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Die zentralen Gründungsakte des Mercosur sind der Vertrag von Asunción aus dem Jahr 1991 sowie das am 17. Dezember 1994 im brasilianischen Ouro Preto unterzeichnete Zusatzprotokoll. Während sich die Vertragsstaaten 1991 zunächst selbst verpflichteten, wurde der Mercosur durch das Protokoll von Ouro Preto (POP) als eigenständiges Völkerrechtssubjekt mit den Regelungen eingerichtet, neue Organe zu implementieren und die bereits anzutreffenden Institutionen des Mercosur zu reformieren, die vorderrangig gegenüber Regelungen im Vertrag von Asunción, die die Institutionenstruktur betreffen, Gültigkeit besitzen. Seit dem Inkrafttreten des Zusatzprotokolls ist der Mercosur berechtigt, Verträge mit Drittstaaten abzuschließen (vgl. Korthoff 2005: 92).

Dass die Vorbereitung und Ausführung der Entscheidungen zunächst bei den nationalen Regierungen liegt und dem Mercosur primär die Koordinierungsfunktion zwischen den Mitgliedstaaten zukommt, wird dabei auch als intergouvernementales Merkmal umschrieben (vgl. ebd. 2005: 92). Nicht zuletzt, um den Integrationsprozess nicht zu gefährden, versuchte man im Protokoll von Ouro Preto durch einen einfachen institutionellen Aufbau die Überbürokratisierung hintanzuhalten und reformierte die Institutionen und Organe des Vertrages von Asunción erneut, wodurch Teile dieses Vertrages wieder außer Kraft gesetzt wurden (vgl. Schirm 1997: 89ff).

Neben den bereits im Vertrag festgelegten Organen existiert inzwischen eine Vielzahl von regionalen Gremien, Ad-hoc Gruppen und Arbeitsgruppen, wobei im Folgenden die wichtigsten näher erklärt werden sollen:

Der Mercosur Rat

Der Rat ist das höchste Organ im Mercosur und besteht gemäß Artikel 4 (POP) jedoch unverändert seit 1991 aus den Außen- und Wirtschaftsministerien der Mitgliedsstaaten. Nach dem Vorbild der Europäischen Union wechselt die Präsidentschaft alle sechs Monate, wobei in dieser Zeitspanne gemäß Artikel 5 (POP) mindestens einmal auch die Staatspräsidenten teilnehmen (vgl. Korthoff 2005:

94). Trotz des intergouvernementaler Charakters des Mercosur sind sich die meisten Beobachter einig, dass der Rat des Mercosur versucht. als Motor des fortschreitenden Integrationsprozesses zu fungieren.

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Die Mercosur-Gruppe

Die Mercosur-Gruppe wurde ebenfalls bereits mit dem Vertrag von Asunción eingerichtet, jedoch im Jahre 1994 durch das Protokoll von Ouro Preto leicht modifiziert. Die 16 Mitglieder werden zu gleichen Teilen von den 4 Mitgliedsstaaten nominiert und sind durchwegs hochrangige Repräsentanten des Außen- oder Wirtschaftsministeriums oder der jeweiligen Zentralbank. Für jedes ernannte Mitglied gibt es einen eigenen Stellvertreter (vgl. Korthoff 2005: 94).

Als Initiativ- und Exekutivorgan des Mercosur ist es die Aufgabe der Mercosur-Gruppe, die durch den Rat beschlossenen politischen Zielvorstellungen operativ umzusetzen. Während die Beschlussfassung im Konsens erfolgt und den Regierungsvertretern vorbehalten ist, findet die inhaltlich-technische Arbeit für die wirtschaftliche, politische und rechtliche Harmonisierung des Integrationsprozesses in eigens dafür eingerichteten Subgruppen statt. Dort werden regelmäßig auch Vertreter der Privatwirtschaft mit entsprechender Expertise zugezogen. Diese Subgruppen gliedern sich in Arbeitsgruppen, Fachräte, hoc-Ausschüsse und Ad-hoc-Gruppen, wobei innerhalb der Arbeitsgruppen die Themengebiete wieder einzelnen Ausschüssen zugeordnet werden (vgl. ebd. 2005: 94f).

Innerhalb der Arbeitsgruppen agieren Ressortvertreter der Ministerien, was dazu führt, dass trotz des Empfehlungscharakters Ergebnisse in der Praxis bereits für die Beschlussfassung akkordiert sind. Bislang wurden Arbeitsgruppen für Handel, Zollangelegenheiten, Technische Normen, Steuer- und Währungspolitik, Transport zu Land, Transport zur See, Industrie- und Technologiepolitik, Agrarpolitik, Energiepolitik, Koordinierung der makroökonomischen Politiken, Arbeit und Soziales eingerichtet (vgl. ebd. 2005: 95).

Für die Themenbereiche eines gemeinsamen Marktes, die dabei noch nicht in eigenen Arbeitsgruppen bearbeitet werden – derzeit sind das Tourismus, Umwelt, Wissenschaft, Technologie und Kultur – sind die Fachräte zuständig, die auch eine vergleichbare Struktur und Zusammensetzung haben, jedoch ihre Mitglieder eher aus Institutionen denn aus Ministerien rekrutieren (vgl. ebd. 2005: 95).

Mehr von tagespolitischer Relevanz sind die Gruppen und Ad-hoc-Ausschüsse. Während sich die Ad-hoc-Gruppen dabei mit den wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen des Integrationsprozesses befassen, beschäftigen sich die Ad-hoc-Gruppen mit der institutionellen Ausgestaltung und dem Zeitplan sowie mit Bereichen des gemeinsamen Marktes, die die Bürger direkt im Alltag betreffen (vgl.

ebd. 2005: 95, Fußnote 107).

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Die Handelskommission

Erst auf Vorschlag des Rates 1994 errichtet, ist sie neben dem Rat und der Gruppe der dritte zentrale Player unter den Organen des Mercosur. Selbst mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet ist sie doch der Mercosur-Gruppe untergeordnet. Mindestens einmal im Monat unter dem rotierenden Vorsitz der Außenminister treffen sich die 16 Repräsentanten, die zu gleichen Teilen aus den 4 Mitgliedsländern kommen. Primär für das Funktionieren der Zollunion verantwortlich ist sie sowohl mit dem Handel innerhalb der Mercosur Mitgliedstaaten als auch mit Drittstaaten befasst (vgl. POP 1994: Art. 19).

Die Gemeinsame Parlamentarische Kommission

Ebenfalls erst 1994 durch das Protokoll von Ouro Preto errichtet, besteht die Gemeinsame Parlamentarische Kommission derzeit aus 64 Parlamentariern, wobei die Mitgliedstaaten zur Auswahl ihrer 16 Vertreter jeweils unterschiedliche Verfahrensregeln anwenden. Bis zur Schaffung eines eigenen Mercosur-Parlaments soll dadurch auch die nationale Legislative im Sinne der Gewaltenteilung an der Beschlussfassung verbindlicher Rechtsnormen beteiligt werden. Dies wird insbesondere durch Anhörungsrechte vor der Ratifizierung beschlossener Rechtsakte verwirklicht (vgl. Korthoff 2005: 96). Die Beschlüsse der Gemeinsamen Parlamentarische Kommission haben jedoch nur Empfehlungscharakter, was Korthoff (2005: 96) bewegt, das Gremium „hauptsächlich als Kommunikations- und Informationsplattform zwischen den nationalen Parlamenten“ (Ebd. 2005: 96) zu bezeichnen.

Das Konsultative Wirtschafts- und Sozialforum

Ursprünglich durch das Protokoll von Ouro Preto 1994 ohne konkrete Ausgestaltung der Funktion, Zusammensetzung oder Arbeitsweise eingerichtet, setzt sich das Konsultative Wirtschafts- und Sozialforum heute aus 44 Vertretern einschlägiger wirtschaftlicher und sozialer Interessensvertretungen zusammen (vgl. Korthoff 2005:

97). Es verwundert aus meiner Sicht daher nicht, dass dieses institutionalisierte Lobbying-Forum seit 1995 praktisch zu jedem integrationspolitischen Thema Empfehlung aussprechen darf, quasi als normative Festschreibung von Fakten.

Das Verwaltungssekretariat

Das Verwaltungssekretariat besteht aus vier Beamten, dem Rat, einem Direktor, der für zwei Jahre ernannt wird, sowie diplomatischen Verbindungsbeamten zu den Nationalregierungen und übt heute eine Brückenfunktion zwischen den Organen des Mercosur aus. Ursprünglich 1991 nur zur Systemerhaltung erschaffen, wurde es durch das Protokoll von Ouro Preto 1994 aufgewertet und besteht seitdem als selbständiges Organ, hat jedoch auch weiterhin keinerlei Entscheidungsbefugnis (vgl. ebd. 2005: 97).

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Das Schiedsgericht Seit der Einrichtung des Mercosur als Völkerrechtsubjekt durch das Protokoll von Ouro Preto im Jahre 1994 sollten Streitigkeiten gemäß den Bestimmungen des Protokolls von Brasilia (vom 17.12.1991) beigelegt werden.

Demnach sollten Streitigkeiten während der Anwesenheit aller Mitgliedstaaten im Konsens beigelegt werden, was jedoch die Errungenschaft der Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative weitgehend unberücksichtigt ließ und den Mitgliedstaaten ein jederzeitiges Veto ermöglichte. Dies führte regelmäßig dazu, dass Streitigkeiten bis zu den Staats- und Regierungschefs eskaliert wurden, was einer effizienten Streitbeilegung durchwegs abträglich war (vgl. Korthoff 2005: 97f).

Daher gründete man durch das Protokoll von Olivos vom 18. Februar 2002 einen gemeinsamen Gerichtshof mit ständigem Sitz in Asunción. Inwieweit dieses aber als Schiedsgericht eingerichtete Organ mit der Bewältigung des großen Rückstaus an Streitigkeiten auch tatsächlich zur Rechtssicherheit beiträgt, bleibt abzuwarten.

Jedoch ist nunmehr eine auch für die Staaten verbindliche Entscheidungsfindung möglich (vgl. ebd. 2005: 98). „Die von den Organen des Mercosur gefassten Beschlüsse in Form von Richtlinien, Entscheidungen, Resolutionen sind verbindlich und müssen [nun] durch entsprechende Gesetze in das nationale Rechtssystem aufgenommen werden“ (Ebd. 2005: 98, Fußnote 112).