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Die photokatalytische Aktivität gilt als wichtigster Toxizitätsmechanismus von Titandioxid- und Zinkoxid-Nanopartikeln. Unter Einwirkung von UV-Strahlung besitzen sie die Fähigkeit DNA-schädigende reaktive Sauerstoffspezies zu bilden (Wamer et al., 1997; Uchino et al., 2002). Unter standardisierten Testbedingungen zeigt unbeschichtetes Titandioxid konzentrationsabhängig Cytotoxizität unter UV-A und UV-B-Bestrahlung. Werden hingegen beschichtete Titandioxid-Nanopartikel verwendet, besteht ein solcher Effekt selbst bei höheren Konzentrationen nicht (Schilling et al., 2010).

Etliche Studien haben sich mit dem phototoxischen, genotoxischen und photogenotoxischen Potential der in Sonnenschutzmitteln enthaltenen Nanopartikel beschäftigt (Uchino et al., 2002; Dufour et al., 2006; Nohynek et al., 2007; Sharma et al., 2009; Hackenberg et al., 2011).

Die in vitro-Daten von Sharma et al. zeigen, dass in humanen Epithelzelllinien bereits niedrige Konzentrationen von Zinkoxid-Nanopartikeln einen genotoxischen Effekt aufweisen, wahrscheinlich durch Lipidperoxidation und oxidativen Stress ausgelöst (Sharma et al., 2009). Genotoxizität für Nanopartikel wurde ebenfalls in anderen humanen Zellsystemen wie Fibroblasten, neuralen Zellen und nasalen Mucosazellen nachgewiesen (Lai et al., 2008;

Hackenberg et al., 2011; Ng et al., 2011). Dufour et al. beschreiben chromosomale Schäden in CHO-Zellen (Chinese hamster ovarian cells) bei Anwendung von hohen Konzentration an Zinkoxid-Nanopartikeln. Die Behandlung mit UV-Licht führte jedoch zu keinen signifikanten Unterschieden, so dass keine Photogenotoxizität nachgewiesen wurde (Dufour et al., 2006).

Uchino et al. führten Cytotoxizitätstest mit unterschiedlichen Titandioxid-Kristallformen durch. In ihren Untersuchungen wies die Anatas-Modifikation cytotoxische Effekte auf, während Titandioxid in Rutil oder amorpher Form zu keiner signifikanten Veränderung der Zellviabilität führten (Uchino et al., 2002). Auch Theogaraj et al. untersuchten verschiedene nanoskalige Titandioxid-Formen hinsichtlich des photo-klastogenen Potentials. Sie konnten keine photochemisch induzierte Genotoxizität in ihrem Testsystem mit CHO-Zellen feststellen (Theogaraj et al., 2007).

In einer weiteren Studie wurden nanoskalige und größere, pigmentartige Titandioxidpartikel unter toxikologischen Aspekten verglichen. Dabei wurden keine Unterschiede in akuter, inhalativer, genotoxischer und ökotoxischer Toxizität festgestellt. Alle in diesen

Diskussion

Experimenten getesteten Materialien wurden als nicht toxisch eingestuft. (Warheit et al., 2007).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es Hinweise auf ein DNA-schädigendes Potential von sowohl Titandioxid- als auch Zinkoxid-Nanopartikeln in humanen Zellen gibt (Landsiedel et al., 2010). Allerdings sollten in vitro-Daten nicht ohne weiteres auf die in vivo-Situation übertragen werden. Die in in vitro-Untersuchungen genutzten hohen Konzentrationen an Nanopartikeln induzieren die zelluläre Aufnahme über Endocytose. Das führt zu extrem hoher intrazellulärer Partikelkonzentration und zur Ausbildung reaktiver Sauerstoffspezies (Nohynek & Dufour, 2012). Weitere Untersuchungen, die den zellulären Eintritt und nachfolgende Effekte betrachten, sind unumgänglich. Dabei müssen vor allem auch die biophysikalischen Eigenschaften der verwendeten Partikel genau charakterisiert, mögliche zelluläre Aufnahmewege und Mechanismen der ausgelösten Genotoxizität untersucht und Standardtestmethoden an die Nutzung von Nanopartikeln angepasst werden (Landsiedel et al., 2009).

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Durch die stetig wachsende Verbreitung von nanoskaligem Titandioxid und Zinkoxid als Inhaltsstoffe von Pflegeprodukten und Kosmetika wird eine eingehende Risikobewertung immer wichtiger. Vor allem in der breiten Öffentlichkeit wächst das Bedürfnis, über potentielle Gesundheitsgefahren aufgeklärt zu werden (Projekt DaNa, http://nanopartikel.info/cms). Generell werden Titandioxid und Zinkoxid als UV-Filter der Wahl empfohlen, da sie weder Irritationen noch Sensibilisierungen auslösen (Kullavanijaya &

Lim, 2005; Lautenschlager et al., 2007; Schilling et al., 2010).

Das dermale Penetrationsverhalten ist einer der wichtigsten Anhaltspunkte bei der toxikologischen Einschätzung dieser Metalloxidnanopartikel. Es wurde in einer großen Anzahl von Studien getestet (Tabelle 1 bis Tabelle 3). Die Untersuchungen fanden in vivo und in vitro sowohl an humaner Haut als auch an verschiedenen Tiermodellen statt. Die verwendeten Titandioxid- und Zinkoxid-Nanopartikel unterschieden sich in Größe, Form, Beschichtung und Konzentration. Auch die Expositionsbedingungen und Formulierungs-zusammensetzungen lassen sich nur in wenigen der aufgeführten Studien direkt vergleichen.

Diskussion

Trotz der Unterschiede in der Ausführung der Experimente zeigt die Vielzahl der aus akademischer, industrieller, staatlicher oder EU-geförderter Forschung stammenden Untersuchungen, dass Nanopartikel lediglich in die oberen Schichten des Stratum corneum eindringen können. Diese Epidermisschicht stellt somit eine effektive Barriere für Zinkoxid- und Titandioxid-Nanopartikel dar und verhindert das Eindringen in tiefere Hautschichten. In einigen Untersuchungen wurden Nanopartikel in Haarfollikeln abgelagert (Lekki et al., 2007;

Mavon et al., 2007; Zvyagin et al., 2008; Durand et al., 2009; Filipe et al., 2009; Adachi et al., 2010). Von dort werden sie jedoch bedingt durch das Wachstum der Haare, wieder an die Hautoberfläche transportiert und abgerieben. Eine Penetration bis in die belebte Epidermis scheint somit für Nanopartikel dieser Art zumindest bei gesunder Haut nicht möglich zu sein (siehe 2.1 Penetrationsstudien). Es gibt also keine direkten Hinweise, dass durch die Verwendung von Nanopartikeln in Sonnenschutzmitteln nachteilige Effekte für die Haut und die menschliche Gesundheit zu erwarten sind.

Schäfer et al. kommen jedoch in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass über die spezifischen Eigenschaften von Nanopartikeln noch zu wenig bekannt ist, um gesundheitliche Risiken abschließend bewerten zu können. Die Charakterisierung der verwendeten Partikel und die Dosierung sei in den meisten Untersuchungen nur unzureichend durchgeführt worden (Schäfer et al., 2012). Auch Schilling et al. führen an, dass in den bisher durchgeführten Toxizitätsstudien die Konzentration der applizierten Partikel, die Partikelgröße und Oberflächenbeschaffenheiten die größten Unsicherheitsfaktoren darstellen. So wären zukünftig Untersuchungen mit vollständig charakterisierten Nanomaterialien und standardisierten Testmethoden durchzuführen sein (Schilling et al., 2010).

Der Forschungsverbund nanoGEM (Nanostrukturierte Materialien – Gesundheit, Exposition und Materialeigenschaften), ein Konsortium aus universitären und privaten Forschungseinrichtungen, Industrie und Behörden berichtet abschließend, dass eine mögliche gesundheitliche Beeinträchtigung durch Nanomaterialien eben nicht nur von deren Größe, sondern auch von ihrer Oberflächengestaltung abhängt (http://idw-online.de/pages/de/news538177).

Es bleiben weiterhin Fragen zur Anwendung bei geschädigter oder beeinflusster Haut. Bisher sind nur in wenigen Studien (Pinheiro et al., 2007; Filipe et al., 2009; Senzui et al., 2010;

Monteiro-Riviere et al., 2011) pathologische Hautzustände (Schuppenflechte, Neurodermitis, Akne vulgaris) oder anderweitig geschädigte Haut in die Untersuchungen einbezogen

Diskussion

worden. Die Datenlage für die Anwendung von Sonnenschutzmitteln mit Nanopartikeln auf erkrankter oder strapazierter Haut scheint für eine abschließende Bewertung somit nicht ausreichend.

Des weiteren gilt auch die Verwendung von nanoskaligen Inhaltsstoffen in Sprays als problematisch. Die Wirkung einer inhalativen Exposition ist bisher nicht ausreichend untersucht worden (Schäfer et al., 2012).

Burnett und Wang diskutieren außerdem, dass viele der bisher veröffentlichten Untersuchungen in vitro oder am Tiermodell durchgeführt wurden. Nur wenige Studien wurden direkt am Menschen unter realen Bedingungen (z.B. unter direkter Sonneneinstrahlung) durchgeführt (Burnett & Wang, 2011). So geben auch Papakostas et al.

zu bedenken, dass nur einzelne Studien (Gulson et al., 2010; Monteiro-Riviere et al., 2011) Penetrationseffekte unter UV-Bestrahlung überprüfen (Papakostas et al., 2011). Unter der Einwirkung von UV-Licht kann jedoch die Barrierefunktion der Haut geschwächt werden. Das zeigt die Messung des transepidermalen Wasserverlusts, der von einer Störung der interzellulären Lipidlamellen stammen könnte (Jiang et al., 2006). Zusätzlich wurde berichtet, dass UV-B-Exposition zu veränderter Expression der die tight junctions aufbauenden Proteine führen kann (Yamamoto et al., 2008).

In einer kürzlich veröffentlichten Studie wurde der Einfluss von Licht auf den Zerfall von Titandioxid-Aggregaten untersucht (Bennett et al., 2012). Natürliches und künstliches Licht führte zum partiellem Ablösen von Nanopartikeln aus diesen Aggregaten. Der Effekt war abhängig von der Lichtintensität. Abgelöste Nanopartikel oder kleinere Partikelverbünde durchdrangen im in vitro-Versuch das gesamte Hautprofil (Schweinehaut). Inwieweit sich diese Ergebnisse auf nanopartikelhaltige Sonnenschutzmittel übertragen lassen, sollte weiter untersucht werden.