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Theoretische Herleitung der Schätzgleichung

Im Dokument 1. Deskriptive empirische Analyse (Seite 76-80)

3. Makroökonometrische Untersuchung zu den Einflussfaktoren der Lohnquote im

3.1 Theoretische Herleitung der Schätzgleichung

Die theoretische Fundierung einer schätzbaren AEQ-Gleichung fußt im Wesentlichen auf zwei zentralen Modellannahmen. Zum einen muss eine Produktionsfunktion ge-wählt werden, die eine variable AEQ im Zeitverlauf erlaubt und die Gründe hierfür klar darstellt. Vor allem die Annahmen über technologischen Wandel (Kapital oder Arbeit vermehrend) und die Substitutionselastizität (komplementäre oder substitutive Beziehung zwischen den Produktionsfaktoren) stehen hier im Mittelpunkt. Zum ande-ren ist eine Annahme über die zu Grunde liegende Marktform des Gütermarktes not-wendig. Werden auf nicht perfekt wettbewerblichen Märkten Profite erwirtschaftet, kommt bestimmten Elementen und Institutionen, insbesondere hinsichtlich der Lohn-verhandlungsstruktur, eine besondere Bedeutung bezüglich der Verteilung dieser Profite zu.

Als Produktionsfunktion scheidet eine Cobb-Douglas Technologie YLK1, mit Y = Produktionsmenge, K = Kapitaleinsatz und L = Arbeitsatz, aus. Die Substituti-onselastizität zwischen Arbeit und Kapital ist in diesem Fall stets gleich eins, was einen Effekt von Verschiebungen der Faktoreinsatzrelationen auf die AEQ aus-schließt. Folgende Berechnung (mit w= Lohnsatz) zeigt die Unveränderlichkeit der AEQ in diesem Szenario.

(4)  

Eine allgemeine Form wie die CES (Constant Elasticity of Substitution) Funktion ist dagegen mit einer variierenden AEQ kompatibel. Die Richtung des Effektes einer Veränderung in Faktorpreisen oder –relationen hängt hierbei entscheidend vom Wert der Substitutionselastizität ab und damit von der Frage, ob es sich bei den Faktoren um Komplemente oder Substitute handelt. Es besteht in der Literatur kein genereller Konsens über die Höhe der gesamtwirtschaftlichen Substitutionselastizität

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ter Volkswirtschaften. Blanchard (2000) verweist allerdings darauf, dass selbst unter Annahme verschiedener Werte für die Substitutionselastizität ein Großteil der Varia-tion in der AEQ unerklärt bleibt, sofern nicht zusätzliche Faktoren in die Analyse in-tegriert werden. Bentolila und Saint-Paul (2003) zeigen, dass eine genaue Spezifika-tion der ProdukSpezifika-tionstechnologie nicht unbedingt notwendig ist, um die Effekte der Faktorintensitäten und Faktorpreise zu analysieren. Sie stellen allgemein fest, dass sich bei vollständigem Wettbewerb und nicht vorhandenem oder zeitlich invariatem Kapital vermehrendem technologischen Wandel eine eins-zu-eins Beziehung zwi-schen der Kapitalintensität K/Y (als Zusammenfassung der Faktoreinsatz- und Fak-torpreiseffekte) und der AEQ feststellen lässt.

Es empfiehlt sich daher auf eine, in der Literatur in diesem Zusammenhang regel-mäßig verwendete, allgemeine Translog (transzendent logarithmisch) Produktions-technologie zurückzugreifen und daraus die benötigte Gesamteinkommensfunktion zu bestimmen (Feenstra 2004, Harrison 2002, Jaumotte und Tytell 2007, zu den Grundlagen siehe Christensen et al. 1973). Der Vorteil einer Translog-Funktion be-steht darin, die genaue funktionale Form nicht exakt spezifizieren zu müssen und sie auf beliebig viele Produktionsfaktoren und Güterpreise erweitern zu können.

Zunächst soll unter der vereinfachenden Annahme von lediglich zwei Produktionsfak-toren und einem Güterpreis die theoretische Vorgehensweise verdeutlicht werden.

Im Anschluss wird der Ansatz verallgemeinert und auf die spezielle hier benötigte Schätzgleichung angewendet.

Unter den genannten Annahmen lässt sich eine Produktionsfunktion generell als Y = f(K, L) darstellen. Die Gesamteinkommensfunktion G = h(Y, p) kann somit in Abhän-gigkeit der Produktionsfaktoren und des Preises p als G = h(K, L, p) geschrieben werden. Um eine Translog-Gesamteinkommensfunktion zu erhalten, wird nun diese allgemeine Funktion in logarithmierter Form durch eine Taylorreihe zweiter Ordnung angenähert.

78 Es gilt coeff.xycoeff.yx.

Die Koeffizienten ,, beschreiben jeweils die partiellen Ableitungen im Approxi-mationspunkt. Aus dieser Gleichung kann nun die AEQ als partielle Ableitung nach (ln L) geschrieben werden:

(6) L K p

Gleichung (6) veranschaulicht bereits die einzig entscheidenden Variablen für die Bestimmung der AEQ bei perfektem Wettbewerb, also ohne Marktmacht und mit Löhnen, welche direkt der Grenzproduktivität entsprechen.

Eine Verallgemeinerung auf n Preise und einen Vektor Vi (i = K, L, …, X) der Produk-tionsfaktoren ist für Gleichung (5) und (6) problemlos möglich. Es ergibt sich für die Gesamteinkommensfunktion:

Es wird angenommen, dass die Funktion symmetrisch und homogen vom Grade eins sowohl in Faktorpreisen, als auch –mengen ist, das heißt:

1

 für Homogenität ersten Grades in Gütermengen.

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Bis zu diesem Punkt wurde stets perfekter Wettbewerb angenommen, sodass als Erklärungsfaktoren für die AEQ ausschließlich die Faktorpreisverhältnisse und Men-genrelationen in Frage kommen. Bentolila und Saint-Paul (2003) fassen diese An-nahmen, wie oben bereits erwähnt, bündig in ihrer Proposition 1 (Seite 6) zusammen und deuten auf die empirische Notwendigkeit hin, der AEQ-Gleichung weitere Erklä-rungsfaktoren zur Seite zu stellen. Diese können zum einen in weiteren Produktions-faktoren mit bestimmten Eigenschaften zu finden sein, vor allem aber in der Aufhe-bung der Annahme des perfekten Wettbewerbs. Sie verweisen auf Produktmarkt-macht als Erklärungsfaktor. In einer solchen Situation wären Profite möglich, über deren Verteilung verhandelt werden würde, was wiederum Einfluss auf die AEQ hät-te. Grundsätzlich beschreiben diese Modelle Abweichungen des Lohnsatzes von der Grenzproduktivität des Faktors Arbeit. Gerade bestimmten Arbeitsmarktinstitutionen kommt hier eine besondere Bedeutung zu.29 Neben Bentolila und Saint-Paul zeigen auch Giammarioli et al. (2002) (Kündigungsschutzregelungen) und Blanchard und Giavazzi (2003) (Lohnverhandlungen) beispielhaft die Effekte von Arbeitsmarktinsti-tutionen auf die AEQ in theoretischer Perspektive auf.30

In die obige AEQ-Gleichung lassen sich solche Faktoren als Verschiebungs-Variablen (Ω) einarbeiten. Sie verschieben die Beziehung zwischen den Standardfak-toren und der AEQ. Grundsätzlich sind hier all jene FakStandardfak-toren denkbar, die Einfluss auf die Verteilung der Profite oder die Arbeitsnachfrage haben.

Für die AEQ ergibt sich damit folgende Gleichung:

(9)

  

Diese kann nun für eine Situation mit Arbeit und Kapital als Produktionsfaktoren und verschiedenen Preisen für importierte bzw. exportierte Güter, sowie unter Berück-sichtigung der Symmetrie- und Homogenitätsannahmen als Grundlage für empiri-sche Schätzungen formuliert werden:

29 Eine ausführliche Darstellung der institutionellen Einflussfaktoren findet sich in Kapitel 2.1.

30 Neben der Verteilungsfrage bezüglich der relativen Anteile an erwirtschafteten Profiten, kann auch die Dynamik der Profite selber die AEQ beeinflussen. Bei konstanten Profiten ist der Einfluss allein in der Verteilungsfrage gebündelt, variieren die Profite jedoch im Zeitablauf, hat dies Auswirkungen auf die AEQ. Folgt man der empirischen Literatur zur zeitlichen Dynamik des Mark-ups und nimmt eine antizyklische Bewegung an, so zeigen u.a. Bentolila und Saint-Paul (2003), dass sich hieraus pro-zyklische Effekte auf die AEQ ergeben.

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