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1. Einleitung

2.4 Die Verfahrensanweisungen

14 Staatliche Ergänzungsprüfung mit 80 Unterrichtsstunden Vorbereitung

Im Rettungsdienst Tätige, die mit Inkrafttreten des NotSanG am 1. Januar 2014 den Ab-schluss Rettungsassistent besitzen oder die Ausbildung zum Rettungsassistenten begonnen haben, können sich zum Notfallsanitäter fortbilden. Bedingung für diese Variante zum Er-werb des Berufes Notfallsanitäter ist eine mehr als fünf jährige Tätigkeit im operativen Ret-tungsdienst. Der Prüfling, der oben genannte Voraussetzungen erfüllt, kann an einem Vorbe-reitungskurs teilnehmen, jedoch besteht keine gesetzliche Pflicht (Baller et al. 2014, S. 31).

Die Ergänzungsprüfung nach § 32 Abs. 2 unter Berücksichtigung von § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 3 für Rettungsassistenten (Bens et al. 2014, S. 121), die bis zum 1. Januar 2014 mehr als fünf Jahre im Rettungsdienst tätig waren, besteht aus einer mündlichen und praktischen Prüfung.

Der mündliche Prüfungsteil umfasst die gleichen Prüfungskomplexe wie in der staatlichen Prüfung und sieht eine Dauer von 30 bis 40 Minuten vor. In der praktischen Prüfung muss ein chirurgisches und ein internistisches Fallbeispiel abgearbeitet und von den Prüfern als

„Bestanden“ beurteilt werden. Wird die gesamte oder anteilige Prüfung nicht bestanden, kann sie nur noch einmal wiederholt werden.

15 Hintergrund für die Schaffung von Handlungsvorgaben sind die erhöhten Anforderungen an das Rettungsdienstfachpersonal, die sich für die kommenden Jahre immer deutlicher ab-zeichnen. Ziel dieser Handlungsabläufe oder Algorithmen ist ein standardisiertes und nach-vollziehbares Vorgehen am Patienten. Algorithmen haben sich im klinischen und präklinischen Bereich bewährt und „[P] sind nach dem Wenn- dann- Prinzip strukturierte und in Form von Flussdiagrammen aufgebaute Handlungsanweisungen und -vorgaben“ (zit. n.

Luxem et al. 2016, S. 1005). Bisherige Herangehensweisen an Notfallsituationen waren mehr oder minder von improvisierten und individuellen Abläufen geprägt. Leitlinien waren in dem Sinne nur im Ansatz zu erkennen.

Die mit der Ausbildung zum Notfallsanitäter geltenden Algorithmen, sollen Entscheidungen durch einen einfachen und logischen Aufbau nach dem Ja/ Nein Prinzip erleichtern. Die nach Prioritäten gegliederten Entscheidungen werden in einen geordneten Ablauf gebracht, so dass die Behandlung durch das Rettungsdienstfachpersonal effizient und praktikabel ist. Da Algorithmen einen festen Lösungsweg vorgeben, können jedoch im Einzelfall begründete Abweichungen zwingend notwendig werden. Ein Algorithmus kann nicht alle Eventualitäten berücksichtigen und setzt bei dem Anwender ein fundiertes Hintergrundwissen und die kon-tinuierliche Weiterbildung voraus (Luxem et al. 2016, S. 1005).

Bei der Einführung von Algorithmen wurde die Rechtssicherheit für die im Rettungsdienst Tätigen deutlich erhöht. Das begründet sich durch die standardisierte Vorgehensweise von Maßnahmen und ggf. die Applikation von Medikamenten bzw. deren einwandfreien Doku-mentation. Bedingung für die Durchführung der Maßnahmen im Rahmen der Algorithmen ist die Freigabe durch das Kontrollgremium Ärztlicher Leiter Rettungsdienst. Algorithmen wer-den, ausgehend vom gesamten Einsatzablauf in fünf Phasen unterteilt: Phase 1: Eintreffen an der Einsatzstelle und ABCDE- Schema; Phase 2: Kategorisierung; Phase 3: Notfallspezi-fische Handlungsvorgaben; Phase 4: Transport und Übergabe und Phase 5: Einsatznachbe-reitung (Luxem et al. 2016, S. 1006).

Eintreffen an der Einsatzstelle und ABCDE- Schema- Phase 1

In der 1. Phase muss die Einsatzstelle von dem Rettungsdienstteam auf potentielle Gefahren überprüft und diese, soweit keine Eigengefährdung besteht, beseitigt werden (Abb. 6). Der zweite Schritt ist die Beurteilung des Patienten, Sicherung oder Wiederherstellung der le-benswichtigen Vitalfunktionen nach dem ABCDE- Schema. Die ABCDE- Vorgehensweise beinhaltet die Kontrolle und Beurteilung von Bewusstsein, Atmung und Kreislauf, auch initiale Beurteilung genannt (Semmel 2016, S. 2).

Kategorisierung- Phase 2

Nachdem das Rettungsdienstfachpersonal den Zustand des Patienten überprüft und erste

16 Vitalparameter erhoben hat, kann nun in der zweiten Phase die Kategorisierung des Notfall-ereignisses erfolgen (Abb. 7). Es gibt acht Kategorien, in die der Patient mit entsprechender Erkrankung bzw. Verletzung einzuordnen ist: Pädiatrischer Notfall, Gynäkologischer Notfall, Internistischer Notfall, Traumatologischer Notfall, Thermischer Notfall, Toxikologischer Not-fall, Neurologischer Notfall und Sonstiger Notfall. Der sich daran anschließende Schritt ist die mögliche Zuordnung der Verdachtsdiagnose durch typische Symptome und Parameter.

Notfallspezifische Handlungsvorgaben- Phase 3

In dieser Phase werden die Verdachtsdiagnosen im Detail beschrieben. Ob die Verdachtsdi-agnose des Notfallsanitäters richtig ist, kann anhand des Algorithmus und der spezifischen Symptome des Patienten in kurzer Zeit geprüft werden. Im Anschluss werden die Basismaß-nahmen, die sich innerhalb des Algorithmus mehrmals wiederholen, durchgeführt. Unter Ba-sismaßnahmen versteht man Handlungen wie z. B. Sauerstoffgabe, Monitorring (Erhebung von Blutdruck-, Sauerstoffsättigungs- und Frequenzwerten) oder das Legen eines peripher venösen Zugangs. Dann kommen, wenn es die Notfallsituation erfordert, erweiterte spezifi-sche Maßnahmen, wie Volumensubstitutionen oder Medikamentengabe zur Anwendung.

Letzteres ist in den Algorithmen, je nach Freigabe des Ärztlichen Leiters Rettungsdienst und Kompetenzen des Notfallsanitäters farblich gekennzeichnet (Abb. 8).

So entsprechen grau gekennzeichnete Felder in den Flussdiagrammen Maßnahmen, die vom Rettungsassistent und Notfallsanitäter durchgeführt werden müssen. Grüne Felder ha-ben die Bedeutung, dass bei den Maßnahmen eine eigenverantwortliche Durchführung vom Notfallsanitäter nach § 4 Abs. 2 Pkt. 1 c NotSanG erwartet wird. Felder und damit Maßnah-men, die gelb markiert sind, setzen eine Mitwirkung mit eigenständiger Durchführung nach § 4 Abs. 2 Satz 2a bis c voraus. Das rote Feld bedeutet eine unabdingbare Weisung oder Kontraindikation. Beigefarbene Felder stehen für Entscheidungsvorgaben des weiteren Ver-laufs im Algorithmus und braune Felder haben den Hintergrund der dringlichen begleitenden Maßnahmen bzw. Weitergabe von Informationen an die Zielklinik (Verfahrensanweisungen für den Thüringer Rettungsdienst 2.0, 2016, S. VIII).

Algorithmen verfolgen den Zweck die Teamarbeit zu optimieren und im Einsatz Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu definieren. Die Phase 3 schließt mit der Transportfähigkeit des Patienten ab (Luxem 2016, S. 1007 ff.).

Transport und Übergabe- Phase 4

Sind die Phasen eins bis drei abgearbeitet wird der Patient in Phase vier auf den Transport und die Durchführung in ein geeignetes Krankenhaus vorbereitet (Abb. 9). Eine richtige La-gerung, die Sicherung des Patienten, die Überwachung der Vitalwerte/ Gesamtzustandes und die Versorgung während des Transports müssen dabei im Focus der Notfallsanitäter

17 stehen.

Die begonnene Dokumentation muss in diesem Zeitraum aktualisiert, vervollständigt und abgeschlossen werden. Nach Ankunft in der Zielklinik wird der Patient an den diensthaben-den Arzt übergeben und Anamneseerhebung, Besonderheiten und relevante Informationen zum Patienten mittgeteilt (Luxem 2016, S. 1009 f.).

Einsatznachbereitung- Phase 5

In der fünften Phase muss die Einsatzbereitschaft des Personals und Fahrzeugs wieder her-gestellt werden. Hat die Besatzung des Rettungswagens schwere, das heißt emotional nachhaltige Einsätze hinter sich, muss, meist in kollegialer Atmosphäre eine Nachbespre-chung stattfinden und die erlebte Notfallsituation aufgearbeitet werden.

Dabei darf über den Ablauf des Einsatzes in seiner Gesamtheit auch kritisch diskutiert und sich daraus ergebende Konsequenzen und Optimierungen für kommende Einsätze abge-stimmt werden (Abb. 10).

In diesem Abschnitt werden einsatzrelevante Daten aufgearbeitet und im Rahmen von medi-zinischem Qualitätsmanagement vervollständigt. Eine Auswertung der erhobenen medizini-schen Einsatzdaten kann zum Abbau von bestehenden Defiziten der Mitarbeiter und damit zur Erhöhung des Qualitätsstandards einer Rettungswache beitragen (Luxem et al. 2016, S.

1010).