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4.4 Testung auf Kinase-inhibitorische und antivirale Aktivität am Leibniz-

4.4.1 Testergebnisse

In Tabelle 13 sind die Testergebnisse aller Zielverbindungen aufgelistet. Die ermittelten IC50 -Werte der Chikungunya-Virus Replikation (CHIKV) und die Kinase-inhibitorische Aktivität (CLK1) werden in Mikromol pro Liter [µM] angegeben. Die IC50-Werte, die keinen sigmoidalen Kurvenverlauf, einen niedrigeren IC50-Wert als die kleinste gemessene Konzentration, eine Aktivitätsdifferenz kleiner als 25 % oder einen höheren IC50-Wert als die gemessene Konzentration aufwiesen, wurden in Klammern gesetzten bzw. mit Strich (---) gekennzeichnet.

Die entsprechenden Werte wurden durch Extrapolation berechnet und müssen deshalb unter Vorbehalt bewertet werden. Einige Verbindungen wurden leider nicht gemessen, dies ist mit n. g. (nicht getestet) angegeben. Ergebnisse von Mehrfachmessungen sind durch Schrägstriche getrennt.

Tabelle 13: Testergebnisse CHIK-Virus Replikation und CLK1

Substanz Strukturformel IC50-CHIKV [µM] IC50-CLK1 [µM]

KH-CB19 3.4 0.020 ± 0.006

7 (0.47)/ (1.6 ± 0.50) 0.63/ 0.29

3 15/ 1.3 0.66

8 3.5 ± 0.1/ 8.2 ± 10 0.32

4 12 ± 25/ (41 ± 2) 0.66

27 n. g. (0.22)

act. diff. < 25 %

57 (2.2 ± 0.50) 2.9

58 (0.27) 3.6 ± 0.54

59 5.4 8.3 ± 0.19

75 (1.1 ± 0.42)/ (9.6) 12

85 (3.2 ± 0.58)/ (2.9)/

(0.62)

17/ 9.7

89 (0.57 ± 15) 0.48

92 n. g. act. diff. < 25 %

138 (5.1 ± 0.82) 14

139 (2.9 ± 0.40) IC50 > Cmax

140 (4.0 ± 0.80) 13

116 (0.25) IC50 > Cmax

123 (3.5 ± 0.034) 6.8

117 (0.25) act. diff. < 25 %

118 (0.094) act. diff. < 25 %

119 --- IC50 > Cmax

120 3.1 ± 0.1 2.4

126 4.9 ± 17 1.4

141 IC50 > Cmax act. diff. < 25 %

142 IC50 > Cmax 2.5

135 (2.3) 4.6

130 (0.013) 5.4

93 --- act. diff. < 25 %

94 (0.063 ± 314)/

(12 ± 1.5)

act. diff. < 25 %

95 3.1/ 31 ± 4 act. diff. < 25 %

96 --- 8.9 ± 1.9

97 (0.46) 4.6 ± 0.52

98 n. g. 1

99 (4.1 ±3.7) 0.85 ± 0.18

101 --- act. diff. < 25 %

103 13 2.7

108 n. g. 4.8

109 --- 19

110 n. g. 0.76

111 9.9 ± 1.2 0.63

112 15 ±0.4 0.11

64 --- act. diff. < 25 %

63 (1.0) 7.7

62 (2.2 ± 0.4) ---

66 (0.004); IC50 < Cmin IC50 > Cmax

104 2.0 ± 0.023 2.3 ± 0.17

60 1.3 ± 0.15 8.4 ± 1.3

105 11 IC50 > Cmax

106 0.48 ---

161 14 1.8

107 0.45 ± 0.001 8.2 ± 17

113 (0.79) 9

114 (0.002); IC50 < Cmin 0.89

43 IC50 > Cmax 1.2

40 n. g. 16

44 (0.017) 27

41 (1.9) 0.89

4.4.2 Diskussion der Testergebnisse

Eine Korrelation zwischen der Potenz bzgl. CLK1-Hemmung und der antiviralen Potenz konnte aus den vorliegenden Daten nicht sicher nachgewiesen werden, weshalb die Testergebnisse unabhängig voneinander betrachtet werden müssen.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden zahlreiche neue Substanzen hergestellt, die eine signifikante Hemmung der CKL1 aufweisen. In sehr vielen Fällen wurden dabei von einem Grundmuster

„Indol mit Amino-Heteroaromat an C-3“ systematisch folgende Variationen durchgeführt: Indol-Stickstoff entweder unsubstituiert oder methyliert, sowie Positionen C-6 und C-7 des Indols entweder unsubstituiert oder beide chloriert. Dabei erwiesen sich vor allem die chlorierten Verbindungen (meist mit IC50-Werten unter 1 µM) als besonders aktiv. Diese zeigten bis auf wenige Ausnahmen einen niedrigeren IC50-Wert als die nicht chlorierten Analoga. Erst gegen Ende des Projekts, als eine signifikante Zahl von gelungenen Co-Kristallsationen von Inhibitoren aus dieser Arbeit vorlag, trat ein Problem bzgl. der Interpretation der Testergebnisse zutage. Für die Erstellung von Struktur-Aktivitäts-Beziehungen dürfen natürlich nur Verbindungen mit gleichem Bindungsmodus im aktiven Zentrum des Enzyms verglichen werden. Allerdings zeigten chlorierte und nicht chlorierte Verbindungen häufig (aber leider nicht immer!) völlig unterschiedliche Bindungsmodi (siehe Kapitel 4.3). So zeigte z. B.

Verbindung 109, trotz fehlender Chlor-Substituenten einen annähernd gleichen Bindungsmodus wie die Dichlorindole KH-CB19 und 111 (Abbildung 109). Die CLK1-Testung ergab für 109 einen IC50-Wert von 19 µM, wohingegen die entsprechende dichlorierte Verbindung 111 einen IC50-Wert von 0.63 µM und KH-CB19 einen IC50-Wert von 0.020 µM hatte. Die höhere Aktivität von 111 und KH-CB19 im Vergleich zur nicht chlorierten Verbindung 109 lässt sich aufgrund der zusätzlichen Chlorbrücke und dem damit atypischen Bindungsmodus erklären (Abbildung 107). Ebenso wiesen die Verbindungen 112, 110 und 104 den gleichen Bindungsmodus wie KH-CB19 auf. Jedoch hatten diese eine schwächere inhibitorische Aktivität von 0.11 µM, 0.76 µM bzw. 2.0 µM. Dies lässt sich vermutlich durch sterische und elektronische Unterschiede zwischen dem Aminopyridin- bzw. dem Aminopyrimidin-Resten und dem Enaminonitril von KH-CB19 begründen. Der Substituent am Indol-Stickstoff hatte in der genannten Reihe jedoch nur einen minimalen Einfluss auf die IC50 -Werte.

Der Einfluss verschiedener Substituenten an C-3 des Indol-Grundkörpers ist ebenfalls schwer zu bewerten. Der Bindungsmodus der Verbindung wird einerseits durch die Chlor-Substituenten und andererseits durch den Rest an C-3 bestimmt. Die chlorierten Verbindungen zeigten bis auf eine Ausnahme (8) den atypischen Bindungsmodus mit einer Chlorbrücke im aktiven Zentrum. Bei den nicht chlorierten Verbindungen konnte jedoch kein einheitlicher Bindungsmodus gezeigt werden. Ein Vergleich der IC50-Werte erschien daher nicht sinnvoll.

Abschließend lässt sich festhalten, dass eine Reihe hochaktiver CLK1-Inhibitoren (meist mit IC50-Werten unter 1 µM) in dieser Arbeit dargestellt werden konnten. Diese zeigten meist die von KH-CB19 bekannte 6,7-Dichlorindol-Partialstruktur und bildeten damit die atypische Chlorbrücke im aktiven Zentrum der Kinase aus. Eindeutige Aussagen zum Einfluss der N-Indol-Substituenten und der verschiedenen Reste an C-3 auf die inhibitorische Aktivität konnten leider nicht getroffen werden, weil hierfür die Zahl an objektiv vergleichbaren Inhibitoren mit (mittels Kristallstruktur nachgewiesenem) identischem Bindungsmodus zu klein war.

Die Experimente zur Virusreplikation sind sehr aufwändig und schwierig durchzuführen, weshalb nur für eine überschaubare Zahl von Inhibitoren sigmoidale Verläufe der Dosis-Aktivitäts-Beziehungen erhalten wurden. Aufgrund der geringen Zahl an validen Werten gestaltete sich die Interpretation der Testergebnisse in Bezug auf CHIKV-Inhibition äußert schwierig. Die wenigen verbliebenen IC50-Werte waren im niedrigen einstelligen mikromolaren Bereich, vergleichbar mit der Aktivitäten der Leitstruktur KH-CB19 (IC50=3.4 µM). Mit einem sigmoidalen Kurvenverlauf und einem IC50-Wert von 0.45 µM bzw. 0.48 µM waren die Verbindungen 107 und 106 die aktivsten in Bezug auf CHIKV-Inhibition. Das Aufstellen eindeutiger Struktur-Aktivitäts-Beziehungen war jedoch aufgrund vieler zweifelhafter Werte leider nicht möglich.

Wegen der lückenhaften Erkenntnisse zu Struktur-Aktivitäts-Beziehungen bzgl. CHIKV-Inhibition lässt sich auch noch keine klare Aussage treffen, ob die CLK1-inhibitorische Potenz der Verbindungen tatsächlich mit ihrer antiviralen Aktivität korreliert. Die vorliegenden Daten lassen eine solche Korrelation sogar als eher unwahrscheinlich erscheinen.

5 Zusammenfassung

In einem vorangegangen Projekt war von Dr. Kilian Huber in unserer Arbeitsgruppe KH-CB19 als potenter und äußerst selektiver Inhibitor der Proteinkinase CLK1 entwickelt worden. Die Verbindung zeigt einen einzigartigen Bindungsmodus. KH-CB19 bindet in der hinge region über eine Chlorbrücke an das Protein. Zusätzlich bildet die E-konfigurierte Enaminonitril-Partialstruktur ein definiertes Netz von Wasserstoffbrückenbindungen über die Cyanogruppe als Akzeptor und die Aminogruppe als Donator aus.

Besondere Aktualität erhielt dieses Projekt durch die Beobachtung von Forschern um Prof. Dr.

Thomas Meyer am MPI für Infektionsbiologie in Berlin, dass die Replikation von Chikungunya und anderen Viren durch Hemmung der CLK1 in den Wirtszellen unterdrückt werden kann.

Das Ziel dieser Arbeit war die Synthese verschiedener Strukturanaloga, die einen ähnlichen Bindungsmodus an CLK1 wie KH-CB19 aufweisen, bei denen aber das primäre Enaminonitril an C-3 des Indolrings durch stabile bioisostere Heteroaromaten ersetzt ist. Das im wässrigen Milieu instabile Enaminonitril sollte durch hydrolyseunempflindliche Amino-Heteroaromaten ersetzt werden. Außerdem sollte die Konfiguration des Donor/Akzeptor-Musters durch die Rigidisierung im heteroaromatischen Ring eindeutig festgelegt werden. Der vorhandene Bindungsmodus (Abbildung 128) zur CLK1-Kinase sollte trotz Variation der Substituenten erhalten werden.

Abbildung 128: KH-CB19 am aktiven Zentrum der CLK1 mit Wasserstoffbrückenbindungen zwischen dem Enaminonitril und den Aminosäuren Lys191, Glu292 und Asn293 der CLK1

KH-CB19

Ferner sollte der Einfluss der 6,7-Dichlorindol-Partialstruktur, des Substituenten an C-2 und des Restes am Indol-Stickstoff, wie sie in KH-CB19 zu finden sind, auf die Hemmung der CLK1 bzw. Chikungunya-Virus Replikation überprüft werden.

Ausgehend von der Leitstruktur KH-CB19 sollten daher 3-Amino-Heteroarylindole mit folgendem allgemeinen Grundtyp (Abbildung 129) hergestellt werden. Als Heteroaromaten wurden Pyridine, Pyrimidine, Pyrazine sowie diverse N-Heteroaromaten ins Auge gefasst, bei denen eines der Ring-Stickstoffatome die H-Brücken-Akzeptorfunktion des Nitril-Stickstoffs der Leitstruktur KH-CB19 übernehmen sollte.

Abbildung 129: Allgemeine Zielstruktur (R=H, Cl; R´=H, CH3, C2H5, CH2CN; R´´=H, COOCH3, COOC2H5, C6H5)

Die meisten der Verbindungen wurden, abgeleitet vom 6,7-Dichlorindol-Grundkörper der Leitstruktur KH-CB19, mit mehreren verschiedenen Indol-Grundkörpern hergestellt, so dass, wo immer möglich, von jedem Strukturtyp verschiedene Analoga mit den in Abbildung 130 gezeigten Substitutionsmustern am Indol hergestellt wurden.

Abbildung 130: Verschiedene bicyclische Grundköper abgeleitet vom 6,7-Dichlorindol-Grundkörper der Leitstruktur KH-CB19 (Kasten)

KH-CB19

H-Brücken-Akzeptor H-Brücken-Donator

Die Darstellung der geplanten Verbindungen gelang auf zwei unterschiedlichen Syntheserouten. Bei Methode A wurde der Amino-Heterocyclus durch eine de-novo-Synthese aufgebaut. Dabei wurde an C-3 von Indolen eine monofunktionelle Gruppe eingeführt, die im nächsten Schritt zu einer bifunktionellen Gruppe umgewandelt wurde. Die Kondensation zum gewünschten Amino-Heteroaromaten gelang durch Umsetzung der erzeugten bifunktionellen Gruppe mit einer weiteren geeigneten bifunktionellen Gruppe.

Aminopyrimidine vom Typ A konnten sehr effektiv durch Umsetzung von 3-Acetylindolen mit Brederecks Reagenz bzw. DMF-DMA (in diesem Fall unter simultaner N-Methylierung am Indol) zu entsprechenden Enaminoketonen und nachfolgende Kondensation mit Guanidin erhalten werden (Abbildung 131). Das basierend auf ersten Testergebnissen von Dr. Michael Meyer vorgeschlagene 6-Azaindol 27 wurde nach dem gleichen Syntheseprinzip aus der entsprechenden 3-Acetylverbindung hergestellt (Abbildung 131).

Abbildung 131: Synthese der Aminopyrimidine vom Typ A

Diaminopyrimidine vom Typ B und C konnten durch eine de-novo-Synthese trotz zahlreicher Variationen einschlägiger Literaturmethoden nicht aufgebaut werden (Abbildung 132). Weder die in Abbildung 132 gezeigten Cyanoenolether noch die Enaminonitrile ließen sich mit Guanidin zu den Zielverbindungen cyclisieren.

A 27

Analog:

Abbildung 132: Versuche zur Darstellung der Diaminopyrimidine vom Typ B und C

Die 3-Indolacetonitrile waren aber geeignete Edukte für die de-novo-Synthese von Amino-Heterocyclen vom Typ D, G und H (Abbildung 133).

Abbildung 133: de-novo-Synthese von Indolen mit fünfgliedrigen Amino-Heteroaromaten an C-3

B

C

D

G

H

Die Darstellung der Aminoisoxazole vom Typ D und der Aminopyrazole vom Typ G verlief über Kondensation des 3-Indolacetonitrils mit Brederecks Reagenz und anschließende Hydrolyse mit Salzsäure zu den entsprechenden α-Cyanoaldehyden. Diese wurden mit Hydroxylamin zum Aminoisoxazol D bzw. mit Hydrazin zum Aminopyrazol G cyclisiert. 4-Amino-1,2,3-triazole vom Typ H wurden durch 1,3-dipolare Cycloaddition von Cyanomethylindolen mit organischen Aziden und nachfolgende Entschützung zum freien Triazol dargestellt. Als Schutzgruppen (R´´

in Abbildung 131) wurden Benzyl, Methoxybenzyl und SEM erprobt. Die Abspaltung der Benzyl- bzw. 4-Methoxybenzyl-Schutzgruppe war mit gängigen Methoden, wie katalytische Hydrierung, oder oxidative Methoden mit DDQ und CAN, nicht erfolgreich. Mittels Birch-Reduktion gelang zwar die Abspaltung der 4-Methoxybenzyl-Schutzgruppe, aber es trat eine zusätzliche Reduktion des Indols zum Indolin auf. Das gewünschte Aminotriazol vom Typ H ließ sich durch Entschützung des SEM-geschützten Triazols sowohl mit Tetrabutylammoniumfluorid in THF als auch mit konz. HCl in Methanol herstellen.

Die Darstellung der zu Typ D stellungsisomeren Aminoisoxazole E gelang durch eine Kondensation von 3-Cyanoacetylketonen mit Hydroxylamin in 2-Methoxyethanol (Weg A, Abbildung 134). Zusätzlich wurde bei dieser Kondensation die Bildung des Nebenprodukts 44 beobachtet. Offensichtlich reagierte hierbei das intermediär gebildete Cyanooxim unter Addition eines weiteren Äquivalents Hydroxylamin an das Nitril zu einem Amidoxim, welches unter Abspaltung von Ammoniak zum Isoxazolylhydroxylamin 44 cyclisiert (Weg B, Abbildung 134).

Abbildung 134: Weg A: Darstellung des Aminoisoxazols vom Typ E; Weg B: Nebenreaktion zum Isoxazolylhydroxylamin 44

44 E

Durch eine weitere de-novo-Synthese wurden aus den Cyanoketonen und Hydrazin unter saurer Katalyse von p-Toluolsulfonsäurechlorid Aminopyrazole vom Typ F hergestellt (Abbildung 135).

Abbildung 135: Darstellung der Aminopyrazole vom Typ F

Mittels de-novo-Synthese des Amino-Heterocyclus an C-3 entsprechender Indole („Methode A“) war somit eine ganze Reihe von Zielverbindungen zugänglich, bei einigen gelang allerdings eine Synthese nach diesem Muster (trotz ermutigender Präzedenzfälle in der Fachliteratur) nicht, bei etlichen weiteren Zielverbindungen erschien diese Vorgehensweise von vornherein unattraktiv bzw. nicht gangbar. Daher war von Anfang an auch eine völlig anders konzipierte „Methode B“ ins Auge gefasst worden, welche einen variablen Zugang zu unsymmetrischen Biarylen – hier 3-Heteroarylindolen – eröffnen sollte. Der zentrale Schritt bei dieser Methode war eine C-C-Knüpfung zwischen dem Indol und einem geeigneten Amino-Heteroaromaten. Grundsätzlich stehen für solche Biarylsynthesen verschiedene Metall-katalysierte Kreuzkupplungsmethoden zur Verfügung. In der vorliegenden Arbeit wurde die Suzuki-Kupplung, die eine Kupplungsreaktion zwischen Organoboronsäuren (bzw. deren Estern) und Arylhalogeniden (oder -triflaten) darstellt, eingesetzt. Die Darstellung der gewünschten Zielverbindungen gelang nach ausgiebiger Optimierung durch eine Eintopfmethode aus Masuda-Borylierung, gefolgt von Suzuki-Kupplung. Ebenso, wie bei den oben beschriebenen de-novo-Synthesen wurde auch hier versucht, jeweils Vertreter mit verschiedenen Indol-Grundkörpern (Abbildung 130) darzustellen. Die Darstellung der freien NH-Indole war nur bei Verwendung einer N-Boc-Schutzgruppe möglich. Einerseits wird dadurch die Komplexierung des Katalysator-Metalls verhindert und andererseits die Acidität der freien NH-Gruppe gesenkt. Das gewünschte zuvor mit NIS an C-3 iodierte Indol wurde durch Umsetzung mit Di-tert-butyldicarbonat, Triethylamin und DMAP am Indol-Stickstoff geschützt (Abbildung 136).

F

Abbildung 136: Iodierung mit NIS und Einführung der Boc-Schutzgruppe

Das N-Methyl-Analogon wurde durch Alkylierung mit NaH und Iodmethan hergestellt.

Anschließend wurde mit N-Iodsuccinimid oder N-Bromsuccinimid an C-3 halogeniert (Abbildung 137).

Abbildung 137: Alkylierung mit Iodmethan und Halogenierung mit N-Halogensuccinimid

Die so generierten halogenierten Indole waren die Edukte für eine Eintopfmethode zur Herstellung von unsymmetrischen Biarylen. Diese beinhaltete im ersten Schritt die Herstellung der benötigten Boronsäurebausteine mittels Masuda-Borylierung. Dazu wurden die 3-Halogenindole unter Pd(0)-Katalyse mit Pinacolboran zu den entsprechenden Boronsäure-Pinacolsäureestern umgesetzt (Abbildung 138). Diese Pinacolsäureester erwiesen sich als stabiler und besser handhabbar im Vergleich zu den entsprechenden freien Boronsäuren. Im zweiten Schritt wurden die erzeugten Boronate direkt in einer Suzuki-Kupplung mit entsprechenden halogenierten Heteroaromaten umgesetzt (Abbildung 138). Dazu wurden hauptsächlich bromierte Heteroaromaten eingesetzt. In einigen Fällen kamen aber auch chlorierte Heteroaromaten zum Einsatz. Im Fall der N-Boc geschützten Pinacolboronate wurde bei der Suzuki-Kupplung die Boc-Schutzgruppe simultan durch Caesiumcarbonat abgespalten, was eine nachträgliche Entschützung überflüssig machte.

Abbildung 138: Masuda-Borylierung, gefolgt von Suzuki-Kupplung

Mithilfe dieser Methode wurde aus den verschiedenen Indol-Grundbausteinen (Abbildung 130) mit jeweils einem der in

Abbildung 139 dargestellten Heteroaromaten eine Zielverbindung hergestellt. Außerdem gelang die Darstellung der nach Methode A nicht zugänglichen 2,4-Diaminopyrimidylindole vom Typ B.

Abbildung 139: Eingesetzte Heteroaromaten R=CH3, C2H5, CH2CN

R´=H, COOCH3, COOC2H5, C6H5

Eine nachträgliche Methylierung der Aminogruppe mit Natriumhydrid und Iodmethan führte zu N,N-dimethylierten und N-monomethylierten Derivaten ausgewählter Aminopyrimidine (Abbildung 140).

Abbildung 140: Nachträgliche Methylierung von 2-Aminopyrimidylindolen

Zusätzlich wurden Verbindungen hergestellt, die an C-2 des Indols einen Phenyl- bzw. einen Carbonsäureester-Substituenten tragen. Der Aufbau der C-2 substituierten Verbindungen gelang für die N-methylierten Indole analog der beschriebenen Methode über Masuda-Borylierung, gefolgt von einer Suzuki-Kupplung (Abbildung 138).

Außerdem wurde bei ausgewählten Verbindungen der Einfluss weiterer Substituenten am Indol-Stickstoff getestet. Dazu wurde das Indol einerseits mit einem N-Ethyl-Substituenten und andererseits mit einem N-Cyanomethyl-Substituenten versehen. Der Aufbau des Biaryls gelang hier ebenfalls über die etablierte Methode aus Masuda-Borylierung, gefolgt von Suzuki-Kupplung (Abbildung 138).

Die dargestellten Verbindungen wurden von unseren Kooperationspartnern am Max-Plank-Institut für Infektionsbiologie (MPI) und dem Leibniz-Max-Plank-Institut für molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin auf deren biologische Aktivität untersucht. Einerseits wurde die inhibitorische Aktivität gegen CLK1 und andererseits gegen das Chikungunya-Virus untersucht. Außerdem wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Reihe von Co-Kristallstrukturen von Prof. Dr. Oded Livnah erstellt, die den genauen Bindungsmodus der Verbindungen an CLK1 aufzeigten.

Die statistischen Auswertungen von Dr. Michael Meyer ergaben, dass aus den vorliegenden Daten keine Korrelation zwischen der Potenz bzgl. CLK1-Hemmung und der antiviralen Potenz nachgewiesen werden konnte, weshalb die Testergebnisse unabhängig voneinander betrachtet werden müssen.

Die biologischen Testergebnisse in Kombination mit den Co-Kristallstrukturen zeigten, dass in dieser Arbeit eine Reihe hochaktiver CLK1-Inhibitoren (meist mit IC50-Werten unter 1 µM) dargestellt werden konnten. Verbindungen mit der angestrebten 6,7-Dichlorindol-Partialstruktur wiesen meist bessere CLK1-inhibitorische Aktivitäten als die entsprechenden nicht chlorierten Analoga auf. Eindeutige Aussagen zum Einfluss der N-Indol-Substituenten und der verschiedenen Reste an C-3 auf die inhibitorische Aktivität konnten leider nicht getroffen werden, weil hierfür die Zahl an objektiv vergleichbaren Inhibitoren mit (mittels Kristallstruktur nachgewiesenem) identischem Bindungsmodus zu klein war.

Das Aufstellen eindeutiger Struktur-Aktivitäts-Beziehungen in Bezug auf CHIKV-Inhibition war aufgrund vieler zweifelhafter Werte leider nicht möglich. Die Experimente zur Virusreplikation sind äußert schwierig durchzuführen, weshalb es unseren Kooperationspartnern am Max-Plank-Institut für Infektionsbiologie (MPI) in Berlin nur für eine überschaubare Zahl von Inhibitoren gelang verlässliche Werte der antiviralen Potenz zu generieren. Aufgrund der geringen Zahl an validen Werten gestaltete sich die Interpretation der Testergebnisse äußert schwierig. Die wenigen verbliebenen IC50-Werte waren im niedrigen einstelligen mikromolaren Bereich. Besonders nennenswert sind die Verbindungen 107 und 106, die mit einem IC50-Wert von 0.45 µM bzw. 0.48 µM die aktivsten in Bezug auf CHIKV-Inhibition waren und vergleichbare antivirale Aktivität wie die Leitstruktur KH-CB19 (IC50=3.4 µM) aufweisen.

Die Kristallstrukturen zeigten, dass das Ziel meiner Arbeit  Strukturanaloga, die einen ähnlichen Bindungsmodus an der CLK1 wie KH-CB19 aufweisen, bei denen aber die Enaminonitril-Partialstruktur durch stabile bioisostere Heteroaromaten ersetzt ist – erfüllt wurde. Besonders die dichlorierten Verbindungen 104, 111, 112 und 110 zeigten identische Wechselwirkungen mit CLK1 wie die Leitstruktur KH-CB19 und somit die gleiche räumliche Anordnung in der Bindungstasche (Abbildung 141).

Abbildung 141: KH-CB19 (beige) und 111 (hellblau) am aktiven Zentrum der CLK1 (rechts); Überlagerung der Verbindungen 111 (beige), 112 (hellblau) und 110 (rosa) (links)

Durch den Austausch des Enaminonitrils von KH-CB19 mit einem Aminopyrimidyl-Ring (111, 112 und 110) bzw. einem Aminopyiridyl-Ring (104) gelang die Synthese von Verbindungen mit identischem Bindungsmodus, bei verbesserter Stabilität und geringerem synthetischen Aufwand. Einerseits wurden die Chlorbrücken in der hinge region vom Chlor an C-6 zum Sauerstoff von Glu242 mit einem Abstand von ca. 3.0 Å und zum Stickstoff von Leu244 mit ca. 3.9 Å Abstand erhalten. Andererseits imitierten die stabilen Amino-Heteroaromaten von 104, 111, 112 und 110 perfekt die hydrolyseempfindliche Enaminonitril-Partialstruktur von KH-CB19. Es wurden jeweils drei Wasserstoffbrückenbindungen mit den gleichen Aminosäuren der CLK1 ausgebildet. Der Nitril Stickstoff von KH-CB19 zeigte eine H-Brücke zum Stickstoff von Lys191 mit einem Abstand von 2.930 Å. Die Aminogruppe bildete eine H-Brücke zum Sauerstoff von Glu292 mit 2.984 Å und zu Asn293 mit 2.990 Å Abstand. Die von mir dargestellten Verbindungen bildeten eine H-Brücke zum Stickstoff von Lys191 mit einem Abstand von ca. 2.9 Å. Die H-Brücken der Aminogruppe zum Sauerstoff von Glu292 und zu Asn293 waren mit ca. 3.3 Å bzw. ca. 3.5 Å jedoch minimal länger (exemplarisch bei 104 in Abbildung 142). Dadurch kann möglicherweise die etwas schlechtere inhibitorische Aktivität meiner Verbindungen 104 (IC50=2.0 µM), 111 (IC50=0.63 µM), 112 (IC50=0.11 µM) und 110 (IC50=0.76 µM) im Vergleich zur Leitstruktur KH-CB19 (IC50=0.020 µM) erklärt werden.

Abbildung 142: 4-Aminopyrimidylindol 104 am aktiven Zentrum der CLK1

Die räumliche Anordnung der Indol-Partialstruktur wurde bei allen chlorierten Verbindungen (bis auf eine Ausnahme 8) durch die Chlorbrücken in der hinge region nahezu fixiert. Die Substituenten am Indol-Stickstoff und der Substituent an C-3 hatten daher keinen bzw. kaum einen Einfluss auf die räumliche Lage der Verbindung in der Bindungstasche. Die annähernd gleiche räumliche Anordnung der chlorierten Verbindungen macht somit verlässliche Syntheseplanungen neuer Verbindungen einfacher.

Bei den nicht chlorierten Verbindungen konnte jedoch kein einheitlicher Bindungsmodus nachgewiesen werden. Die fehlende Fixierung über Chlorbrücken in der hinge region führte dazu, dass die räumliche Anordnung in der Bindungstasche vom Donor/Akzeptor-Muster des jeweiligen Amino-Heteroaromaten und vom Substitutionsmuster am Indol-Stickstoff maßgeblich beeinflusst wurde. Einige Verbindungen zeigten bei passendem Donor/Akzeptor-Muster einen ATP-kompetitiven Bindungsmodus in der hinge region. Der Substituent am Indol-Stickstoff hatte jedoch im Vergleich zu den chlorierten Verbindungen einen starken Einfluss auf die Orientierung der Verbindung in der Bindungstasche (Abbildung 143). Andere Verbindungen hingegen hatten trotz fehlender Chlor-Substituenten keinen ATP-kompetitiven Bindungsmodus, sondern zeigten eine ähnliche räumliche Anordnung wie die chlorierten Analoga (7 in Abbildung 144, links; oder 109 in Abbildung 144, rechts).

Abbildung 143: Überlagerung von 97 (beige) und 96 (hellblau) am aktiven Zentrum der CLK1

Abbildung 144: Überlagerung von 7 (beige) und 3 (hellblau) (links); Überlagerung von 111 (hellblau) und 109 (beige) am aktiven Zentrum der CLK1 (rechts)

Durch Zufall wurde eine extrem starke antimykotische Aktivität bestimmter Synthesezwischenstufen (3-Halogenindole) gegen Aspergillus niger im Agar-Diffusionstest herausgefunden. In einem Exkurs wurde daraufhin eine repräsentative Gruppe von Analoga als potenzielle Antimykotika synthetisiert. Ausgehend von Indol wurde im ersten Schritt durch Zugabe von Natriumhydrid der Indol-Stickstoff deprotoniert und mit dem entsprechenden Halogenkohlenwasserstoff zum N-substituierten Indol umgesetzt. Als Substituenten wurde Benzyl, (substituiertes) Alkyl und Cyanoalkylreste eingesetzt. Die nachfolgende Halogenierung an C-3 gelang mit entsprechenden N-Halogensuccinimiden (NCS, NBS, NIS) in meist sehr guter Ausbeute (Abbildung 145), jedoch waren die erhaltenen halogenierten Verbindungen teilweise nur begrenzt stabil.

Abbildung 145: Allgemeine Synthese der N-alkylierten 3-Halogenindole

Überraschenderweise hemmen diese Verbindung hoch selektiv das Wachstum von Aspergillus niger, nicht einmal andere klinisch relevante Aspergillus-Arten werden gehemmt.

Wirksam sind nur 3-halogenierte Verbindungen, wobei kein nennenswerter Unterschied zwischen Iod-, Brom- und Chlor-Verbindungen besteht. Schon kleine Variationen wie ein Substituent am Benzenring des Indols, ein 7-Aza- bzw. 6-Azaanalogon oder Substituenten am C-2 des Indols führten zu inaktiven Verbindungen. Der Substituent am Indol-Stickstoff hatte ebenfalls Einfluss auf die biologische Aktivität. So waren Verbindungen mit freier NH-Funktion inaktiv, dagegen Verbindungen mit Resten größer C3 und mit Mehrfachbindungen hochaktiv.

Abschließend lässt sich festhalten, dass in dieser Arbeit einige hochaktive CHIKV- und CLK1-Inhibitoren hergestellt wurden. Vier der dichlorierten Verbindungen zeigten einen identischen Bindungsmodus an der CLK1 wie KH-CB19, jedoch wurde bei diesen Verbindungen die hydrolyseempfindliche Enaminonitril-Partialstruktur, wie anfangs ausgegeben, durch stabile bioisostere Amino-Heteroaromaten ersetzt.

6 Experimenteller Teil