosierte als auch glutathionylierte Proteine mittels der indirekten Nachweismethode Biotin Switch Technik (BST) detektiert. Hierbei werden freie Thiole mit einem Alkylanz blockiert, die eigentliche Modifikation anschließend entfernt und so entstehende freie Thiole mit einem Biotin-gebundenen Alkylanz markiert. Letzteres erlaubt eine Anreicherung markierter Proteine.

Für das Glutathylom von P. falciparum Trophozoiten wurden so 491 Proteine identifiziert (Kehr et al., 2011) und für das Nitrosom 317 Proteine (Wang et al., 2013). Die MS-Analysen der drei Redoxproteom-Studien wurden an dem Scripps Research Institute von der Arbeitsgruppe Yates durchgeführt. Aufgrund der ständigen Verbesserung der Geräte und Software ist es seit einigen Jahren möglich, die genaue Modifikationsstelle eines Proteins zu bestimmen. Daher sind für das Glutathylom keine modifizierten Cysteine bekannt, für das Nitrosom insgesamt 37 modifizierte Cysteine in 34 Proteinen und für das Sulfenylom 152 modifizierte Cysteine in 102 Proteinen. Beim Vergleich dieser drei oxPTM Studien in P. falciparum wird offensichtlich, dass viele Proteine als zugänglich für mehr als eine der Modifikationen scheinen (Abbildung 41).

Insgesamt wurden bisher 614 Proteine als redoxmodifiziert identifiziert, dies entspricht knapp 11 % des gesamten Proteoms von P. falciparum (Anhang 9). Von diesen Proteinen wurden 234 mit mindestens zwei der drei oxPTM identifiziert, dies entspricht 38 % der redoxmodifizierten Proteine. 49 dieser Proteine wurden in allen drei Studien als Zielproteine detektiert. Diese Proteine scheinen besonders empfänglich zu sein für Redoxmodifikationen

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83 und machen knapp 1 % des gesamten Proteoms aus. Vergleichende Studien an Mäusen zeigten, dass unter physiologischen Bedingungen nur eine geringe Überschneidung zwischen den verschiedenen Redoxmodifikationen im Proteom beobachtet werden kann (Gould et al., 2015). Diese Beobachtung steht im Widerspruch zu den Daten in P. falciparum und unterstreicht noch einmal die besondere Funktion von Redoxregulation in dem Parasiten.

Ausgehend von diesen Daten können einzelne, redoxsensible Proteine nun genauer untersucht werden. Hierbei gilt es, die Proteine auf die Funktion dieser Modifikationen im Hinblick auf eine potentielle Aktivitätsregulation, intrazelluläre Lokalisation, Proteinstabilität und Protein-Protein-Interaktionen zu untersuchen. Wang et al. und Kehr et al. haben einzelne Zielproteine rekombinant hergestellt und auf Änderungen der Aktivität nach S-Nitrosierung bzw. S-Glutathionylierung untersucht. Hierbei zeigte sich keine Aktivitätsänderung der Pyruvatkinase (PK) und Lactatdehydrogenase (LDH) nach Inkubation mit GSNO, während die Glycerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase (GAPDH) inhibiert wurde (Wang et al., 2013).

Während die S-Glutathionylierung keinen Einfluss auf die Aktivität der LDH und Thioredoxin-Reduktase zeigte, zeigten GAPDH, Ornithin-Aminotransferase (OAT) und PK Aktivitätsänderungen. Dieser Einfluss war zeitgleich abhängig von der Form des eingesetzten Glutathions. Oxidiertes Glutathion (GSSG) inhibierte die Aktivität von OAT, während reduziertes Glutathion (GSH) die Aktivität steigerte (Kehr et al., 2011). Diese Daten zeigen, dass die Funktionen der Redoxmodifikationen vielfältig sind und im Einzelfall präzise analysiert werden müssen.

Abbildung 41 – Oxidative posttranslationale Modifikationen in P. falciparum

P. falciparum Proteine des Trophozoiten-Stadiums, welche über pull-down Experimenten als Ziel für die Redoxmodifikationen S-Glutathionylierung, S-Nitrosierung und Sulfenylierung identifiziert wurden, wurden mittels des Online Werkzeugs http://bioinformatics.psb.ugent.be/webtools/Venn/ verglichen (Kehr et al., 2011; Schipper et al., 2021; Wang et al., 2013).

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84 Für das Nitrosom konnten 37 modifizierte Cysteine identifiziert werden. Vergleicht man die als nitrosiert identifizierten Cysteine mit sulfenylierten Cysteinen, zeigt sich, dass in drei Proteinen dieselben Cysteine modifiziert werden: Translationally-controlled tumor protein homologue (PfTCTP, PF3D7_0511000), Hsc70-interacting protein (PfHIP, PF3D7_0527500) und eukaryotic translation initiation factor 5A (PfeIF-5A, PF3D7_1204300). PfTCTP enthält lediglich ein Cystein, C14. Bisher sind relativ wenige Informationen über dieses Protein verfügbar. Bekannt ist, dass das Kalzium-bindende Protein sowohl im Cytosol als auch in der Nahrungsvakuole vorliegt und mit Artemisinin Addukte bildet (Bhisutthibhan et al., 1999). Über PfHIP weiß man, dass es mit Hitzeschockproteinen interagiert und deren Chaperonaktivität verstärken kann (Ramya et al., 2006). Von den sechs im Protein enthaltenen Cysteinen wurde C187 als redoxmodifiziert identifiziert. PfeIF-5A ist als essentielles Protein an der Translation beteiligt (Molitor et al., 2004). Insgesamt enthält das Protein drei Cysteine, von denen C73 zugänglich für oxPTM zu sein scheint. Diese Proteine scheinen unter basalen Bedingungen in dem Parasiten als sulfenyliert vorzuliegen und mit steigendem nitrosativen Stress nitrosiert zu werden. Neben der regulatorischen Funktion dient S-Nitrosierung als Schutz vor Überoxidation und einer damit verbundenen eventuellen Inaktivierung des Proteins (Sun et al., 2006). Diese Daten geben einen ersten Einblick in den cross talk zwischen verschiedenen oxPTM.

Vermutlich sind noch weitere Cysteine für mehr als eine oxPTM zugänglich, was allerdings durch ergänzende Untersuchungen bestätigt werden muss. Bisher wurde noch nicht analysiert, welche Cysteine in P. falciparum glutathionyliert vorliegen. Anhand von rekombinanten Proteinen kann dies in vitro untersucht werden und Hinweise auf in vivo Modifikationen geben. Verschiedene Faktoren bestimmen die Reaktivität eines Cysteins, wie zum Beispiel der pKa-Wert und die Zugänglichkeit innerhalb eines Proteins (Marino and Gladyshev, 2012). In Abhängigkeit von der Umgebung eines Cysteins, welche sich durch strukturelle Neuanordnung eines Proteins ändern kann, können Cysteine an die Oberfläche eines Proteins gelangen und somit zugänglich für weitere Modifikationen werden (Bar-Peled et al., 2017; Fu et al., 2017). Generell lässt sich beobachten, dass redox-sensitive Proteine in der Lage sind, zwischen verschiedenen Kompartimenten einer Zelle zu wandern. Somit sind sie wechselnden Umgebungen, wie zum Beispiel der Nähe zu Metallzentren sowie raschen Veränderungen im pH-Wert ausgesetzt. Diese Faktoren können den pKa-Wert der Cysteine beeinflussen und so zur Regulation eines Proteins beitragen (Roos et al., 2012).

Gleichzeitig geben die drei Datensätze zum Nitrosom, Glutathylom und Sulfenylom keine Auskunft über die Dynamik der Modifikationen. Eine Limitation in der Untersuchung von dynamischen Veränderungen liegt in dem Mangel an spezifischen in vivo Sonden. Mittels indirekter Nachweisemethoden, wie der BST, identifizierte Proteinlisten können falsch positive Treffer enthalten. Erfolgte beispielsweise keine komplette Alkylierung von freien Thiolen, dann könnten diese als angeblich modifizierte Proteine/Cysteine detektiert werden. Ein direkter Nachweis einer Modifikation ist somit zu bevorzugen. Wie sich an der, dieser Arbeit zugrundeliegender Studie zeigt, können auch direkte Nachweismethoden Fehlerquellen enthalten. In der Sulfenylierungsstudie zeigte sich beispielsweise eine starke Kreuzreaktivität von NEM mit Sulfensäuren. Alkylanzien wie Methylsulfonyl Benzothiazol (MSBT) scheinen diese Kreuzreaktivität nicht zu zeigen (Zhang et al., 2012). Zusätzlich zeigen neuere Studien eine verringerte Ionisierbarkeit von biotinylierten Peptiden (Nierves and Lange, 2020).

Verschiedene Sonden, welche einen spaltbaren Biotinteil enthalten, wurden bereits entwickelt.

Somit erlauben sie die gezielte Anreicherung von markierten Proteinen/Peptiden und präzisere

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85 MS-Ergebnisse. Aktuell arbeiten unsere Kooperationspartner diesbezüglich an der Optimierung der Sonde BCN-Bio1. Eine weitere Verbesserung der Identifizierung von modifizierten Proteinen/Peptiden kann durch das direct detection of biotin-containing tags (DiDBiT) Verfahren erreicht werden. Bei dieser Methode werden markierte Proteine enzymatisch verdaut, bevor sie angereichert werden. Somit werden nur die markierten modifizierten Peptide mittels MS analysiert, was die Detektion um das 200-fache verbessern soll (Schiapparelli et al., 2014).

Wenig ist darüber bekannt, inwiefern sich das Redoxom des Parasiten unter verschiedenen Bedingungen verändert. Wang et al. konnten einen Anstieg an nitrosierten Proteinen in Trophozoiten beobachten, wenn diese zuvor mit GSNO inkubiert wurden. Zur Beobachtung von Veränderungen eines Proteoms eignen sich Methoden wie das stable isotope labeling of amino acids in cell culture (SILAC). Dieses Verfahren erlaubt eine Quantifizierung von identifizierten Proteinen. Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe des Trophozoitenproteoms nach Inkubation mit den Antimalaria-Medikamenten Artemisinin und Chloroquin zeigen eine veränderte Synthese einzelner Proteine verglichen mit ungestressten Parasiten (Prieto et al., 2008). Analog zu diesem Experiment könnte man so auch Veränderungen von oxPTM im Proteom untersuchen. Im Rahmen ihrer Dissertation untersucht Katharina Schuh Veränderungen am Glutathionylom nach Inkubation von Trophozoiten mit Glukoseoxidase.

Dieses Enzym oxidiert Glukose und setzt dabei H2O2 frei (Wozencraft et al., 1984). Während Immunoblot-Analysen mit einem Glutathion-Antikörper zeigten, dass durch den Stressor das Level an glutathionylierten Proteinen zunahm, konnten parallel durchgeführte in vivo Untersuchungen mittels DCP-Rho1 zeigen, dass das Sulfenylierungssignal deutlich abnahm.

Entweder wurden Proteine überoxidiert zu Sulfinsäuren oder glutathionyliert. Oxidativer Stress führt zu einer Veränderung des GSH/GSSG-Verhältnisses, was wiederum die S-Glutathionylierung von Proteinen begünstigt (Begara-Morales et al., 2016). Diese Modifikation kann dann entweder regulatorische Funktionen ausüben und/oder Proteine vor einer irreversiblen Überoxidation schützen. Eventuell können verschiedene Modifikationen an unterschiedlichen Cysteinen im selben Protein vorkommen und miteinander interagieren. Dies gilt es, im Einzelfall zu untersuchen.