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Der im Vorjahresbericht angesprochene enorme Bau- und Sanierungsstau von Wohnunterkünften und Funktionsgebäuden konnte 2016 mit Hilfe des „Sofort-programms der Bundeswehr zur Sanierung von Kaser-nen“ ein Stück weit abgebaut werden. Insbesondere wurde die in der Verantwortung der zivilen Bauverwal-tungen des Bundes und der Länder liegende Baudurch-führung durch Personal- und Organisationsmaßnah-men beschleunigt. Sporthallen und Sportstätten konn-ten davon allerdings wenig profitieren. Aufgrund des schlechten Bauzustandes sind zu viele geschlossen.

Das wirkt sich negativ auf die für den Soldatenberuf notwendige körperliche Fitness aus. Im Übrigen

dauern große Bauvorhaben mit einem Volumen von über zwei Millionen Euro im Durchschnitt immer noch mindestens fünf Jahre, in Einzelfällen sogar bis zu acht Jahren, und damit entschieden zu lang. Erfreulich ist, dass zur Umsetzung des Sofortprogramms das in der Vergangenheit personell und strukturell unzureichend aufgestellte Infrastruktur- und Baumanagement der Bundeswehr personell deutlich aufgestockt wurde.

Darüber hinaus wurden die Sanierungen und Neubau-vorhaben in den Baukompetenzzentren gebündelt.

Die Einzelstubenunterbringung der unterkunfts-pflichtigen Soldatinnen und Soldaten, mit Ausnahme der Rekrutinnen und Rekruten, für die weiterhin Gemeinschaftsstuben vorgesehen sind, wird derzeit verwirklicht. Es wird von einem Gesamtbedarf von mindestens 55.000 Unterkunftsstuben für die Einzel-unterbringung (einschließlich der Schulen) ausgegan-gen. Die Bundeswehr verfügt derzeit bereits über 33.400 Einzelstuben unterschiedlichen Standards.

Allerdings stößt das Einzelstubenkonzept offenbar nicht bei allen Soldatinnen und Soldaten auf Gegen-liebe: Bemängelt wird insbesondere bei jüngeren Sol-datinnen und Soldaten, dass dadurch Kameradschaft verloren gehe. Diese überraschende Skepsis gegenüber dem Einzelstubenkonzept belegt den schmalen Grat zwischen Erwartungen von Soldatinnen und Soldaten an ihr spezifisches militärisches Arbeitsumfeld und vom Dienstherrn als sinnvoll erachteten Attraktivitäts-maßnahmen.

Insgesamt kann der laufende Abbau des Modernisie-rungsstaus jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es immer noch zahlreiche erhebliche Baumängel in Liegenschaften, unzumutbare hygienische Bedingun-gen in Sanitärbereichen und eine verzögerte Umset-zung von Attraktivitätsmaßnahmen in vielen Unter-künften gibt. Grund dafür sind in erster Linie mangel-hafte Kommunikation und Zeitplanung. Auch bundes-wehrinterne Umorganisationen und Umplanungen füh-ren zu Verzögerungen bei der Bauausführung. In Umorganisationsphasen der militärischen Organisa-tionsstruktur werden gesamte Bauvorhaben gestoppt, selbst wenn die Notwendigkeit einer Baumaßnahme, zum Beispiel der Bau einer Unterkunft, in der neuen Struktur weiterbesteht.

● Ein Beispiel für eine Verzögerung bei Neubauvorha-ben ist der spätestens seit Mai 2013 dringend erforder-liche Bau einer Feuerwache im Marinestützpunkt Kiel.

Wurde vom Bundesministerium der Verteidigung noch 2015 von einer Fertigstellung im Jahr 2018 ausgegan-gen, ist nach dem derzeitigen Baufortschritt erst im August 2020 mit dem Abschluss zu rechnen.

Viele Infrastrukturprojekte dauern möglicherweise auch deshalb so lange, weil oftmals ein Kümmerer

fehlt, der vor Ort Druck auf den Fortgang von Baumaß-nahmen ausüben kann. Aufgrund kurzer Stehzeiten ha-ben viele für Infrastrukturmaßnahmen Mitverantwort-liche vor Ort nur einen eingeschränkten Überblick über das Gesamtprojekt, die beteiligten Behörden, Firmen sowie die regionalen Besonderheiten.

Einen bemerkenswerten Ansatz zum schnelleren Abbau des Sanierungsstaus gibt es im Bereich des Heeres. Bei der Panzerlehrbrigade 9 existiert seit 2014 eine mit kompetentem Fachpersonal ausgestattete Unterstützungsgruppe Infrastruktur. Diese ist in der Lage, durch Mitwirkung bei der Initiierung und Planung von Bauvorhaben einschließlich der Erstel-lung der notwendigen militärischen Bedarfsträger-forderungen, die Bauverfahren deutlich zu beschleuni-gen. Die bislang fehlenden Soll-Org-Dienstposten für das Personal der Unterstützungsgruppe sollten dauer-haft eingerichtet werden, und es wäre zu prüfen, ob die-ses Modell flächendeckend auf der Brigadeebene des Heeres eingerichtet werden kann.

Unterkunftsstandards

Die im letzten Jahresbericht beschriebenen, auf eine Verbesserung des Unterkunftsstandards ausgerichteten Attraktivitätsmaßnahmen, unter anderem durch eine zeitgemäße Ausstattung der Stuben, sind zu begrüßen.

Leider wird die Umsetzung auch hier mitunter von vermeidbaren Verzögerungen begleitet.

● So beklagte sich ein Soldat zu Recht darüber, dass für die Ausstattung der Unterkünfte gelieferte Fernseh-geräte und Kühlschränke über mehrere Monate in einer Lagerhalle aufbewahrt worden seien, ehe sie in den Stuben angeschlossen wurden. Begründet wurde die Zwischenlagerung mit der Vermeidung einer über-mäßigen Störung des Lehrgangsbetriebes auf einem Truppenübungsplatz. Das überzeugt nicht. Dieser Fall ist beispielhaft dafür, dass eine schnelle Umsetzung sinnvoller Maßnahmen oftmals daran scheitert, dass Zuständigkeiten nicht eindeutig geklärt sind.

● Eine große Baustelle stellt schon seit Jahren die Infrastruktur des Marinestützpunkts Eckernförde dar.

Neben den alten und beengten Unterkünften, die nicht vor 2024 durch Neubauten ersetzt werden können, sind die Truppenküche sowie die Taucherübungshalle be-sonders sanierungsbedürftig. 2013 wurde wegen der hygienischen Bedingungen die Truppenküche ge-schlossen. Seither muss das Essen in der fünf Kilometer entfernten Preußer-Kaserne zubereitet und in den Ma-rinestützpunkt gebracht werden. Aufgrund eines pla-nungsbedingten Baustopps ist der Baubeginn für das Wirtschaftsgebäude nun ab 2018 geplant, die Nutzung ist erst ab 2020 vorgesehen. Die Taucherübungshalle ist seit Jahren wegen eines Baustopps aufgrund eines

Baumangels nicht nutzbar. Die mögliche Wiedernut-zung ist nach derzeitiger Planung frühestens 2019 vor-gesehen. Bis dahin muss die Tauchausbildung der Spe-zialkräfte der Marine improvisiert in Neustadt (Hol-stein) oder Bremerhaven durchgeführt werden, was zu einer wochenlangen Abwesenheit der Ausbilder und Auszubildenden führt.

● Unzumutbare Arbeitsbedingungen herrschten auch in Büroräumen im Marinestützpunkt Kiel. Grund waren Abrissarbeiten eines Luftschutzbunkers aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Lärm- und Staubentwicklungen in den Büroräumen wurden vom Marinekommando als an der Grenze des Zumutbaren eingestuft. Deutlich wurde hier, dass die Bauplanung, insbesondere die Bereitstellung alternativ zu nutzender Büroräume, nicht abgestimmt war.

● In der Universität der Bundeswehr in München wies ein Unterkunftsgebäude gravierende Baumängel auf. Unter anderem wurde Legionellenbefall fest-gestellt. Die Warmwasserversorgung im Gebäude musste abgestellt und die Nasszellen mussten gesperrt werden. Als Ersatz wurde ein Sanitärcontainer auf-gestellt. Die Sanierungsmaßnahmen für das Gebäude sollten zunächst im September 2015 abgeschlossen werden, verzögerten sich jedoch bis in das erste Quar-tal 2016. Die im Gebäude untergebrachten Studentin-nen und Studenten beklagten zu Recht die nahezu ein Jahr bestehende Notlösung mit dem Außencontainer, insbesondere dessen Nutzung während des Winters.

Hinzu kommt, dass das Gebäude insgesamt nicht mehr saniert werden kann und daher bis zu dem geplanten Neubau nur noch substanzerhaltende Baumaßnahmen durchgeführt werden können.

● In mangelhaftem Zustand sind auch Teile der Infra-struktur in der Oberst-Hauschild-Kaserne in Mayen.

Mitte Juli 2015 erkrankte ein Wachmann an einer durch Nagetiere übertragenen HANTA-Virus-Infek-tion. Das als möglicher Ansteckungsort in Frage kom-mende Wachgebäude wurde zwischenzeitlich saniert.

Bis zur Fertigstellung des geplanten Neubaus eines Unterkunftsgebäudes stehen in der Liegenschaft bis frühestens März 2018 keine Unterkünfte für Unter-kunftspflichtige zur Verfügung. Bis dahin müssen sie Unterkünfte im circa 40 Kilometer entfernten Koblenz nutzen. Auch der dienstlich organisierte Pendelverkehr für den Transfer der betroffenen Soldatinnen und Sol-daten dorthin kann nicht verhindern, dass es zu deutli-chen Einschränkungen im Dienst kommt. Seit Februar 2016 ist eine Sportausübung in der Oberst-Hauschild-Kaserne praktisch nicht mehr möglich. Nur eine Hälfte der Sporthalle ist tatsächlich für den Sport nutzbar, da die andere Hälfte für die Aufstellung der Unterkunfts-schränke für nichtunterkunftspflichtige Soldatinnen und Soldaten genutzt wird. Der deshalb in einem der Gebäude eingerichtete Konditionsraum kann seit

Februar 2016 wegen Schimmelbefall nicht mehr genutzt werden. Ohne eine Zusage der Kostenüber-nahme wurden die Soldaten an zivile Fitnesseinrich-tungen in der Stadt Mayen verwiesen.

Die Beispiele unterstreichen die Notwendigkeit für erfahrene Ansprechpartner vor Ort. Eine Lösung könn-ten hauptamtliche dienstältere Kasernenoffiziere mit langer Reststehzeit sein, die als verantwortliche Ansprechpartner unter anderem auch für alle Infra-strukturmaßnahmen eingesetzt werden.

Gelegentlich stellt sich schließlich im Zuge der Verle-gung von Bundeswehreinrichtungen die Frage der Sinnhaftigkeit des Einsatzes der Mittel. So bei der Ver-legung der Offizierschule der Luftwaffe von Fürsten-feldbruck nach Roth. Die dadurch entstehenden Kosten werden nach Angaben des Verteidigungsministeriums auf derzeit rund 144 Millionen Euro beziffert. Bei einem Truppenbesuch betonten von der Verlegung betroffene Soldatinnen und Soldaten, dass der Standort Fürstenfeldbruck für alle Offiziere der Luftwaffe eine gemeinsame Identität stifte, deren Verlust nach einem Umzug nach Roth befürchtet werde. Nicht nur vor die-sem Hintergrund ist zu überlegen, ob eine Modernisie-rung und Herrichtung des Standorts Fürstenfeldbruck nicht sinnvoller wäre – zumal in Roth eine moderne Infrastruktur für die Aufnahme eines fliegenden Ver-bandes (Kampfhubschrauber TIGER) neu errichtet ist, die möglicherweise später genau für diesen Zweck wieder gebraucht werden kann (statt dann anderswo ganz neu zu bauen). Dazu sollte eine eingehende Kos-ten-/Nutzenanalyse erstellt werden.

Fehlende Unterkünfte und Wohnraum

Die landläufige Vorstellung, dass jede Soldatin und je-der Soldat ein Bett und einen Spind in einer Kaserne hat, stimmt schon lange nicht mehr. Selbst für die un-terkunftspflichtigen Soldatinnen und Soldaten im Alter von bis zu 25 Jahren ist an einigen Standorten, wie bei-spielsweise derzeit in Mayen, kein ausreichender Wohnraum in der Kaserne vorhanden. Darüber hinaus steht für nichtunterkunftspflichtige Soldatinnen und Soldaten, die zum Beispiel im Rahmen von Übungen, Alarmierungs- und Bereitschaftsdiensten, das heißt aus dienstlicher Notwendigkeit, Präsenzpflicht in einer Kaserne haben, nicht selten nur mit viel Improvisa-tionstalent dort überhaupt eine Übernachtungsmöglich-keit zur Verfügung. Geschätzt wird ein Bedarf von 13.500 Stuben in Gemeinschaftsunterkünften (Vier-Mann-Belegung). Die größte Gruppe der Unterkunfts-suchenden in der Bundeswehr stellen nach wie vor die Wochenendpendler (siehe hierzu auch das Kapitel

„Probleme einer Pendlerarmee“).

Einen erheblichen zusätzlichen Unterkunftsbedarf an Land hat die Marine in Wilhelmshaven und, wenn

auch nicht in nicht so hohem Maße, in Eckernförde durch das Freiziehen der bewohnten Schiffe und Boote (Flottendienstboote und Tender). Bereits im letzten Jahresbericht wurde diese Problematik, die auf die Bordbesatzungen zukommt, angesprochen. Erfreulich ist, dass die Marineführung in Wilhelmshaven erhebli-che Anstrengungen unternimmt, den Unterkunfts-bedarf zu decken. So wird zum Beispiel die Ebkeriege-Kaserne entgegen ursprünglicher Planungen nun nicht aufgegeben, sondern renoviert. In Eckernförde ist die Unterbringung der Unterkunftspflichtigen an Land nur durch Doppel- oder Mehrfachbelegung in Unterkünf-ten mit nicht mehr zeitgemäßen sanitären Einrichtun-gen möglich. Nach derzeitiger Planung ist dort mit einer Fertigstellung der Neubauten nicht vor 2024 zu rechnen.

Probleme bereitet in beiden Stützpunkten die Unter-bringung nichtunterkunftsberechtigter Soldatinnen und Soldaten. Im Rahmen eines Truppenbesuchs in Wil-helmshaven wurde erkennbar, dass es allerdings Mög-lichkeiten gibt, auch Nichtunterkunftsberechtigten in begrenzter Zahl Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, zum Beispiel durch kostengünstige Mietobjekte. Der größere Teil der Nichtunterkunftsberechtigten insbe-sondere in Eckernförde muss allerdings auf dem freien Wohnungsmarkt mit hohen Kosten eine Wohnung anmieten.

Zu einer grundsätzlichen Lösung des Unterkunftsprob-lems trug bereits im Jahr 2011 ein Angebot des Bun-deswehr-Sozialwerks bei. Es schlug dem Bundesmi-nisterium der Verteidigung die Schaffung von Unter-künften auf Basis einer kostenfreien Überlassung geeigneter Gebäude durch den Bund und Übernahme des Betriebs vor. Leider wurde dieses Angebot damals nicht weiterverfolgt. Das Bundeswehr-Sozialwerk hält das Angebot nach wie vor aufrecht. Insbesondere in Ballungsgebieten wäre das eine große Hilfe für Unter-kunftssuchende. Das Angebot des Bundeswehr-Sozial-werks sollte deshalb erneut aufgegriffen werden.

An einzelnen Standorten wird nichtunterkunftspflichti-gen Soldatinnen und Soldaten genichtunterkunftspflichti-gen geringe Unkosten die Möglichkeit eröffnet, durch Zusammenrücken der Unterkunftspflichtigen einen Wohnplatz in der Kaserne zu finden. Eine solche Möglichkeit auf der Basis von Kameradensolidarität ist für die nicht