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Untersuchungen zur Reaktivität des überbrückten Iduronsäurederivates 21:

3   Synthese und Strukturaufklärung von Iduronsäurederivaten

3.4   Untersuchungen zur Reaktivität des überbrückten Iduronsäurederivates 21:

beobachtet. Einzig die Umsetzung mit Essigsäureanhydrid führte bereits bei Verwendung von nur 0.5 eq Ac2O zum zweifach geschützten Produkt.

Die Reaktionen der Elektrophile, die selektiv mit dem amidischen Stickstoff reagierten, führten dabei ausschließlich zu Produkten, welche als überbrückte Pyranosen identifiziert wurde. Auch die Zugabe von 2 Equivalenten derselben Elektrophile führte lediglich zu einem Produkt, das ebenfalls in der pyranoiden Form vorliegt und die Schutzgruppe sowohl auf dem Stickstoff als auch auf dem 4-Sauerstoff trägt (Kapitel 3.2 und Tabelle 9).

Die Reaktion von 21 mit oxophilen Elektrophilen, wie Silyl- oder Sulfonsäurederivaten, führte dagegen zu Produktgemischen aus Pyranose und Furanose. Dabei war zwar in allen getesteten Fällen die Pyranose das Hauptprodukt, der Anteil an Furanose schien jedoch mit dem sterischen Anspruch des Elektrophils zuzunehmen.

3.4 Untersuchungen zur Reaktivität des überbrückten Iduronsäurederivates

Es sollte nun untersucht werden, ob diese Reaktionen auch auf die in dieser Arbeit synthetisierten überbrückten Iduronsäurebausteine angewendet werden können (Abbildung 3-44). Die Versuche dazu wurden im NMR-Röhrchen in CDCl3 durchgeführt und es wurde in regelmäßigen Abständen ein 1H-NMR-Spektrum des Reaktionsgemisches aufgenommen, was eine direkte Beobachtung des Reaktionsver-laufes ermöglichte.

Es wurde zunächst auf das 4-OH- und Lactam-NH-ungeschützte Derivat 21 als Edukt zurückgegriffen. In Anlehnung an die publizierten Ergebnisse von Murphy et al. erfolgte der erste Versuch mit SnCl4 als Lewis-Säure und mit Phenol als Nucleophil. Die erhaltenen 1H-NMR-Spektren sind in Abbildung 3-45 gezeigt. Unter a) ist das

1H-NMR-Spektrum des Eduktes 21 direkt vor der Zugabe der Reagenzien abgebildet.

Anschließend wurden 0.5 eq SnCl4 und 2.3 eq PhOH zugegeben und nach 45 min sowie nach 2 h ein 1H-NMR-Spektrum aufgenommen. Es war jedoch zu diesem Zeitpunkt keine Änderung des Spektrums zu erkennen (Abbildung 3-45b). Um sicherzustellen, dass die ausbleibende Reaktion nicht auf einer Hydrolyse der zugegebenen Lewis-Säure beruht, wurden an dieser Stelle weitere 0.5 eq SnCl4 zugegeben und erneut in regelmäßigen

Abbildung 3-44: Die selektive Umsetzung von überbrückten Glucuronsäurederivaten zum α-Produkt unter Verwendung von Lewis-Säuren (LA) ist bekannt (oben). Es sollte untersucht werden, ob sich diese Strategie auch auf die in dieser Arbeit synthetisierten überbrückten Iduronsäurebausteine anwenden lässt (unten).

Abständen 1H-NMR-Spektren der Reaktionsmischung aufgenommen. Abbildung 3-45c zeigt das Spektrum 15 min nach der zweiten Zugabe von 0.5 eq SnCl4.

Abbildung 3-45: Das überbrückte Iduronsäurederivat 21 wurde im NMR-Röhrchen in CDCl3 gelöst und mit SnCl4 und PhOH versetzt. Anschließend wurden in regelmäßigen Zeitabständen 1 H-NMR-Spektren aufgenommen (300 MHz, 300 K). a) 21 in CDCl3; b) 2 h nach Zugabe von SnCl4 und PhOH;

c) 15 min nach erneuter Zugabe von SnCl4.

Es ist nun im Vergleich zum Edukt eine deutliche Verschiebung der Signale, insbesondere der Protonen an den Positionen 1, 3 und 5 zu erkennen.

Die Aufnahme von 2D-NMR-Spektren, sowie das Entfernen des Lösungsmittels und die anschließende Aufnahme eines Massenspektrums zeigten jedoch, dass es sich auch dabei um das Edukt handelt. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Lewis-Säure zwar komplexiert wird und so die Verschiebungsänderung der Signale im NMR-Spektrum hervorruft, dass jedoch trotzdem kein Angriff des Nucleophils stattfindet.

Dieses konnte bestätigt werden, indem das Edukt 21 in CDCl3 gelöst und mit SnCl4

versetzt wurde. In diesem Fall wurde dem Reaktionsgemisch kein Nucleophil zugegeben und das so erhaltene 1H-NMR-Spektrum war identisch mit dem in Abbildung 3-45c gezeigten.

Aus diesem Grund wurden verschiedene Reaktionsparameter verändert, um zu untersuchen, ob dadurch die gewünschte Reaktion hervorgerufen werden kann. Die gewählten Bedingungen sowie die Ergebnisse dieser Versuche sind in Tabelle 10 zusammengefasst.

Nachdem die Zugabe von SnCl4 und PhOH bei Raumtemperatur lediglich zu einer Komplexierung, jedoch nicht zu der gewünschten SN2-Reaktion geführt hatte (Eintrag 1, Tabelle 10), wurde zunächst die Temperatur auf 40 °C erhöht (Eintrag 2, Tabelle 10).

Doch auch dabei konnte ausschließlich die Komplexierung der Lewis-Säure durch das Edukt 21 beobachtet werden, eine Substitutionsreaktion blieb aus. Auch der Wechsel des zugegebenen Nucleophils von Phenol zu Thiophenol führte nicht zum Erfolg (Eintrag 3, Tabelle 10).

Murphy et al. beobachteten bei Verwendung eines SnCl4/TMSOTf-Gemisches als Lewis-Säure signifikant höhere Ausbeuten.[92] Aus diesem Grund wurde versucht, ob die Verwendung dieses Gemisches auch für das hier verwendete Edukt 21 zu der gewünschten Reaktion führt. Auch diese Reaktion wurde im NMR-Röhrchen durchgeführt, wobei zunächst SnCl4 und Phenol zugegeben wurden. Das

1H-NMR-Spektrum zeigte die bereite bekannte Verschiebung der Eduktsignale, die in der Komplexierung von SnCl4 begründet liegt. Nach Zugabe von TMSOTf zeigte sich jedoch bereits nach zehn Minuten bei Raumtemperatur im 1H-NMR-Spektrum eine Zersetzung des Eduktes (Eintrag 4, Tabelle 10).

Es wurde im Anschluss daran noch versucht, ob die Reaktion mit TMSOTf als einziger Lewis-Säure und Phenol als Nucleophil zum gewünschten Produkt führt, doch auch in

diesem Fall wurde wie schon bei Zugabe von SnCl4 auch bei erhöhter Temperatur nur Edukt nachgewiesen (Eintrag 5, Tabelle 10).

Tabelle 10: Verschiedene Reaktionsbedingungen bei der versuchten anomeren Substitution von 21.

Lewis-Säure Nucleophil Temperatur Ergebnis

1 SnCl4 PhOH RT Nur Edukt

2 SnCl4 PhOH 40 °C Nur Edukt

3 SnCl4 PhSH RT 40 °C Nur Edukt

4 SnCl4/TMSOTf PhOH RT Zersetzung

5 TMSOTf PhOH 40 °C Nur Edukt

Da unter den beschriebenen Bedingungen mit 21 als Edukt die gewünschte SN2-Reaktion nicht beobachtet werden konnte, wurde in den nachfolgenden Versuchen auf andere überbrückte Iduronsäurebausteine zurückgegriffen.

Das N-Boc-geschützte Derivat 27 (Kapitel 3.2.1) sollte durch die Boc-Gruppe ein elektronenärmeres und somit gegenüber Nucleophilen reaktiveres anomeres C-Atom besitzen und deshalb besser für die gewünschte SN2-Reaktion geeignet sein als 21. Auch diese Reaktion wurde im NMR-Röhrchen in CDCl3 mit SnCl4 als Lewis-Säure und PhOH als Nucleophil durchgeführt. Die Reaktionsverfolgung mittels 1H-NMR-Spektroskopie zeigte bereits nach etwas mehr als einer Stunde einen neuen Signalsatz. Durch Vergleich mit bekannten NMR-Spektren sowie Entfernen des Lösungsmittels und Aufnahme eines Massenspektrums konnte jedoch festgestellt werden, dass bei der Reaktion mit SnCl4

lediglich die N-Boc-Gruppe abgespalten wurde und es sich somit bei dem Produkt um das überbrückte Iduronsäurederivat 21 handelte.

Aufgrund der labilen Boc-Schutzgruppe wurden die für 21 getesteten Versuchs-bedingungen (Tabelle 10) nicht auf das überbrückte Iduronsäurederivat 27 übertragen, sondern die nachfolgenden Versuche mit dem Bis-Allyl-geschützten Derivat 23, dessen Schutzgruppen unter den gewählten Reaktionsbedingungen stabil sein sollten, durchgeführt. Die von Murphy et al. publizierten Reaktionsbedingungen mit SnCl4 als Lewis-Säure und PhOH als Nucleophil führten jedoch auch bei Anwendung auf die

Verbindung 23 lediglich zu einer Reisolierung des Eduktes. Auch die Erwärmung auf 40 °C oder die Verwendung von TMSOTf als Lewis-Säure bei RT und bei 40 °C führten nicht zu einer Reaktion des Eduktes 23.

Aufgrund der scheinbar zu geringen Reaktivität des Bis-Allyl-geschützten Eduktes wurde anschließend versucht, die Bis-Acetyl-geschützte Verbindung 48, die eine deutlich höhere Reaktivität des Lactams aufweisen sollte, als Donor zu verwenden. Dazu wurde 48 ebenfalls in CDCl3 gelöst, 0.5 eq SnCl4 und 1.9 eq PhOH zugegeben und der Reaktionsfortschritt wurde mittels 1H-NMR-Spektroskopie beobachtet. Nach sieben Stunden bei Raumtemperatur war noch kein Umsatz des Eduktes zu erkennen, aus diesem Grund wurden weitere 0.5 eq SnCl4 zugegeben, um auszuschließen, dass die ausbleibende Reaktion auf einer Hydrolyse der Lewis-Säure beruht. Doch auch danach konnte in den

1H-NMR-Spektren lediglich das Edukt beobachtet werden. Die Reaktionslösung wurde daraufhin auf 40 °C erwärmt, nach zwei Stunden waren nur die Signale des Eduktes sichtbar, nach weiteren 6.5 Stunden zeigte sich eine Zersetzung des Eduktes.

Die für die verschiedenen überbrückten ido-konfigurierten Verbindungen getesteten Reaktionsbedingungen sowie die Ergebnisse dieser Experimente sind in Tabelle 11 zusammengefasst.

Tabelle 11: Versuchte Verwendung verschiedener überbrückter Iduronsäurederivate als Glycosyldonoren.

Edukt Reaktionsbedingungen Ergebnis

27 SnCl4, PhOH, CDCl3, RT Produkt: 21 23 SnCl4, PhOH, CHCl3, RT Nur Edukt

23 TMSOTf, PhOH, CDCl3, RT Nur Edukt

23 TMSOTf, PhOH, CDCl3, 40 °C Nur Edukt 48 SnCl4, PhOH, CDCl3, RT Nur Edukt 48 SnCl4, PhOH, CDCl3, 40 °C Zersetzung

Unter den literaturbekannten Bedingungen zur Öffnung von Glucuronsäure-1,6-lactonen sowie Glucuronsäure-1,6-lactamen gelang die Öffnung der in dieser Arbeit synthetisierten

Iduronsäure-1,6-lactame nicht. Es konnte abhängig von dem gewählten Edukt sowie den genauen Reaktionsbedingungen lediglich eine fehlende Umsetzung des Eduktes, eine Zersetzung des Eduktes oder der Verlust von Schutzgruppen beobachtet werden. Eine breitere Variation der Lewis-Säure sowie des Nucleophils, die unter Umständen zur gewünschten, selektiven Darstellung des α-Iduronsäurederivates führen würde, konnte aus Zeitgründen nicht mehr durchgeführt werden.