• Keine Ergebnisse gefunden

Verantwortung und Rolle der Personalverwaltungen

II. Zweiter Erfahrungsbericht der Bundesregierung

2.1 Evaluation zum zweiten Erfahrungsbericht

2.1.4 Akteurinnen, Akteure und Instrumente

2.1.4.1 Verantwortung und Rolle der Personalverwaltungen

Der Gleichstellungsplan ist ein wesentliches Instrument der Personalplanung, insbesondere der Personal-entwicklung, und zur Gleichstellung von Frauen und Männern. Seine Umsetzung ist besondere Verpflich-tung der PersonalverwalVerpflich-tung (vgl. § 11 Absatz 1 BGleiG).

Der Gleichstellungsplan wird von der Dienststelle unter frühzeitiger Beteiligung der Gleichstellungsbeauf-tragten für vier Jahre erstellt (vgl. § 11 Absatz 4 BGleiG).

Die Dienststelle hat Arbeitszeiten und sonstige Rahmenbedingungen anzubieten, die Frauen und Männern die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit erleichtern, soweit zwingende dienstliche Belange nicht entgegenstehen (§ 12 Absatz 1 BGleiG).

(Weitere Aufgaben der Personalverwaltung ergeben sich aus dem Gesetz, insbesondere aus §§ 6, 7, 8, 10, 13, 14 BGleiG.)

Eine moderne Personalarbeit ist den Grundsätzen der Chancengleichheit, Leistungsorien-tierung und Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit verpflichtet. Das BGleiG nimmt die Personalverwaltungen besonders in die Verantwortung und macht Gleichstel-lung zu einem integralen Bestandteil ihrer Arbeit. Diese Aufgabe spiegelt sich in allen personalwirtschaftlichen Vorgängen, in der Sensibilisierung der Leitungskräfte, der Erstel-lung des GleichstelErstel-lungsplans, im Ausbau der Vereinbarkeitsinfrastruktur oder der Zusam-menarbeit mit der Gleichstellungsbeauftragten wider.

Personalverwaltung umfasst im Wesentlichen die Aufgabenbereiche Bedarfsplanung, Personalgewinnung, Personalbewirtschaftung und Personalentwicklung. Das öffentliche Dienstrecht, die geringe Mobilität zwischen den Laufbahngruppen und zwischen den verschiedenen Ressorts mit ihren Geschäftsbereichen, ebenso wie der kaum gegebene Austausch mit der Privatwirtschaft prägen die besonderen Rahmenbedingungen der Personalverwaltung im Geltungsbereich des BGleiG. Diese Rahmenbedingungen schrän-ken die Umsetzung moderner Personalentwicklungsinstrumente ein und führten in der Vergangenheit häufig dazu, dass individuelle Personalentwicklung lediglich als Turnus der Ämterabfolge der Laufbahngruppen begriffen wurde und die strategisch konzeptionelle Komponente in den Hintergrund geriet. Unberührt davon bleibt jedoch die Umsetzung moderner Personalentwicklungskonzepte insgesamt. Personalentwicklung hat insbeson-dere im Bereich der Maßnahmen zum Erhalt und zur Erhöhung der Motivation der Beschäf-tigten eine zentrale Rolle. Hierdurch können zusätzliche Leistungspotenziale erschlossen werden. Seit einigen Jahren gibt es bereits in vielen Behörden einen positiven Trend zu beobachten. Nicht zuletzt die Änderungen im Dienstrechtsneuordnungsgesetz (DNeuG) und die novellierte Bundeslaufbahnverordnung (BLV) haben der Personalentwicklung mit den neuen Aufstiegsmöglichkeiten und den empfohlenen Instrumenten der Personalent-wicklung bis hin zur Verpflichtung einer jeden Behörde, ein PersonalentPersonalent-wicklungskonzept einzuführen, enormen Auftrieb verschafft. Dennoch sehen die Führungskräfte der öffent-lichen Verwaltungen selbst in der Professionalisierung der Personalentwicklung noch große Potenziale.110

110 Gerhard Hammerschmid et alteri: Verwaltungsführung heute. Berlin 2010.

In den vergangenen zehn Jahren stieg die Bedeutung der Personalverwaltung als zentrale Trägerin der Personalentwicklung. Es wurde offensichtlich, dass Personalentwicklung eine Voraussetzung der Verwaltungsmodernisierung und Gleichstellung wiederum einer ihrer Bestandteile ist. An die Bundesministerien richtete sich die Vorgabe, Personalentwick-lungskonzepte, die parallel der Umsetzung der Gleichstellung dienen, aufzubauen.111 An dieser Stelle kann das BGleiG durch die zugehörige Gleichstellungsstatistik und die Vorga-ben des Gleichstellungsplans zu konkreten Maßnahmen und Zielformulierungen durchaus auch als Motor der Personalentwicklung wirken.

Der Personalentwicklung kommt die Aufgabe zu, den langfristigen Personalbedarf in der gebotenen Zahl und Qualifikation der Beschäftigten zu sichern und diese auf neue Anfor-derungen vorzubereiten. Stellenabbau zwingt die Behörden dazu, vorhandene Potenziale noch besser auszuschöpfen. In Zukunft wird die dienstleistende Funktion der Personal-abteilung für die Behörden und FachPersonal-abteilungen zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Personalverwaltung steuert mit dem Personal die zentrale Ressource und den kritischen Erfolgsfaktor öffentlicher Verwaltungen in enger Abstimmung mit den Fachabteilungen.

Personalentwicklung sollte dabei nicht auf Fortbildung allein beschränkt werden. Sie ist als ein mittelfristiger, gestaltender, systematischer Prozess zu verstehen, der in jeder Behörde individuell geregelt werden muss und der Einfluss auf die Entwicklung der Organisations-kultur hat.

Alle Maßnahmen der Personalverwaltung und Personalentwicklung haben gleichstel-lungspolitischen Gehalt und sind daher in ihrer Anwendung stets auf eventuelle Konse-quenzen für Frauen und Männer zu hinterfragen. So sind etwa unterschiedlichste Maßnah-men denkbar, die dem Ziel dienen, die Qualifikationen der Beschäftigten zu steigern. Zu ihnen gehören zum Beispiel Personalrotation, Projektarbeit, Stellvertretungsregelungen, Beförderungen etc.

Der Zusammenhang der Themen Gleichstellung und Personalentwicklung ist damit offen-sichtlich. In der Befragung der obersten Bundesbehörden schätzten diese die Verknüpfung der beiden Themen im Berichtszeitraum als in hohem Maße erreicht an. Ungefähr ein Drit-tel der befragten GleichsDrit-tellungsbeauftragten betrachtet die Verbindung jedoch als eher nicht gelungen. Die Potenziale des Gleichstellungsplans für die Personalarbeit und Perso-nalentwicklung werden daher nicht ausgeschöpft. Ebenso wenig kann ein Personalent-wicklungskonzept ohne Gleichstellungsorientierung modernen Anforderungen genügen.

Auch Führungskräfte in den Fachabteilungen haben große Spielräume der Personalent-wicklung in ihrer eigenen Arbeitseinheit. Allein die jährlichen Gespräche mit der Mitarbei-terschaft geben Gelegenheit, sowohl seitens der Führungskräfte als auch seitens der

Mitar-111 Das Regierungsprogramm „Moderner Staat – moderne Verwaltung“ wurde 1999 beschlossen. Darin war die Vorgabe an die Bundesministerien enthalten, Personalentwicklungskonzepte zu erstellen. Gender-Mainstrea-ming war ein Leitprinzip. Das Regierungsprogramm wird seit 2006 fortgeführt unter dem Titel „Verwaltung innovativ“. Auch in aktuellen Studien wird Personalentwicklung als der Erfolg versprechendste Ansatz der Modernisierung gesehen. Vgl. Gerhard Hammerschmid et alteri: Verwaltungsführung heute. Berlin 2010; vgl.

Modernisierungs- und Fortbildungsvereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, dem Deutschen Beamtenbund und dem Deutschen Gewerkschaftsbund vom 05.10.2007.

beiterinnen und Mitarbeiter Maßnahmen der Personalentwicklung zu thematisieren. Die Qualifizierung der Führungskräfte für ein modernes Aufgabenspektrum, das unter ande-rem eine Sensibilität hinsichtlich Gleichstellung und der Belange von Beschäftigten mit Familienpflichten enthält, ist daher ein weiteres Element einer professionellen Personal-entwicklung. Dieses Verständnis ist unter den Leitungskräften im Berichtszeitraum nach Einschätzung der Gleichstellungsbeauftragten noch nicht ausreichend gegeben, worin sie ein zentrales Hemmnis sehen. Daher gehört es in den Aufgabenbereich der Personalver-waltung, die Führungskräfte entsprechend für die Relevanz von Gleichstellung und Ver-einbarkeitsfragen zu sensibilisieren. Hier sind verstärkte Anstrengungen zu unternehmen.

Zusätzlich kann die Personalabteilung transparente Verfahren vorgeben oder Handrei-chungen verfassen. In bestimmten Themenfeldern wie zum Beispiel der Beurteilung von Vollzeit- und Teilzeitkräften, der Vergabe von Leistungsentgelten bzw. Leistungsprämien oder Verbeamtungen ist es angebracht, separate Statistiken zu führen, was sich bereits in einigen obersten Bundesbehörden bewährt hat.

Die Personalverwaltungen müssen im Zuge ihrer Zuständigkeit für Gleichstellung die elektronische Personaldatenverwaltung so differenziert gestalten, dass Diskriminierungs-effekte sichtbar gemacht werden können.

Zentrale Aufgabe der Personalverwaltung ist es, den Gleichstellungsplan unter Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten zu erstellen. Dieser Aufgabe wird im Berichtszeitraum noch nicht hinreichend nachgekommen. So werden Gleichstellungspläne zum Teil gar nicht entwickelt oder aktualisiert, zum Teil werden sie nicht entsprechend den inhalt-lichen Vorgaben des BGleiG ausgestaltet.112

Die Personalabteilung ist dafür zuständig, für geeignete Rahmenbedingungen zur Verbes-serung von Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben zu sorgen. Hier konnte der Bun-desdienst, auch aus Sicht der Gleichstellungsbeauftragten, im Berichtszeitraum beacht-liche Fortschritte erzielen. Bezüglich der Flexibilisierung von Arbeitszeit scheinen die Personal- und Fachabteilungen den Wünschen der Beschäftigten in weitem Maße nachzu-kommen. Telearbeit ist hingegen deutlich weniger weitverbreitet. Auch die Begleitung familienbedingt Beurlaubter und deren Wiedereinstieg in den Beruf gehören zum Aufga-benkatalog der Personalabteilungen. Hier besteht noch Verbesserungspotenzial. Bereits über einfache Maßnahmen, wie zum Beispiel E-Mail-Verteiler oder Fortbildungsangebote, kann der Wiedereinstieg nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung begüns-tigt werden.113 Die Unterstützung der Beschäftigten in der Kinderbetreuung ist aus Sicht der Gleichstellungsbeauftragten ebenfalls noch nicht zufriedenstellend. Möglichkeiten beste-hen hier in einer verstärkten Kooperation mit Kindertagesstätten sowie dem Ausbau von Eltern-Kind-Zimmern oder eigenen Betreuungseinrichtungen. Zunehmend wird auch die Unterstützung bei der Vermittlung einer Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger eine wichtige Aufgabe der Personalverwaltung sein.

112 Siehe dazu ausführlich Kapitel 2.1.4.5.

113 Das Aktionsprogramm „Perspektive Wiedereinstieg“, das das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit in den letzten Jahren entwickelt hat, liefert Erkenntnisse, die auch für das Wiedereinstiegsmanagement des öffentlichen Dienstes von besonderem Interesse sind.

In allen personalrelevanten Bereichen, die Auswirkungen auf Gleichstellung und Verein-barkeit von Familie und Beruf haben können, ist eine enge Kooperation zwischen Gleich-stellungsbeauftragten und Personalverwaltungen nicht nur gesetzlich geboten, sondern auch fachlich sinnvoll. Diese Zusammenarbeit mit der Personalverwaltung wird von den Gleichstellungsbeauftragten im Rahmen der Befragung zum zweiten Erfahrungsbericht im Vergleich am positivsten bewertet, erscheint ihnen aber weiterhin verbesserungswür-dig.114 So wird, ausweislich der Befragung der Gleichstellungsbeauftragten, rund die Hälfte (51 Prozent) der Gleichstellungsbeauftragten tendenziell nicht ausreichend früh infor-miert. Damit gehen Reibungsverluste einher, die der Tätigkeit beider Seiten nicht förderlich sind.

Auch die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten wird nach deren Einschätzung nicht in allen Behörden flächendeckend umgesetzt. In einer wünschenswerten konstruktiven Kooperation könnte die Personalverwaltung die Kompetenzen der Gleichstellungsbeauf-tragten für ihre eigene Tätigkeit gezielt nutzen, zumal die Tätigkeit der Gleichstellungs-beauftragten als Teil der Verwaltung definiert ist. Die gleichstellungspolitische Verant-wortung der Personalverwaltung kann nicht an die Gleichstellungsbeauftragte delegiert, sondern muss eigenverantwortlich in der Personalverwaltung wahrgenommen werden.

Die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten ist hierbei, ihre Expertise zu gleichstellungspoli-tischen Fragen zur Verfügung zu stellen und – wie im Gesetz vorgeschrieben – die Umset-zung des BGleiG zu überwachen und zu fördern bzw. als moderne Controllinginstanz posi-tiv zu wirken.