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4.1.1 Temperatur

Katalysatoren setzen die Aktivierungsenergie von Reaktionen herab. Liegen in einem Reaktionssystem zwei konkurrierende Reaktionen vor, von denen eine katalysiert abläuft und eine unkatalysiert, so sollte sich das Verhältnis ihrer Reaktionsgeschwindigkeiten durch eine Absenkung der Reaktionstemperatur zugunsten der katalysierten Reaktion verändern. Im vorliegenden Fall sollte eine niedrigere Reaktionstemperatur die inaktivierende Reaktion zwischen Enzym und Mediator stärker hemmen als die Enzymreaktion.

4 Erhöhung der Enzymstabilität

4 10 15 20

0 10 20 30 40 50 60

Halbwertszeit / h

Temperatur / °C

Abbildung 44: Enzymstabilität von Lb-ADH mit 0,05 mmol L-1 Rh(bpy) bei verschiedenen Temperaturen Reaktionsbedingungen: 2 mL 50 mmol L-1 Phosphatpuffer pH = 7; 3 mmol L-1 MgCl2; 0,05 mmol L-1 Rh(bpy); 1 U mL-1

Enzym; 4 -20 °C

Weiterhin haben Voruntersuchungen gezeigt, dass der Mediator bei einer Absenkung der Temperatur von 20 °C auf 4 °C etwa 60 Prozent seiner Aktivität behält. Die Aufnahme von Elektronen und der Transfer auf den Cofaktor sollten also weiterhin mit genügender Geschwindigkeit ablaufen. Abbildung 44 verdeutlicht die zunehmende Stabilität mit abnehmender Temperatur in Gegenwart von Mediator.

Abbildung 45: Satzreaktor mit elektrochemischer Cofaktorregenerierung bei 4 °C

Reaktionsbedingungen: 70 mL 100 mmol L-1 Phosphatpuffer pH = 7; 3 mmol L-1 MgCl2; 15 mmol L-1 Acetophenon;

0,1 mmol L-1 Rh(bpy); 0,5 mmol L-1 NADP+; 2 U mL-1Lb-ADH; -750 mV vs. Ag|AgCl

Zur Überprüfung der gestiegenen Enzymstabilität wurde ein elektrochemischer Satzreaktor zur Lb-ADH-katalysierten Synthese von (R)-Phenylethanol bei 4 °C betrieben. Wie Abbildung 45 verdeutlicht, tritt allerdings trotz niedrigerer Temperatur nach etwa 1 h eine Verminderung der Reaktionsgeschwindigkeit ein, nach drei Stunden kommt die Reaktion zum Erliegen.

0 50 100 150 200

0 2 4 6 8 10

0 20 40 60 80

100 Acetophenon (R)-Phenylethanol (S)-Phenylethanol

Konzentration / mmol L-1

Zeit / min

Enantiomerenüberschuss

Enantiomerenüberschuss

4 Erhöhung der Enzymstabilität

Der Grund für diesen Reaktionsabbruch ist noch unbekannt. Die Absenkung der Reaktionstemperatur ermöglicht somit nicht das Arbeiten über längere Zeiträume.

4.1.2 pH-Wert

Aus der Literatur sind Vermutungen bekannt, dass die Inaktivierung des Enzyms unter Prozessbedingungen auf nucleophile Aminosäureseitenketten zurückgeführt werden kann (Hollmann et al. 2006). Da diese Nucleophilie der basischen Aminosäurenketten abhängig vom pH-Wert der Lösung ist, könnte eine gezielte Absenkung des pH-Wertes eine erhöhte Prozessstabilität bewirken.

Abbildung 46 verdeutlicht die Tatsache, dass bei pH-Werten, die um mehr als eine pH-Einheit unter dem pK-Wert der Seitenkette liegen, die Seitenkette vollständig protoniert vorliegt und so ihre Nucleophilie verliert.

12,5 Arginin

10,5 Lysin

6,0 Histidin

pK-Wert der freien Aminosäure Aminosäure

R NH2

R NH3+ R NH2

R NH3+

pH

basisch

sauer

12,5 Arginin

10,5 Lysin

6,0 Histidin

pK-Wert der freien Aminosäure Aminosäure

R NH2

R NH3+ R NH2

R NH3+

pH

basisch

sauer

R NH2

R NH3+ R NH2

R NH3+

pH

basisch

sauer

Abbildung 46: Protonierungsgrad basischer Aminosäuren in Abhängigkeit vom pH-Wert

Natürlich muss bei dieser Annahme beachtet werden, dass die pK-Werte der Aminosäuren in einem Protein von denen der freien Aminosäuren abweichen können. Außerdem ist die Wahl des pH-Wertes auf den Bereich beschränkt, in dem das Enzym noch eine ausreichende Stabilität und Aktivität besitzt.

Wie in Abbildung 47 deutlich wird, hat das Absenken des pH-Wertes durchaus einen positiven Einfluss auf die Enzymstabilität in Anwesenheit des Mediators. Die Halbwertszeit des Enzyms erhöht sich von 7 ± 1 h bei pH = 7 auf 22 ± 3 h bei einem pH-Wert von 4,6. Diese Stabilisierung würde wohl noch deutlicher ausfallen, würde nicht der Verlust an Stabilität in reinem Puffer darauf hindeuten, dass die generelle Enzymstabilität bei pH=5 bereits stark reduziert wird. Während die Stabilität in reiner Pufferlösung ein Maximum bei einem pH von 6 durchläuft, steigt die Stabilität in Anwesenheit von Mediator kontinuierlich mit sinkendem pH-Wert an. Eine Absenkung des pH-Werts bewirkt also eine deutliche Stabilisierung, die sogar die generell abnehmende Stabilität des Enzyms überkompensiert und so zu höheren Halbwertszeiten führt. Dennoch liegt selbst bei einem pH-Wert von 4,6 die Stabilität des Mediators in Anwesenheit von Mediator unter der in reiner Pufferlösung. Der inaktivierende Effekt kann also nicht vollständig vermieden werden.

4 Erhöhung der Enzymstabilität

4 5 6 7 8

0 25 50 75 100 125

Halbwertszeit / h

pH-Wert

Puffer

0,2 mmol / L Rh(bpy)

4 5 6 7 8

0 25 50 75 100 125

Halbwertszeit / h

pH-Wert

Puffer

0,2 mmol / L Rh(bpy)

Abbildung 47: Enzymstabilitäten bei verschiedenen pH-Werten und in An- und Abwesenheit von Rh(bpy) Reaktionsbedingungen: 2 mL 50 mmol L-1 Phosphatpuffer; 3 mmol L-1 MgCl2; 0,2 mmol L-1 Rh(bpy); 1 U mL-1 Enzym;

20 °C

Unter Reaktionsbedingungen wird allerdings deutlich, dass auch die Absenkung des pH-Werts keine nennenswerte Stabilisierung bewirkt (siehe Abbildung 48). Nach etwa 70 min brach die Produktbildung dramatisch ein und auch die zunehmende Racemisierung des Produktes konnte beobachtet werden.

Es besteht also anscheinend ein deutlicher Unterschied zwischen der Stabilität des Enzyms unter Lagerbedingungen und unter Prozessbedingungen. Während das Enzym bei pH = 4,6 auch in Anwesenheit von Mediator eine Halbwertszeit von 22 h zeigt, wird es während der Elektrolyse bereits nach wenigen Stunden weitestgehend inaktiviert. Die Enzymstabilität unter Prozessbedingungen ist also eine weitere Größenordnung kleiner als unter Lagerbedingungen.

Zwei Erklärungen für diese verminderte Stabilität sind denkbar. Einerseits besteht die Möglichkeit, dass das Enzym durch die während der katalytischen Reaktion auftretenden Änderungen in der Konformation oder elektronischen Situation leichter vom Mediator angegriffen und inaktiviert werden kann. Andererseits ist es auch denkbar, dass die aktivierte Form des Mediators sich noch schädlicher auf das Enzym auswirkt. Dem widerspräche allerdings die Hypothese, dass insbesondere nucleophile Aminosäuren mit dem Mediator reagieren. Diese sollten geringere Wechselwirkungen mit der reduzierten Form des Mediators ausüben.

4 Erhöhung der Enzymstabilität

Abbildung 48: elektrochemischer Satzreaktor bei pH = 4,6

Reaktionsbedingungen: 60 mL 100 mmol L-1 Phosphatpuffer pH = 4,6; 3 mmol L-1 Mg2+; 15 mmol L-1 Acetophenon;

0,2 mmol L-1 Rh(bpy); 0,2 mmol L-1 NADP+; 2 U mL-1Lb-ADH; -700 mV vs. Ag|AgCl

4.1.3 Puffer

Höllrigl et al. berichten, dass die Verwendung von Bis-Tris-Puffer die Wechselwirkungen zwischen Rh(bpy) und dem Produktionsenzym, einer thermophilen ADH aus Thermus sp., verhindert und über mindestens 7 h kein Verlust an Enzymaktivität zu beobachten ist (Höllrigl et al. 2007). Für Lb-ADH konnte allerdings keine Stabilisierung gefunden werden.

Puffer 0,1 mM Rh(bpy)

0 20 40 60 80 100

relative Halbwertszeit / %

Abbildung 49: Enzymstabilität von Lb-ADH in Bis-Tris-Puffer in An- und Abwesenheit von Mediator Reaktionsbedingungen: 2 mL 50 mmol L-1 Bis-Tris-Puffer; 3 mmol L-1 MgCl2; 0,1 mmol L-1 Rh(bpy); 1 U mL-1 Enzym;

20 °C

0 50 100 150

0 2 4 6 8 10 12 14

0 20 40 60 80 100

Konzentration / mmol L-1

Zeit / min

Acetophenon (R)-Phenylethanol (S)-Phenylethanol Enzymaktivität ee

Enzymaktivität &ee / %

4 Erhöhung der Enzymstabilität