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III. Inhaltsverzeichnis

2 Material und Methoden

4.1 ORF467 in Guillardia theta

4.1.2 SufS – kernkodierte Komponente des SUF-Systems in Cryptomonaden

Durch das noch nicht abgeschlossene EST-Projekt von Guillardia theta bestand die Möglichkeit, die vorliegenden Sequenzdaten auf das Vorhandensein weiterer suf-Gene zu untersuchen.

In dieser Arbeit konnte ein Gen im Kerngenom von Guillardia theta identifiziert werden, das ein Protein mit hohen Homologien zu SufS aus höheren Pflanzen, Rotalgen und Bakterien (Kapitel 3.1.8) kodiert. Die identifizierte Sequenz von SufS aus Guillardia theta wies einen im Vergleich mit anderen SufS-Sequenzen verkürzten N-Terminus des Proteins auf. Somit besteht die Möglichkeit, dass der SufS EST-Klon gt19a11 nicht die vollständige SufS-Sequenz kodiert. Das Vorhandensein einer N-terminalen Extension als topogenes Signal zum Import in die komplexe Plastide von G. theta konnte somit für SufS noch nicht bewiesen werden. Jedoch konnte durch die Identifizierung von sufS im Kerngenom von Guillardia theta zum ersten Mal gezeigt werden, dass ein plastidär lokalisiertes System über drei verschiedene Genome verteilt ist (Abbildung 4.2).

Diese ungewöhnliche Verteilung der suf-Gene über drei Genome in den Cryptomonaden entstand vermutlich in mehreren Schritten im Laufe der Evolution. Zunächst wurde das SUF-System in der primären Endosymbiose mit dem Cyanobakterium in den eukaryoten Wirt aufgenommen.

Einige suf-Gene wurden während der nachfolgenden Reduktion des Cyanobakteriums zum Organell in das Kerngenom übertragen, die Gene sufB und sufC verblieben im Plastidengenom.

Es entstand die für heutige Rotalgen (Matsuzaki et al., 2004) charakteristische genomische Verteilung des SUF-Systems mit sufB und sufC im Plastidengenom und sufA, sufD, sufE und sufS im Kerngenom.

Im Verlauf der sekundären Endosymbiose, die zur Entstehung der Cryptomonaden führte, wurde der Zellkern der aufgenommenen Rotalge durch Gentransfer auf den Kern des Wirts und Genverlust bis zum Nucleomorph reduziert. Auch zahlreiche ursprünglich cyanobakterielle Gene, die in der primären Endosymbiose in den Kern der Rotalge transferiert worden waren, wurden in das Kerngenom des eukaryoten Wirts übertragen. Die genomische Verteilung des SUF-Systems wurde hierbei erneut geändert, sufS wurde vom Kern des Endosymbionten in den Kern des Wirts übertragen, sufD hingegen verblieb auch nach der weitgehenden Reduktion des Rotalgenkerns bis zum Nucleomorph der Cryptomonaden in diesem Restgenom.

4.1.3 Die genomische Kompartimentalisierung des SUF-Systems in Cryptomonaden

Der Gentransfer der Sekundären Endosymbiose war also vorwiegend ein Transfer von eukaryotem Symbiontengenom zum Kerngenom des Wirts. Eine weitere Verlagerung der SUF-Komponenten sufB und sufC von der Plastide in das Kerngenom von Guillardia theta und Talassiosira pseudonana fand nicht statt. Dies deutet auf eine potentielle Schwierigkeit hin, die Gene für ein essentielles biochemisches System aus zwei unterschiedlichen Genomen, Plastidengenom und Kerngenom des Endosymbionten, in den Kern des zu überführen.

Voraussetzung für einen solchen Transfer ist das Vorhandensein eines Transportsystems, das die neuen kernkodierten Proteine in die ursprünglichen Kompartimente der Zelle zurück dirigieren kann. Ein Gentransfer von Komponenten plastidärer Systeme erfordert dementsprechend ein Transportsystem in die Plastide. Zusätzlich muss das Transportsystem so gestaltet sein, dass Proteine für das periplasmatische Kompartiment, das frühere Cytosol der Rotalge, nach dem Transfer der kodierenden Gene vom Endosymbiontenkern in dieses zurück gelangen können, sofern nicht die Relokalisation der biochemischen Funktion in das Cytosol einen Transport erübrigt.

Abbildung 4.2. Kompartimentalisierung der suf-Gene in verschiedenen Organismen.

Schematische Darstellung der Verteilung des SUF-Systems in verschiedenen Organismen. A-S: Gene sufA-sufS.

Cyanobakterium: Synechocystis sp. PCC6803, Rhodophyten: Cyanidioschyzon merolae, Chlorophyten:

Chlamydomonas reinhardtii, Cryptophyten: Guillardia theta, Chlorarachniophyten: Bigelowiella natans, Diatomeen: Thalassiosira pseudonana, Euglenophyten: Euglena gracilis.

Das SUF-System selbst kann offensichtlich durchaus vollständig aus dem Plastidengenom in den Kern verlagert werden, wie das Beispiel der höheren Pflanzen zeigt. Die SUF-Proteine ATNAP1 (SufB), ATNAP7 (SufC) und ATNAP6 (SufD) von Arabidopsis thaliana sind kernkodiert und werden in die Plastide importiert (Xu et al., 2005; Xu und Møller, 2004; Hjorth et al., 2005). Die SUF-Proteine SufA, SufE und SufS aus Arabidopsis thaliana besitzen ein Transitpeptid und sind vermutlich ebenfalls plastidär lokalisiert. Ein Verbleib einzelner suf-Gene im Plastidengenom, wie in Rotalgen und Cryptomonaden, ist demnach nicht funktionell begründet. Die Beteiligung des SUF-Systems an der Biosynthese von plastidären Eisen-Schwefel-Cluster Proteinen erlaubt keine Relokalisierung des Systems in das Cytosol. Der Transport von assemblierten Fe-S Proteinen über Membranen ist nur schwer möglich und erfordert den Einbau der Fe-S Cluster vor Ort, sowohl in Mitochondrien als auch in Plastiden. Die Proteine des plastidären SUF-Systems können jedoch in beliebigen Genomen kodiert sein, sofern die Aminosäuresequenzen die erforderlichen topogenen Signale zum Import in die Plastide enthalten.

Die Cryptomonaden stellen in evolutionärer Hinsicht somit eine Zwischenstufe in der Reduktion des Symbionten dar. Die erforderlichen Mutationen, vermutlich durch Rekombination (Kilian und Kroth, 2004), der suf-Gene zur Modifikation der kodierten Proteine mit einem geeigneten topogenen Signal zum Reimport in die Plastide erfolgten in den Cryptomonaden nicht.

Folglich besteht in den Cryptomonaden auch weiterhin der Bedarf, einen Nucleomorph mit allen erforderlichen Genen einer Expressionsmaschinerie für die verbliebenen Proteine mit plastidären Funktionen zu erhalten. Erst nach Verlagerung des letzten Gens für plastidäre Funktionen auf das Kerngenom entfällt die essentielle Rolle des Nucleomorphs. Ebenso wird die Bedeutung des periplasmatischen Kompartiments, in Cryptomonaden ist dies unter anderem der Ort der Stärke-Speicherung, mit der Verlagerung der verbliebenen biochemischen Funktionen in das Cytosol abnehmen. Die Heterokontophyten sind ein Beispiel für diese schrittweisen Verlagerungen, die Stärke wird hier bereits im Cytosol gespeichert und es ist kein Nucleomorph mehr vorhanden. Es verbleiben vier Membranen um die Plastide und somit auch ein Rest des periplasmatischen Kompartiments. Möglich ist, dass eine Verlagerung der letzten biochemischen Funktionen des periplasmatischen Kompartiments zu einem Verlust der periplasmatischen Membran wie in den Peridinin-haltigen Dinoflagellaten führen wird.

Gleichzeitig könnte die Kodierung von SufD (ORF467) und anderen Proteinen mit plastidärer Funktion auf dem Nucleomorph eine generelle Schwierigkeit des Transfers von Genen zwischen zwei eukaryoten Genomen aufzeigen. Beispiele für einen Gentransfer von Eukaryot zu Eukaryot

sind beschrieben (Archibald et al., 2003; Andersson et al., 2003), der Mechanismus ist jedoch nicht im Detail aufgeklärt.

Durch die vorliegende Arbeit wurde am Beispiel des plastidär lokalisierten SufD jedoch gezeigt, dass Nucleomorph-kodierten Proteine an wichtigen plastidären Funktionen beteiligt sind und keine nicht-funktionellen Relikte einer genomischen Reduktion darstellen..