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V ERGLEICHE ZWISCHEN DEN E INZELFÄLLEN

Nachdem die Einzelfälle und ihre Auswertung vorangehend beschrieben wurden, gilt es nun, aus einer erweiterten, stärker nomothetischen Perspektive einen Vergleich zwischen der Gesamtheit der Fälle zu machen mit Bezug auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Kapiteln 2 (Orientierungsrahmen Schulführung) und 3 (Forschungsstand Schulleitung).

Die Erkenntnisse auf dieser Stufe können gemäss dem Vorgehen des FST lediglich einen deskriptiv-explorativen Charakter haben und sollen keinesfalls explanativ verstanden wer-den.

Für eine erste Annäherung an diese übergeordnete Perspektive wurde aus der Gesamtheit der in den Strukturlegesitzung verwendeten Inhaltskarten eine quantitativ gewichtete Wör-terwolke erstellt. Dies geschah mit Hilfe der Applikation Wordle (Desktopversion für Mac OS X, heruntergeladen von www.wordle.net), die in einem Ausgangstext sämtliche Wörter zählt und entsprechend ihrer Häufigkeit proportional grösser darstellt in einer Wörter-wolke.

Abbildung 17: Wörterwolke aus den Strukturlege-Inhaltskarten

Bei der Betrachtung der so entstandenen Grafik (Abbildung 17) sticht sofort der Begriff

«Menschen» ins Auge, der deutlich am grössten abgebildet ist. Ergänzt wird er von den Begriffen «Schule», «Mitarbeitende» (auch «Menschen»), «Führung» und «Organisation».

Die interviewten Schulleiter*innen haben also im Zusammenhang mit «Führung» zum über-wiegenden Anteil über «Menschen/Mitarbeitende in der Organisation Schule» gespro-chen, was mit Blick in den Orientierungsrahmen Schulführung (p. 31) auf eine hohe Men-schenorientierung schliessen lässt. Zur Gruppe der am grössten abgebildeten Begriffe ge-hört auch das Wort «geben», das in keinem direkten Zusammenhang mit anderen

Begrif-Vermutung naheliegen, dass hier ein Hinweis auf das 1970 begründete Konzept der «ser-vant leadership» (Kähler, 2014, p. 93/94) auftaucht, welches nicht explizit im erarbeiteten Orientierungsrahmen Schulführung erwähnt wird. Betrachtet man aber die nächst tiefere Ebene der meist genannten Begriffe, dann tauchen unter anderem Wörter wie «Wertschät-zung», «Unterstüt«Wertschät-zung», «Vertrauen», «Empathie», «Klarheit», «Verständnis» auf. Dabei handelt es sich um Aspekte der Gestaltung der Beziehung der Führungsperson zu den Mitarbeitenden. Dazu findet sich im Orientierungsrahmen Schulführung der Ansatz der beziehungsorientierten Führung, der in Teilaspekten auch in der transformationalen Füh-rung vorkommt («individuelle Zuwendung», vgl. S. 17). Schulleitungen scheinen FühFüh-rung also sehr stark als positive, unterstützende Gestaltung der Beziehung zu ihren Mitarbeiten-den zu verstehen. In der Dichotomie «Management ó Leadership» (vgl. S. 8) bedeutet dies, dass Schulleitende ihre Führung klar auf der Seite Leadership sehen, wobei davon mit einer positiven Beziehungsgestaltung lediglich Teilaspekte erfüllt wären, wenn As-pekte wie die Ausrichtung auf eine Vision, die klare Kommunikation der Ziele, das Suchen von Commitment oder die Teambildung fehlen.

Um den Blick der übergeordneten Perspektive stärker zu differenzieren, wurde im gleichen Verfahren wie oben beschrieben aus den stichwortartigen Theoriebezügen der Einzelfälle (vgl. 6.1) eine Wörterwolke hergestellt:

Abbildung 18: Wörterwolke aus den stichwortartigen Theoriebezügen der Einzelfälle

Hier sticht der oben angesprochene Begriff «Leadership» sofort ins Auge, ebenso die Men-schenorientierung. Explizit taucht jetzt auch der Begriff «Personalführung» auf. Im Kern

verstehen Schulleitungen ihre Führungsaufgabe also als Führung des Personals. Im Fol-genden werden die Einzelfälle mit Hilfe der obigen Grafik nun noch in Bezug auf die erar-beitete wissenschaftliche Referenz – den «Orientierungsrahmen Schulführung» (S. 31) und den «Forschungsstand Schulleitung» (S. 40) – besprochen.

Zum Orientierungsrahmen Schulführung:

Unter dem Aspekt «Führung als Phänomen» sind in den Einzelfällen Hinweise auf die Be-tonung der Kohäsions- gegenüber der Lokomotionsfunktion, der Menschenorientierung und der personell-interaktiven sowie ebenso der strukturell-systemischen Dimension von Führung zu finden. Bezüglich dem Bereich «allgemeine Führungsmodelle» tauchen nur sehr vereinzelt klar zu verortende Hinweise auf. Auffallend ist, dass die Beschreibung der Führungsperson und ihrer Eigenschaften – mit Ausnahme von Fall #5 – in allen Strukturle-gebildern auftaucht und vereinzelt geschätzt zwischen einem Drittel und einem Fünftel des Raums einnimmt. Teilweise wird dabei die «Rolle der Führungsperson» genannt, was ein Hinweis auf die positionsorientierte Führungskonzeption (Rollenkonzept der Führung, vgl.

S. 15) ist. Auf die im Orientierungsrahmen genannten «Modelle der Schulführung» bezog sich keines der EO explizit im Sinne einer klaren Benennung und Beschreibung des Mo-dells. In Kombination mit den Bezügen zum wirkungsorientierten Schulleitungshandeln fin-den sich am ehesten Hinweise auf pädagogische Führung (in Kombination mit der «päda-gogischen Kraft von Leadership», vgl. S. 28), wobei der Bezug meistens indirekt über die Mitarbeitenden und die Gestaltung der Organisation läuft. Die Schulleitenden erwähnen ihren eigenen, direkten Einfluss auf die pädagogische Ausrichtung und Praxis der Schule nicht. In Übereinstimmung mit der Betonung der Menschenorientierung besteht (in Ergän-zung zur oben genannten pädagogischen) ein starker Bezug zur «human-sozialen Kraft von Leadership».

Forschungsstand Schulleitung

Beide Schulleitungsrollen – Entscheider*in ó Unterstützer*in – finden sich in der Mehrheit der Einzelfälle. Dabei wird klar die Rolle der Unterstützer*in gegenüber derjenigen der Entscheider*in betont, was im Zusammenhang mit der oben ausgeführten Konzentration auf Menschenorientierung, Beziehungsgestaltung und Personalführung logisch erscheint.

Von den Leitungstypen nach Warwas (vgl. S. 37) liessen sich hauptsächlich Hinweise auf

auf die Rolle «Vorgesetzte*r» und nur ganz vereinzelt auf die Generalist*in finden. Die

«Lehrperson mit Verwaltungsaufgaben», die sich weitgehend von Führungs- und Steue-rungsaufgaben distanziert, taucht in keinem der Einzelfälle auf. Dies lässt darauf schliessen, dass sämtliche EO die Führungsrolle grundsätzlich – allerdings mit unterschiedlicher Aus-differenzierung – angenommen haben. Von den Handlungsebenen (vgl. S. 34) wird das kommunikativ-interaktionelle Handeln deutlich stärker hervorgehoben als das rational, zielorientierte Handeln (der dazugehörige Aspekt des administrativen Handelns taucht gar nicht auf). Von den insgesamt zwölf Handlungsbereichen von Schulleitungen (vgl. S. 35/40) finden sich in den Strukturlegebildern die wenigsten wieder. Der Schwerpunkt liegt (wie oben bereits erwähnt) bei der Personalführung. Daneben werden hauptsächlich die Qua-litätssicherung und etwas weniger stark ausgeprägt die Qualitätsentwicklung erwähnt.

Sehr vereinzelt finden sich Hinweise auf Kooperation und Öffentlichkeitsarbeit. Die Hand-lungsbereiche Erziehung, Behandlung von Fragen zu Schüler*innen oder pädagogische Leitung fehlen hier gänzlich, was die oben in Zusammenhang mit dem Orientierungsrah-men Schulführung identifizierte Ausrichtung auf pädagogische Führung wieder relativiert.

Nach der Beschreibung und ersten Analyse der Einzelfälle (6.1) sowie dem übergreifenden Vergleich zwischen diesen (6.2) sollen als nächster Schritt die Erkenntnisse zusammenge-fasst und eine (erste) Beantwortung der Forschungsfragen (5.1) versucht werden.