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3. Umsetzungsstand und Erfolge der Projektarbeit

3.4. Individuelle Betreuung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen

3.4.1. Umfang und Leistungen der Individualbetreuung

Wie bereits erwähnt, haben alle Projekte angegeben, dass auch die Individual-betreuung von Jugendlichen und jungen Erwachsen zu ihrem Leistungsspektrum zählt, wobei nicht alle Projekte valide Angaben machten.13 Seit Projektbeginn wurden insgesamt 530 Individualbetreuungen von ihnen durchgeführt, wobei jene Fälle, die noch nicht abgeschlossen sind, mitgezählt werden (Tabelle 6).

Tabelle 6: Anzahl der Individualbetreuungen, Stand 2011 und 2012

Gesamt Minimum Maximum Mittelwert Standard-abweichung 1. Befragung

(N Projekte=13)

449 2 106 35 35

2. Befragung (N Projekte=12)

530 5 152 44 39,5

Quellen: Online-Befragungen 2011 und 2012; Stand Dezember 2012.

Seit der letzten Befragung vor ungefähr einem Jahr sind 81 neue Beratungsfälle hinzugekommen.14 Nach wie vor schwankt die Zahl der Individualbetreuungen zwi-schen den Projekten extrem stark: Das Projekt mit dem geringsten Wert hat bislang

13 So gab ein Projekt an, bislang „0“ Individualbetreuungen durchgeführt zu haben. Diese Antwort ist bereits deshalb unstimmig, weil dasselbe Projekt im Zuge der ersten Online-Befragung angegeben hatte, 98 Personen betreut zu haben. Die Zahl von insgesamt 530 Betreuungsfällen unterschätzt dem-nach wahrscheinlich die tatsächliche Teilnehmendenzahl. Da sich im Fall von „0“ Beratungsfällen alle Fragen zu den Einzelheiten der Beratungen erübrigten, hat das Projekt hierzu keine Angaben machen können. Im Folgenden beträgt die Fallzahl daher nicht mehr 13, sondern lediglich zwölf.

14 Die tatsächliche Zahl liegt aller Wahrscheinlichkeit nach höher (vgl. Fußnote 12).

lediglich fünf Jugendliche oder junge Erwachsene betreut; das Projekt mit dem höchsten Wert 152.

Als mögliche Ursache hierfür kommt zunächst in Betracht, dass die Projekte ihre Ressourcen teilweise sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Arbeitsfelder vertei-len (s.o.). Ein Zusammenhang zwischen dem Ressourceneinsatz für Individual-betreuungen einerseits und der Anzahl an IndividualIndividual-betreuungen andererseits konn-te jedoch nicht festgeskonn-tellt werden. Die Anzahl der Individualbetreuungen hängt dem-nach vermutlich mit anderen Faktoren zusammen. Wahrscheinlich ist zudem, dass die Projekte unterschiedlich definieren, ab wann von einer Betreuung gesprochen werden kann. Ist dies z.B. bereits nach dem ersten Treffen der Fall, oder bedarf es einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Projekt und Teilnehmer/-in? Im Laufe der weiteren Evaluation soll dieser Frage sowie eventuellen Bestimmungsfaktoren der Teilnehmendenanzahl gezielt nachgegangen werden.

Auch die ADELE-Datenbank des BVA gibt Auskunft über die Teilnehmendenzahlen der Projekte. Während in der Datenbank aber die Gesamtzahl der Projektteilneh-menden festgehalten wird, also beispielsweise auch Eltern, die eine Beratung erhal-ten, Einzug finden, wurden die Projekte im Rahmen der Online-Befragung explizit nach der Anzahl der bislang betreuten Jugendlichen und jungen Erwachsenen ge-fragt. Vor allem aus diesem Grund übersteigt die Teilnehmendenanzahl laut ADELE die hier präsentierten Daten deutlich. In den Jahren 2009 bis 2011 gab es demnach 1394 Projekteintritte und 1188 Projektaustritte. Zu Beginn des Jahres 2012 gab es also einen Bestand von 206 betreuten Personen. Eine ausführliche Tabelle zu den Teilnehmendendaten aus der ADELE-Datenbank findet sich im Anhang (Tabelle 14).

Die Mehrzahl der Projekte orientiert sich bei der Betreuung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen stark an deren jeweiligen Bedürfnissen und individuellen Prob-lemlagen. Dieser auf den Einzelfall zugeschnittene Ansatz ist unter dem Begriff „Ca-semanagement“ bekannt. Er bedingt, dass die Projekte insgesamt eine Vielzahl von Leistungen angeboten und umgesetzt haben. In Abbildung 6 ist dargestellt, welche Leistungen die Projekte in welcher Häufigkeit erbracht haben – bezogen auf alle von ihnen durchgeführten Individualbetreuungen.

Abbildung 6: Häufigkeit von Leistungen im Rahmen der Individualbetreuung

Quelle: Online-Befragung 2012; Stand Dezember 2012.

Drei Viertel der Projekte haben alle Teilnehmenden individuell sozialpädagogisch betreut, also im Rahmen des Casemanagements gearbeitet. Der besondere Ansatz des XENOS-Sonderprogramms „Ausstieg zum Einstieg“, den Ausstieg aus der rech-ten Szene mit dem Einstieg in Arbeit zu verknüpfen, findet sich ebenfalls weit oben im Spektrum der umgesetzten Leistungen wieder: Jeweils acht Projekte haben Teil-nehmende immer oder meistens beim Übergang in Beschäftigung sowie bei der be-ruflichen Orientierung unterstützt. Ähnlich häufig setzen sich die Betreuer/-innen mit den Jugendlichen zur rechtsextremistischen Ideologie bzw. zur eigenen Szenezuge-hörigkeit auseinander. Im Zuge eines Ausstiegs aus der rechten Szene muss eine solche Auseinandersetzung zwangsläufig stattfinden. Die Tatsache, dass immerhin fünf Projekte nur teilweise, selten oder gar nie mit Teilnehmenden in diese Diskussi-on getreten sind, weist darauf hin, dass in einigen Fällen entweder die Zielgruppe kaum erreicht, oder aber ein Ausstieg aus der Szene nicht ernsthaft angegangen wurde.

Die Häufigkeit, mit der bestimmte Leistungen realisiert und Unterstützungen ange-nommen wurden, zeigt im Umkehrschluss, mit welchen (Zusatz-)Problemen die Teil-nehmenden in die Betreuung eingestiegen sind. Gewalt, Schulden und Süchte treten

demzufolge regelmäßig auf. Eines der Projekte hat sich auf rechte Gewalttäter spe-zialisiert und führt deshalb in jedem Fall ein Anti-Agressions-Training durch. Erwäh-nenswert ist noch, dass eine Hilfe beim Wohnortwechsel, die gemäß der Programm-ausschreibung ein relativ häufiges Mittel zur Unterstützung des Ausstiegs sein müss-te, in der Praxis insgesamt nur selten geleistet wird. In Gesprächen gaben die Pro-jekte zwei wesentliche Gründe hierfür an. Erstens äußerten die Teilnehmenden bzw.

Aussteiger selbst nur selten den Wunsch, ihren Wohnort zu wechseln und scheuten vor den damit verbundenen Umstellungen zurück – zumal, wenn sie im ländlichen Raum wohnten und mit Region stark verwurzelt seien. Zweitens bestünde auch nur selten die Notwendigkeit eines Wohnortswechsels: Aussteiger würden in der Regel nur dann von ehemaligen „Kameraden“ bedroht, wenn sie zuvor eine maßgebliche Rolle in der Szene gespielt hätten; dies ist jedoch bei der Mehrzahl der Teilnehmen-den nicht der Fall (Vgl. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).15 Nicht zu vergessen ist außerdem der hohe Aufwand, der mit der Organisation und Begleitung eines Wohnortwechsels einhergeht: Die Aussteigerprojekte, deren Ar-beitskreis i.d.R. maximal ein Bundesland umfasst, müssen nicht nur den Wohnort-wechsel, sondern auch die Weiterbetreuung der Teilnehmenden in der neuen Um-gebung sicherstellen. Teilweise sind Projekte daher Kooperationsvereinbarungen mit anderen Projekten eingegangen, die einen gegenseitigen „Austausch“ von Teilneh-menden beinhalten. Dieses Vorgehen ist sicherlich sinnvoll, da jedes der Projekte sich auf den Ausbau des eigenen regionalen Netzwerkes konzentrieren und dennoch einen Wohnortwechsel ermöglichen kann.