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Spezifische Indikatoren zur detaillierten Beschreibung von Flexibilität

I. Abbildung von Bioenergie in Energiesystemmodellen

3.2 Definition und Indikatoren von Flexibilität

3.2.2 Spezifische Indikatoren zur detaillierten Beschreibung von Flexibilität

Es kann notwendig sein, die drei Aspekte der Flexibilität über die vereinfachte Beschreibung hinaus mit weiteren Indikatoren zu präzisieren. Dies ist besonders dann der Fall, wenn eine detaillierte Betrachtung der Technologie (Ein-zelanlage) oder des Anlagenverbunds beschrieben werden soll und dafür die allgemeinen Indikatoren aus Kapitel 3.2.1 nicht ausreichen. Zur Spezifizierung der Aspekte in einem höheren Detailgrad sind somit weitere Indikatoren notwendig. In aggregierter Form finden sich diese bereits in den Ausführungen von Kapitel 3.2.1 wieder. Nachfolgend

P

t P

t

P

P

Bem

0

P

t

R+

t

R-28

wird somit dieselbe technische Fähigkeit der Anlage, nur mit einem höheren Detailgrad beschrieben. Diese Beschrei-bungen stellen somit ergänzende und keine zusätzlichen Indikatoren dar. Im Folgenden sind typische Indikatoren aufgelistet, welche in dieser Detailtiefe herangezogen werden können oder welche sich in der Praxis bereits bewährt haben (siehe auch Abbildung 4) (Dotzauer et al. 2019). Die nachfolgenden Indikatoren sind als Empfehlung zu be-trachten. Sie haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können nach Bedarf und Anwendungsfall angepasst oder erweitert werden. Die Indikatoren sind in Abbildung 3 den drei Flexibilitätsaspekten zugeordnet.

Abbildung 3: Indikatoren der drei notwendigen Fähigkeiten einer Technologie auf Flexibilitätsanforderungen zu reagieren (Selleneit et al. 2019)

In Kapitel 4.1.2 werden diese spezifischen Indikatoren zur Beschreibung flexibler Biogasanlagen herangezogen um ein besseres Verständnis anhand der konkreten Anwendungsbeispiele zu geben.

Aspekt Leistungsfähigkeit

Indikator Elektrische Nennleistung (PN) [kW]

Unter Einbezug der technischen Vorgaben des Anlagenherstellers ist die maximale elektrische Anlagenleistung in der Praxis auf die elektrische Nennleistung beschränkt. Eine Definition der Nennleitung findet sich auf Seite 20 in Kapi-tel 3.1.

PN elektrische Nennleistung [kW]

Indikator Maximale elektrische Bemessungsleistung (PBem, AP) [kW]

Die maximal mögliche Energiemenge über einen bestimmten Zeitraum wird durch die Größe Nennleistung als Indi-kator des Aspektes der Leistungsfähigkeit und darüber hinaus durch Wechselwirkung mit den anderen zwei Flexibi-litäts-Aspekten beeinflusst. So wirkt sich eine eingeschränkte Reaktionsfähigkeit oder Bedarfsanpassungsfähigkeit auch auf die mögliche Energiemenge und somit auf die Leistungsfähigkeit aus. Sie wird durch die maximal mögliche Bemessungsleistung (Definition siehe Gleichung (9)) als Durchschnittsleistung über einen festgelegten Zeitraum re-präsentiert.

Alternativ können auch die theoretisch maximalen Betriebsstunden unter Nennleistung (hPN,max) im Betrachtungszeit-raum zur Beschreibung dieser Fähigkeit herangezogen werden. Wird der BetrachtungszeitBetrachtungszeit-raum als ein Kalenderjahr festgelegt, so entsprechen die maximalen Betriebsstunden den maximal möglichen Volllaststunden (VLHmax) der An-lage.

ΔP-Abfahrdauer tΔPoff Minimalleistung Pmin

Teillastregelbereich ΔP

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Theoretisch maximale elektrische Bemessungsleistung [kW]

Theoretisch maximale elektrische Energieerzeugung [kWh]

Summe voller Zeitstunden im Betrachtungszeitraum [h]

Summe der theor. max. Betriebsstunden unter Nennleistung im Betrachtungszeitraum [h]

Maximal mögliche Volllaststunden [h/a]

Indikator Restriktionsstunden (hrestr) [h/a]

Als Restriktionsstunden werden die Zeiten des technisch notwendigen und geplanten Stillstandes der Anlage be-zeichnet. Diese können z. B. für die Durchführung von Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten entstehen. Ebenso können weitere äußere Einflussfaktoren die technisch-bedingten Stillstandzeiten erhöhen. Die Restriktionsstunden stellen die Differenz zwischen dem Betrachtungszeitraum und den technisch maximalen Betriebsstunden unter Nennleistung (hPN,max) bzw. VLH im selben Zeitraum dar.

𝑟𝑒𝑠𝑡𝑟 = ∆𝑡 − ℎ𝑃𝑁,𝑚𝑎𝑥 𝑏𝑧𝑤. ℎ𝑎− 𝑉𝐿𝐻𝑚𝑎𝑥 (10)

Summe der Zeitstunden für geplanten Stillstand [h] bzw. [h/a]

Summe voller Zeitstunden im Betrachtungszeitraum [h]

Summe der theor. max. Betriebsstunden unter Nennleistung im Betrachtungszeitraum [h]

Summe voller Zeitstunden eines Jahres [h/a]

Maximal mögliche Volllaststunden [h/a]

Aspekt Reaktionsfähigkeit:

Indikator Aktivierungsdauer (tact) [s]

Die Aktivierungsdauer tact beschreibt den Zeitraum vom Empfang des Signals der Leistungsanforderung an der Kon-versionsanlage bis elektrische Leistung zur Endnutzung bereitgestellt wird. Diese Dauer ist eine Einschränkung der Reaktionsfähigkeit. Sie kann, je nach Technologie, wiederum aus mehreren einzelnen Zeitabschnitten zusammenge-setzt sein. Darunter können beispielsweise Reaktionszeiten der Steuer- und Regelungseinheiten sowie Zeiträumen für die Vorwärmung, den Startvorgang und die Netzsynchronisation verstanden werden. Die Aktivierungsdauer kann durch vorgeschriebene Start- und Stoppprogramme des Anlagen-Herstellers (Leistungsänderungsrate für Start- und Stoppvorgänge) restringiert sein.

tact Aktivierungsdauer [s]

Indikator Leistungsänderungsdauer (tΔP) [s]

Sobald der Leistungsbereich einer Anlage durch eine minimale Leistung limitiert ist, treten zusätzlich Einschränkun-gen in der Reaktionsfähigkeit auf. Diese können durch Unterteilung der Leistungsänderungsdauer auf mehrere Re-aktionsabschnitte beschrieben werden. So muss zwischen der Leistungsänderungsdauer im Zeitraum von der Netz-synchronisation (nach Ende tact) bis zum Erreichen von Pmin und der Änderungsdauer von Pmin auf PN unterschieden

30

werden. Dabei ist jeweils eine Differenzierung nach der Richtung der Leistungsänderung notwendig. Der erste Ab-schnitt zwischen P=0 und Pmin wird über die Änderungsdauer tΔPon bzw. zwischen Pmin und P=0 mit tΔPoff beschrieben.

Die Änderungsdauer über den Leistungsbereich ΔP einer Anlage wird mit tΔP+ bei Leistungserhöhung und mit tΔP- bei Leistungsverringerung angegeben.

tΔPon

tΔP+

t

ΔP-tΔPoff

Anfahrdauer [s]

Positive Leistungsänderungsdauer [s]

Negative Leistungsänderungsdauer [s]

Abfahrdauer [s]

Aspekt Bedarfsanpassungsfähigkeit:

Indikator Minimale elektrische Leistung (Pmin,el) [kW]

Die elektrische Leistung einer Konversionsanlage kann durch eine Mindestleistung (minimale elektrische Leistung Pmin,el) nach unten begrenzt sein. Die absolute Limitierung folgt im Regelfall technischen Eigenschaften der jeweiligen Technologie, wenngleich auch ökonomische Gründe diese Eigenschaften prägen können. Im Anlagenbetrieb ist in einigen Fällen die Begrenzung oberhalb des technischen Minimums sinnvoll. Dies kann z. B. durch zu hohe Effizien-zeinbußen oder erhöhte Emissionen und Umweltbelastungen durch den Betrieb weit außerhalb des optimalen Be-triebsbereichs gegeben sein. Eine -Reduktion der Leistung der Anlage auf Null ist i.d.R. dann zweckmäßig, wenn entweder die Emissionsanforderungen bzw. die ökonomische Bilanz bei Leistungshaltung auf Pmin,el bis zur nächsten geforderten Leistungserhöhung nicht eingehalten wird bzw. schlechter ausfällt, als bei einem zusätzlichen Stopp-Start-Vorgang.

Pmin,el Minimale elektrische Leistung [kW]

Indikator Teillastregelbreite (ΔP) [%]

Der Teillastregelbreite beschreibt die Bandbreite zwischen Nennleistung und minimaler Leistung. Im Wesentlichen resultiert die Teillastregelbreite aus der Differenz der beiden Größen, welche oft auch auf die Nennleistung bezogen wird. Ist die Leistungsabgabe einer Konversionsanlage nicht nach unten begrenzt (also ist ein kein halten einer Min-destleistung notwendig), so kann der volle Leistungsbereich ausgeschöpft werden, was einem Teillastregelbereich von 100 % entspricht.

𝛥𝑃 =𝑃𝑁,𝑒𝑙− 𝑃𝑚𝑖𝑛,𝑒𝑙

𝑃𝑁,𝑒𝑙 (11)

ΔP PN,el

Pmin,el

Teillastregelbreite [%]

Elektrische Nennleistung [kW]

Minimale elektrische Leistung [kW]

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Abbildung 4: Leistungsänderungsdiagramm mit den Indikatoren der Flexibilität in höherem Detailgrad

Indikator Bereitstellungsdauer Nennleistung (tPN) [h]

Die Bereitstellung der maximalen (Nenn-)Leistung PN,el kann aus techno-ökonomischen Gründen zeitlich begrenzt sein. Die Begrenzung kann sowohl maximal durch tPN,max, als auch minimal tPN,min erforderlich sein. tPN,max beschreibt dabei die maximale Dauer, die eine Anlage in der Lage ist, die Nennleistung ohne Unterbrechung bereitzustellen. Die Dauer, in der eine Anlage mindestens auf Nennleistung betrieben werden sollte, bevor sie wieder heruntergefahren werden kann, wird mit tPN,min beschrieben (Mindestbetriebsdauer). Diese ist auch der absolut minimale Zeitraum, in der eine Anlage Leistung bereitstellen kann.

tPN,max

tPN,min

Maximale Bereitstellungsdauer Nennleistung [h]

Minimale Bereitstellungsdauer Nennleistung [h]

Indikator Bereitstellungsdauer Minimalleistung (tPmin) [h]

Liegt bei einer Konversionsanlage eine Begrenzung der Leistungsabgebe auf Pmin,el vor, kann zur vollständigen Be-schreibung der Bereitstellungsfähigkeit analog zu tPN die Betriebsdauer tPmin bei minimaler Leistung hilfreich sein. Es ergeben sich daraus tPmin,max und tPmin,min.

tPmin,max

tPmin,min

Maximale Bereitstellungsdauer Minimalleistung [h]

Minimale Bereitstellungsdauer Minimalleistung [h]

Indikator Stillstanddauer (td) [min]

Die minimale Stillstanddauer td,min kennzeichnet den Zeitabschnitt, den eine Konversionsanlage mindestens im aus-geschalteten Zustand verweilen sollte, bis ein erneuter Start erfolgen kann. Sie ergibt sich durch techno-ökonomische Einschränkungen, welche ein sofortiges Neustarten einer Anlage ohne Pause nicht zulassen. Durch technische Rest-riktionen der Konversionsanlage (z. B. maximal verfügbare Gasspeicherkapazität) kann auch die maximale Stillstand-dauer td,max beschränkt sein. Eine Beschränkung auf td,max kann auch aus ökonomischen Restriktionen entstehen. Für den Fall, dass eine Leistungsanforderung von P=0 kW aus dem Energiesystem heraus besteht, die über eine maxi-male unterbrechungsfreie Stillstanddauer erfüllt werden kann.

td, max