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Forschungsergebnisse in den Kontext als Basis für die Entwicklung eines Therapiekonzeptes

Die Transplantation ist eines der belastendsten Verfahren überhaupt für Körper und Seele, denn die Kinder sind häufig von Geburt an schwer krank, haben teilweise Schmerzen und leiden unter ihren Symptomen. Sie müssen all ihre Kraft darein setzen, körperlich und seelisch zu überleben (Storkebaum, 1999). Und so ist es auch kaum verwunderlich, dass Kinder vor und nach pädiatrischer Lebertransplantation nicht nur unter den Ängsten und dem Stress leiden, den sie im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes ertragen müssen, sondern auch in ihrem vermeidlichen Alltag mit Ängsten und psychosozialen Problemen zu kämpfen haben. Viele der Kinder haben es schwer, sich sozial zu integrieren, da sie durch ihre Krankheit und die langen Krankenhausaufenthalte oft zu Außenseitern geworden sind. Die hohe Stressbelastung durch die Erkrankung macht es den Kindern und ihrer Familie schwer, die gleiche Lebensqualität zu erlangen, wie gesunde Familien sie erleben. Eine Studie von Tschuschke et al. (1999) über Copingstrategien bei Knochenmarktransplantation zeigte, dass

„Kampfgeist“ sowie „Ablenkung von der Krankheit“ geeignete Copingstrategien wären, um effektiv eine Verbesserung des seelischen und körperlichen Zustandes eines transplantierten Patienten zu ermöglichen.

Fähigkeiten, die die Familien und die Kinder in einer solchen Situation oftmals nicht mitbringen, und die voraussetzen, dass die Patienten sich mit

ihrer Erkrankung und der Transplantation soweit auseinandergesetzt haben, dass sie diese verstehen. Zudem ist eine positive Einstellung zu sich selbst und zum eigenen Körper notwendig um einen Sinn im Kampf für das Leben zu sehen. Dies gilt auch, wenn dieses Leben beinhaltet, dass die Krankheit und die dazu gehörigen Medikamente und Krankenhausaufenthalte ein Teil dieses Lebens sind. Die Krankheit als ein Teil des Lebens, die aber dieses nicht völlig bestimmt und dominiert, das gilt es den Kindern und ihren Familien zu vermitteln. Dabei ist der Wunsch nach Unterstützung und Begleitung von Seiten der Familien her groß. Die Bedeutung der sozialen Unterstützung und bei Kindern insbesondere der Unterstützung durch die Familie und Eltern kann gerade für Transplantationspatienten gar nicht hoch genug eingeschätzt werden (Johann & Richter-Görge, 1999). Johann &

Richter-Görke (1999) zeigten in ihrer Studie, dass es wichtig ist mit der Familie über die Probleme sprechen zu können, dass jemand da ist und Anteilnahme zeigt und optimistisch den Kampf gegen die Krankheit mit aufnimmt. Aus den Berichten in der Interviewstudie mit Eltern lebertransplantierter Kinder resultiert, dass Eltern oftmals genau diese Funktion nicht so wahrnehmen können, wie es für ihre Kinder notwendig wäre. Sie sind selbst so belastet, dass auch sie Unterstützung darin benötigen, ihrem Kind hilfreich beiseite stehen zu können. Die Hemmschwelle mit dem Kind direkt über einen medizinischen Eingriff zu sprechen und auch den Ängsten und Sorgen der Kinder entsprechend genügend Raum zu geben, ist oftmals sehr groß. Die Erfahrungen auf einer Station für pädiatrische Lebertransplantation zeigten, dass viele Eltern das

Verschweigen von schweren Eingriffen und schmerzlichen Erfahrungen sowie die Thematik des Todes als Schutz für ihr Kind sehen. Auch sie müssen erst geeignete Strategien lernen, um mit der Erkrankung und der Transplantation umgehen zu können.

Eine weitere entscheidende Erkenntnis aus den Studien in der Kinderuniklinik Ostbayern ist, dass ein besonderer Augenmerk auf der psychosozialen Betreuung von Kindern und ihren Familien vor, während und in der Zeit des Krankenhausaufenthaltes direkt nach der Transplantation liegt und hier auch notwendig ist. Aber auch Kinder und Jugendliche Jahre nach der Transplantation haben mit psychosozialen Problemen zu kämpfen haben. Mit verschiedenen Entwicklungsstufen ergeben sich zunehmend neue Probleme für die Kinder und die Eltern. Dabei ist nicht nur die Pubertät ein Zeitpunkt, in der neue Probleme auftreten. Mit dem Autonomiestreben und einer veränderten Körperwahrnehmung stehen die Familien hier vor einer großen Herausforderung. Aber auch bei anderen Lebensabschnitten, wie Schulbeginn, Schulwechsel oder der Eintritt in die Arbeitswelt, wie auch familiäre Veränderungen oder der Wunsch nach neuen Freizeitbeschäftigungen, Schullandheimbesuche und vieles mehr können neue Krisen in den Familien hervorrufen. Aus diesem Grund ist es für die Familien hilfreich, in den regelmäßigen Kontrollterminen in der Klinik auch die psychotherapeutische Unterstützung nutzen zu können. Zum einen kennen die Spezialisten hier vor Ort die Besonderheiten bei transplantierten Patienten und auch die Krankheitsgeschichte, zum anderen

bedeutet dies für die Familien, nicht noch zusätzlich Termine bei Therapeuten für erste Fragen und Hilfestellungen wahrnehmen zu müssen.

Ein letzter wesentlicher Aspekt, der hier angesprochen werden soll, ist das veränderte Körperbild eines Patienten nach Organtransplantation. Dabei kann nicht gleich bei jedem transplantierten Patienten von einer Körperbildstörung gesprochen werden. Hier soll der Fokus vielmehr auf den eigene Körper gelegt werde, der die entscheidende Basis für ein Identitäts- und Integritätsgefühl wie auch für die Kommunikation mit unseren Mitmenschen und damit für unsere soziale Rolle ist (Langenbach & Köhle, 1999). Damit kann das eigene Körperbild und das Annehmen des eigenen Körpers, so wie er ist, einen entscheidenden Beitrag dazu leistet, wie chronisch kranke Kinder sich sozial integrieren und ihre Lebensqualität verbessern können.

Basierend auf diesen Erkenntnissen lässt sich zusammenfassen, dass es wichtig ist, in der Arbeit mit chronisch kranken Kindern und ihren Familien im Krankenhaus eine körperliche und eine seelische Genesung anzustreben und das Kind im Kontext seines Umfeldes zu sehen. Eine Organtransplantation kann nur dann zu einer besseren Lebensqualität der Patienten führen, wenn auch die Seele gesund ist. Die wesentlichen Aspekte, die dafür im Blickpunkt der Therapeuten sein sollten, sind die Ängste und der psychische Stress, dem die Kinder und Jugendlichen ausgesetzt sind, die psychosozialen Probleme sowie eine Unterstützung zu einer geeigneten Krankheitsbewältigung.