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Da bei einer transienten Transfektion nie alle Zellen transfiziert werden, muss zur Etablierung stabiler Zellpopulationen eine Selektion erfolgen. Hierzu verfügt sowohl der Vektor pCI-neo-b-cat S33Y als auch der empty vector pCI-neo über das Resistenzgen Neo, das eine Geneticin(G-418)-Resistenz vermittelt. Dementsprechend werden durch ein Versetzen des Zellkulturmediums mit G-418 sowohl alle nicht-vektortragenden Zellen als auch alle nicht-vektortragenden Zellen, die den Vektor nicht oder nicht korrekt ablesen, abgetötet. Die daraus entstandenen stabilen Zellpopulationen wurden als RPE-1-S33Y bzw. RPE-1-EV bezeichnet. Die genaue Vorgehensweise ist in Kapitel 2.2.5 Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) in der Zelllinie RPE-1 beschrieben.

Mit den Zelllinien RPE-1-S33Y und RPE-1-EV wurde ebenfalls ein Dual-Luciferase® Reporter Assay durchgeführt (s. Kapitel 2.2.6 Dual-Luciferase® Reporter Assay). Die Ergebnisse zeigen, dass bei stabiler Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) die Transkriptionsaktivität des TCF/β-Catenin-Komplexes gegenüber der Kontrolle ebenfalls stark gesteigert wird (p = 0,0017) (s. Abbildung 15).

Abbildung 15: Dual-Luciferase® Reporter Assay der Zelllinien RPE-1-S33Y/EV, die zuvor mit dem Vektor pCI-neo-b-cat S33Y bzw. dem empty vector pCI-neo stabil transfiziert wurden. Durch stabile Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) wird die Transkriptionsaktivität des TCF/β-Catenin-Komplexes um ca. das 250-fache gesteigert (p = 0,0017) (n = 3). Für Details und Abkürzungen siehe Text. Siehe auch Emons et al.

(2017).

Um nun zu überprüfen, ob die Überexpression von β-Catenin und die damit einhergehende Aktivitätssteigerung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs Auswirkungen auf die Radio(chemo)therapieresistenz hat, wurde mit den Zelllinien RPE-1-S33Y und RPE-1-EV ein Koloniebildungsversuch durchgeführt (s. Kapitel 2.2.8 Koloniebildungsversuch). Hierbei wurden die Zellen entweder ausschließlich bestrahlt (RT) oder zusätzlich mit dem Chemotherapeutikum 5-FU behandelt (RCT). Wie Abbildung 16 zeigt, wird durch die stabile Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) sowohl die Strahlentherapieresistenz (p = 0,0098) als auch Radiochemo-therapieresistenz (p = 0,00187) signifikant erhöht.

Abbildung 16: Überlebensfraktion der Zelllinie RPE-1-S33Y (rote Linie) im Vergleich zur Negativkontrolle (RPE-1-EV, schwarze Linie) in Abhängigkeit der Bestrahlungsdosis. a) alleinige Bestrahlung der Zellen (n = 3), b) RCT (n = 3). Durch die stabile Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) wird sowohl die Strahlentherapieresistenz als auch Radiochemotherapieresistenz der Zellen signifikant gesteigert. Für Details und Abkürzungen siehe Text. Siehe auch Emons et al. (2017).

Zusammenfassung der Ergebnisse 3.5

In dieser Arbeit wurde der Wnt/β-Catenin-Signalweg in der Normalzelllinie RPE-1 auf unterschiedliche Weise stimuliert. Einerseits erfolgte eine externe Stimulation mittels Wnt3a, einem physiologischen Liganden des Frizzled-Rezeptors, andererseits erfolgte eine interne Stimulation durch Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y), welches nicht abgebaut werden kenn. Die erfolgreiche Aktivierung des Signalweges konnte jeweils durch eine deutliche Steigerung der relativen Luciferase-Aktivität im Reporter Assay nachgewiesen werden. Außerdem konnte gezeigt werden, dass sowohl die Behandlung mit Wnt3a als auch die Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) zu einer gesteigerten Proteinexpression von Axin2 und aktivem β-Catenin führt.

In den Koloniebildungsversuchen wiesen sowohl mit Wnt3a behandelte RPE-1-Zellen, als auch RPE-1-Zellen, in denen mutiertes β-Catenin (S33Y) überexprimiert wurde, eine signifikant gesteigerte Radio(chemo)therapieresistenz auf. Somit legen die Ergebnisse nahe, dass die Radio(chemo)therapieresistenz der Zellen durch die Aktivität des Wnt/β-Catenin-Signalwegs beeinflusst wird, und nicht alleinig durch TCF7L2.

Außerdem weisen die Ergebnisse darauf hin, dass dieser Effekt nicht nur auf kolorektale Tumorzelllinien beschränkt ist, sondern auch auf Normalzelllinien übertragbar ist.

4 Diskussion

Das lokal fortgeschrittene Rektumkarzinom (UICC Stadium II und III) wird leitliniengerecht mittels neoadjuvanter Radiochemotherapie mit anschließender Operation und ggf. adjuvanter Chemotherapie behandelt (Leitlinienprogramm 2017).

Das Ansprechen auf die neoadjuvante Radiochemotherapie ist jedoch sehr heterogen und reicht von kompletter Remission (Responder) bis hin zu vollständiger Resistenz (Nonresponder). Für Patienten mit a priori resistenten Tumoren ist dies problematisch, da sie den potentiellen Nebenwirkungen einer Radiochemotherapie ausgesetzt sind, ohne von der Therapie zu profitieren. Demnach erscheint es sinnvoll, die Therapie zu individualisieren. Dies erfordert die Identifikation von prädiktiven Biomarkern.

Außerdem müssen die molekularen Grundlagen der Radiochemotherapieresistenz besser verstanden werden. So könnten neue molekulare Zielstrukturen als potentielle therapeutische Ansatzpunkte erschlossen werden, um zukünftig eine Sensibilisierung von a priori resistenten Tumoren zu erwirken (Grade et al. 2012; Liersch et al. 2010).

Mit dieser Zielsetzung führte unsere Arbeitsgruppe Genexpressionsanalysen an Gewebeproben von lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinomen, die mittels neoadjuvanter Radiochemotherapie behandelt wurden, durch (Ghadimi et al. 2005). Der Vergleich der Genexpressionsprofile von Respondern und Nonrespondern ergab, dass in resistenten Tumoren der Transkriptionsfaktor TCF7L2, der im Wnt/β-Catenin-Signalweg eine Schlüsselrolle einnimmt, hochreguliert ist (s. Kapitel 1.7 Der Wnt/β-Catenin-Signalweg). Weiterführend wurde ein in-vitro-Modell mit zwölf humanen kolorektalen Tumorzelllinien erstellt. In Analogie zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms wurden die Zellen einer Radiochemotherapie zugeführt (s. Anhangsabbildung 1). Die Korrelation der Überlebensfraktion mit den prätherapeutischen Genexpressionsprofilen der Zelllinien wies ebenfalls auf eine Abhängigkeit der Radiochemotherapieresistenz von der Aktivität des Wnt/β-Catenin-Signalwegs hin (Spitzner et al. 2010). In einer weiteren Studie konnte unsere Arbeitsgruppe zeigen, dass eine Herunterregulation des in den resistenten kolorektalen Tumorzelllinien SW480 und SW837 überexprimierten Trankriptionsfaktors TCF7L2 eine Strahlensensibilisierung der Zellen bewirkt (Kendziorra et al. 2011).

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei TCF7L2 um einen Schlüssel-transkriptionsfaktor des Wnt/Signalwegs, jedoch werden auch β-Catenin-unabhängige Funktionen beschrieben (Grumolato et al. 2013; Wallmen et al. 2012).

Daher war bisher unklar, ob die von Kendziorra et al. (2011) beschriebene Radiotherapiesensitivierung von kolorektalen Tumorzellen durch die Herunter-regulation von TCF7L2 auf eine TCF7L2-spezifische Funktion zurückzuführen ist, oder aber durch eine Aktivitätsminderung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs zu erklären ist.

Zudem ist es von grundlegendem Interesse, ob dieser Effekt auf Tumorzelllinien beschränkt ist, oder aber auch auf nicht maligne Zellen übertragbar ist.

Zur Untersuchung dieser Fragestellungen wurden in der vorliegenden Arbeit Experimente mit der Normalzelllinie RPE-1 durchgeführt. Es wurde der Wnt/β-Catenin-Signalweg zum einen extern mittels Wnt3a, zum anderen intern via Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) stimuliert. Anschließend wurde der Einfluss der Behandlung auf die Radio(chemo)sensibilität der Zellen getestet.

Die Behandlung von RPE-1-Zellen mit Wnt3a führt zu 4.1

einer Steigerung der Radio(chemo)therapieresistenz der Zellen

Um den Einfluss der Aktivität des Wnt/β-Catenin-Signalwegs auf die Radio(chemo)therapieresistenz zu testen, wurden phänotypisch normale Epithelzellen (RPE-1-Zellen) mit Wnt3a-haltigem Zellkulturmedium behandelt (s. Kapitel 3.2.2 Ergebnisse der Behandlung von RPE-1-Zellen mit Wnt3a). Wnt3a ist ein löslicher Ligand des Frizzled-Rezeptors, bei dessen Bindung eine Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs erfolgt (Cajanek et al. 2010).

Nach Behandlung der RPE-1-Zellen mit Wnt3a Medium konnte mittels Western Blot eine deutlich erhöhte Proteinexpression von aktivem β-Catenin und Axin2 nachgewiesen werden (vergleiche Abbildung 9). Aktives β-Catenin ist essentieller Bestandteil der Signaltransduktionskette im Wnt/β-Catenin-Signalweg (Behrens et al.

1996; Molenaar et al. 1996) und auch eine erhöhte Expression von Axin2 zeigt eine Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs an (Lustig et al. 2002). Per Dual-Luciferase® Reporter Assay konnte gezeigt werden, dass die Behandlung von RPE-1-Zellen mit Wnt3a zu einer deutlichen Steigerung der Transkriptionsaktivität des TCF/β-Catenin-Komplexes führt (vergleiche Abbildung 10). Hieraus folgt, dass im

verwendeten Zellkulturmodell die Stimulation mit Wnt3a eine Aktivitätssteigerung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs bewirkt.

Ähnliche Experimente wurden bereits früher beschrieben. Schon 1998 konnten Shibamoto et al. (1998) zeigen, dass eine Behandlung von L Cells mit löslichem Wnt3a zu einer Akkumulation von β-Catenin führt (Shibamoto et al. 1998). Yun et al. (2005) stimulierten die fibroblastische Zelllinie NIH3T3 mit Wnt3a und wiesen eine hierdurch erhöhte Expression von β-Catenin sowie eine gesteigerte Aktivität des Wnt/β-Catenin-Signalwegs mittels eines Luciferase Assays nach (Yun et al. 2005).

In der vorliegenden Arbeit konnte darüber hinaus im Koloniebildungsversuch (s.

Kapitel 2.2.8 Koloniebildungsversuch) gezeigt werden, dass mit Wnt3a stimulierte RPE-1-Zellen signifikant strahlenresistenter als unstimulierte RPE-1-Zellen sind. Dieser Unterschied zeigte sich auch nach Hinzunahme einer Behandlung mit 5-FU im Sinne einer Radiochemotherapie und war unabhängig von der Dauer der Wnt3a-Exposition (vergleiche Abbildung 11).

Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass bei der Normalzelllinie RPE-1 eine externe Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs durch Wnt3a zu einer Steigerung der Radio(chemo)therapieresistenz führt. Die Resultate stehen im Einklang mit einigen Studien, die den Einfluss des Wnt/β-Catenin-Signalwegs auf die Radiotherapieresistenz von verschiedenen Tumorentitäten und Normalgewebe untersucht haben; ausgewählte Studien werden im Folgenden in den entsprechenden Kapiteln besprochen. Es muss jedoch beachtet werden, dass für Wnt3a auch Effekte beschrieben sind, die unabhängig vom Wnt/β-Catenin-Signalweg auftreten (Acebron und Niehrs 2016). Um zu überprüfen, ob ein β-Catenin-unabhängiger Mechanismus der Vermittlung der Radio(chemo)therapieresistenz bei RPE-1-Zellen zu Grunde liegt, wurde in den nachfolgenden Experimenten der Wnt/β-Catenin-Signalweg in RPE-1-Zellen mittels Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) aktiviert.

Die Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) in 4.2

RPE-1-Zellen führt zu einer Steigerung der Radio(chemo)therapieresistenz der Zellen

Zur Verifizierung der bisherigen Annahme, dass die Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs eine Steigerung der Radio(chemo)therapieresistenz bewirke, erfolgte in RPE-1-Zellen eine gezielte Stimulation des Wnt/β-Catenin-Signalwegs mittels Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) durch Transfektion der Zellen (s.

Kapitel 3.4 Ergebnisse der Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) in der Zelllinie RPE-1). Mutiertes β-Catenin (S33Y) ist konstitutiv aktiv. Durch die Mutation Serin (S) 33 zu Tyrosin (Y) kann es nicht GSK3-abhängig phosphoryliert und somit auch nicht proteasomal abgebaut werden, sodass es zu einer Akkumulation von aktivem β-Catenin kommt. Hierdurch wird die Endstrecke des Wnt/β-Catenin-Signalwegs stark aktiviert (Morin et al. 1997; Xue et al. 2015).

Nach transienter Transfektion der Zellen mit dem β-Catenin Vektor (S33Y) konnte per Western Blot ein erhöhtes Expressionslevel von aktivem und gesamtem β-Catenin nachgewiesen werden (vergleiche Abbildung 13). Die Funktionalität der Überexpression von β-Catenin im Sinne einer Aktivierung der Endstrecke des Wnt/β-Catenin-Signalwegs wurde via Dual-Luciferase® Reporter Assay bestätigt; hier zeigte sich eine signifikante (ca. 100-fache) Steigerung der Transkriptionsaktivität des TCF/β-Catenin-Komplexes (vergleiche Abbildung 14). Eine noch deutlichere Steigerung der Transkriptionsaktivität (ca. 250-fach) ergab der Dual-Luciferase® Reporter Assay bei RPE-1-Zellen mit einer stabilen Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) (vergleiche Abbildung 15). Dies lässt sich gut mit der nur partiellen Transfektionseffizienz bei transienter Transfektion erklären. Dementsprechend wird hierbei nur in einem Teil der Zellen mutiertes β-Catenin (S33Y) exprimiert und auch nur in diesem Anteil der Wnt/β-Catenin-Signalweg aktiviert. Zur Etablierung von stabilen Zellpopulationen erfolgte eine Selektion der transfizierten Zellen mit dem Antibiotikum Geneticin (G-418), wodurch resistenzvermittelt ausschließlich Zellen mit funktionsfähigem Vektor selektioniert wurden. Die Gesamtaktivität des Wnt/β-Catenin-Signalwegs fällt somit bei der stabil transfizierten Zellpopulation im Vergleich zur transient transfizierten Zellpopulation stärker aus.

Weiterhin wurde in der vorliegenden Arbeit per Koloniebildungsversuch ermittelt, dass RPE-1-Zellen, die mutiertes β-Catenin (S33Y) überexprimieren, deutlich strahlenresistenter sind als RPE-1-Zellen mit physiologischer β-Catenin Expression.

Diese unterschiedliche Therapieresistenz bestand ebenfalls bei einer 5-FU-basierten Radiochemotherapie (vergleiche Abbildung 16).

Somit konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass bei der Normalzelllinie RPE-1 eine Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs zu einer signifikanten Steigerung der Radio(chemo)therapieresistenz führt.

Dieses Ergebnis steht auch mit den Resultaten von Kendziorra et al. im Einklang, die den gewissermaßen umgekehrten Effekt nachweisen konnte. Kendziorra et al.

beschrieben eine Radiotherapiesensitivierung von resistenten kolorektalen Tumorzellen durch die Herunterregulation von TCF7L2, einem Schlüsseltranskriptionsfaktor des Wnt/β-Catenin-Signalwegs (Kendziorra et al. 2011). Eine weitere interessante Studie wurde Ende 2017 von Wang et al. (2017) publiziert. Sie konnten zeigen, dass in Gliom-initiierenden Zellen das zytosolische Protein Cyclophilin A die Interaktion zwischen β-Catenin und TCF7L2 steigert, was zu einer erhöhten Transkriptionsaktivität führt, woraufhin sich eine gesteigerte Radiotherapieresistenz beobachten ließ (Wang et al.

2017).

In der vorliegenden Arbeit konnte nun gezeigt werden, dass es sich bei der Vermittlung der Radiotherapieresistenz eher nicht um eine TCF7L2-spezifische Funktion handelt, sondern vermutlich durch die Aktivität des Wnt/β-Catenin-Signalweges zu erklären ist.

Ferner weisen die Ergebnisse darauf hin, dass dieser Effekt nicht nur auf Tumorzellen beschränkt, sondern auch auf Normalzellen wie RPE-1 übertragbar ist.

Der Einfluss des Wnt/β-Catenin-Signalwegs auf die 4.3

Radiotherapieresistenz verschiedener Tumorentitäten

In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs sowohl durch Stimulation mit Wnt3a als auch durch Überexpression von konstitutiv aktivem β-Catenin (S33Y) in der epithelialen Normalzelllinie RPE-1 eine signifikante Steigerung der Radio(chemo)therapieresistenz bewirkt. Von großem Interesse ist jedoch auch der Einfluss des

Wnt/β-Catenin-Signalwegs auf die Radiotherapieresistenz von Tumoren. Hiermit beschäftigen sich viele Forschergruppen und auf ausgewählte Publikationen soll im Folgenden eingegangen werden. Aus Studien unserer Arbeitsgruppe geht hervor, dass die Aktivität des Wnt/β-Catenin-Signalwegs einen maßgeblichen Einfluss auf die Radio(chemo)therapieresistenz von kolorektalen Tumorzellen hat. So führt eine siRNA vermittelte Inhibierung von β-Catenin in den kolorektalen Tumorzelllinien LS1034, SW480 und SW837 zu einer Radio(chemo)therapiesensibilisierung (Emons et al. 2017).

Die Vermittlung der Radiotherapieresistenz durch den Wnt/β-Catenin-Signalweg scheint nicht nur auf kolorektale Karzinomzellen beschränkt zu sein, sondern wird auch für andere Tumorentitäten beschrieben. Beispielsweise fanden Yin et al. (2016) heraus, dass beim dreifach negativen Mammakarzinom eine Herunterregulation von β-Catenin zu einer Radiotherapiesensibilisierung der Zellen führt. Sowohl eine Behandlung der Mammakarzinomzellen mit Wnt3a als auch eine Überexpression von β-Catenin bewirke hingegen eine gesteigerte Radiotherapieresistenz (Yin et al. 2016). Cojoc et al. (2015) erforschten die Radiotherapieresistenz-vermittelnden Mechanismen beim Prostata-karzinom. Sie konnten zeigen, dass die Expression der Aldehyd-Dehydrogenase durch den β-Catenin/TCF-Transkriptionskomplex reguliert wird, wobei eine erhöhte Aldehyd-Dehydrogenase-Aktivität mit einer gesteigerten Radiotherapieresistenz vergesellschaftet war. Eine Hemmung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs durch den kleinmolekularen Inhibitor XAV939 bzw. durch siRNA vermittelte Inhibierung von β-Catenin resultierte in einer verminderten Expression der Aldehyd-Dehydrogenase und einer Radiotherapiesensibilisierung a priori resistenter Tumorzellen (Cojoc et al. 2015). Auch beim Glioblastom wurde eine Radiotherapiesensibilisierung durch die Hemmung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs beobachtet (Kim et al. 2012). Ein weiteres Beispiel liefern Chang et al (2008), die die Radiotherapieresistenz von Kopf-Hals-Tumoren untersuchten. Sie beschreiben, dass durch Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs mittels Inhibition von GSK3β die Radiotherapieresistenz der Tumorzellen gesteigert wird. Durch die Expressionssteigerung von COX-2, das Produkt eines Wnt-Effektorgens, wurde eine Induktion von Ku beobachtet. Ku ist maßgeblich an der Reparatur von DNA-Schäden beteiligt und das Ku-Expressionslevel ist mit der Radiotherapieresistenz von Tumorzellen assoziiert. Interessanterweise führte eine Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs in Zellen, in denen COX-2 herunterreguliert ist, weder zu einer Induktion von Ku noch zu einer Änderung der Radiotherapiesensibilität (HW Chang et al. 2008).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass auch für andere Tumorentitäten neben dem kolorektalen Karzinom eine Vermittlung der Radiotherapieresistenz durch den Wnt/β-Catenin-Signalweg beschrieben ist. Somit stellt der Wnt/β-Wnt/β-Catenin-Signalweg auch eine mögliche therapeutisch Zielstruktur dar, durch dessen Inhibierung eine Radiotherapiesensibilisierung von Tumorzellen erreicht werden könnte.

Der Einfluss des Wnt/β-Catenin-Signalwegs auf die 4.4

Radiotherapieresistenz von Normalgewebe

In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss des Wnt/β-Catenin-Signalwegs auf die Radio(chemo)therapieresistenz der epithelialen Normalzelllinie 1 untersucht. RPE-1-Zellen weisen eine geringe Grundaktivität des Wnt/β-Catenin-Signalwegs auf und sind sehr strahlensensibel (Chen et al. 2012). Sie verfügen über einen stabilen Karyo- und Genotyp (Bodnar et al. 1998; Jiang et al. 1999). Daher eignen sie sich gut für experimentelle Arbeiten, bei denen Vorgänge und Eigenschaften von Normalgewebe untersucht werden sollen.

Unterschiedliche Studien haben bereits ergeben, dass eine Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs bei verschiedenen Tumorentitäten in einer Steigerung der Radiotherapieresistenz resultiert (s. Kapitel 4.3 Der Einfluss des Wnt/β-Catenin-Signalwegs auf die Radiotherapieresistenz verschiedener Tumorentitäten). In dieser Arbeit wurde der Wnt/β-Catenin-Signalweg in der Normalzelllinie RPE-1 sowohl extern via Wnt3a als auch intern mittels Überexpression von mutiertem β-Catenin (S33Y) aktiviert. Die angeschlossenen Koloniebildungsversuche zeigten, dass eine Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs zu einer signifikanten Steigerung der Radio(chemo)therapieresistenz führte. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass es sich bei der Vermittlung der Radiotherapieresistenz durch die Aktivität des Wnt/ß-Catenin-Signalwegs um einen grundsätzlichen Mechanismus handelt, der nicht nur auf Tumorzellen beschränkt ist, sondern auch auf Normalgewebe übertragbar ist. Diese Erkenntnis ist von hoher klinischer Relevanz, da eine Radiotherapie zu erheblichen Nebenwirkungen durch Schädigung von Normalgewebe führen kann. Der Wnt/β-Catenin-Signalweg könnte somit einen therapeutischen Ansatzpunkt zur Reduktion Radiotherapie-induzierter Nebenwirkungen darstellen.

In der Literatur finden sich bereits erste Hinweise, die genau diesen Ansatz verfolgen.

So widmeten sich Hai et al. (2012) der Problematik, dass Patienten mit einem Tumor der Kopf-Hals-Region nach erfolgter Radiotherapie häufig an Mundtrockenheit aufgrund einer Schädigung der Speicheldrüsen leiden. Hai et al. (2012) etablierten ein präklinisches Modell, wobei sie transgene Mäuse mit induzierbarer Expression des Wnt-Liganden Wnt1 im Kopf-Hals-Bereich bestrahlten. Sie konnten zeigen, dass bei einer simultan zur Bestrahlung durchgeführten, transienten Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs durch Wnt1 die Radiotherapie-induzierte Hyposalivation vermindert werden konnte. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die durch eine Radiotherapie bei Kopf-Hals-Tumoren entstehenden Schäden der Speicheldrüsen durch eine transiente Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs reduziert werden könnten (Hai et al. 2012).

Auch Zhao et al. (2009) konnten in einem Mausmodell zeigen, dass die Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs das Auftreten von Radiotherapie-induzierter oralen Mukositis vermindert (Zhao et al. 2009).

Eine weitere Nebenwirkung einer Radiotherapie ist das Auftreten von Osteoporose im Strahlenfeld durch die Schädigung von Osteoblasten. Einer der strahleninduzierten Mechanismen, auf denen die Zellschädigung beruht, ist das Setzen von Doppelstrang-brüchen in der DNA. Chandra et al. (2015) konnten in vitro und ex vivo zeigen, dass eine Behandlung mit Parathormon die Radiotherapie-induzierte Apoptose von Osteoblasten hemmt, indem die Reparatur von DNA-Schäden gesteigert wird. Bei der Vermittlung dieser Prozesse ist der Wnt/β-Catenin-Signalweg maßgeblich beteiligt.

Genauer gesagt führt die Behandlung von Osteoblasten mit Parathormon nach erfolgter Bestrahlung zu einem erhöhten Gesamtlevel von β-Catenin und zu einer vermehrten Translokation von aktivem β-Catenin in den Zellkern. Aus der Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs resultiert eine Induktion von Ku70, welches bei der Reparatur von DNA-Schäden eine entscheidende Rolle spielt. Auf diese Weise wird die Apoptoserate von Osteoblasten gesenkt und der Radiotherapie-induzierten Osteoporose entgegen gewirkt. Dieser durch die Behandlung mit Parathormon erzielte Effekt konnte durch eine Behandlung der zuvor bestrahlten Zellen mit Wnt3a repliziert werden: Die Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs und daraus folgender Ku70-Induktion führte ebenfalls zu einer verminderten Apoptoserate (Chandra et al. 2015). Die Schlüsselrolle von Ku bei der Reparatur von strahleninduzierten DNA-Schäden ist auch

Einfluss des Wnt/β-Catenin-Signalwegs auf die Radiotherapieresistenz verschiedener Tumorentitäten). Chandra et al. (2015) postulieren, dass der Einsatz von Parathormon oder Wnt-Agonisten eine mögliche Therapie für Radiotherapie-induzierte Osteoporose darstellen könnte (Chandra et al. 2015).

Insgesamt lässt sich schlussfolgern, dass es sich bei der Vermittlung der Radiotherapieresistenz durch die Aktivität des Wnt/ß-Catenin-Signalwegs wohl um einen grundsätzlichen Mechanismus handelt, der nicht nur auf Tumorzellen beschränkt ist, sondern auch auf Normalgewebe übertragbar ist. Somit könnte in Zukunft im Rahmen einer Radiotherapie die Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs in dem zu schonenden Normalgewebe eine mögliche Strategie darstellen, um Radiotherapie-induzierte Nebenwirkungen wie beispielsweise Xerostomie, Mukositis und Osteoporose zu minimieren.

Ausblick 4.5

Wie oben dargestellt, weisen zahlreiche Studien darauf hin, dass der Wnt/β-Catenin-Signalweg bei der Vermittlung der Radiotherapieresistenz sowohl bei Tumoren als auch bei gesunden Zellen eine entscheidende Rolle spielt.

In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs in der Normalzelllinie RPE-1 zu einer Steigerung der Radio(chemo)-therapieresistenz in vitro führt. Weiterführend könnten diese Ergebnisse nun mittels in vivo Modellen getestet werden.

In der Klinik stellt die Manipulation des Wnt/β-Catenin-Signalwegs mit dem Zweck der Radiotherapiesensibilisierung von Tumorzellen bzw. zur Steigerung der Radiotherapie-resistenz von Normalgewebe ein vielversprechendes therapeutisches Ziel dar. Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg.

Um einen potentiellen therapeutischen Angriffspunkt zu ermitteln, müssen zunächst die genauen molekularen Mechanismen, die bei aktiviertem Wnt/β-Catenin-Signalweg zur gesteigerten Radiotherapieresistenz führen, weiter erforscht werden. Bisher konnten verschiedene DNA-Reparaturenzyme wie Ku und LIG4 identifiziert werden, deren Expression durch Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs gesteigert wird (Chandra et al. 2015; HW Chang et al. 2008; Jun et al. 2016). Weiterhin wird von einigen

Autoren beschrieben, dass durch Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs die epithelial-mesenchymale Transition (EMT) von Zellen getriggert wird, die wiederum mit einer gesteigerten Radiotherapieresistenz vergesellschaftet ist (Marie-Egyptienne et al. 2013; Ning et al. 2019). Sollten in Zukunft ein oder mehrere therapeutische Angriffs-punkte zur Manipulation des Wnt/β-Catenin-Signalwegs identifiziert werden, wird die möglichst zielgerichtete und spezifische Ansteuerung dieser Strukturen eine der

Autoren beschrieben, dass durch Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs die epithelial-mesenchymale Transition (EMT) von Zellen getriggert wird, die wiederum mit einer gesteigerten Radiotherapieresistenz vergesellschaftet ist (Marie-Egyptienne et al. 2013; Ning et al. 2019). Sollten in Zukunft ein oder mehrere therapeutische Angriffs-punkte zur Manipulation des Wnt/β-Catenin-Signalwegs identifiziert werden, wird die möglichst zielgerichtete und spezifische Ansteuerung dieser Strukturen eine der