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Untersuchungen an Hochrisikogruppen f¨ur die Entwicklung einer schizophrenen Erkrankung abzusichern.

Wenn ein kausaler Effekt von Defiziten im Erkennen und der Antizipation von Emotio-nen und im Abruf autobiographischer Erinnerungen auf soziale Kompetenzdefizite nachge-wiesen werden kann, ist es wichtig, in kognitiv-behavioralen Interventionen bei Patienten mit schizophrenen St¨orungen einen besonderen Fokus auf das Erkennen eigener und fremder Emotionen und auf das korrekte Schlussfolgern ¨uber Emotionen anderer Menschen zu legen und diese wichtige F¨ahigkeit noch intensiver zu trainieren. Auch ist es bedeutsam, die Er-innerungsf¨ahigkeit und -bereitschaft schizophrener Patienten zu verbessern, eventuell durch achtsamkeitsbasierte Interventionen, welche den Zugang zu Erinnerungen aus dem autobio-graphischen Ged¨achtnis verbessern k¨onnen (Greenwald et al., 2003). M¨oglicherweise k¨onnen psychotherapeutische Interventionen so in indirekter Weise auch die soziale Kompetenz schi-zophrener Patienten wirkungsvoll verbessern.

noch aus.

Da Patienten mit Verfolgungswahn ein insgesamt instabiles Selbstkonzept aufweisen und besonders der explizite Selbstwert der Patienten eine hohe Variabilit¨at aufweist (Thewissen et al., 2008), ist es in zuk¨unftigen Studien wichtig, die Stabilit¨at impliziter Selbstkonzepte sowie deren Ver¨anderbarkeit durch psychotherapeutische Interventionen weiter zu untersu-chen. Dabei erscheint es besonders wichtig, jeweils mehrere Messinstrumente zur Messung impliziter und expliziter Selbstkonzepte zu verwenden, wie auch Gawronski, Deutsch, LeBel und Peters (2008) empfehlen. Aus Studie I geht der modifizierte PIT hervor, der zu diesem Zweck verwendet werden kann.

In der zweiten Studie wurde ein neues Instrument zur Messung der ToM-F¨ahigkeit, In-tentionen sowie Emotionen anderer Menschen zu erkennen und zu antizipieren, erstmalig eingef¨uhrt und erprobt, derMovie task of social situations. Ein Vorteil des neuen Instruments ist, dass es erstmalig parallel die beiden F¨ahigkeiten, Intentionen und Emotionen anderer Menschen in komplexen sozialen Situationen korrekt zu erkennen und zu antizipieren, erfasst.

Bisherige Messinstrumente der ToM-F¨ahigkeit waren meist verbale Situationsbeschreibun-gen, Comics oder statische Bilder, in denen den Probanden wenige Informationen ¨uber die Mimik und Gestik der beteiligten Akteure vorlagen. Somit ist die hohe ¨okologische Validit¨at der verwendeten neuen Aufgabe hervorzuheben. Die Reliabilit¨at und Validit¨at erwiesen sich als zufriedenstellend, da die neue Aufgabe zum einen mit einer klassischen ToM-Aufgabe as-soziiert war, zum anderen ein Zusammenhang mit der durch die Therapeuten eingesch¨atzten Qualit¨at der sozialen Beziehungen der Probanden bestand.

Weiterhin wurde in der vorliegenden Studie eine hinsichtlich der aktuellen Symptomatik heterogene Stichprobe untersucht, so dass Aussagen ¨uber den Zusammenhang zwischen der ToM-F¨ahigkeit, Intentionen anderer Menschen korrekt zu erkennen und zu antizipieren und der St¨arke allgemeiner Wahn¨uberzeugungen und ¨uber Defizite von Patienten mit akutem Ver-folgungswahn im Vergleich zu Patienten mit remittiertem VerVer-folgungswahn und den gesunden Kontrollprobanden getroffen werden konnten.

Es sollte aber beachtet werden, dass die Verwendung von Filmen und komplexen sozialen Situationen ein neues Messverfahren ist, welches mit Patienten mit schizophrenen St¨orungen bisher noch nicht durchgef¨uhrt wurde. Allerdings verwendeten Dziobek et al. (2006) eine vergleichbare Filmaufgabe zur Untersuchung von sozial-kognitiven Verarbeitungsstilen bei Patienten mit Asperger-Syndrom. Da die vorliegende Studie einen Zusammenhang zwischen der F¨ahigkeit, Intentionen korrekt zu erkennen und zu antizipieren, und Verfolgungswahn nachweisen konnte, ist es wichtig, in zuk¨unftigen Studien ToM-Aufgaben zu verwenden, die auch die ToM-F¨ahigkeit erfassen, Intentionen anderer Menschen korrekt zu erkennen und zu antizipieren.

Weiterhin erscheint eine m¨oglichst realit¨atsnahe ¨okologisch valide Erfassung der ToM-F¨ahigkeit lohnenswert. Aus der vorliegenden Studie geht ein geeignetes Verfahren hervor, das f¨ur diesen Zweck verwendet werden kann.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde erstmals der Zusammenhang zwischen ToM, dem Abruf von Erinnerungen aus dem autobiographischen Ged¨achtnis und sozialer Kom-petenz untersucht. Dabei wurde die soziale KomKom-petenz von Patienten mit schizophrenen St¨orungen mit einem Rollenspielparadigma untersucht, in dem es Aufgabe der Probanden war, ein dreimin¨utiges Gespr¨ach mit einer fremden Person zu f¨uhren. Die soziale Kompetenz wur-de durch trainierte hinsichtlich wur-der Gruppenzugeh¨origkeit verblindete Rater bewertet. Auch die ToM-F¨ahigkeit wurde mit der oben beschriebenen Filmaufgabe untersucht, die eine hohe

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okologische Validit¨at aufweist. Somit verbesserten wir die typischerweise in ToM-Messungen verwendeten Aufgaben.

Durch dieses Vorgehen gelang erstmalig der Nachweis, dass die ToM-F¨ahigkeit, Emotionen anderer Menschen korrekt zu erkennen und zu antizipieren, und der Abruf von Erinnerun-gen aus dem autobiographischen Ged¨achtnis in Zusammenhang mit der sozialen Kompetenz stehen. Weiterhin konnte erstmalig nachgewiesen werden, dass das Erkennen und die Anti-zipation von Emotionen und der Abruf von Erinnerungen in einem engeren Zusammenhang zur sozialen Kompetenz stehen als die klinische Symptomatik schizophrener Patienten. Be-sonders hervorzuheben ist ebenfalls, dass das gesamte Modell der statistisch signifikanten Zusammenh¨ange pfadanalytisch untersucht wurde. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die theoretischen Annahmen die Daten zufrieden stellend beschreiben.

Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass die Regressionsanalysen und Pfadanalysen zwar eine kausale Interpretation der gewonnenen Daten andeuten, aber alle Ana-lysen querschnittlicher Natur sind und nur vermutet werden kann, dass die Zusammenh¨ange zwischen ToM, autobiographischem Ged¨achtnis und sozialer Kompetenz kausal sind.

Ebenfalls ist anzumerken, dass die Messung des autobiographischen Erinnerungs-verm¨ogens schwierig ist, da diese nicht standardisiert erfolgte. Allerdings verwendeten wir ein Testverfahren, das weniger von verbaler Produktivit¨at der Patienten abh¨angig ist als an-dere Testverfahren (z.B. der Autobiographic fluency task: Ditschel, Williams, Baddeley &

Nimmo-Smith, 1992).

Auch die Rekrutierung f¨uhrte dazu, dass die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert wer-den sollten. Die ambulanten Patienten meldeten sich aufgrund von Zeitungsannoncen oder Empfehlungen ihres behandelnden Psychiaters zu unserem Therapieprojekt und stammten ausschließlich aus dem Raum Marburg-Gießen-Wetzlar. Lediglich ein Patient nahm eine An-reise von ¨uber 100 km in Kauf. Das bedeutet, dass die vorliegenden Ergebnisse vermutlich durch Selektionseffekte beeinflusst sind.

Schließlich ist zu bedenken, dass die ambulanten Patienten der vorliegenden Studie sich freiwillig zur Teilnahme an einem kognitiv-verhaltenstherapeutischen Therapieprojekt mel-deten. Es ist anzunehmen, dass es sich um ¨uberdurchschnittlich motivierte und interessierte Patienten handelt, die eventuell ¨uber eine hohe Krankheitseinsicht verf¨ugen. Die psychopa-thologischen Kennwerte der Stichprobe sind jedoch vergleichbar mit anderen Studien (Br¨une et al., 2007; Bora et al., 2006).

Andererseits wurden die station¨aren Patienten in verschiedenen Psychiatrien untersucht, so dass die station¨are Gruppe vermutlich etwas vergleich- und generalisierbarer ist. Schließlich ist besonders hervorzuheben, dass die gesamte Patientenstichprobe aufgrund ihrer Zusammen-setzung aus ambulanten und station¨aren Patienten eine große Heterogenit¨at im Vergleich zu anderen Untersuchungen aufweist.

Aufgrund unseres Studiendesigns ist es uns nicht m¨oglich, kausale Aussagen zu treffen, jedoch werden die ambulanten Patienten, die gleichzeitig am Therapieprojekt teilnehmen, wenn sie der Wartegruppe zugeordnet werden, nach sechs Monaten erneut in den sozial-kognitiven Verarbeitungsstilen untersucht, so dass bald auch l¨angsschnittliche Daten aus dem Projekt hervorgehen werden.

Unter der Voraussetzung, dass die Untersuchung sozial-kognitiver Verarbeitungsstile so-wie emotionaler Prozesse von Patienten mit Verfolgungswahn und schizophrenen St¨orungen sowie deren Ver¨anderbarkeit durch kognitiv-behaviorale psychotherapeutische Interventio-nen am Anfang steht und die vorliegende Dissertation eiInterventio-nen wichtigen Beitrag zur Unter-suchung sozial-kognitiver Verarbeitungsstile und emotionaler Prozesse leisten soll, ist gerade eine querschnittliche Untersuchung ein ¨okonomisches Design, um zuk¨unftige Forschung in l¨angsschnittlichen Studien effizient durchf¨uhren zu k¨onnen.