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5.2 Transkriptionelle Regulationsmechanismen bei Mucin Genen

Eine Kombination aus Literaturdaten und umfangreicher in silico Promotor-analyse ergab, dass sämtliche intestinalen Mucine eine potentielle oder bereits experimentell gezeigte NFκB Bindestelle aufweisen. Dies lässt eine wichtige Rolle dieser Signalkaskade bei der transkriptionellen Regulation von Mucinen vermuten. Zusätzliche Bestätigung lieferten die Promotoranalysen intestinaler Mucine, bei denen NFKB1 als überrepräsentierter Transkriptionsfaktor identifiziert wurde. Bei der Aktivierung der NFκB Signalkaskade handelt es sich um einen allgemeinen Weg zur Zell-Aktivierung, was die Produktion von inflammatorischen Mediatoren, einschließlich einer Vielzahl von Zytokinen und Chemokinen auslöst [91]. Daher wäre eine Signaltransduktion allein über die NFκB Kaskade viel zu unspezifisch um die beobachtete gleichartige Regulation der Mucine bei CED zu erklären. Eine Beteilung weiterer Transkriptionsfaktoren ist sehr wahrscheinlich, da im allgemeinen funktionell verwandte Gene, die an den selben molekulargenetischen, biochemischen oder physiologischen Prozessen beteiligt sind, häufig durch eine spezifische Kombination von Transkriptionsfaktoren gleichartig reguliert werden. Um solche Transkriptions-faktormodule und die zugrunde liegenden regulatorischen Netzwerke

aufzuklären, ist das Composite Module FinderTM Programm sehr hilfreich. Es wurde bereits erfolgreich eingesetzt um die regulatorischen Sequenzen von bekannten Zielgenen des Transkriptionsfaktors arylhydrocarbon receptor (AHR) zu untersuchen. Mit einem berechneten composite Modul wurden dann neue Zielgene vorausgesagt, die sich im DNA-Microarray Experiment nach AHR Aktivierung als differentiell reguliert zeigten und somit bestätigt werden konnten [92]. Das hier berechnete composite Modul konnte Mucin Promotoren von Promotoren bei CED nicht regulierter Gene klar unterscheiden und wurde ebenfalls in den regulatorischen Sequenzen einer Vielzahl von Schlüsselgenen der intestinalen Mukosa identifiziert. Darunter waren Defensine, trefoil factor Proteine und sekretorische dimere Immunglobuline. Defensine sind kleine antibiotisch wirksame Proteine, die zum angeborenem Immunsystem gehören.

Sie sorgen für eine adäquate Elimination Darm schädigender Mikroorganismen, indem sie durch einen noch nicht im Detail verstanden Mechanismus deren Zellwand zerstören [93]. Folglich bleibt ein Kontakt von eingedrungenen Bakterien mit der Mukosa aus und eine Entzündungsreaktion wird verhindert.

Bei trefoil factor Proteinen handelt es sich um kleine, Cystein reiche Peptide, die zwei wichtige Funktionen erfüllen. Sie schützen zum einen die Mukosa durch Ausbildung von Interaktionen oder Querverbindungen mit den Mucin Proteinen, was eine verstärkte Schleimschicht zur Folge hat. Weiterhin tragen sie zur Heilung einer verletzten Mukosa bei, indem ihre Expression schnell hochreguliert wird und sie einen „epitheliale Restitution“ genannten Prozess stimulieren [57]. Sekretorisches dimeres Immunglobulin A (IgA) ist die Haupt-Antikörperklasse in den Schleimhäuten (siehe auch Einleitung). Sie gilt als Teil des primitiven, T-Zell unabhängigen, Immunsystems und bildet die erste Verteidigungslinie gegen Pathogene im Darmlumen. Zusammen mit dem polymeren Ig Rezeptor (plgR) wird IgA als Ligand-Rezeptor Komplex basolateral exprimiert und von sekretorischen Epithelzellen in Vesikeln auf die apikale Seite transportiert. Viren und Bakterien werden schließlich sowohl während des Transportes intrazellulär als auch danach extrazellulär durch eine umfangreiche Anheftung von IgA Molekülen an ihre Oberfläche effektiv neutralisiert [94][95]. Eine eingeschränkte Funktion all dieser Systeme aufgrund

einer verminderten Genxpression, ausgelöst durch ein gemeinsames transkriptionelles Motiv, würde die auftretenden Effekte bei CED gut erklären.

Im Moment wird ausführlich analysiert ob die Gene in denen das composit Modul identifiziert wurde, intestinal exprimiert werden und bei CED differentiell reguliert sind. Trifft dies zu, wäre diese Strategie geeignet weitere CED Kandidatengene innerhalb dieses transkriptionellen Netzwerkes zu enthüllen und einen tieferen Einblick in diese komplexen regulatorischen Mechanismen zu erhalten.

Die Zellkulturergebnisse zeigen eine Sensitivität sämtlicher intestinaler Mucine gegenüber TNFα und TGFβ, zwei Zytokine die bekannte Aktivatoren der NFκB Signalkaskade darstellen. Bisher wurde nur für MUC2 in LS174T und HT29 Zellen [96], sowie für MUC5AC in kultivierten humanen Nasenpolyp Epithelzellen [97] eine Induktion der Expression nach TNFα Stimulation beschrieben. Hier konnte zum ersten Mal gezeigt werden, dass die Expression aller intestinalen Mucine durch TNFα induziert wird. Dies ist von besonderem Interesse, da eine fehlerhafte TNFα Produktion und eine anhaltende Aktivierung des TNFα Signalweges bereits mit der Pathogenese zahlreicher chronischer Entzündungserkrankungen – einschließlich CED – in Verbindung gebracht wurde [98].

Weiterhin konnten Hahm und Kollegen zeigen, dass ein Verlust des TGFβ Signals im intestinalen Epithelzellgewebe die Suszeptibilität für Colitis ulcerosa in transgenen Mäusen erhöht. Dies geschieht durch die Kombination einer gesteigerten Expression von major histocompatibility complex (MHC) class II Proteinen, einer erhöhten Aktivität von intestinalen Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) und einer verstärkten Produktion von Autoantikörpern, was im Zusammenspiel zu einer verstärken Zerstörung der Mukosa führt [99].

Die Verhinderung der durch die beiden Zytokine TGFβ und TNFα induzierten Mucin Genexpression durch die NFκB Inhibitoren CAPE und MG132 liefert den Beweis, dass die Mucin Induktion über die NFκB Signalkaskade vermittelt wird.

Weiterhin legt sie eine direkte funktionelle Verbindung der TGFβ und der NFκB

Signaltransduktion bei der transkriptionellen Regulation aller intestinalen Mucine nahe, welche bisher nur für MUC2 gezeigt werden konnte [78].

Die Induktion der Mucin Expression bei alleiniger CAPE Inkubation nach 24h kann mit dem breiten Wirkungsspektrum dieser Substanz erklärt werden. In der Maus konnte in vitro eine durch CAPE verstärkte Magensäure Sekretion gezeigt werden [100]. Eine erhöhte Menge an aggressiver Magensäure würde auch eine verstärkten Schutz des Magenepithels nötig machen und könnte somit zeitverzögert eine verstärkte Mucin Genexpression auslösen.