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Beobachtungen

Induktion, Idealisierung

Abstraktion, Kreativität

Erklärung, Überprüfung, Deduktion Beschreibung,

Verallgemeinerung

Sowohl vor als auch nach dieser expliziten Intervention wurde mittels offener Fragebögen ermittelt, welche Ansichten die 54 Teilnehmer über ausgewählte Aspekte der Natur der Naturwissenschaften haben, darunter die Natur chemischer Theorien und Gesetze. Dabei zeigte sich, dass zu Beginn des Seminars ausschließlich die bekannten Alltagsvorstellungen verbreitet waren, mit typischen Aussagen wie: „Aus Theorien entstehen Gesetze, Theorien werden so lange mit Beweisen hinterlegt bis daraus ein Gesetz entsteht.“ Trotz der expliziten Intervention konnten jedoch keine nennenswerten Verbesserungen erzielt werden, weshalb im darauf folgenden Seminar ein modifizierter Ansatz erprobt wurde.

Studie zu einem reflexiven, kontextualisierten Ansatz

Im Rahmen eines weiterführenden Seminars wurde die gleiche Thematik unter ähnlichen Bedingungen (zeitlicher Rahmen, etc.) vermittelt, allerdings mithilfe – für die Schule rele-vanter – historischer Fallbeispiele aus der Chemie als Kontext sowie deutlich mehr Zeit zur Reflexion im Plenum und individuell. Dabei wurden erarbeitet, wie sich die Gasgesetze (Boyle, Gay-Lussac), das Massenerhaltungsgesetz (Lavoisier, Lomonossow), die organische Strukturtheorie (Kekulé, van ’t Hoff) und die anorganische Strukturtheorie (Werner) in ih-rem historischen Kontext entwickelten und durchsetzten, um dazwischen immer wieder mit den Studierenden darüber zu diskutieren, wie sie unter diesen Eindrücken die Begriffe Theo-rie und Gesetz in einen Zusammenhang einordnen würden.

Die Vorstellungen der Studierenden wurden erneut mit zwei Fragebögen erhoben, die durch Portfolios ergänzt wurden, in dem die Studierenden ihre zeitlichen Lernfortschritte doku-mentierten. Obwohl die klassischen Alltagsvorstellungen am Ende des Seminars teilweise immer noch vorhanden waren, zeigten sich jedoch im Gegensatz zur expliziten Studie deut-liche Verbesserungen bei vielen Studierenden. Nun fanden sich in den offenen Fragebögen viele Aspekte von Theorien und Gesetzen wieder, die den Studierenden zuvor nicht bewusst gewesen waren, wie z. B. der kreative, abstrahierende Aspekt bei der Aufstellung von Theo-rien und ihr erklärender Charakter, oder der deskriptive Charakter von Gesetzen, die nicht mehr immer als absolute Wahrheiten wahrgenommen wurden.

Ausblick

Um die Aussagekraft der Ergebnisse zu unterstützen, wird der kontextualisierte Ansatz in weiteren Seminaren wiederholt werden. Zusätzlich zu den Fragebögen und Portfolios sollen Einzelinterviews ermöglichen, die Lernfortschritte detailliert zu untersuchen und festzu-halten.

Literatur

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Chalmers, A. F. (2007). Wege der Wissenschaft: Einführung in die Wissenschaftstheorie (6., verbesserte Aufl.). Berlin: Springer

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Lederman, N. G., Abd-El-Khalick, F., Bell, R. L. & Schwartz, R. S. (2002). Views of nature of science ques-tionnaire: Toward valid and meaningful assessment of learners’ conceptions of nature of science. Journal of Research in Science Teaching, 39(6), 497–521

Popper, K. R. (1976). Logik der Forschung (6., verb. Aufl.). Tübingen: Mohr Siebeck. (Original veröffentlicht 1934)

Vollmer, G. (2000). Was sind und warum gelten Naturgesetze? philosophia naturalis, 37, 205–240

Janina Pawelzik Maria Todorova Miriam Leuchter Kornelia Möller

Universität Münster

Entwicklung naturwissenschaftlicher Lehr-Lern-Überzeugungen im Studium

In der vorliegenden Studie wird untersucht, wie sich die Überzeugungen von Studierenden zum Lehren und Lernen im naturwissenschaftlichen Sachunterricht im Laufe ihres Bachelor-Studiums entwickeln. Vor dem Hintergrund erster Ergebnisse wird diskutiert, welche Faktoren diese Entwicklung möglicherweise beeinflussen können.

Lehr-Lern-Überzeugungen von Lehrpersonen

Überzeugungen zum Lehren und Lernen sind eine wichtige Facette der professionellen Kompetenz von Lehrpersonen (z.B. Kunter & Pohlmann, 2015), die das Lehrerhandeln beeinflussen können (z.B. Staub & Stern, 2002; Reusser & Pauli, 2014). Ebenso sind sie bedeutsam für den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern (z.B. Kleickmann, 2008). Aus diesem Grund scheint es sinnvoll, bereits in der Ausbildung von Studierenden den Aufbau angemessener Überzeugungen anzustreben (Biedermann, Brühwiler & Krattenmacher, 2012). Überzeugungen von Lehrpersonen sind definiert als subjektive Annahmen und Wertvorstellungen, die persönlich für wahr gehalten werden (z.B. Kunter & Pohlmann, 2015; Richardson, 1996). Bei den Lehr-Lern-Überzeugungen umfassen diese Annahmen speziell schul- und unterrichtsbezogene Prozesse zum Lehren und Lernen; sie können fachspezifisch oder fächerübergreifend auf Lernprozesse im Allgemeinen ausgerichtet sein.

Untersuchungen zur Entwicklung von Lehr-Lern-Überzeugungen fokussieren häufig auf die konstruktivistischen und transmissiven lerntheoretischen Überzeugungen von Lehrpersonen (Reusser & Pauli, 2014).

Entwicklung und Veränderung von Lehr-Lern-Überzeugungen

Überzeugungen gelten als relativ stabil und eher schwer zu verändern (Lortie, 1975), da sie sich über einen langen Zeitraum entwickeln und z.B. durch die eigene Schulbiografie, die formale Lehrerausbildung und persönliche Erfahrungen mitbedingt sind (Richardson, 1996).

Querschnittsstudien konnten zeigen, dass Studierende zu Beginn ihres Studiums eher transmissive Überzeugungen aufweisen, während bei Studierenden am Ende des Studiums vermehrt konstruktivistische Überzeugungen vorliegen (Schlichter, 2012). Dagegen liegen bei Berufseinsteigenden verstärkt transmissive Überzeugungen vor (Richter et al., 2013).

Dies deutet daraufhin, dass Überzeugungen veränderbar sind, wobei diese Veränderungen auch von den jeweiligen Lerngelegenheiten abhängig zu sein scheinen (Biedermann et al., 2012). So ermöglichen z.B. problemorientierte und authentische Lerngelegenheiten im Studium (Biedermann, Brühwiler & Steinmann, 2012) sowie konstruktivistisch orientierte Aus- und Weiterbildungen (Kleickmann, Tröbst, Jonen, Vehmeyer & Möller, 2015) die Veränderung von Überzeugungen. Auch spielen die Überzeugungen der Lehrerausbildenden eine Rolle für die Ausprägung der Überzeugungen von Studierenden (Steinmann & Oser, 2012). In der vorliegenden Studie werden daher die möglichen Veränderungen der Lehr-Lern-Überzeugungen von Studierenden im Bachelor-Studium in einem Längsschnittdesign untersucht. Dabei werden Studierende, die im Verlauf ihres Studiums ein spezielles Betreuungsangebot im Rahmen des sogenannten ITPP-Projektes wahrgenommen haben, mit Studierenden verglichen, die diese Lerngelegenheit nicht genutzt haben. Im Folgenden wird das ITPP-Projekt mit dem Betreuungsangebot durch speziell weitergebildete Lehrpersonen näher beschrieben.

Das ITPP-Projekt – praxisorientierte Lerngelegenheiten im naturwissenschaftlichen Sachunterricht

Das ITPP-Projekt (Integration von Theorie und Praxis – Partnerschulen) beschäftigt sich mit der Schaffung von authentischen und praxisbezogenen Lerngelegenheiten für Studierende, die von speziell qualifizierten Lehrpersonen betreut und begleitet werden. Aktuell nehmen 18 Lehrpersonen aus dem Regierungsbezirk Münster am Projekt teil. Sie werden an der Universität Münster über mehrere Jahre kontinuierlich für den naturwissenschaftlichen Sachunterricht (weiter)qualifiziert und besuchen dazu regelmäßig Fortbildungs-veranstaltungen und Workshops zu naturwissenschaftlichen Themen, die sie nach einiger Zeit selbst als Multiplikatoren leiten. Zudem nehmen sie gemeinsam mit den Studierenden an regulären Veranstaltungen aus dem Curriculum des Bachelor-Studiums im Sachunterricht teil. Dort arbeiten sie mit den Studierenden zusammen, betreuen deren Unterrichtsvorhaben und reflektieren diese nach der Durchführung gemeinsam. Darüber hinaus werden die ITPP-Lehrpersonen (ITPP-LP) auch zur Betreuung von Sachunterrichtsstudierenden in ihren universitären Praxisphasen eingesetzt. Mit der Einbindung von ITPP-Lehrpersonen in das reguläre Studium sollen praxisbezogene Lerngelegenheiten für die Studierenden geschaffen werden, durch die u.a. die Veränderung von Lehr-Lern-Überzeugungen zum naturwissen-schaftlichen Sachunterricht begünstigt werden soll.

Fragestellung

In der vorliegenden Studie wird die Frage untersucht, wie sich naturwissenschaftliche Lehr-Lern-Überzeugungen von Sachunterrichtsstudierenden im Verlauf des Bachelor-Studiums unter Berücksichtigung der Betreuung durch ITPP-Lehrpersonen entwickeln.

Methode

Die Stichprobe umfasst insgesamt 46 Sachunterrichtsstudierende der Universität Münster, die im Mittel 24 Jahre alt (SD=3,86) und zu 92% weiblich sind. 27 Studierende wurden in ihrem Bachelor-Studium von ITPP-Lehrpersonen (ITPP-Studierende) und 19 Studierende von anderen Lehrpersonen (Nicht-ITPP-Studierende) betreut. Einführende Analysen haben gezeigt, dass die ITPP-Lehrpersonen im Vergleich zu den Nicht-ITPP-Lehrpersonen stärkere konstruktivistische Überzeugungen aufweisen, sich aber nicht in ihren transmissiven Überzeugungen unterscheiden. Der Längsschnitt umfasste insgesamt fünf Messzeitpunkte innerhalb des Bachelor-Studiums (zu Beginn des 1. Semesters, zu Beginn des 3. Semesters, zu Beginn und zu Ende des 5. Semesters sowie zu Ende des 6. Semesters). Zu diesen Messzeitpunkten wurden jeweils die Überzeugungen der Studierenden zum naturwissenschaftlichen Lehren und Lernen mittels eines standardisierten Fragebogens (in Anlehnung an Kleickmann, 2008) erhoben. Zur Auswertung wurden jeweils für die konstruktivistischen und transmissiven Überzeugungen univariate Varianzanalysen mit Messwiederholung gerechnet sowie anschließend wiederholte Kontraste durchgeführt.

Ergebnisse & Diskussion

Die Analysen zur Entwicklung der Überzeugungen im Verlauf des Bachelor-Studiums haben gezeigt, dass die konstruktivistischen Überzeugungen der Studierenden insbesondere zwischen dem dritten und fünften Semester ansteigen. Dabei sind auch Unterschiede zwischen ITPP- und Nicht-ITPP-Studierenden in der Entwicklung zu verzeichnen: während des 5. Semesters steigen die konstruktivistischen Überzeugungen von ITPP-Studierenden stärker an als bei den Nicht-ITPP-Studierenden. Die transmissiven Überzeugungen gehen in beiden Gruppen vor allem zu Beginn des Studiums zurück. Dabei verfügen die ITPP-Studierenden schon zu Beginn des Studiums über geringere transmissive Überzeugungen als die Nicht-ITPP-Studierenden. Die Ergebnisse können als Hinweis dafür gedeutet werden,

dass das Bachelor-Studium möglicherweise eine Zunahme der konstruktivistischen und eine Abnahme der transmissiven Überzeugungen begünstigen kann. Dabei stellt sich die Frage für zukünftige Studien, welche jeweiligen Lerngelegenheiten im Studium zu den einzelnen Zeitpunkten ursächlich für diese Veränderungen sein können.

Die Ergebnisse deuten zudem darauf hin, dass die Zusammenarbeit der Studierenden mit ITPP-Lehrpersonen mit einer Zunahme konstruktivistischer Überzeugungen bei den Studierenden einherzugehen scheint. Daher wird angenommen, dass die Begleitung durch ITPP-Lehrpersonen möglicherweise die Entwicklung konstruktivistischer Überzeugungen bei den Studierenden begünstigen kann. In der Entwicklung der transmissiven Überzeugungen gibt es allerdings keine Unterschiede zwischen ITPP- und Nicht-ITPP-Studierenden, was die Frage aufwirft, inwiefern die stärker konstruktivistisch orientierten ITPP-Lehrpersonen die Veränderung von transmissiven Überzeugungen überhaupt beeinflussen können. Vielmehr unterscheiden sich die Studierenden in diesem Bereich bereits von Anfang an, sodass zu klären wäre, welche Rolle die Eigenschaften der Studierenden für den Eintritt in die Betreuungssituation und für die Veränderung ihrer Überzeugungen im Verlauf der Zeit spielen.

Limitierend ist anzumerken, dass keine 1:1-Zuordnung zwischen Studierenden und Lehrpersonen hergestellt werden konnte, sodass die erkennbaren Veränderung nur auf Gruppenebene beschrieben werden konnten. Zugleich basieren diese Ergebnisse auf der Untersuchung einer ersten, kleinen Stichprobe. Um die angedeuteten Unterschiede besser beschreiben zu können und die Ergebnisse zu überprüfen, ist daher die Schaffung der Zuordnung zwischen den Lehr-Lern-Überzeugungen der Studierenden und Lehrpersonen sowie die Erweiterung der Stichprobe geplant.

Literatur

Biedermann, H., Brühwiler, C. & Krattenmacher, S. (2012). Lernangebote in der Lehrerausbildung und Überzeugungen zum Lehren und Lernen. Beziehungsanalysen bei angehenden Lehrpersonen. Zeitschrift für Pädagogik 58 (4), 460-475.

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Lortie, D. C. (1975). School teacher: A sociological inquiry. Chicago: University of Chicago Press

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Shared Beliefs als Wirkungsgrößen in der Lehrerausbildung. Zeitschrift für Pädagogik 58 (4), 441-459.

Lars Oettinghaus1 Marvin Krüger1 Friederike Korneck1 Mareike Kunter2

Goethe-Universität Frankfurt am Main

1Institut für Didaktik der Physik

2Institut für Psychologie

Lehrerüberzeugungen und Unterrichtsqualität

Ein Teil der alltäglichen Entscheidungsprozesse von Lehrkräften im Unterricht wird theoretisch durch die professionelle Kompetenz der Lehrkräfte beeinflusst. Diese bedeutsame Funktion der professionellen Kompetenz ist daher Gegenstand bildungswissenschaftlicher und fachdidaktischer Forschung (Kunter et al., 2013a; Kunter et al., 2013b; Seidel et al., 2008; Vogelsang, 2014).

Theoretischer Hintergrund

Unter der professionellen Kompetenz von Lehrkräften werden verschiedene kognitive und affektive Kompetenzbereiche zusammengefasst (Shulman, 1986). Zu diesen gehören die Lehrerüberzeugungen, die sich laut Definition und empirischer Befundlage auf das professionelle Handeln von Lehrkräften beziehen (Voss et al., 2013; Fives & Buehl, 2012;

Cornelius-White, 2007; Pajares, 1992) Im Konkreten beziehen sich Lehrerüberzeugungen auf Einstellungen und Werthaltungen zu unterrichtsbezogenen Phänomenen und Prozessen (Pajares, 1992; Fives & Buehl 2012). Ein in den letzten Jahren verfolgtes Ziel der Forschung im Rahmen der Lehrerüberzeugungen war es, Lehrkräfte bezüglich eines kognitiv konstruktivistischen Professionsideals zu klassifizieren (Peterson et al., 1989; Staub & Stern, 2002; Voss et al., 2013).

Ein zentraler Befund zur Struktur der Lehrerüberzeugungen ist die Mehrdimensionalität dieses Professionsideals (Lamprecht, 2011; Voss et al., 2013). Die konstruktivistische Orientierung von Lehrkräften ist somit als mehrdimensionales Konstrukt mit den Dimensionen Überzeugung zum selbstständigen Lernen und Überzeugung zum transmissiven Lernen zu verstehen.

Die Überzeugungen zum selbstständigen Lernen beziehen sich auf das diskursive selbstständige Lernen und sind im naturwissenschaftlichen Unterricht stark mit dem Experimentieren der Schüler sowie dem Alltagsbezug des Unterrichts verbunden (Lamprecht, 2011; Voss et al. 2013). Damit haben sie auch einen Bezug zu den unterstützenden und lernförderlichen Unterrichtselementen. Die Überzeugungen zum transmissiven Lernen beziehen sich auf Unterrichtselemente, die eine direkte Informationsvermittlung im Unterricht verfolgen (Lamprecht, 2011; Voss et al., 2011). Das kognitiv konstruktivistische Professionsideal setzt sich dementsprechend aus der Befürwortung des selbständigen Lernens und der gleichzeitigen Ablehnung des transmissiven Lernens zusammen (Askew et al., 1997; Lamprecht, 2011).

Neben der Lehrerüberzeugung bezieht sich auch die Unterrichtsqualität auf unterrichtsbezogene Phänomene. Letztere wird in drei Kategorien eingeteilt: Kognitive Aktivierung, konstruktive Unterstützung und Klassenführung (Kunter & Trautwein, 2013).

Transmissive Unterrichtselemente sind dabei Indikatoren für eine geringe kognitive Aktivierung und selbstständiges Lernen wird als Indikatoren für konstruktive Unterstützung gesehen (Lipowsky et al., 2009; Vogelsang, 2014).

Fragestellung

Ziel dieses Beitrages ist es, den Zusammenhang zwischen Lehrerüberzeugungen und Unterrichtsqualität bei Physiklehramtsstudierenden zu beschreiben. Dabei soll untersucht werden, ob sich der positive Zusammenhang zwischen der Überzeugung zum

selbstständigen Lernen und der konstruktiven Unterstützung (H1), wie auch der negative Zusammenhang zwischen der Überzeugung zum transmissiven Lernen und der kognitiven Aktivierung (H2) empirisch für die Physik bestätigen lässt.

Methode

Das diesem Beitrag zugrunde liegende Projekt Фactio befasst sich mit dem Unterrichtshandeln in miniaturisierten Unterrichtseinheiten von Physiklehramtsstudierenden.

Die Stichprobe basiert auf der Befragung und Beobachtung von Studierenden des Haupt- und Realschul- sowie des gymnasialen Lehramtes, die zwischen dem Wintersemester 2011/12 und dem Sommersemester 2014 an einer obligatorischen Lehrveranstaltung in Frankfurt a. M. teilgenommen haben. Es handelt sich folglich um eine standortspezifische Vollerhebung. Für die vorliegenden Analysen konnten Daten von 75 der insgesamt 94 Studierenden berücksichtigt werden.

Jeder Proband unterrichtet in dieser Lehrveranstaltung zwei Unterrichtsminiaturen (12 Minuten) vor je einer Klassenhälfte (Mittelstufe) mit einem Freihandexperiment aus der Mechanik. Trotz dieser Einschränkungen sind die resultierenden Unterrichtsminiaturen inhaltlich abgeschlossen und keine Unterrichtsausschnitte (Korneck et al., 2015). Das weitere Erhebungssetting ist in die Lehrveranstaltung integriert: In einer Vorerhebung wird die kognitiv konstruktivistische Orientierung durch einen Selbstbericht mit den beiden o. g.

Subdimensionen (Fennema et al., 1990; Staub & Stern, 2002) erfasst. Die Qualität der Unterrichtsminiaturen wird von durchschnittlich zehn hospitierenden Peers mit einem an das Setting adaptierten Messinstrument der COACTIV-Studie (Baumert et al., 2009) beurteilt.

Beide Skalen der Lehrerüberzeugungen wurden manifest konstruiert und haben ausreichende bis gute Reliabilitäten (α=.73-.82). Die einzelnen Subdimensionen der beiden betrachteten Unterrichtsqualitätsmerkmale wurden in einem zweischrittigen Verfahren im Rahmen der IRT beschrieben und darauffolgend in einem Mehrebenen-Strukturgleichungsmodell latent modelliert. Sie konnten reliabel (α=.68-.70; ICC(2)=.82-.83) operationalisiert werden.

Darauf aufbauend werden in erweiterten Modellen bivariate und multivariate Zusammenhänge der Unterrichtsqualität und der professionellen Kompetenz beschrieben.

Die Modellpassung liegt im guten Bereich.

Ergebnisse und Diskussion

Die multiplen Regressionsmodelle zeigen vorab, dass zehn Prozent der konstruktiven Unterstützung und elf Prozent der kognitiven Aktivierung durch die Lehrerüberzeugungen erklärt werden können. Damit wird eine wichtige theoretische, aber empirisch schwer zu belegende Eigenschaft der Lehrerüberzeugungen bestätigt. Darüber hinaus ist es möglich, Unterrichtsqualität und Lehrerüberzeugungen auch strukturell stärker aufeinander zu beziehen. Die beiden Bereiche der Unterrichtsqualität konstruktive Unterstützung und kognitive Aktivierung lassen sich theoretisch und empirisch auf die Überzeugung zum selbstständigen Lernen und die Überzeugung zum transmissiven Lernen beziehen. Die Korrelationsmodelle zeigen einen signifikanten positiven Effekt zwischen konstruktiver Unterstützung und der Überzeugung zum selbstständigen Lernen sowie einen signifikanten negativen Effekt zwischen der kognitiven Aktivierung und der Überzeugung zum transmissiven Lernen. Durch diese Ergebnisse konnten Hypothese 1 und Hypothese 2 bestätigt werden. Ein nächster, auf diesen Ergebnissen aufbauender Schritt ist, Lehrerüberzeugungen und Unterrichtsqualität theoretisch und empirisch stärker aufeinander zu beziehen. Bisher wird dieser Ansatz jedoch dadurch begrenzt, dass sich diese Gemeinsamkeit zwischen beiden Konstrukten nur eingeschränkt in den bisherigen Operationalisierungen wiederfinden lässt. Um die Annahme einer gemeinsamen Struktur von Unterrichtsqualität und Lehrerüberzeugungen weiter zu prüfen, werden insbesondere für

die Lehrerüberzeugungen Messinstrumente benötigt, die sich auf ein mit der Unterrichtsqualität vergleichbares Spektrum von Unterrichtselementen beziehen.

Literatur

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für Bildungsforschung

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Beltz Juventa

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Philipp Straube Volkhard Nordmeier

Freie Universität Berlin

Physikalische Erkenntnisgewinnung im Lehramtsstudium Ergebnisse eines Quasi-Längsschnitts

Einleitung

Die Professionelle Kompetenz von Lehrenden unterteilt sich in die drei Bereiche Fachwissen, Pädagogisches Fachwissen und Fachdidaktisches Wissen (Baumert & Kunter,

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