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7 Diskussion [II]

7.1 Einfluss der Diplopoden auf den Abbau von Rapsstroh

7.1.2 Stickstoffmineralisation

Diplopoden und Regenwürmer können erhebliche Veränderungen der Stoffflüsse und der Stickstoffmineralisation bewirken. Wie in Kapitel 6 dargelegt, zeigten sich hierbei zum Teil unterschiedliche oder sich widersprechende Tendenzen für die einzelnen Stickstofffraktionen oder -kompartimente. Die Effekte der Tiere wurden oft durch den großen Einfluss des Faktors Streu und damit des mikrobiellen Abbaus überlagert oder abgeschwächt.

Der extrahierbare Nitrat- und Nmin-Gehalt im Boden wurde durch Diplopoden signifikant erhöht, wobei der Effekt vor allem bei eingegrabener Streu auftritt (vgl. Abbildung 23). In Interaktion mit Lumbriciden fiel die Erhöhung geringer aus. Auch der 15N-Gehalt wurde, zumindest bei ‚Streu unten’, durch B. guttulatus erhöht (vgl. Abbildung 24). Bei Messung des C/N-Verhältnisses im Boden ergab sich eine Absenkung des prozentualen N-Gehaltes in den Tiervarianten, die durch die Interaktion beider Tiergruppen aufgehoben wurde.

Die deutlichsten und statistisch mit den höchsten F-Werten belegbaren Effekte zeigten sich bei Stickstoff im Bodenwasser (vgl. Abbildung 30 bis Abbildung 34). Hier konnte eine deutliche Erhöhung des Stickstoffgehalts durch Regenwürmer allein sowie ein deutlicher Synergieeffekt durch die Interaktion zwischen Doppelfüßern und Regenwürmern mit einer weiteren Erhöhung beobachtet werden. Die Doppelfüßer allein führten kaum zu einem messbaren Effekt.

Die Ergebnisse aus dem Mikrokosmosversuch zeigen, dass offenbar die Aktivität der Tiere zu einer erhöhten Mineralisation und Mobilisierung von Stickstoff beiträgt. Dadurch verringert sich zwar der durch C/N-Messung nachweisbare Vorrat im Boden, der extrahierbare Stickstoff steigt aber an. Die Betrachtung des zeitlichen Verlaufs zeigt (vgl. Abbildung 35), dass gerade zu Beginn der Vegetationszeit im März und April der Mobilisierungseffekt groß ist und für die Pflanzen der Stickstoff während der Wachstumsperiode besser verfügbar gemacht

wird. Lediglich für Norg wird vor allem bei oberflächlicher Streu der Höhepunkt der Freisetzung erst im Juni erreicht, wenn der Großteil des Pflanzenwachstums bereits abgeschlossen ist.

Ähnliche Mineralisations- und Mobilisierungseffekte durch den Einfluss detritivorer Tiere sind in der Literatur zahlreich belegt, wie z.B. ANDERSON et al. (1983) für die Arten Glomeris marginata, Polydesmus angustus, Julus scandinavius und Lumbricus rubellus und deren Beitrag zur Zersetzung von Eichenlaubstreu zeigen. Auch hier waren die Einflüsse der Regenwurmart am stärksten, aber auch die untersuchten Diplopoden zeigten signifikante bis höchst signifikante Mobilisierungseffekte auf die Freisetzung von NH4+-N und NO3--N. Bei der Zersetzung von Streu durch Glomeris und Oniscus wurden ebenfalls Nährstoffe freisetzt, die nachfolgend durch die Mikroflora verstärkt genutzt werden konnten (HANLON &ANDERSON (1980).

ADEJUYIGBE et al. (2006) wiesen in einem Mikrokosmosversuch eine erhöhte Stickstoffmineralisation und nachfolgend einen höheren mineralischen Stickstoffgehalt sowie eine erhöhte N-Aufnahme durch Mais-Pflanzen nach. Es zeigte sich ein deutlicher verstärkender Interaktionseffekt zwischen Regenwürmern und der untersuchten Mesofauna, wobei in dieser Studie auch die Mesofauna allein schon eine Beschleunigung der Zersetzung und N-Mineralisation bewirkte.

In ähnlicher Weise belegen Studien von BONKOWSKI (1996), dass Lumbricus rubellus zur Freisetzung von Nährstoffen aus Laubstreu und zur nachfolgenden Nutzung durch Hordelymus führt. Demgegenüber führte hier die Aktivität von Glomeris marginata zu einer verringerten Verfügbarkeit von Ammonium und tendenziell auch von Nitrat und organischem Stickstoff.

BONKOWSKI (1996) folgerte, dass durch Förderung des mikrobiellen Wachstums die frei gewordenen Nährstoffe in der Biomasse wieder festgelegt werden (vgl. LUXTON 1979, SEASTEDT 1984).

IRMLER (2000) konnte in Littergbagversuchen für cryptostigmate Milben, Lumbriciden, Isopoden und Diplopoden zeigen, dass diese Bodenarthropoden durch ihre Aktivität zu einer erhöhten Stickstofffreisetzung beitragen.

SWIFT &ANDERSON (1989) betonen, dass viele der durch Regenwürmer ausgelösten Effekte nicht direkt (z.B. durch Fraß und Verdauung) sondern indirekt ablaufen. Hier spielt vor allem das Eingraben und Verfügbarmachen der Streu für die Mikrofauna und –flora eine große Rolle. Dies ist in der vorliegenden Studie offenbar in verstärktem Maße auch für die Diplopoden der Fall, wo einige Wirkungen erst in der Interaktion mit Regenwürmern auftreten oder nur durch die empfindlichere 15N-Methode nachweisbar sind.

7.1.3 Kohlenstoff

Der Kohlenstoffgehalt im Bodenwasser (vgl. Abbildung 36 und Abbildung 37), der auch die Nahrungsbedingungen für die Mikroflora widerspiegelt, wird im Wesentlichen durch die Exposition bestimmt, ähnlich wie es unter 7.1.1 für den Streuabbau dargelegt wurde. Bei eingegrabener Streu wird der Zersetzungsprozess beschleunigt und mehr organischer und anorganischer Kohlenstoff gelangt ins Bodenwasser und steht als Ressource zur Verfügung.

Dabei führt die Aktivität von Diplopoden tendenziell und von Lumbriciden signifikant zu

einer leicht erhöhten Kohlenstoffverfügbarkeit. Hauptfaktor ist aber wiederum die Streuexposition.

Betrachtet man den zeitlichen Verlauf der Kohlenstofffreisetzung, so zeigen sich bei den Varianten mit Regenwürmern (L einzeln und DL in Kombination) die größten Steigerungen im März bzw. April, also zu Beginn der Wachstumsperiode und der Aktivitätsphase der Tiere.

Ein ähnliches Muster konnte bereits bei den Stickstoffwerten beobachtet werden.

Der beobachtete Regulationseffekt auf den Kohlenstoffabbau durch die Bodenfauna ist in der Literatur allgemein bekannt und häufig belegt worden. So führte die Aktivität von Glomeris und Oniscus bei der Zerkleinerung von Eichenlaubstreu zu einer erhöhten Freisetzung und Verfügbarkeit von Kohlenstoff und nachfolgend zu einer erhöhten mikrobiellen Biomasse (HANLON & ANDERSON 1980). Dabei wurde die Zerkleinerung der Streu als wichtigster Faktor identifiziert.

Durch das komplexe Wechselspiel von Makrofauna und Mikroflora wurden aber auch zum Teil gegenteilige oder sich aufhebende Effekte beobachtet.

SCHEU &WOLTERS (1991) wiesen eine differenzierte Wirkung von Glomeris marginata auf die Zersetzung von Buchenstreu nach. In der Anfangs- und Endphase des Experiments war die C-Mineralisation geringer als in der Kontrolle, während der mittleren Phase (Tage 15-77) lag sie um den Faktor 1,8 über der Kontrolle. Beim Zusammenspiel mit den Regenwürmern Lumbricus castaneus und Octolasion lacteum kam es – nach einem kurzen anfänglichen Anstieg - teilweise zu einer verringerten Kohlenstofffreisetzung, vor allem bei der endogäischen Art O. lacteum. Durch die Einarbeitung in den Mineralboden wird das frei gewordene organische Material offenbar durch die Tonminerale gebunden und somit der unmittelbaren Nutzung durch die mikrobielle Biomasse entzogen.

Demgegenüber fand SCHEU (1993) in einem Laborexperiment bei der Zersetzung von 14 C-markiertem Lignin keine beschleunigende Wirkung von Glomeris marginata auf die Kohlenstoffmineralisation. Lediglich die Regenwürmer Octolasion lacteum und Lumbricus castaneus führten in diesem Versuch zu einer erhöhten C-Mineralisation. Bei Untersuchungen mit verschiedenen Streuarten bzw. unterschiedlich gealterter Streu stellte SCHEU (1995) zudem fest, dass die Grabaktivität von Octolasion bei hohem Stickstoffgehalt zu einer stärkeren Steigerung der C-Mineralisation führte als bei Streu mit weitem C/N-Verhältnis.

Beim Fraß von Glomeris marginata an Buchenlaubstreu (MARAUN und SCHEU 1996) kam es kurzfristig, das heißt zu Beginn der Saison im Februar und Mai, zu einer Erhöhung der mikrobilellen Biomasse. Ähnliche Ergebnisse fanden THEENHAUS & SCHEU (1996) für die Schnecke Arion fuscus L. und den Fraß an Laubstreu von Fagus sylvatica L., Allium ursinum L.

und Mercurialis perennis L. Offenbar machen die Tiere durch die Zerkleinerung und Ausscheidung energiereiche, leicht verfügbare Kohlenstoffverbindungen für die Mikrofauna und –flora verfügbar. Dieser Effekt war später im Experiment im August und November nicht mehr belegbar. Die fortschreitende Zersetzung der Streu durch die Makrofauna setzt keine weiteren direkt nutzbaren Kohlenstoffverbindungen frei.

Bei der Zersetzung von Weizenstroh führte der Regenwurm Eisenia foetida SAVIGNY zu einer erhöhten Freisetzung von löslichem Kohlenstoff und von löslichen Kohlehydraten, die dann als Nahrungsgrundlage für die Mikroflora zur Verfügung standen (CARAVACA & ROLDÁN

2003). Dieser Effekt war auf tonigen Böden nicht mehr messbar, da die freigewordenen Kohlenstoffverbindungen durch Tonmineralien gebunden waren.

In einem Zersetzungsexperiment mit Kastanienlaubstreu konnten COÛTEAUX et al. (1991) belegen, dass mit zunehmender Komplexität eines konstruierten Nahrungsnetzes mit Protozoen, Nematoden, Collembolen und Asseln eine fortschreitend erhöhte Kohlenstofffreisetzung gegenüber der Kontrolle erfolgte.

Die Arten Aporrectodea caliginosa und Blaniulus guttulatus auf den INTEX-Flächen bewirkten eine ähnliche Steuerung bei der Zersetzung und Kohlenstofffreisetzung, wie sie in Waldlebensgemeinschaften beobachtet wird.