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Vergleich der intrinsischen Distanzen

3.3 Intrinsische Variabilität

3.5.2 Vergleich der intrinsischen Distanzen

Die Kodierungseffizienz eines Neurons zeichnet sich vor allem dadurch aus, wie präzise und verlässlich ein bestimmter Stimulus in der neuronalen Antwort repräsentiert werden kann (Borst und Theunissen, 1999; Rokem et al., 2006). Die intrinsische Variabilität kann somit als ein indirektes Maß für die Effizienz der Stimuluskodierung angesehen werden.

Deshalb wird nun untersucht, ob sich die einzelnen Zelltypen von C. biguttulus und L.

migratoria auf Basis ihrer intrinsischen Distanzen unterscheiden.

In ABBILDUNG 3.41 sind die intrinsischen Distanzen sortiert nach klassifizierten Zelltypen aufgetragen. Die Zellen von C. biguttulus sind durch offene, Zellen von L.

migratoria durch geschlossene Kreise dargestellt. Zusätzlich wurde noch eine Separation nach der getesteten Reizintensität vorgenommen: Zellen die mit Reizintensitäten 60dB getestet wurden sind jeweils links, >60dB jeweils rechts aufgetragen. Leider konnten nicht für jeden Zelltypus entsprechend viele Exemplare jeder Art untersucht werden, um den Artvergleich auch hinsichtlich der intrinsischen Distanzen statistisch zu quantifizieren.

Artvergleich

ABBILDUNG 3.41: VERGLEICH DER INTRINSISCHEN DISTANZEN.

Auf der Abszisse sind die untersuchten Zelltypen aufgetragen (C. biguttulus = offene Kreise; L.

migratoria = gefüllte Kreise); Zellen, welche mit einer Reizintensität 60 dB getestet wurden sind jeweils links, >60 dB rechts aufgetragen. Die Ordinate zeigt die intrinsischen Distanzen, normiert auf die mittlere Feuerrate. Die einzelnen Verarbeitungsebenen sind durch vertikale Linien separiert. Bis auf das AN2 lässt sich keine klare Abgrenzung zwischen den Zellen der beiden Arten erkennen. Die intrinsischen Distanzen der Rezeptoren und lokalen Interneuronen sind tendenziell niedriger als die der aufsteigenden Neuronen, wobei der Typus BGN1 eine intermediäre Stellung einnimmt und das TN4 ebenfalls eine sehr hohe intrinsische Distanz aufwies (siehe auch ABBILDUNG 3.22).

Die intrinsischen Distanzen auf Ebene der Rezeptoren und lokalen Interneurone waren im Mittel kleiner als jene der aufsteigenden Interneurone (siehe auch ABBILDUNG 3.22), wobei das BGN1 allerdings eine intermediäre Stellung einnahm. Auf Ebene der aufsteigenden Interneuronen konnte kein systematischer Unterschied der intrinsischen Variabilität zwischen den einzelnen Zelltypen nachgewiesen werden. Bis auf das AN2 lässt sich jedoch keine klare Abgrenzung zwischen den Zellen beider Arten erkennen. Die Hypothese, dass C. biguttulus aufgrund der Verhaltensrelevanz des Signals bzw. der auditorischen Verarbeitung im generellen eine effizientere Kodierung und somit auch eine geringere intrinsische Variabilität auditorischer Neurone ausweisen sollte, konnte somit nicht bestätigt werden. Auch die Trennung nach Reizintensitäten brachte keine augenscheinlichen Unterschiede zutage.

Zusammenfassung

Basierend auf der Spiketrain-Metrik nach van Rossum wurde ein quantitativer Vergleich der Antworteigenschaften auditorischer Zelltypen von C. biguttulus und L. migratoria durchgeführt. Anhand dieser Analyse konnte die hohe physiologische Ähnlichkeit vermutlich homologer Interneurone im Metathorakalganglion quantitativ bestätigt werden:

Interspezifische Spiketrain-Distanzen waren bis auf wenige Ausnahmen nicht signifikant größer als intraspezifische Distanzen. Auch der Vergleich der „trial to trial“ Variabilität brachte keine systematischen Unterschiede zwischen den beiden Arten zutage. Auf Ebene des Metathorakalganglions konnte das Vorhandensein von spezifischen Anpassungen für die Verarbeitung verhaltensrelevanter Signale somit nicht bestätigt werden.

4 Diskussion

Die vorliegende Arbeit behandelte die Frage nach den Auswirkungen von extrinsischem und intrinschem Rauschen auf die Erkennung und Verarbeitung eines Weibchengesanges im auditorischen System von Feldheuschrecken. Da sowohl in den Verhaltensversuchen als auch in der Elektrophysiologie dieselben Stimulus-Ensembles genutzt wurden, konnte getestet werden, ob sich die Grenzen der Signalerkennung durch die neuronalen Antworten von auditorischen Neuronen des Metathorakalganglions erklären lassen. Ob dieser neuroethologische Versuchsansatz tatsächlich zu den gewünschten Antworten auf die eingangs gestellten Fragen (siehe Kapitel 1.4) geführt hat, soll im Folgenden diskutiert werden.

- Wie wirkt sich die gezielte Degradation der Umhüllenden des Weibchengesanges auf die Erkennung des Signals durch die Männchen aus? Für die Mehrheit der Tiere ergab sich eine einheitliche Grenze der Signalerkennung. Diese kritische Grenze war aber nicht vom verwendeten Degradationsband abhängig. Das 0-100 Hz Band stellte hier eine überraschende Ausnahme dar. Die Verhaltensdaten werden in Kapitel 4.1 diskutiert.

- Wie wirkt sich die Degradation der Umhüllenden des Weibchengesanges auf dessen neuronale Repräsentation im auditorischen System aus? Die Auswirkung der extrinsischen Degradation auf die neuronale Repräsentation, welche mittels einer Spiketrain-Metrik quantifiziert wurde, nahm von den Rezeptoren über die lokalen Interneurone zu den aufsteigenden Interneuronen ab. Hinsichtlich der Stärke der Auswirkungen gab es, den Verhaltensversuchen entsprechend, nur geringe Unterschiede zwischen den getesteten Degradationsbändern. Die durch die Signaldegradation induzierten Änderungen der Feuerrate waren allerdings von den getesteten Modulationsbändern abhängig. Wie sich diese Ergebnisse durch neuronale Filtermechanismen erklären lassen, wird in Kapitel 4.2 behandelt.

- Welche Bedeutung hat das intrinsische Rauschen für die Degradation der neuronalen Repräsentation?

Die intrinsische Variabilität stieg von den Rezeptoren zu den aufsteigenden Interneuronen an und hatte einen erstaunlich hohen Anteil an den ermittelten Spiketrain-Distanzen. Der Vergleich der neuronalen Antworten verschiedener Stimulus-Ensembles zeigte allerdings, dass diese Variabilität zumindest auf Einzelzellebene kaum stimulusabhängig war.

Inwieweit diese Ergebnisse den ursprünglichen Erwartungen entsprachen und mit den Daten früherer Untersuchungen übereinstimmen wird in Kapitel 4.3 besprochen.

- Wie stark können die neuronalen Antworten, welche ein und denselben Stimulus repräsentieren, voneinander abweichen? Die neurometrischen Schwellen, welche auf Basis der Spikemetrik-Analysen ermittelt wurden, lieferten teilweise eine gute Erklärung für die Verhaltensdaten.

Die Ergebnisse und die Problematik der zugrunde liegenden Analyseverfahren werden in Kapitel 4.4 diskutiert.

Die Auswirkungen der extrinsischen Degradation auf die Gesangserkennung

- Haben die diversen Selektionsdrücke, welche im Rahmen der akustischen Kommunikation auf den Empfänger wirken, zu einer speziellen Anpassung des metathorakalen auditorischen Systems geführt?

Durch die vergleichende Analyse der Antworteigenschaften vermutlich homologer Zelltypen von Chorthippus biguttulus und Locusta migratoria kann diese Frage mit „Nein!“

beantwortet werden. Welche Implikationen dieses Ergebnis für die mögliche Reihenfolge der evolutiven Anpassungen von Sender und Empfänger haben kann, wird in Kapitel 4.6 diskutiert.

4.1 Die Auswirkungen der extrinsischen