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Tabelle 5: Verpflichtungen Deutschlands im Rahmen der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten13

Abkommen Inkrafttreten in Deutschland Individualbeschwerdeverfahren in

Deutschland anwendbar Europäische Konvention zum Schutz der

Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)

03.09.1953 Ja (EGMR)

EMRK Zusatzprotokoll Nr. 1 (Recht auf Achtung des Eigentums, auf Bildung und auf faire und geheime Wahlen)

13.02.1957 Ja, gemäß Art. 5 Zusatzprotokoll

EMRK Zusatzprotokoll Nr. 4

(Freizügigkeits-recht und Ausweisungsschutz) 01.06.1968 Ja, gemäß Art. 6 Zusatzprotokoll

EMRK Zusatzprotokoll Nr. 6 (Verbot der Todesstrafe)

01.08.1989 Ja, gemäß Art. 6 Zusatzprotokoll

13 Die Tabelle führt nur Zusatzprotokolle mit materiellen Rechten auf.

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Abkommen Inkrafttreten in Deutschland Individualbeschwerdeverfahren in

Deutschland anwendbar EMRK Zusatzprotokoll Nr. 12

(Grundsätz-liches Diskriminierungsverbot)

Unterzeichnet am 04.11.2000, noch nicht ratifiziert

Nein

EMRK Zusatzprotokoll Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen)

01.02.2005 Ja, gemäß Art. 5 Zusatzprotokoll

14 Deutsches Institut für Menschenrechte: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsinstrumente/

empfehlungen-an-deutschland/

15 UN, Ausschuss über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (2019).

16 Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG).

Eine Übersicht aller Empfehlungen, die von den Vertragsorganen (Fachausschüssen zu den Menschenrechtsabkommen) an Deutschland aus-gesprochen wurden, findet sich – sortiert nach Themenbereichen – auf der Website des Deut-schen Instituts für MenDeut-schenrechte.14

Im Berichtszeitraum (1. Juli 2018 – 30. Juni 2019) wurden drei europäische und zwei internationale Überprüfungsverfahren zur Menschenrechtslage in Deutschland durchgeführt.

1.2.1 UN­Sozialpakt

Im Oktober 2018 hat der UN-Fachausschuss zum Sozialpakt überprüft, inwieweit Deutschland sei-nen Verpflichtungen aus dem Pakt nachgekommen ist.15 Dabei lobte der Ausschuss die Einführung eines bundesweiten Mindestlohns im Jahr 2015.16 Der Ausschuss hat sich in über 60 Absätzen mit der Umsetzung der Rechte aus dem UN-Sozialpakt auseinandergesetzt und eine Vielzahl an Empfeh-lungen zur Verbesserung der Umsetzung dieser Rechte ausgesprochen. Dabei wurden drei The-men als besonders dringlich eingestuft: Pflege von Älteren, Kinderarmut und das Recht auf Wohnen.

Das heißt, die Bundesregierung ist aufgefordert, innerhalb von 24 Monaten Informationen über die Umsetzung der Empfehlungen in diesen Bereichen vorzulegen.

Zur Pflege älterer Menschen: Der Ausschuss be-grüßte die Entscheidung der Bundesregierung, 13.000 neue Stellen für Pflegekräfte schaffen zu wollen. Er äußerte sich aber besorgt über die Lage älterer Menschen. Diese würden teilweise unter

entwürdigenden Bedingungen leben, auch in Pfle-geheimen, und würden aufgrund des Mangels an qualifiziertem Pflegepersonal keine angemessene Pflege erhalten. In diesem Sinne bekräftigte der Ausschuss zum wiederholten Mal, dass Deutsch-land unverzüglich Maßnahmen ergreifen müsse, die die Situation älterer Menschen in Pflegehei-men verbessern, und dass es ausreichend Mittel für die Ausbildung von Pflegekräften zur Verfügung stellen sowie Pflegeeinrichtungen häufiger und gründlich kontrollieren müsse. Altenpfleger_innen aus dem Ausland sollten außerdem zu gerechten und fairen Arbeitsbedingungen beschäftigt sowie im Einklang mit dem Verhaltenskodex der Welt-gesundheitsorganisation WHO zur Anwerbung von Gesundheitsfachkräften angeworben werden.

Zu Kinderarmut: Der Ausschuss äußerte sich besorgt über das Ausmaß der Kinderarmut in Deutschland. Die Bundesregierung solle kontinu-ierlich überprüfen, inwieweit die Leistungen für Kinder, inklusive des Kindergelds, des Kinderzu-schlags sowie des Bildungs- und Teilhabepakets, ausreichend seien. Des Weiteren empfahl der Ausschuss, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um anspruchsberechtigten Haushalten den Zugang zu diesen Leistungen zu vereinfachen und hierfür Daten zu den Leistungen und deren Inanspruch-nahme zu erheben.

Zum Recht auf Wohnen: Der Ausschuss kritisierte die sinkenden öffentlichen Ausgaben im Bereich Wohnen – bei gleichzeitig hohen Mieten und Miet-steigerungen, einem akuten Mangel an bezahl-barem Wohnraum und dem Rückgang der Anzahl von Sozialwohnungen. Er empfahl der Bundesre-gierung, die öffentlichen Ausgaben für den Bereich Wohnen weiter zu erhöhen sowie die Grenzen für

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die Übernahme der Wohnkosten in der sozialen Grundsicherung zu erhöhen.

1.2.2 Europäische Sozialcharta

Der Europäische Ausschuss für soziale Rechte des Europarates hat 2018 überprüft, inwieweit Deutschland seinen Verpflichtungen aus der Euro-päischen Sozialcharta nachkommt. Im Rahmen dieses Überwachungssystems legen die Vertrags-staaten jährlich einen Bericht zu einer Auswahl von Rechten aus der Charta vor. In diesem Jahr standen die Rechte von Arbeitnehmer_innen im Fokus. Der Abschlussbericht von März 201917 geht detailliert auf eine Reihe spezifischer Aspekte ein – das Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen (Artikel 2), auf gerechte Entlohnung (Artikel 4), das Recht, sich zu organisieren (Artikel 5) und kol-lektive Verhandlungen durchzuführen (Artikel 6), das Recht auf Information und Beratung (Artikel 2 Zusatzprotokoll) und das Recht zur Mitwirkung (Artikel 3 Zusatzprotokoll).

Der Europäische Ausschuss für soziale Rechte kri-tisierte in diesem Zusammenhang unter anderem, dass der Anspruch auf eine Ausgleichsleistung für die Arbeit an einem Feiertag nicht ausreichend garantiert sei, obwohl in § 3 Arbeitszeitgesetz ein Ausgleichstag zu Erholung festgeschrieben ist.

Der Ausschuss empfahl außerdem, die Höhe des Mindestlohns anzupassen. Diese würde aktuell nicht zu einem adäquaten Einkommen beziehungs-weise zu einem adäquaten Lebensstandard führen und sei daher nicht im Einklang mit Artikel 4 Absatz 1 (Recht auf angemessene Vergütung) der Charta aus 1961. Bemängelt wurde auch die Lohn-ungleichheit zwischen Männern und Frauen. Der Ausschuss regte außerdem Verbesserungen im Bereich von Artikel 6 (Streikrecht) an. Er wies wie-derholt darauf hin, dass seiner Einschätzung nach die Regelungen der Einschränkungen des Streik-rechts nicht im Einklang mit Artikel 6 Absatz 4 der Charta (Recht, gemeinsam zu verhandeln) stehen.

17 Council of Europe, European Committee of Social Rights (2019).

18 UN, Ausschuss gegen Folter (2019).

19 Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter ist die unabhängige nationale Einrichtung zur Prävention von Folter und Misshandlung in Deutschland. Die Nationale Stelle vereint unter ihrem Dach die Bundesstelle und die Länderkommission. In den Zuständigkeitsbereich der Länderkommission fallen die zahlreichen Einrichtungen der Länder, beispielsweise Justizvollzugsanstalten, Polizeidienststellen, Abschiebungshaftanstalten und Pflegeheime: https://www.nationale-stelle.de/nationale-stelle.html (abgerufen am 02.09.2019).

Dies begründete er damit, dass das Verbot aller Streiks, die nicht auf die Erreichung eines Tarifver-trags abzielen, sowie die Gründung einer Gewerk-schaft als Voraussetzung, um streiken zu können, und das generelle Streikverbot von Beamt_innen eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellten. Das Streikrecht sei ein zentrales Recht für Arbeitnehmer_innen. Auch für Beamt_innen, die keine hoheitlichen Aufgaben erfüllen, dürfen nach Ansicht des Ausschusses lediglich Einschrän-kungen des Streikrechts, aber keine gänzlichen Streikverbote erlassen werden, damit sie ihre Interessen vertreten können.

Bezüglich zweier Aspekte erbat sich der Aus-schuss mehr Informationen, die die Bundesregie-rung im nächsten Bericht liefern solle, nämlich zur wöchentlichen Ruhezeit für Arbeitnehmer_innen sowie zur Kürzung von Gehalt und zur Pfändung von Gehalt für Dritte.

1.2.3 Internationales Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe

Im Mai 2019 legte der UN-Fachausschuss gegen Folter seinen sechsten Bericht zu Deutschland vor.18

Der Ausschuss äußerte sich positiv über die Ent-scheidung der Landesjustizminister_innen, die Mittel der Nationalen Stelle zur Verhütung von Fol-ter zu erhöhen und zivilgesellschaftliche Organisa-tionen in die Auswahl von Mitgliedern der Länder-kommission einzubinden.19 Gleichzeitig zeigte er sich besorgt darüber, dass die Länderkommission aktuell nicht ausreichend ausgestattet ist, um ihr Mandat auszuüben. Der Ausschuss wiederholte daher seine Empfehlung, dass die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter mit ausreichend Personal sowie finanziellen, technischen und logistischen

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Ressourcen ausgestattet sein soll, um ihre Aufga-ben wirksam und unabhängig ausüAufga-ben zu können.

Darüber hinaus lobte der UN-Fachausschuss gegen Folter die Anstrengungen Deutschlands im Hinblick auf die Aufnahme einer hohen Anzahl von Asylsuchenden, zeigte sich aber auch besorgt dar-über, dass Deutschland den Grundsatz der Nicht-zurückweisung (non-refoulement) in einigen Fällen während des Überprüfungszeitraumes nicht ein-gehalten hat. Der Ausschuss begrüßte die Umset-zung des Pilotprojektes „Asylverfahrensberatung“

des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Kooperation mit Wohlfahrtsverbänden im Jahr 2017, das kostenfreie Beratung in Asylver-fahren zum Gegenstand hatte, und empfahl der Bundesregierung, sicherzustellen, dass alle Asyl-suchenden, auch Personen in Dublin-Verfahren20, Zugang zu fairen Asylverfahren haben, einschließ-lich Zugang zu Rechtsberatung und -vertretung.

Zudem äußerte sich der Ausschuss besorgt darüber, dass medizinische Untersuchungen bei Ankunft der Asylsuchenden nicht systematisch sowie obligatorisch von qualifiziertem und unab-hängigem Personal durchgeführt werden. Dabei sollten Menschen in vulnerablen Lebenslagen, wie Opfer von Folter, identifiziert werden und entspre-chende Unterstützung erhalten.

Besorgt äußerte sich der Ausschuss bezüglich der Vorhaben der Bundesregierung im „Zweiten Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreise-pflicht“ und verlangt eine strikte Trennung zwi-schen Abschiebehaft und Strafvollzug. Darüber hinaus kritisierte er die Zustände in den sogenann-ten AnkER-Zentren21 und verlangt ein unabhängi-ges Monitoring der Situation in den Flüchtlings-unterkünften. Der Ausschuss war zutiefst besorgt über Berichte von Gewalt gegen Asylsuchende und Flüchtlinge und ihre Unterkünfte. Er begrüßte die Verabschiedung des Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus im Jahr 2017 und nimmt wahr, dass die Anzahl der Gewalttaten zurückgegangen ist, empfahl jedoch, Maßnahmen zur Verhinderung

20 In den „Dublin-Verfahren“ geht es darum festzustellen, welcher EU-Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

21 Der Begriff „AnkER“ geht zurück auf den Koalitionsvertrag der Großen Koalition von 2018 und steht für „Ankunft, Entscheidung, kommunale Verteilung bzw. Rückführung“, siehe Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, 12.3.2018, Rn.

4993, 4994.

22 Europarat, Europäisches Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) (2019).

von Gewalttaten und Einschüchterungen basie-rend auf Xenophobie, Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit zu ergreifen.

In Bezug auf Maßnahmen zur Terrorismusbekämp-fung und nationalen Sicherheit fordert der Aus-schuss die Bundesregierung auf, sicherzustellen, dass Überwachungsmaßnahmen im Einklang mit der UN-Anti-Folter-Konvention und jede Einschrän-kung von Menschenrechten im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit, der Notwendig-keit und der VerhältnismäßigNotwendig-keit stehen müssten.

Deutschland solle zudem davon absehen, von seinem Staatsgebiet ausgehende oder über sein Staatsgebiet erfolgende Operationen zu ermög-lichen, wie zum Beispiel über Einrichtungen in dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein. Solche Operatio-nen könnten schwerwiegende Verletzungen des absoluten Folterverbotes darstellen, beispiels-weise gezielte Tötungen außerhalb bewaffneter Konflikte.

1.2.4 Europäisches Übereinkommen zur Verhütung von Folter und

unmenschlicher oder erniedrigender