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Der Vergleich der EC50-Werte (s. Tab. 14, S. 55), die im Gel-Biotest und Boden-Biotest gewonnen wurden, zeigt, daß Cadmium im wasserähnlichen Flüssigmedium für Algen ab Konzentrationen von 0,3 mg/l bis 6,0 mg/l deutlich toxisch ist, aber im naturnahen Boden des Boden-Biotests bei Konzentrationen von 8,0 mg/kg TS Boden keine toxische Wirkung auf Algen zu erkennen ist. Deutlich wird der große Unterschied zwischen Gel-Biotest und Boden-Biotest. Im Schwermetallversuch im Freiland konnte sogar bei einem Cadmiumgesamtgehalt von 180 mg/kg TS Boden keine Reduzierung, sondern sogar ein verstärktes Algenwachstum der Gesamtalgenpopulation festgestellt werden. Laborexperimente und Feldversuche belegen

die eher geringe Sensibilität von Algen gegenüber Cadmium, bis auf die zwei Ausnahmen im Gel-Biotest Scenedesmus und Klebsormidium.

Es läßt sich eindeutig belegen, daß beim Cadmium im Boden-Biotest die toxische Wirkung auf Algen drastisch gegenüber dem Gel-Biotest abnimmt. Ein großer Anteil des Cadmiums im Boden wird sorbiert und der bioverfügbare Gehalt im Boden stark verringert.

Erstaunlich ist im Vergleich mit den Ergebnissen des Schwermetallversuches, daß sogar in Böden mit einem calciumchloridlöslichen Cadmiumgehalt von bis zu ungefähr 20 mg/kg TS Boden keine Hemmung des Algenwachstums auftritt, obwohl im Gel-Biotest spätestens ab ca. 6 mg/l (s. Tab. 12, S. 53) eine deutliche Hemmung des Wachstums der sechs Testalgen meßbar ist. Es ist davon auszugehen, daß der calciumchloridlösliche Anteil höher ist als die für die Algen bioverfügbaren Schwermetallgehalte.

Aus diesen mit dem hier entwickelten Biotestsystem gewonnenen Ergebnissen kann jedoch nicht geschlossen werden, daß Cadmium ein unbedenkliches Schwermetall ist und kaum in Pflanzen aufgenommen wird. Untersuchungen z. B. von Salt (1988) zeigen, daß Cadmium in höheren Pflanzen, besonders in den Speicher- und Sproßorganen, angereichert wird und damit cadmiumbelastete Böden letztlich eine Gefahr für zahlreiche Organismengruppen bis zum Menschen darstellen. Hier zeigt sich die Wichtigkeit, die Bewertung eines Stoffes nicht nur mit einem Biotest vorzunehmen, sondern mit verschiedenen Testsystemen, analytischen Untersuchungsmethoden und Freilandversuchen. Die Fülle dieser Untersuchungen führte in Europa dazu, daß man anorganische Herbizide, wie z. B. Arsenverbindungen, oder Quecksilberverbindungen als Fungizide und andere schwermetallhaltige Pflanzenschutzmittel kaum mehr benutzt und für einen Großteil dieser Mittel ein Anwendungsverbot erlassen wurde (Hock et al. 1995).

Der Vergleich der Ergebnisse für Isoproturon zwischen Gel-Biotest und Boden-Biotest zeigt, daß die Ergebnisse des Gel-Biotests, unter Berücksichtigung der Konfidenzintervalle, sich kaum von denen des Boden-Biotests unterscheiden. Das läßt sich teilweise damit erklären, daß Isoproturon ein sorptionsschwacher Wirkstoff ist, der gut in Wasser löslich und im Boden relativ mobil ist. Durch den Vergleich (s. Kap. 4.5.3, S. 88 bis 89) mit Böden aus Untersuchungen von Hock et al. (1995), Meyer-Windel et al. (1997), Berger et al. (1990), Perrin-Ganier et al. (1996) und Reese-Stähler et al. (1999), die ähnliche Bodenparameter wie der Boden des Boden-Biotests aufwiesen, kann die Vermutung abgeleitet werden, daß ein Isoproturon-Anteil von 65 % mit Wasser extrahierbar und damit für die Organismen im Boden-Biotest verfügbar ist. Somit werden die Algen über die Bodenlösung im Boden-Biotest einem Großteil des Isoproturongesamtgehaltes ausgesetzt sein. Allerdings müßte der Isoproturonanteil, der für die Organismen verfügbar ist, um 35 % geringer sein als im Gel-Biotest. Dieser Anteil müßte im Boden adsorbiert und nicht bioverfügbar sein.

Trotz dieses wahrscheinlich adsorbierten Isoproturonanteils sind die toxikologischen Kennwerte für Isoproturon des Gel-Biotests nahezu identisch mit denen des Boden-Biotests (s. Tab. 12 bis 14, S. 53 bis 55). Untersuchungen, die Bakterien als Testorganismen ein-setzten, führten zu ähnlichen Ergebnissen. So konnten Rönnpagel et al. (1995) nachweisen, daß in Biotests mit Böden und synthetischen Sedimenten, die z. B. mit Kupfer belastet

wurden, die Sensibilität von Bacillus cereus sogar größer war als in aquatischen Biotests.

Untersuchungen mit Arthrobacter globiformis (Rönnpagel et al. 1998) führten zu ähnlichen Ergebnissen. Ebenso stellte Ahlf (1995) für Sedimente fest, daß neben den mit Wasser extrahierbaren Schadstoffkonzentrationen auch sorbierte Schadstoffe einen Einfluß auf Organismen haben können. Es gibt verschiedene Ansätze, diese Phänomene zu erklären.

Ahlf (1995) stellt für die Kontaminationsmöglichkeiten von Organismen in belasteten Sedimenten fest, daß diese besonders auf das Porenwasser, aber auch auf die Aufnahme von organischem Detritus zurückgeführt werden können. Insbesondere bei der Sedimentingestion und Verdauung des Detritus unter veränderten pH-Bedingungen können partikulärgebundene Schadstoffe wieder bioverfügbar und für den Organismus toxisch werden. Allerdings ist es schwierig, diese Erkenntnisse, die in aquatischen Tests mit Sedimenten und/oder mit anderen Organismengruppen gewonnen wurden, einfach auf Böden und Bodenalgen zu übertragen.

Für die untersuchten Algen kann eine Aufnahme von Detritus oder Bakterien, wie sie z. B. bei Oligochaeten oder Protozoen vorkommt, ausgeschlossen werden.

Trotzdem besteht die Möglichkeit, daß Bodenalgen als Organismen, die einen engen Kontakt zu Bodenpartikeln haben, durch sorbierte Pflanzenschutzmittelanteile in ihrem Wachstum beeinflußt werden können, indem z. B. die für viele Algen üblichen Schleimhüllen die Verfügbarkeit von sorbierten Schadstoffen ermöglichen.

In verschiedenen Publikationen, wie z. B. von Günther und Pestemer (1990), Hock (1995) und Fent (1998), wird darauf hingewiesen, daß fast ausschließlich die bioverfügbaren Schadstoffe einen Einfluß auf das Wachstum von Organismen haben. Der Einfluß von sorbierten Schadstoffen wird ausgeschlossen oder als gering eingeschätzt. Allerdings wird immer wieder diskutiert, was unter dem Begriff „Bioverfügbarkeit“ grundsätzlich zu verstehen ist (Alef 1994, Rönnpagel et al. 1995 und Fent 1998) und welche Methoden oder Extraktionsmittel notwendig sind, um die bioverfügbaren Anteile eines Stoffes annäherungs-weise festzustellen (Debus & Hund 1995).

Somit kann kein abschließendes Urteil gefällt werden, ob die Algen auch durch den sorbierten oder nur durch den bioverfügbaren Isoproturon-Anteil in ihrem Wachstum gehemmt werden.

Schließt man eine Beeinflussung der Algen durch den sorbierten Isoproturonanteil innerhalb der 96 h aus, so besteht eine weitere Erklärungsmöglichkeit für das vorliegende Ergebnis darin, daß die Bodenalgen beim Ansetzen des Versuches mit der gesamten Isoproturon-konzentration in Berührung kommen, bevor ein Teil des Isoproturons im Boden zeitabhängig unterschiedlich stark sorbiert wird und nur teilweise bioverfügbar ist.

Insgesamt zeigt diese Diskussion, daß es noch einen hohen Forschungsbedarf erstens im Bereich der Frage der Bioverfügbarkeit gibt und zweitens in dem Gebiet der Boden-Biotests, insbesondere mit Algen und deren Sensibilität im Vergleich zu aquatischen Biotests. Letzterer Punkt wird in vorliegender Arbeit in Tab. 19 (s. S. 92) behandelt.

Um die Empfindlichkeiten aller Testbodenalgen gegenüber der Wasseralge Scenedesmus vergleichen zu können, wurde der BodenalgenmittelwertEC50 entwickelt. Er besteht aus dem Mittelwert der fünf im Gel-Biotest oder im Boden-Biotest ermittelten EC50-Werte der

Bodenalgen mit Angabe der Minimal- und Maximalwerte. Mit diesem Wert wird nicht nur deutlich, ob die getesteten Bodenalgen im Mittel sensibler oder unsensibler als Scenedesmus gegenüber einem Teststoff sind, sondern es ist auch die Reaktionsbreite der Bodenalgen erkennbar.

Vergleicht man die EC50-Werte, die für Cadmium im Gel-Biotest mit Scenedesmus subspicatus gewonnen wurden, mit dem BodenalgenmittelwertEC50, so zeigt sich, daß letzterer Wert mit 4,23 mg/l um das 10fache höher liegt als der EC50-Wert von Scenedesmus, die damit in der Regel empfindlicher gegenüber Cadmium ist als Bodenalgen (s. Tab. 19). Dies könnte damit erklärt werden, daß Algen im Boden höheren Konzentrationen an unterschiedlichsten Stoffen und Spurenelementen ausgesetzt sind und der natürliche Schwermetallgehalt in unbe-lasteten Böden größer ist als der im Wasser. Für den Boden-Biotest ist aus den in Kap. 4.5.3 (s. S. 82) genannten Gründen keine Berechnung des BodenalgenmittelwertesEC50 möglich.

Tab. 19: Die BodenalgenmittelwerteEC50 und die EC50-Werte von Scenedesmus subspicatus des Biotests und des Boden-Biotests für Cadmium und Isoproturon in mg/l OECD-Medium beim Gel-Biotest und in mg/kg OECD-Mediumbodengemisch beim Boden-Gel-Biotest.